Presseschau vom 6. Mai 2015 – Die Süddeutsche Zeitung porträtiert Thom Luz als spinösen Newcomer beim Berliner Theatertreffen

Wirklichkeitsvariationen

Wirklichkeitsvariationen

6. Mai 2015. Neben den üblichen Verdächtigen tauchen auch zwei junge neue Regisseure beim Theatertreffen auf, darunter Thom Luz mit "provokant in sich ruhenden, musikalisch spleenigen Inszenierungen". In der Süddeutschen Zeitung porträtiert ihn Cornelia Fiedler. Mehr in der Zusammenfassung.

"Die Schauspielschule hatte für ihn so ein 'Hogwarts-Feeling': ein Ort, an dem Leute mit großem Ernst ganz seltsame Dinge tun, wie bei Harry Potter, nur mit anderer Zauberei. Solche von außen absurden, aber in sich logischen Systeme faszinieren den Regisseur Thom Luz" und das spiegeln auch die Inszenierungen des 33-Jährigen wider, so Cornelia Fiedler. "Inzwischen hat sich der Schweizer mit seinen provokant in sich ruhenden, musikalisch spleenigen Inszenierungen in die erste Liga der Theaterschaffenden katapultiert."

Luz' Theaterabende mit ihrer scheuen, melancholischen Schönheit scheinen gerade in Zeiten der Zweckoptimierung und des Spektakels einen Nerv zu treffen. "Es ist das Abseitige, Unwahrscheinliche, Widerspenstige, das ihn begeistert." Ein Buch wie Judith Schalanskys "Atlas der abgelegenen Inseln" auf die Bühne zu bringen, sei eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Luz erhöhe den Einsatz um eine weitere Unmöglichkeit, er verteilt Publikum und Stück auf drei Stockwerke. "So sieht jeder nur einen Ausschnitt, erst über den Klang fügen sich fragmentarische Erzählungen zusammen." Luz und sein Team fordern zum Perspektivwechsel auf: Nicht nervös werden, auch wenn mal minutenlang nur ein blau schimmernder, tropfender Eisblock zu sehen ist. Es gefalle ihm, eine präzise Wissenschaft aus etwas zu machen, was das eigentlich nicht zulässt.

"Obwohl er immer mehr Anfragen als Regisseur bekommt, nimmt er sich die Freiheit, pro Jahr nur zwei, dafür umso intensivere Projekte zu entwickeln", eines davon künftig als Hausregisseur am Theater Basel unter der neuen Intendanz von Andreas Beck.

Seine flirrenden Wirklichkeitsvariationen mit ihrem leisen Humor würden an die Irritationskraft der Inszenierungen von Christoph Marthaler oder die skurrilen Klang-Spaziergänge des Schweizer Musikers Ruedi Häusermann erinnern. "Klar, beide waren für ihn prägend, sagt der gebürtige Zürcher Luz, genauso wie die Filme von Roy Andersson und Federico Fellini oder John Cages experimentelle Kompositionen." Aber Luz' Inszenierungen gehen ihre eigenen verschlungenen Wege, "sie wirken nicht nur jugendlicher, sondern auch offener, freier".

(sik)

 

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