Presseschau vom 24. Juli 2015 – Der scheidende Münchner Intendant Johan Simons im Interview mit der SZ

Heimweh und andere Herzensdinge

Heimweh und andere Herzensdinge

24. Juli 2015. Am morgigen Samstag endet mit der Vorstellung von "Hiob" Johan Simons' Intendanz an den Kammerspielen München. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung zieht er eine kleine Bilanz und spricht über Herzensdinge.

"Simons erweiterte den Blick auf die Welt, setzte auf Internationalisierung, öffnete das Haus für den Tanz, für Musikformen, für Schauspieler und Regisseure aus anderen Ländern", schreibt Christine Dössel im Vorspann des Interviews. Und Johan Simons weiß genaue Antworten auf die Frage, warum Europa ihm ein zentrales Anliegen bleibt. Einerseits liegen die Gründe biographisch: "Ich liebe diesen Kontinent, ich habe ihm alles zu verdanken. Ich stamme aus einer einfachen Familie vom Land, die überhaupt nichts wusste von Kultur. Wir kannten nur Bach, der wurde in der Kirche gespielt."Mit 15, 16 habe er denn den Tanz entdeckt, klassische Musik, Literatur – die europäische Kultur. "Die ist unglaublich (...) Ich verstehe nicht, warum Angela Merkel und andere in der Politik nicht die Chance nutzen, Europa stärker von der Kultur her zu behaupten. Das geschieht viel zu wenig. Das humanistische Ideal Europas ist es nicht, nur eine ökonomische Einheit zu sein."

Am Anfang erhielt er viele Briefe und E-Mails, in denen die Leute sich aufregten: "Die vermissten den reinen Klang (...) Aber andere Sprachen ins Theater zu holen ist auch ein Gewinn. Man muss den Mix der Kulturen akzeptieren und auch stimulieren. Das ist der Gang der Dinge. Es gibt nicht nur die deutsche Sprache. Ich habe wenige Klassiker gespielt, das stimmt."

Vielleicht habe er zu wenige Klassiker gespielt. Sein Versuch mit "König Lear" gelang nicht so gut. "Shakespeare ist der Dramatiker mit den meisten Verben, weil er will, dass immer Bewegung in der Sprache ist. Beim 'Lear' habe ich versucht, die Verben zu akzentuieren, aber das funktioniert nicht im Deutschen. Da kommt man in einen Leerlauf rein. Das habe ich als Ausländer falsch eingeschätzt." Seine Herkunft vom Land betont er immer wieder, weil sich die Menschen im Dorf auf Augenhöhe begegnen, "man kennt sich und grüßt einander. Ich sage immer: Wer den eigenen Stall nicht kennt, kennt die Welt nicht. Ich romantisiere das nicht, es gibt im Dorf auch viel soziale Kontrolle, aber dieser Zusammenhalt ist etwas Starkes."

(sik)

 

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