Leser*innen diskutieren über Theaterpolitik der Zukunft
Wohin mit dem Theater?
21. September 2015. Heute erreichte uns die Bitte, einen Platz bereit zu stellen, an dem die Leser*innen konzentriert über Theaterpolitik diskutieren können. Voilà, hier ist der Platz, wir freuen uns auf Ihre Überlegungen.
.
Wir bieten profunden Theaterjournalismus
Wir sprechen in Interviews und Podcasts mit wichtigen Akteur:innen. Wir begleiten viele Themen meinungsstark, langfristig und ausführlich. Das ist aufwändig und kostenintensiv, aber für uns unverzichtbar. Tragen Sie mit Ihrem Beitrag zur Qualität und Vielseitigkeit von nachtkritik.de bei.
meldungen >
- 17. April 2024 Autor und Regisseur René Pollesch in Berlin beigesetzt
- 17. April 2024 London: Die Sieger der Olivier Awards 2024
- 17. April 2024 Dresden: Mäzen Bernhard von Loeffelholz verstorben
- 15. April 2024 Würzburg: Intendant Markus Trabusch geht
- 15. April 2024 Französischer Kulturorden für Elfriede Jelinek
- 13. April 2024 Braunschweig: LOT-Theater stellt Betrieb ein
- 13. April 2024 Theater Hagen: Neuer Intendant ernannt
- 12. April 2024 Landesbühnentage 2024 erstmals dezentral
neueste kommentare >
-
TheatreIST-Festival Türkei Beeindruckend
-
Zentralfriedhof, Wien Nörgler mit Punkt
-
Moise, Zürich Das Licht, der Nebel, die Windmaschinen
-
Zentralfriedhof, Wien Hach!
-
Auswahl Radikal Jung "Fugue Four Response" aus Wien
-
Doktormutter Faust, Essen Erstaunlich gute Überschreibung
-
Medienschau Giesche Marginalisierte Positionen
-
Leser*innenkritik Ellbogen, Maxim Gorki Theater Berlin
-
Orden für Jelinek Ode an El Friede
-
Wasserschäden durch Brandschutz Rechnung
könntet Ihr nicht eine zweite kommentarspalte anlegen, die theaterpolitische fragestellungen umfasst, jeden montag geht sonst eine ganze kommentarspalte im sog der vielen theaterkritiken unter. wenn wir hier weiter elaborieren und überlegen wollen, in welche richtung sich das theater bewegen könnte, mal jenseits derer, die sich notorisch immer dazu äußern müssen, dann benötigen wir diesen geschützten ort, den ihr uns gebt, um laut zu überlegen.
danke an das kollektiv nachtkritik.
und wir überlegen weiter, bitte melden, rechner, stritter, a. cotard, herrmann, fps, anna, simon alertes.
- Kommentarspalte in gewohnter Größe
- Die 10 (oder wieviel auch immer Items) sind die 10 Themen (Artikel), die zuletzt kommentiert wurden. (Wenn beispielsweise 1 Artikel endlos diskutiert werden, bleiben dennoch die 9 anderen, zuvor diskutierten so lang stehen bis eben ein neuer Artikel den ältestdiskutierten verdrängt.)
- Neben/Unter dem Artikelnamen steht zweierlei: 1.) Der letzte Kommentartitel zu diesem Artikel und 2.) die Anzahl der (neuen) Kommentare (entweder seit - sagen wir - zwei Tagen; oder es werden die neuesten 50 Kommentare der 10 letztkommentierten Artikel gezählt angezeigt).
Klingt kompliziert, wäre aber intuitiv zu lesen und platzsparend. Und führt dazu, dass nicht ein Megathema die anderen neuen Kommentare verdrängt.
(Lieber Hans Zisch,
nur kurz. Unser System, gebaut aus frei im Netz erhältlichen Modulen, gibt uns nur bestimmte, eng umgrenzte technische Möglichkeiten. Die Kommentarfunktion etwa so einzurichten wie Sie vorschlagen, kostet Geld, das wir derzeit nicht haben.
