Mehr Spielraum

24. Juli 2015. Die derzeitige Intendantin des Saarländischen Staatstheaters, Dagmar Schlingmann, wird mit der Spielzeit 2017/18 an das Staatstheater Braunschweig wechseln. Das teilte gestern das Saarländische Ministerium für Bildung und Kultur mit. Sie löst Joachim Klement ab, der dann ans Staatsschauspiel Dresden wechselt. Schlingmann leitet das Haus in Saarbrücken seit der Spielzeit 2006/2007. Ihr Vertrag wurde Anfang 2014 bis 2019 verlängert. In der Pressemitteilung heißt es, dass das Angebot aus Braunschweig überraschend gekommen, aber attraktiv sei.

Ein Haus wie Braunschweig zu leiten, sei eine neue reizvolle Herausforderung mit vielfältigen Möglichkeiten, "darüber hinaus ist in Braunschweig ein größerer finanzieller Spielraum gegeben,  eine sichere mittelfristige Finanzplanung. Und es steht mehr Personal zur Verfügung", wird Schlingmann zitiert.

(sik)

 

 

 

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Kommentare  
Schlingmann nach Braunschweig: Frage zum Verfahren
"...dass das Angebot aus Braunschweig überraschend kam" - also gab es gar keine öffentliche Ausschreibung? Ich dachte immer, solche verantwortungsvollen Positionen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, müssten ausgeschrieben werden?! Ist das nicht mehr so? Werden Intendanten einfach so abgeworben und engagiert? Ohne Auswahlverfahren? - Interessant! - Das soll natürlich nicht heißen, dass ich Frau Schlingmann nicht für eine gute Wahl halte; das ist sie sicherlich. Aber überrascht bin ich doch, dass es keine öffentliche "Suche" nach dem geeignetsten Kandidaten gibt.
Schlingmann nach Braunschweig: es gab ein Verfahren
Lieber Ganymed,

natürlich gab es eine Auschreibung und ein Auswahlverfahren...und wie andere Interessenten hat sich Frau Schlingmann beworben. Deshalb kam der Ruf nach Braunschweig sicher nicht so überraschend!! Es ist wohl mittlerweile ein üblicher Vorgang, dass Intendanten ihre laufenden Verträge verlängern, um sich aus dieser Abgesicherheit heraus, an anderen Häusern zu bewerben.
Schlingmann nach Braunschweig: Danke für die Info
Lieber Thybalt,

vielen Dank für die Information. Das klang in dem Beitrag für mich etwas anders, wie eine Berufung unter der Hand. Die Artikel um den Wechsel klingen alle wie ein plötzlicher Coup, den keiner erwartet hat. Dass Intendanten aus sicherer Position Bewerbungen schreiben ist auch für mich verständlich und nachvollziehbar. Danke für die Info, ich habe in den einschlägigen Foren zwar keine Ausschreibung finden können, aber als Laie habe ich vielleicht einfach falsch gesucht, als ich mich für die Zukunft des Staatstheaters Braunschweig informieren wollte, Ich wünsche Frau Schlingmann jedenfalls viel Erfolg!
Schlingmann nach Braunschweig: Ausschreibung wo?
@2 Lieber Thybalt,
wo war die Position denn ausgeschrieben?
(Nichts gegen Dagmar Schlingmann, die in Saarbrücken hervorragende Arbeit machT)
Schlingmann nach Braunschweig: Ministerium hat agiert
Es gab keine öffentliche Ausschreibung! Das Kultusministerium des Landes Niedersachsen hat geeignet erscheinende Kandidaten gesucht und gezielt angesprochen. Ob mit oder ohne fachliche Beratung entzieht sich leider meiner Kenntnis.
Schlingmann nach Braunschweig: es gab keine Ausschreibung
Es gab keine Ausschreibung. Das Ministerium hat nach Medienberichten geeignete Kandidaten gezielt angesprochen - die konnten dann durchaus auch überrascht sein.
Schlingmann nach Braunschweig: schade
Ach, schade... ich hatte nach "Thybalts" Antwort wirklich an ein normales, faires Verfahren geglaubt. Ohne eine öffentliche Ausschreibung ist es das für mich nicht. Immer wieder wird das sogenannte "Intendantenkarrussell" beschrieben und bezweifelt. Jetzt gibt es nicht einmal mehr Ausschreibungen, damit sich ohnehin hoffnungslose Leute bewerben können, sondern eine Kommission schaut sich um... Schade! Ich hätte mir für Braunschweig gewünscht, dass die Vrantwortlichen öffentlich nachfragen, wer ein Konzept hat, das speziell für das Staatstheater Braunschweig konzipiert ist. Vielleih#cht wäre es trotzdem Frau Schlingmann geworden, aber zur Diskussion hätte ich es gerne gestellt gesehen...
Schlingmann nach Braunschweig: Gutsherrenart wie in Berlin
@1: Ich teile Ihre Verwunderung, dass es merkwürdig wäre, solche öffentlich getragenen Einrichtungen wie Theater per Gutsherrenart zu vasallieren!

