Presseschau vom 8. April 2015 – Der Berliner Tagesspiegel lästert über gnadenlos überdesignte Werbung der Hochkulturinstitutionen

O. Nada. Niente

O. Nada. Niente

8. April 2015. "Wenn die Kulturleute der Gestaltungsfuror packt, gerät der Adressat schnell aus dem Blick", lästert heute Frederik Hanssen im Berliner Tagesspiegel. Hanssen beugt sich kopfschüttelnd über Anzeigen, Broschüren und Plakate von Hochkulturinstitutionen wie den Berliner Festspielen, die er als selbstreferenzielle und für Normalos tendenziell unverständliche "optische Äquivalente des gespreizten Kuratorensprechs" empfindet.

Hanssen fragt beispielsweise: "Was bewirkt das rote Rechteck, das ohne Ausnahme auf jede Publikation der Berliner Festspiele gedruckt wird, außer ein genervtes Augenrollen bei potenziellen Besuchern?" Der Werbewert derart gnadenlos überdesignter Druckerzeugnisse sei : "0. Nada. Niente." Auch Aktionen wie "Tweetups" geraten ins Visier des Journalisten. "Wir hätten da mal eine ganz altmodische Idee: Wie wäre es, liebe Ausstellungsmacher, mit Werbung, die nicht nur Eingeweihte verstehen?" Lob erhält lediglich die Neuköllner Oper. Aber die hätte auch kein Geld, das sie für selbstreferenzielle wie unwirksame Werbung verschwenden könne.

(sle)

 

Kommentare  
Presseschau Werbung der Hochkulturinstitutionen: Wiedererkennbarkeit
"Was bewirkt das rote Rechteck?" Das ist doch ganz einfach: Es bewirkt Wiedererkennbarkeit. Insofern ist das rote Rechteck sogar sehr gut gewählt, denn es ist simpel und fällt trotzdem ins Auge - als Beispiel für überdesigntes Corporate Design hingegen taugt es nicht. Da gibt es ganz andere Fälle, wo zu einfachen Logos tatsächlich noch gestalterischer Wahnwitz hinzukommt, der nicht mehr Wiedererkennbarkeit, sondern Unübersichtlichkeit bis zur Unlesbarkeit nach sich zieht. Das ist aber kein Problem der Logos. Da sollte der Herr vom Tagesspiegel schon differenzieren.
Presseschau Werbung der Hochkuturinstitutionen: unattraktiver Mischmasch
@eingetropfter
Die Wiedererkennbarkeit des Logos ist sicherlich was ganz Feines für ein Festival. Aber bei den Berliner Festspielen hat man mittlerweile das Gefühl es gibt nur noch eine große Veranstaltung und die heißt Oberender-Festwochen (52 im Jahr sollten es bitte sein). Ich nehme an auf dieses Phänomen hebt der schön polemische Artikel von Herrn Hanssen ab.
z.B. das ehemals schöne Festival Maerzmusik ist dieses Jahr ein "Festival für Zeitfragen" WHATTHEFUCK??? Geht es da jetzt um Musik oder um einen philosophischen Kongreß? Im wahrlich overdesignten Programmheft werden dann auch die Tageszeiteinteilungen von mehreren Geistesgrößen wie Darwin oder Freud in lustigen Tortendiagrammen dargestellt. Und wer darf natürlich als führender Intellektueller unserer Zeit dabei auch nicht fehlen der "Autor" Dr. Th. O. - (...)
Ich will hier den Leiter der Festspiele nicht unnötig bashen, aber es ist schon sehr komisch, dass die einzelnen Festivals - auch durch die obsessive Berahmung - ihre Identitäten verlieren und ein unattraktiver Mischmasch entsteht, der, ich vermute das mal, auf die völlig absurde Wirkung abzielt, dass ein potentiell Interessierter sich selber sagt, "Ach ich geh mal zu den Festspielen, da gibt es immer was Tolles. Hauptsache der Rahmen ist drauf, da weiß ich schon da ist Qualität ist drin. Der Ober-Kurator hats ja geprüft."
Ich bin gespannt auf das Theatertreffen. Vielleicht wird das ja jetzt ein Festival für Nachhhaltigkeitsfragen.
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