Mit freundlichem Gruß
jnm für die Redaktion)
1
Um eine schnellstmögliche Durchsetzung gerechterer Tarifgefüge für Bühnenangestellte, die nicht mehr die Musiker der Kulturorchester zum Teil besser durch eine starke DOV stellt, als die GdBA beispielsweise die Schauspieler, Sänger und Ausübende anderer Theaterberufe. Und zwar, weil in dieser extremen Ungleichbehandlung Gefahren für den Erhalt der bestehenden Theaterstrukturen in den Städten durch Abwicklungen, erzwungene Fusionen, Umbau von Theatern in Produktionshäuser, Abschaffung von kulturellem (weltkulturerbefähigem) Erbe, lauern. Die oft beneidete Stärke der DOV hat sich durchaus mehrfach als Schwäche erwiesen, das sollte mehr beachtet werden bei den Überlegungen. Weil sie, die DOV, einerseits Tarife erkämpfen und sichern konnte, andererseits dadurch aber betriebsbedingt Kündigungen, Orchesterauflösungen nicht wirklich effektiv verhindert hat, die mit Auflösung von Musiktheater-Sparten einhergingen. Die in der Konsequenz viele Musiker in eine Art der Freiberuflichkeit trieb, die durchaus neue Formen des gemeinsamen Musizierens hervorgebracht hat. Zu häufig jedoch um den Preis des Verlustes der alten – eigentümliche, charakteristische Orchesterklänge sind so verschwunden und das ist ein ebenso großer Verlust, wie das Abmagern großer gewachsener Schauspielensembles bis auf einen Kern von vielleicht drei oder vier unkündbar gewordenen Darstellern, die sich als Gast unter Gästen fühlen, was den Regieleistungen und Spielplangestaltungen ebenfalls mitunter abträglich sein kann…
2
Um ein Überdenken der Preisvergabe- und Festivaleinladungsgewohnheiten. Es ist festzustellen, dass in den meisten Auswahlgremien eine Art Lobbyismus vermutet werden kann mittlerweile, der dem Ansehen der Preise, der Festivals und auch der Jurymitglieder schadet. Man gewinnt den Eindruck, dass die Ausrichtung auf eine garantierte Berichterstattung in den Print-, Online- und Sendemedien bei der Zusammensetzung der Auswahlgremien an der Tagesordnung ist. Das ist verständlich, wie das entsteht, ebenso kann dies aber dem Theater und einer zukünftigen Theaterpolitik, die allen nützt, eher abträglich sein. Hierzu wäre doch wünschenswert, vergleiche man die alten und neuen Entwicklungen der etablierten und der neueren Festivals, Preisausscheide etc. miteinander. Einer der experimentiertfreudigsten Jury-Beschäftiger ist seit beinahe 20 Jahren Ulrich Khuon – Es wäre ungeheuer interessant, wenn er sich einmal einem ähnlichen Fragekanon stellte, wie ihn herrmann FPS hier vorgelegt hatte: Wann hatten Sie das Gefühl, dass eine Jury wirklich einen für das Theater als solches wichtigen Autor entdeckt hat? War es günstiger, dem Einzelurteil zu trauen? Oder dem Urteil einer zusammengesetzten Jury? Kamen Ihnen manchmal Zweifel, dass die Autorentheatertage der richtige Weg für Autoren sind, sie als bisher unbekannte Autoren zu etablieren? usw. Herr oder Frau „herrmann“ wird das besser fragen können… Prinzipiell gilt: Müssen in wirklich allen Jurys namhafte Medienvertreter das Sagen haben? Ist das noch Netzwerkarbeit und guter Kontakt zwischen Journalismus und Fach wie umgekehrt? Wenn nicht, was ist es dann?
Um ein Abgrenzen von Bildender Kunst und Darstellender Kunst insbesondere dort, wo Theaterformen entstanden sind, die mit performativen Mitteln arbeiten. Das wäre m.E. wichtig für BEIDE Künste. Nur so kann Werbung und Design von Kunst unterschieden werden. Hier sind unbedingt die Kunst-Kritiker gefordert in ihrer Arbeit, sich interdisziplinär eben AUCH mit Theater und seiner Kritik zu beschäftigen. Und nicht einfach wesentlich von den diszipliniert künstlerischen Unsicherheiten (als Leistung!) der Theatermacher und –kritiker für die Bildende Kunst zu profitieren. So liest man in Theaterkritiken und erlebt in Diskussionen um Theater mit Theatermachern fast immer das Bemühen, Bezüge zum Bildnerischen herzustellen. Umgekehrt erlebt man solches Bemühen um das theatralische Moment bei der Beschreibung von Performances und Installationen durch Künstler und Kunstkritik kaum. Es schadet dem Theater, wenn es in dieser Hinsicht keine Forderungen an die andere Fachrichtung oder auch die Geisteswissenschaften stellt.
4
Sind die ehemals versuchten Mitbestimmungs-Modelle alleiniger Garant für eine hohe und höchste künstlerische Qualität? Wenn ja, warum sind sie eher früher als später „gescheitert“? Wie unterscheiden sie sich konkret in ihrem Scheitern? Hier wäre ein Vergleich der z.B. früheren Schaubühnen-Leiter mit den späteren oder auch der Bremer Intendanzen sinnvoll und wünschenswert. Ist in der Tat, wie FPS behauptet, eine außerparlamentarische Opposition zwingende Voraussetzung für Mitbestimmung aller Künstler und Beschäftigten eines Theaters an dessen Spielplangestaltung und Kulturgedächtnis bildendenden Inszenierungen? Hilft uns dieser Begriff heute überhaupt weiter in der Diskussion?
Wir hatten, soweit ich das zuletzt verfolgen konnte fünf Diskussionsstränge.
1 Demokratie im Theater
Wie kann man es schaffen, auch im Rückblick auf die leider kurze demokratische Phase Anfang der 70er an der Schaubühne und in Frankfurt, demokratische Strukturen einzuziehen, mehr Mitbestimmung, vor allem für die Spieler.
2 mehr Gerechtigkeit
Dieser Diskussionsstrang konzentriert sich zum einen auf das Thema Gagen.
Erhöhung der Mindestgage für Schauspieker, mindestens auf Höhe der Mindestgage, das wären 2000 Euro, Kappung der Intendantengehälter.
Noch wichtiger, langfristig, der Bühneneinheitsvertrag. Es gibt nicht mehr drei Vertragstypen, mit dem für die künstlerisch Beschäftigten nachteiligen NV Bühne, sondern einen Vertrag für alle, Künstler, Technik und Verwaltung, Orchester.
3 Überlegungen zum Theatersystem
Die Debatte um frei und unfrei.
Die Begrifflichkeit der Produktionshäuser, die zwar einzelne Gruppen der freien Szene im Programm haben, aber letztlich nichts anderes sind als spezialisierte Bespieltheater mit Produzentenfunktion.
Die Bundeskulturstiftung begreift diese ja sogar als Stadttheater, anders wäre die Mittelvergabe im Doppelpassprojekt nicht zu verstehen.
Mittel für die freie Szene sollten mehrheitlich direkt an die freien Gruppen gehen.