Und es wenn es auch nicht alle überraschen wird: In Berlin wurde kürzlich die Intendanz der Volksbühne OHNE Ausschreibung und ohne Findungskommission neu besetzt.

Wenn ich mich nicht täusche, ist auch Shermin Langhoff ans Maxim-Gorki-Theater berufen worden, ohne dass es eine Ausschreibung gegeben hätte. Das gleiche gilt für Oliver Reese am Berliner Ensemble. (Sollte ich mich irren, gern her mit den Fakten.)

Gutsherrenart scheint in Berlin der Renner zu sein.
Schlingmann nach Braunschweig: Ausschreibung vorgeschrieben?
Einrichtungen in öffentliche Rechtsträgerschaft müssen meines Erachtens solche Positionen ausschreiben, es steht also jedem der Rechtsweg gegen die Berufung von Dagmar Schlingmann offen. GmbH's müssen nicht ausschreiben - das betrifft die Berliner Theater.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: halbwegs öffentlich
@9: Danke für die Aufklärung, das ist sehr hilfreich.

Das beantwortet zumindest die juristisch-formale Seite. Hinzu kommt aber auch die politisch-moralische Seite.

Also: Inwiefern dient/schaded es einer Neubesetzung, wenn Kulturpolitiker einen halbwegs öffentlichen Diskurs (meinethalben in Form von Findungskomissionen oder Ausschreibungen) zulassen oder unterbinden?

Das wäre die verallgemeinerte Fragestellung, die ich aus der vorigen Diskussion ableiten möchte.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: entfernte Meinung
@10 - Die Tatsache, dass einige der Kommentatoren auf Nachtkritik der Meinung zu sein scheinen, dass dieses Forum hier quasi Mitglied aller Findungskommissionen sein müsste scheint offenbar die Kulturpolitiker der betroffenen Städte nicht sonderlich zu beeindrucken ;-)/ Ich würde das vermutlich ähnlich sehen, müsste ich einen Intendanten berufen. Die von realer Ortskenntnis meist weit entfernte Meinung hier ist ja ohnehin klar: es muss ganz doll avantgardistisch / Stadt Intervention akustisch / neue Arbeitsweisen / Hierarchie frei sein, und zwar von Dinslaken bis zum Burgtheater.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: üblich
Es ist völlig üblich, dass Intendantenposten nicht "ausgeschrieben" werden. Es ist übrigens auch völlig üblich, dass die Suche nach Regisseuren, Bühnenbildnern, Kostümbildnern nicht per Ausschreibung erfolgt, sondern gezielt einer Theaterleitung als interessant erscheinende Künstler angesprochen werden, die sich vielleicht vorher mal initativ beworben haben, oder deren Arbeit man aus anderen Zusammenhängen kennt.

Aber keine Sorge, die Theater leiden schon so unter einer extremen Bürokratisierung.

Übrigens: Es ist auch völlig üblich, dass die Suche nach einem Intendanten in vielen Städten auf verschiedene Art und Weisen erfolgt, und wie, entscheidet die Kulturpolitik. Mal gibt es eine Findungskommission, mal entscheidet der Kulturdezernent, der sich hat beraten lassen oder nicht, oder ein Aufsichtsrat.

Da in der Szene bekannt ist, wann welches Haus frei wird, kann man sich selbstverständlich initativ bewerben oder sonstwie sein Interesse signalisieren.

