Presseschau vom 7. April 2015 – Die Süddeutsche Zeitung über das Phänomen der Bürgerbühnen

Als Zuschauerköder benutzt?

Als Zuschauerköder benutzt?

7. April 2015. In der Süddeutschen Zeitung (7.4.2015) widmet sich Christine Dössel dem Phänomen der Bürgerbühnen, und fragt sich: "Woher diese Sehnsucht nach Realität? Nach neuem, echtem Menschenblut?"

Zum einen sei die Laien-Beteiligung natürlich ein klares Marketinginstrument zum "Audience Development". Zum anderen gehöre es aber zur ureigenen Sehnsucht und Aufgabe des Theaters, neue Formate und Inhalte auszuprobieren. Der Dresdner Intendant und Bürgerbühnen-Erfinder Wilfried Schulz wird zitiert: "Es gebe eine neue, fortschrittliche Art von Bürgerlichkeit, verbunden mit der Frage, 'inwieweit der Einzelne in unseren demokratischen Gesellschaften an den Willens- und Meinungsbildungsprozessen überhaupt beteiligt ist'". Das Theater könne hier Vorreiter sein. Und eine Umfrage habe außerdem ergeben, "dass 50 Prozent der Teilnehmer in den letzten zehn Jahren nie im Theater waren. Danach gingen sie in der Regel mehr als sechsmal so häufig wie zuvor, im Durchschnitt elfmal pro Spielzeit."

Doch sei längst nicht geklärt, wo die theaterpädagogische Sozialarbeit aufhöre und die Kunst anfange. "Und wie weit der Normalmensch nicht einfach nur benutzt wird als Zuschauerköder und Hilfsarbeiter beim elitären Schwellenabbau. Bürgerprojekte können durchaus peinigend sein, vor allem unter ästhetischen Aspekten. Sind sie überhaupt satisfaktionsfähig? Darf man Laien verreißen?"

(mw)

Kommentar schreiben