Der Schlüssel zwischen Stadt, frei und Produktiinshäusern muß sich ändern.
4 Gremien
Die lange Debatte zwischen Cotard, Rechner und Stritter zu einem neuen Bühnenverein. Auch wenn wir diesen jetzt noch nicht gründen, wir haben Grundlagen gelegt. Alles hat seine Zeit.
5 Theatersysteme der Länder und Krisen
Über das Dilemma in Rostock wurde diskutiert, über Wuppertal, über Thüringen. Das müssen wir fortsetzen. Wer weiß, was dort gerade passiert?
Wir könnten an dieser Stelle eine Art Theaterwatch einrichten, zu der alle beitragen, die in irgendeiner Ecke dieses Landes feststellen, dass man einem Theater finanziell oder wie auch immer den Boden unter den Füßen wegziehen will.
Was habe ich vergessen?
Nun meldet Euch mal, Ihr anderen
Woran arbeiten wir weiter?
Danke nachtkritik!
Mich interessiert im Moment am meisten die Einlassung Stritters, unter 1. im Prinzip kreuzen sich im Theater feudalistische Und korporatistische Strukturen Deutschlands.
Also eines Landes, das durch gesellschaftliche Gruppen, Gewerkschaften und Parteien maßgeblich bestimmt wird.
Wo wir dort das kleine Pflänzchen Demokratie finden können, bleibt zu untersuchen.
Die DOV ist die mächtigste Vereinigung in der Theater und Orchesterpolitik der letzten zwanzig Jahre. Mächtiger als der Deutsche Bühnenverein. Und gelegentlich tritt die DOV auch so auf, als sei sie die Arbeitgeberorganisation.
Mir wird nach Stritters Einlassung deutlich, warum. Sie erzielt die besten Ergebnisse bei den Verhandlungen, weil sie die meisten Zugeständnisse macht, ohne dass diese diskutiert werden. Es zählen einzig die zahlenden Mitglieder in den lebendigen Orchestern.
Wer kann uns sagen, wieviele Orchesterstellen in den letzten zwanzig Jahren verloren gegangen sind?
Ich suche nach einem Schlüssel, wie man durch bessere Organisation der politischen Prozesse um die Theater herum nicht mehr so viele Theater, Stellen, Sparten verliert. Und vor allem geht es mir, wie den anderen um Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Künstler.
Was kann man von einer Musikergewerkschaft lernen, die so viele Opfer gebracht hat, und das vor allem bei den Kleinen.
Wie kann man ein System gerechter machen, damit auch die Schwachen teilhaben.
Wieso können Menschen in so verantwortungsvollen Positionen so viele Existenzen wissentlich kaputt machen.
Worum geht es eigentlich!
Um Theater als immer elitärere Gesellschaft, in deren Kreise die vermeintlich Besten erwählt werden,
Oder geht es um eine Kulturtechnik, die uns gegeben worden ist,
Damit wir sie bewahren und weiter entwickeln.
Es ist doch nicht irgendeine Firlefanzveranstaltung,
In der sich die einen auf der strukturellen Seite verwirklichen,
Bühnenverein und Gewerkschaften,
Und am anderen Ende die Jurys und Expertenkommissionen.
Und mittendrin in dieser gesellschaftlich beinahe abgekapselten Röhre, versuchen wir, egal ob freie oder unfreie - Theater zu machen, deren Besucher sich jenseits der Metropolen immer mehr ausdünnen.
Die Menschen halten uns für einen elitären und versnobten Häufen.
Wenn man als Nichtheaterfrau beim Theatertreffen eine Karte bekommen will, dann nur mit einer Stunde anstehen, und in den letzten drei Reihen, während sich in den ersten zehn Reihen die Immergleichen fläzen.
Die Tür aufmachen, andere rein lassen, es ernst meinen, mit den Zuschauern, aufhören sich abzukapseln. Sonst gehen wir alle kaputt, und übrig bleiben großes Hauptstadttheater und Wanderbühnen
Ich möchte einfach alle bitten, darüber nachzudenken, ob die eine Einsparung oder der Haustarifvertrag, die andere Kürzung oder der Stellenabbau Sinn machen, ob man sich als Theater plus Belegschaft einfach einer solchen strukturellen und politischen Disziplinierung unterzieht oder dagegen diskutiert.
Kein Stellenabbau mehr an deutschen Theatern.
Ansonsten: Wenn der vorhandene Bühnenverein als Arbeitgeber nicht leistet, was ein moderner Arbeitgeber in der politischen globalen Verhältnissen, die wir jetzt haben, im Sinne der Arbeitnehmer leisten muss, dann gehört ein neuer gegründet.
Und wenn die Gewerkschaften sich verwechseln lassen können mit Arbeitgeberverbänden, dann müssen die eben auch neu geründete werden. Vereinigung wäre da eine Möglichkeit, die zwangsweise Neustrukturierung mitsichbrächte. Auf gar keinen Fall sollte man das der Dramaturgischen Gesellschaft allein überlassen, weil sonst logisch Tagespolitik berufsbedingt künstlerisch instrumentalisiert würde.
Es grüßt freundlich - d.o.
Werte Analytikerin,
danke für die Anregung, diese Spalte einzurichten. Ich hatte mich schon ein wenig zurückgezogen, nachdem wir auf der Stelle getreten sind und es auf dieser Seite nur noch um schicke Nicht-Theater-Veranstaltungen (Dortmund) ging.
Ich finde Ihren ersten Strukturierungsvorschlag gut, aber in dem letzten Beitrag sind bei Ihnen ganz schon die Pferde durchgegangen, entschuldigen Sie bitte meine Einlassung.