Ich habe auch nicht das Gefühl, das dieses System eine Fülle von unfähigen Intendanten hervorgebracht hat. Ganz im Gegenteil. Scheint doch gut zu funktionieren.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: aus Bequemlichkeit
Nun, wirklich öffentlich diskutiert werden muss in meinen Augen eine Besetzung der Intendantenposition nicht. Ich gebe Herrn Heinse völlig Recht, dass dann die absurdesten Vorstellungen und Wünsche auf den Plan kommen und jeder denkt, mitreden zu können. Ich hielte es jedoch für richtig, möglichen Interessenten die Möglichkeit zu geben, ihre Konzepte einer Findungskommission vorzuschlagen. Dadurch ergeben sich vielleicht Ideen, mit denen man vorher nicht gerechnet hat. Gerade in künstlerischen Fragen (und auch, wenn Intendanten heute meist mit wirtschaftlichen und organisatorischen Zwängen zu kämpfen haben, bleibt es doch eine "künstlerische Oberleitung") - dass man einen Favoriten bereits im Auge hat, gegen den die anderen überzeugen müssten, ist ja durchaus dabei denkbar. Viel zu oft werden in den öffentlich subventionierten Theatern - meist auch aus Bequemlichkeit - ohne Wettbewerb vergeben.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: Warum es eine Ausschreibung braucht
@12 nein, ich finde es nicht üblich, dass Intendantenposten nicht ausgeschrieben werden. Die Auswahl von Regisseuren etc. steht auf einem anderen Blatt, denn diese folgen eben der künstlerischen Ausrichtung einer Theaterleitung - und eben darum sollte die Position ausgeschrieben werden, denn sie hat nachhaltige KOnsequenzen. Und das hat auch nichts mit Bürokratisiserung zu tun, sondern mit dem Bestreben, das Bestmögliche für eine Theaterinstitution zu finden. Ich weiß, ich klinge wie ein gechasster Kandidat, aber im Gegenteil, ich bin Teil der kommunalen Kulturpolitik eines Bundeslandes und bin interessiert daran, die optimale Besetzung des hiesigen Theaters zu finden. Auch wir werden uns demnächst der Frage stellen müssen, wie man diese Position besetzt. Die Entscheidung einzelnen Personen wie Kulturdezernenten zu überlassen, ist fragwürdig. Es sollten niemals einzelne Personen über Posten entscheiden, welche eine ganze Region oder gar ein Bundesland kulturell prägen werden. Sollte eine Vorgehensweise wie in Braunschweig üblich sein, schmälert das die kreative Weiterentwicklung, denn so können nur bereits erfahrene Persönlichkeiten die Kultur bestimmen. Suchen wir denn nicht nach neuen Impulsen? Wir sollten es. Wenn Sie davon schreiben, dass es "in der Szene bekannt ist", wo gesucht wird, beweist es mir noch mehr, dass wir ausschreiben MÜSSEN, denn es dürfen nicht nur etablierte Theatermacher zum Zuge kommen - es muss auch denjenigen die Chance gegeben werden, die mit neuen Ideen kommen. Vor allem, wenn die bundesdeutsche Theaterstruktur so sehr in Frage gestellt wird, wie derzeit. Und das sollte meiner Meinung nach auch für Staatstheater gelten.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: Niemand hat die Absicht ...
@11: Nöö! Niemand hat die Absicht nachtkritik zum Zentralorgan der Intendantenfindung zu berufen, weder avangardistischer- noch konterrevolutionärerweise. Ihrem Urteil traue ich genausowenig wie jedem anderen einer Einzelperson, die ihre Entscheidungsgrundlage und auch die Personalalternativen nicht offen legt! Von Dinslaken bis zum Burgtheater.

@12: Einspruch. Der Dienstherr der/des Intendantin/Intendaten ist für gewöhnlich die/die/das Stadt/Kommune/Land. Der Dienstherr des Regisseurs/Schauspielers ist die/der Hausherrin(/-frau?)/Hausherr. Die Freiheit der Kunst bleibt gewahrt, wenn die Hausleitung schalten und walten kann. Das soll sie. Da stimme ich Ihnen zu. Daraus abzuleiten, dass auch Intendant/inn/enberufungen derart "frei" abzulaufen hätten, ist nicht folgerichtig.

@13: Absolute Zustimmung. In diese Richtung sollte es gehen. Dann wäre die Freiheit der Kunst unberührt und die Gefahr von (ggf. mäßige mit sachlicher Kompetenz versehenen) Irrläufern gebannt. Bingo.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: unschönes Strippenziehen
Ganymeds Ausführungen beschreiben die Lage in aller wünschenswerten Klarheit.

Wenn ein Tybalt hier eine Behauptung macht, die sich als falsch herausstellt und auch eine Nachfrage nicht beantwortet sondern unerkannt wieder im Netz entschwindet, spricht das für sich.