Sie sprechen von Gerechtigkeit auf der einen und Institutionen auf der anderen Seite,
Sie sprechen von einem elitären Theater auf der einen und verloren gehenden Zuschauern auf der anderen Seite,
Sie sprechen von Gewerkschaften und Bühnenverein auf der einen und Theater als einer wunderbaren Kulturtechnik auf der anderen Seite.
(Der Begriff Kulturtechnik ist hervorragend!)
Was ist Ihnen denn das wichtigste, wo müssen wir anfangen.
Ich würde vorschlagen, dass wir uns den systemischen Fragestellungen zuerst widmen. Wo müssen die Weichen gestellt werden?
Was denken Stritter und Rechner dazu?
//
Werter Herr Heinse, ich habe über Ihren Vorschlag nachgedacht. aber die dramaturgische Gesellschaft hat sich noch nicht einmal zu Wort gemeldet, doch, in Person ihres Präsidenten, als es darum ging, die Vergabepraxis es Faust-Preises offenzulegen, was man bei steuerfinanzierten Veranstaltungen ja erwarten darf. Aber sonst gab es dazu niemanden aus der dg, der sich hier mal zu Wort gemeldet hätte, zumindest nicht offiziell.
worüber wir nachdachten, war eine Vereinigung von Intendanten und sprechern der Ensembles, um den Ensembles endlich mehr Mitverantwortung an der Gestaltung der Theater und der Theaterlandschaften zu geben.
Es sitzen keine oder kaum Ensemblevertreter in den aufsichts- oder Verwaltungsräten der Theater, warum nicht?
Volkswagen, gut, eine Aktiengesellschaft, aber mit einem Mehrheitsgesellschafter Niedersachsen, hat in seinem Aufsichtsrat ebenso viele Arbeitnehmer Vertreter wie Arbeitgeber bzw. Business.
nun würde ich nicht vorschlagen, gleich nach den Sternen zu greifen, aber könnten nicht auch mindestens ein oder zwei Ensemblevertreter in diese Gremien entsandt werden. warum mauern die Gesellschafter da?
und warum schlagen die Intendanten nicht vor, die Ensemblevertreter zumindest als stimmlose Gäste zuzulassen? Das wäre doch möglich.
Wenn ein Oberbürgermeister oder ein Minister einrauschen, bringen sie doch auch ihre Mitarbeiter mit.
Das wären meine ersten Empfehlungen:
1 Entsendung von Ensemblevertretern in die Aufichtsgremien.
2 Entsendung von Ensemblevertretern in die Leitungsrunden der Theater.
3 Mitsprache der Ensemblevertreter bei Angelegenheiten, wie Spielplan, Besetzungen, Einladung von Gästen, Regisseuren, Budgets für die einzelnen Produktionen und Gagen.
Wieso werden SchauspielerInnen, SängerInnen, TänzerInnen wie kleine Kinder behandelt, warum traut ein Intendant diesen seinen wichtigen Mitarbeitern nicht zu, hierüber auch klug mitzusprechen. Es würde jeden Intendanten entlasten.
Im Orchester ist diese Form von Mitbestimmung Gang und Gäbe. Ein nur aus Musikern bestehender Orchestervorstand würde es sich nicht nehmen lassen, über Programm, Dirigenten, Stellen und Budgets mitzusprechen.
Dort klappt es doch. Und zwar so gut, dass die Orchester die stärksten Formationen sind, auch wenn es um einschneidende Strukturveränderungen geht.
Wenn sich von den Herrschaften keiner meldet könnte es daran liegen, dass die DG davon ausgeht, dass Sie drei ja sinnvollerweise dort einbringen können...
Folge, mich so anschließend Ihren Empfehlungen:
1 Ensemblevertreter mit korrekt bezifferten Anteilsprozenten stimmberechtigt in die Aufsichtsgremien
2 Entsendung von Ensemblevertretern in Leitungsrunden der Theater mit 100 % Stimmanteil
3 Eigenständig im Ensemble ausdiskutierte, zur garantierten Mit-Entscheidung vorbereitete Vorschläge zu Spielplan, Besetzungen, Einladung von Gästen, Regisseuren usw. wie oben.
Grüße - d.o.
Was ist aus der dg Konferenz geworden, gab es ein Positionspapier, das an den Bühnenverein übergeben worden ist, o.ä.?
Zu den Orchestern, weil ich aus einer Musikerfamilie komme. Dort ist die Mitbestimmung sehr hoch. Der Orchesterdirektor würde sich in dem Orchester, in dem meine Eltern Musiker sind, nicht Vorstände, nicht erlauben, etwas ohne den Vorstand zu entscheiden.
Soweit ich den Überblick Habe, entscheidet dort das Orchester immer mit, bei der Bestellung des Chefdirigenten und anderem.
Wir haben ja die Kraft eines Orchesters erleben dürfen, bei den Berliner Philharmonikern und der spektakulären und im Ergebnis perfekten Wahl von Petrenko.
A.Cotard, bitte präzisieren Sie, was Sie unter systemischen Fragestellungen meinen. (Frau/Herr Cotard, wie dürfen wir von Ihnen sprechen?)
Liebe Analytikerin,
Ein paar Gedanken zu deinen Punkten. (allerdings für die hier versammelten Idealisten wahrscheinlich zu wirklichkeitsnah)
1. Mehr Demokratie
An anderer Stelle habe ich schon geschrieben: Wenn es die Leitung will, sind flache Hierarchien und transparente Strukturen schnell einzurichten.
Aber solange die Intendanten von Presse, Ensembles und Öffentlichkeit als einzige Instanzen eines Theaters dargestellt werden (vgl. den Latchinian Hype oder die Shitstorms hier bei Intendantenbenennungen), haben sie leichtes Spiel. Die richtige Fragen bei Bekanntwerden eines neuen Intendanten wäre "wen bringt er mit" und "was hat er vor" – nicht "welcher Vollidiot hat den denn ausgewählt".
Außerdem, solange der Organisationsgrad bei Schauspielern und anderen Solisten so miserabel bleibt, darf man sich nicht über die eher schlechte Vertretung der Künstler in einem Theater wundern. Die Kollegen vom Opernchor sind da schlauer. Das 1% Mitgliedsbeitrag bei der GDBA könnte sich lohnen ...
2. Gerechtigkeit
1997 betrug die Mindestgage (wenn ich mich recht erinnere) 2.600 DM (also 1.329 EUR), hätte die Mindestgage an der durchschnittlichen Entwicklung der Gehälter in Deutschland teilgenommen (+38% von 1998 bis 2014) läge sie heute bei 1.835 EUR. Das ist noch nicht hoch genug, aber besser als die demütigenden 1.650 EUR ist das allemal. Hätte, wäre, wenn.
Und wieder rächt es sich, dass sich die Solisten nicht organisieren, denn die GDBA ist deshalb keine schlagkräftige Gewerkschaft.
Ich halte den 2.000 EUR Vorschlag übrigens eher für zu niedrig. Die Mindestgage der Solisten sollte der Einstiegsgage im Opernchor entsprechen: 2.400 EUR.
Und der Einheitstarifvertrag. Schön wäre es und nötig allemal, aber ich frage erneut, wie soll das gehen? Die DOV und auch ver.di werden kein Interesse daran haben, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung ihrer Mitglieder zu verschlechtern. Außerdem haben die Gewerkschaften die Theatermitarbeiter sauber unter sich aufgeteilt. Natürlich könnte sich jeder Orchestermusiker und jeder Bühnentechniker einer neuen Gewerkschaft anschließen (Koalitionsfreiheit) - warum auch immer. Allerdings gilt seit Juli das Tarifeinheitsgesetz. Solange diese neue Gewerkschaft in einem Betrieb nicht die Mehrheit der Mitglieder stellt, gilt der Tarifvertrag der stärkeren Gewerkschaft. Würde die GDBA allerdings mit ver.di fusionieren ... das wäre was!
Diese Gegenüberstellung zwischen freier Szene und Stadttheater führt zu nichts. Beide Varianten des Theaters sind unterfinanziert. Für beide müsste eine nachhaltige Förderung gesichert werden.
Sorry, die Doppelpass-Aussage ist falsch. In den Fördergrundsätzen der Kulturstiftung steht ausdrücklich nichts von Stadttheatern: "Die Kulturstiftung des Bundes fördert im Fonds Doppelpass die Kooperation von
freien Gruppen aus allen Sparten und festen Tanz- und Theaterhäusern".
4. Gremien
Die Idee zur Gründung eines "neuen Bühnenvereins" geht an der Realität vorbei. Der Bühnenverein ist nichts anderes als ein Arbeitgeberverband. Also vertritt er ganz spezielle Interessen: die der Theaterleitungen und die der Träger. Dass nebenbei Kulturpolitische Kommentare entstehen, ist wiederum interessengeleitet.
Wenn es um die Gründung einer neuen Lobbygruppe geht, nur zu. Aber wieso soll die stärker sein, als die bestehende Koalition aus: Akademie der darstellenden Künste, ITI, Kulturrat, Dramaturgische Gesellschaft, alle Freundeskreise der Theater, IDS und BFFS, GDBA und DOV, BUFT und die Landesverbände, art but fair, etc.
Merkt ihr nicht, dass es augenblicklich an Lobbygruppen wirklich nicht fehlt?
5. Länder und Krisen
Man könnte alle Krisen auf einen Schlag beenden. (Wird aber nicht passieren): Kultur als Staatsziel ins GG. Damit ist das Kooperationsverbot aufgehoben. Der Bund kann direkt die Länder oder Kommunen bei der Theaterfinanzierung unterstützen.
Alle Theater und Orchester kosten in Deutschland pro Jahr knapp über 2 Mrd EUR. Würde der Bund nur eine weitere Mrd dazugeben können ...
Solange das (oder etwas ähnliches) nicht passiert, schauen wir den Theatern weiter beim ausbluten zu.
Die Dichotymie "frei" vs. "unfrei" ist schon ziemlich frech. Hier ist eine moralische Wertung vorgenommen, obwohl es um eine rein strukturelle Frage geht.
@12
Manchmal kann ich der Argumentation wirklich nicht mehr folgen.
Die Idee Ensemblevertreter überallhin zu entsenden führt mal wieder zu einer Vertiefung der Spaltung der Theaterbeschäftigten. Ich dachte die Idee war, diese Spaltung aufzuheben, indem die Arbeitsbedingungen und die Gehälter angeglichen werden. Jetzt sollen also einer Berufsgruppe besondere Mitbestimmungsrechte eingeräumt werden...
In aller Regel ist der Betriebsrat in den Aufsichtsgremien vertreten (und der sollte für alle Mitarbeiter, also auch das Ensemble arbeiten). Die Theaterleitungen haben gem BetrVG den Betriebsrat regelmäßig zu informieren. Es sollte in allen Theatern mit mehr 100 Beschäftigten einen Wirtschaftsausschuss geben (wieder BetrVG). Die Theaterleitungen müssen für die Mitarbeiter regelmäßig in Sprechstunden zur Verfügung stehen. Die Theaterleitungen müssen regelmäßig Betriebsversammlungen durchführen (an Mehrspartenhäusern auch Spartenversammlungen). Der Betriebsrat ebenso. Die leitenden Angestellten müssen durch einen Sprecherausschuss vertreten werden.