Das Strippenziehen der Leitung der Kulturabteilung des niedersächsischen Ministeriums ist bekannt, gelinde gesagt unschön und diskreditiert immer wieder an und für sich gute Kandidaten für Museumsleiter- und Intendantenpositionen.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: hätte mir junges Team gewünscht
Warum wird denn jetzt Schlingmann in Braunschweig Intendantin? Jetzt schleppt sie die gleiche Truppe an Schauspielern schon in die 4.(?) Stadt? Die erfindet doch nichts neu. Ich hätte mir ja zumindest für ein frei werdendes Theater ein junges dynamisches Team gewünscht. Naja, dann vielleicht in Saarbrücken. Für Braunschweig ist es eine verpasste Chance!
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: wider die Pyramidenstrukturen
@ googler: Jung ist weder zwingend besser noch zwingend anders noch zwingend dynamischer.
Der Beispiele gerne und viele und immer wieder..
und überhaupt: wo fängt "Jung" an und wo endet es ?
Viel wichtiger scheint es doch zu sein, die wirklich uralten Strukturen unserer Stadt- und Staatstheater ernsthaft zu hinterfragen. Dann würden solche "Personendebatten" zweitrangig. Die Pyramidenstrukturen sind nun wirklich alt, und unzeitgemäß.
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: Prinzip Theaterfamilie
@Googler, nur als info: in den vergangen 3Jahren sind mehr als 6 neue fixe Kollegen ans Staatstheater Saarbrücken Abteilung Schauspiel gewechselt, zu Beginn der neuen Saison kommt ebenfalls ein fixer Neuzugang hinzu. Bei einem Ensemble von gerade mal 18 festen Schauspielern und immer weniger finanziellem Spielraum für Gäste respektive Ensembleaufstockung bei steigender Mehrbelastung ist dieser Fakt durchaus auch mal anzuerkennen. Und wenn sie nur die negativen Aspekte eines nun bereits schon seit längerer Zeit intakten und evtl. ja auch als "familiär" zu bezeichnenden Ensembles pflegen wollen ist das ihre persönliche Angelegenheit. Sie haben jedes Recht dazu. Doch sollte es auch gestattet sein hier zu erwähnen, dass es gerade für junge Kollegen durchaus von Vorteil sein kann, in ein für ihn neues und zugleich sehr homogenes Ensemble wie das in Saarbrücken zu kommen, wo man nicht unbedingt als lauernde Konkurrenz angesehen wird ( uuhhhh mal schauen was der so drauf hat..), sondern mehr als Teil einer "Theaterfamilie". Wenn Sie in diesem zugegebenermaßen abgedroschenen Bergriff (wer hat den eigentlich so abgedroschen?????) die alte Wandertruppe sehen, ok. Ich jedenfalls fühl mich als Mitglied dieser Wandertruppe durch ihre Worte weiterhin genug motiviert um mit Spass an der Freude Theater zu machen!!! Also besten Dank im Voraus Herr oder Frau Googler...

Robert Prinzler, Schauspieler am SST Saarbrücken
Dagmar Schlingmann nach Braunschweig: die Krux
@Robert Prinzler: Es ist wundervoll, dass es das gibt: Den familiären Zusammenhalt eines Ensembles. Genau das wünsche ich mir. Ein Ensemble, das gemeinsam für die Region einsteht, für das es engagiert wurde. Es passiert inzwischen viel zu selten. Ich möchte noch einmal unterstreichen, dass ich Frau Schlingmann für Braunschweig durchaus als Gewinn betrachte und auf keinen Fall absprechen möchte, dass sie ein großer Nutzen für das Staatstheater Braunschweig sein wird, ebenso wie das Ensemble, das sie mitbringen wird. Was mich beschäftigt, ist der Vorgang in der Auswahl zur Intendanz eines Hauses: Es wird eine wirtschaftlich erfolgreiche Intendantin abgeworben (ja, auch künstlerisch erfolgreich), aber die Krux liegt für mich darin, dass das Auswahlverfahren beschränkt wird; denn wir probieren nicht mehr aus, ob ein künstlerisches Konzept vielleicht auch wirtschaftlich erfolgreich sein kann. Es geht nur noch um Management. In meinen Augen widerspricht es dem Gedanken, warum wir nach 1945 die staatlich subventionierten Bühnen durhc "freiwillige Ausgaben" zu unabhängigen Institutionen erklärt haben...
Vielleicht klingt es widersprüchlich, aber gerade in diesem Kontext ist eine familiäre Atmosphäre für mich wünschenswert, denn die Landes-, Stadt- und Staatstheater sollen eine wirtschaftlich unabhängige moralische Instanz in einer Gesellschaft sein, die sich am profitabelsten Image orientiert.
Ich bleibe dabei: Frau Schlingmann wird in Braunschweig sicherlich Großartiges leisten. Ich hoffe, die Zukunft Saarbrückens sieht ähnlich aus, indem man offen ist für Ideen, die das Beste bringen, in einem offenen, fairen Wettbewerb
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