Warum wird das alles nicht umgesetzt? Die Möglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung sind in D ziemlich umfangreich. Vielleicht sollte erstmal versucht werden, sie auszunutzen.
Nbenbemerkung: Natürlich sollten Mitarbeitervertreter an Leitungssitzungen teilnehmen können. Aber was soll das mit dem Stimmrecht? Das sind in aller Regel reine Beratungsgremien - es werden Vorschläge / Probleme diskutiert, nicht per Mehrheit beschlossen.
Danke für Ihre Anmerkungen. Ich finde den Austausch spannend, auch wenn ich einigen Ihrer Punkte nicht folgen möchte.
Wieso würde die Entsendung eines Ensemblevertreters zu einer Spaltung führen?
Der Betriebs- oder Personalrat ist keine Lösung, weil er andere Interessen vertritt, dessen Bereitschaft sich einzusetzen, endet dort, wo das Betriebsverfassungs- und das Personalvertretungsgesetz enden.
(Je nach rechtlicher Organisation gibt es zum Beispiel in GmbH einen Betriebsrat, aber im Eigenbetrieb einen Personalrat.)
Es geht um weiterführende Rechte und Mitbestimmung des Ensembles. Es gibt niemandem aus dem Ensemble, der zum Beispiel über Gagenlisten mitdiskutiert, aber auch über konzeptionelle und programmatische Aspekte.
Und ja, mit Stimme. Ein Intendant, der sich in Leitungssitzungen grundsätzlich sein Vetorecht sichert, wird es doch auch ertragen können, wenn seine gewählten Ensemblevertreter in den Leitungssitzungen ihr Mitspracherecht ausüben.
Warum sollten sich Intendanten, Oberspielleiter und Chefdramaturgen nicht offiziell von ihrem Ensemble beraten lassen, wenn sie es inoffiziell ohnehin tun. Warum sollte der Ensemblevertreter nicht auch den Besetzungszettel sehen und abzeichnen, bevor er Gesetz wird.
Es geht um einen künstlerischen Betrieb, und der Intendant ist bei weitem nicht der einzige Künstler. Dieses Verständnis des ausführenden Schauspielers und Sängers am Stadttheater ist derart archaisch, und widerspricht dem, wovon ständig gesprochen und geschrieben wird.
Es wird von Team und vom Ensemblegedanken gesprochen, aber worin besteht denn der Ensemblegedanke, wenn das Ensemble ein zahnloser Papiertiger bleibt?
Mir geht es darum, neue Bereiche auszuloten und dem Ensemble Zähne zu geben. Nicht mehr, und auch nicht weniger.
Zu Doppelpass. Doppelpass wurde in den Medien als Modell verkauft, Stadttheater und freie Szene einander näher zu bringen, damit sich beide Seiten mit den verschiedenen Produktionsweisen vertraut machen, und die Kluft zwischen beiden und die oftmaligen Berührungsängste abgebaut werden.
Der Begriff Stadttheater ist tatsächlich in feste Theater- und Tanzhäuser umgewandelt worden. Weiterhin wurde das Modell aber als Beispiel der besseren Zusammenarbeit zwischen obigen ausgelobt, was ich hervorragend finde.
Die Finanzierung eines Projektes zwischen einem Produktionshaus und einer freien Gruppe geht völlig an den Zielen vorbei, weil diese beiden seit Jahren schon miteinander kooperieren.
Ich wünschte, die Bundeskulturstiftung könnte das präzisieren oder eine Aussage dazu machen, warum es nicht Stadttheater heisst. Oder aber, die KollegInnen dort verstehen feste Tanz- und Theaterhäuser als Stadttheater, was diese ja auch sind.
Ihren Vorschlag, die Mindestgage auf 2.400 Euro für alle Solisten im Ensemble zu erhöhen finde ich hervorragend. Die Durchschnittsgage aller Solisten in Deutschland liegt bei nur 2.700 Euro, wenn man sich die Mühe macht, die Statistik des Bühnenvereins einmal durchzusehen.
Sie sehen, unsere Schauspieler, Sänger und Tänzer kommen nach Jahren finanziell in einem Bereich an, in dem Chor, Musiker, Technik und Verwaltung in etwa anfangen.
Und das hat zwar auch mit dem niedrigen Grad der Organisation zu tun, aber auch mit Intendanten und einem Bühnenverein, die hier nicht endlich einen angemessenen Vorschlag machen. Und was Ihre Einlassung zu Lobbyorganisationen betrifft, ja, Sie haben Recht, es dreht sich dort mit den immergleichen Organisationen alles im Kreise. Die Schauspieler, Sänger und Tänzer - allerdings - haben keine ordentliche Lobby, sie sind auf die Brotkrumen angewiesen, die vom Teller fallen. Und das ist nicht o.k.
Und den bodenständigen Realismus, ich bin zuletzt jemand, der ihn nicht schätzte!, in allen Ehren - aber, warum sollte Kultur nicht als Staatsziel ins GG??? Und was den Bühnenverein angeht, ist doch die entscheidende Frage, bei der wir immer wieder landen: WARUM vertreten die in ihm als Arbeitgeber organisierten Theaterleiter offensichtlich nicht in hinreichendem Maße die Interessen der von ihnen geleiteten Mitarbeiter??? Das wäre doch schon nett, wenn es da nicht nur ein schulterzuckendes, händerüberkreuzendes Bedauern gäbe: wir Intendanten können da leider gar nicht machen, uns sind die Hände gebunden in dieser oragnisierten Zerissenheit... So entsteht doch genau auch ein Lobbyismus der nur einzelnen Häusern dienlich ist.
Mit dem Stimmrecht ist das natürlich korrekt wie sie das beschreiben, wenn in Leitungssitzungen keine Beschlüsse gefasst werden. Allerdings verstehe ich unter einer "Beschlussfassung" auch eine solche kleinteilige, die festhält, mit welchen konkreten Maßnahmen man einem gerade diskutierten Problem begegnet oder ob man einen eingebrachten Vorschlag umsetzt oder nicht und in welcher Art und Weise man das konkret zeitnah tun möchte, könnte undoder sollte. Mein Beschlussfassungs-Begriff ist eher nicht juristisch, sondern kommunikationstheoretisch fundiert.
Ansonsten: beste grundlegende Zusammenfassung der bisher beschriebenen Problemlage von Ihnen aus meiner Sicht.
Einem gewerkschaftlichen Zusammenschluss würde auch ich als sinnvoll zustimmen, halte aber speziell verd.i dafür im Moment nicht für problembewusst genug im Bereich der künstlerischen Berufe.
Sie haben Recht, wenn Sie anmerken, dass das Ensemble ein Mitspracherecht bei küntlerischen Entscheidungen haben sollte. Allerdings bin ich überzeugt, dass die vorhandenen Strukturen eben das ermöglichen. Sofern es die Leitung zulässt. Kein/e kluge/r Intendant*in entscheidet künstlerische Fragen ohne Rücksprache. Kein/e kluge/r Intendant*in verzichtet auf eine Auswertung (künstlerisch und organisatorisch) von Produktionen nach einer Premiere mit den Beteiligten. Kein/e kluge/r Intendant*in verzichtet darauf Spielzeiten auszuwerten. Kein/e kluge/r Intendant*in hängt Besetzungen ohne vorherige Gespräche mit den Darstellern aus. Keine kluge Führungskraft verzichtet auf Feedback. etc.
Ob er diese Aufgaben an die für die künstlerische Arbeit direkt Verantwortlichen (z.B. Operndirektor*in / Schauspieldirektor*in / Oberspielleiter*in, Chefdramaturg*in) delegiert oder sie selbst erfüllt, ist eigentlich gleichgültig. Sie müssen nur erfüllt werden.
Für mich umfasst der Begriff Ensemble übrigens das gesamte künstlerische Personal einer Sparte und nicht nur die Darsteller.
Vielleicht können wir uns verständigen, dass die Zahl der klugen IntendantInnen begrenzt ist. – Daher auch meine Skepsis, was die von Ihnen benannten Vorschriften angeht. Die Theaterleitungen sind schon jetzt sehr geübt darin, Mitwirkungsrechte und andere arbeitsrechtliche Bestimmungen zu umgehen ...
Und der Betriebsrat ... natürlich vertritt ein Betriebsrat die Interessen aller Mitarbeiter*innen - nicht nur die Interessen von Technik und Verwaltung. Es gibt in Tendenzbetrieben, wie z.B. Theatern, einige Beschränkungen. Allerdings betreffen sie rein künstlerische Fragen. Eine künstlerische Entscheidung kann nicht verhindert werden, aber trotzdem ist jede Frage von der Leitung zu beantworten.
Immerhin nimmt sich jemand dieser Problematik an, auch wenn ich
Verdi als vollkommen ungeeignet einschätze, als künstlerische Gewerkschaft aufzutreten. Aber scheinbar tut sich doch etwas in der Sache, dass Künstler einer reichen Opernstiftung nicht mehr hinter den Musikern und den Gewerken zurückstecken möchten.
Dank Daniel Barenboim hat die Staatskapelle Berlin einen exklusiven Haustarifvertrag der beinahe so gut ist wie der der Berliner Philharmoniker.
Frage 1: wie kann ich Intendant eines Teiles einer großen Stiftung sein und zulassen, dass meine Tänzer am schlechtesten bezahlt werden?
Frage 2: ist es also doch möglich, dass ein starker - hier Generalmusikdirektor - für seine Mitarbeiter eintritt. Wieso machen es so wenige Intendanten in Deutschland?
#21 Cotard
Cotard schrieb von Doppelpass. Ich habe es auch so abgespeichert, dass es darum geht, die Zusammenarbeit zwischen Stadttheatern und freier Szene zu verbessern.
Ich hab jetzt mal nachgezählt, alles auf der Webseite der Bundeskukturstiftung nachzulesen, dass knapp die Hälfte der geförderten Projekte nicht reine Stadttheater freie Szene, sondern Produktionshäuser - freie Szene sind.
Soweit ich die Diskussion mitverfolge, müßte man zum Bühnen-Einheitsvertrag am besten auch eine starke Bühnengewerkschaft haben, oder würde es reichen, wenn sich die Künstler selbst vertreten. Denn mir scheint es wenig sinnvoll zu sein, in einer Institution vier Gewerkschaften zu haben, von denen nur zwei sich wirklich aktiv für ihre Mitglieder einsetzen.
Sehe ich das richtig?
Was aber schlagen Sie vor, sollte man tun, wenn anscheinend so wenige Intendanten Ihrem sehr gut beschriebenen Arbeitsethos eines guten Intendanten entsprechen??? Dann eben doch alle Theater abschaffen, die keinen guten Intendanten verfügen oder umwandeln in kuratierte Produktionshäuser??? Haben denn keine Intendanten etwas dazu zu sagen???
Soweit ich mich noch erinnere, hat das verschiedene Gründe, häufige und zuweilen auch zu lange Abwesenheiten eines Intendanten, oder der Intendant, der einen zu vollen Kalender hat, und bei dem das eigene Ensemble auf der Prioritätenliste ziemlich weit nach unten gerutscht ist. Ich kenne leider auch keinen, der seine Versprechen vom Antritt einer Intendanz wahrgemacht hat, zumeist, das muß ich der Gerechtigkeit halber sagen, weil ihm selbst der Teppich unter den Füßen weggezogen wurde, Mittelkürzung, Stellenabbau. Ich bin jetzt am ersten Haus, bei dem es keine finanziellen Probleme zu geben scheint. Eine lange Reise, und ich kann nur hoffen, dass ich noch eine Weile bleibe.
Eine andere Wirklichkeit, die ich erlebt habe, Intendanten, die sich ein neues Ensemble zusammen gecastet haben, eine Ansprache halten, Ihr seid die Truppe, mit der ich die nächsten fünf Jahre arbeiten möchte, und nach zwei Jahren durfte bereits ein Drittel das Haus wieder verlassen. Ist das Ensemblearbeit? Wenn plötzlich teure Gäste eingeflogen werden, die die großen Rollen spielen?
Ist das Vertrauen? Oder Angst?
A propos: Der Oktober naht, und für einige von uns wird demnächst ein Brief ins Haus flattern. Dann gibt es die berüchtigten Nichtverlängerungsgespräche.
Ich will nicht jammern, ich habe es mir so ausgesucht, aber manchmal ist es ein Leben wie ein Hund, vor allem, wenn man in Endproben mit einem mäßigen Regisseur steckt, bei dem sich die meisten nicht trauen etwas zu sagen, weil es der Liebling des Intendanten ist. Man braucht als Schauspieler im festen Engagement eine gehörige Portion Liebe zu höfischen Sitten und Umgangsformen. Denn jeder von ihnen ist ein kleiner Sonnenkönig.
Morgen mehr von mir, die Endproben schlauchen.
Aber Eure Dialoge treffen den Kern der Probleme.
Wie man so schön sagt, der Fisch stinkt vom Kopf. Und ja, es geht um Arbeitsethos, vielmehr "Führungsethos". Meines Erachtens sind Intendanten in erster Linie keine Künstler (eventuell in der Funktion als Regisseur, Dramaturg, Schauspieler oder welchen künstlerischen Beruf sie NEBEN ihrer Intendanz noch ausüben). Sie müssen ein Theater leiten. Das bedeutet, sie müssen die Rahmenbedingungen schaffen, in denen Künstler frei, kreativ und sicher arbeiten können. Sie müssen im Betrieb für einen Interessenausgleich sorgen. Sie müssen Kommunikation und Kritik in "ihrem" Haus ermöglichen. Sie müssen motivieren. Sie müssen das Theater nach außen vertreten. Sie müssen lokale und überregionale Netzwerke knüpfen. Sie müssen Teams zusammenstellen können. Sie sind gemeinsam mit der kaufm. Leitung (jedenfalls in GmbHs und Eigenbetrieben) für den gesamten Betrieb verantwortlich - finanziell, rechtlich und moralisch.
Die Wahrnehmung ist eine andere. Und sowohl die Theaterschaffenden selbst, aber auch Politik und Medien, sind dafür mitverantwortlich. Einziges Kriterium für die Öffentlichkeit ist (angeblicher) künstlerischer Erfolg, wobei es keinerlei einheitliche Kriterien gibt, was das denn eigentlich ist. Einziges Kriterium für die Politik scheinen Kennzahlen zu sein (Auslastung, Einnahmen, Benchmarks mit anderen Theatern). Ob ein Intendant in der Lage ist "sein" Theater zu führen ist zweit- oder drittrangig.
Und um nicht falsch verstanden zu werden: Das soll kein Intendanten-Bashing sein. Es gibt gute Intendanten. Wahrscheinliche gibt es keine perfekten Intendanten, genausowenig wie es perfekte nachtkritik-Kommentatoren gibt. Aber einige kommen dem Ideal schon ziemlich nah.
zu Klaus M.: Ja, das Problem sehe ich auch, dass Intendanten - vor allem die guten! - heute durch die Internationalisierung von Theater durch Festivalpräsenzen und eine Verschiebung in der Öffentlichkeitsarbeit hin zu üblich gewordenen aufwendig gestalteten Events als Werbung, zu wenig Zeit in ihnen eigenen Häusern verbringen. Und damit Gefahr laufen, den engen Kontakt zum eigenen Ensemble zu verlieren oder nicht mehr gründlich und instinktsicher undoder spontan genug Führungsentscheidungen treffen können.
Auch die Mitverantwortung der Print-, Sende- und Onlinemedien für die Wahrnehmung und Urteilsfindung von dem, was ein wirklich guter Intendant ist, ist unbestreitbar. Nachtkritik stellt sich exakt diesem Vorwurf an die Medien, ob bisher verlautbart oder nicht. Auch auf die Gefahr, mit einer Theater-Bild-Zeitung verwechselt zu werden. Das ist vor allem erst einmal tapfer, weil risikobehaftet. Ich bin der Redaktion jedenfalls dankbar dafür, dass sie bei der realen dichten Konkurrenz auch im Bereich der Medien, dieses Risiko eingeht.
Werter Sam, Sie reagieren ja richtig aggressiv auf den Versuch der Analytikerin, etwas verstehen zu wollen. Erklären Sie uns doch etwas von der Sicht auf die Welt der Intendanten. Wissen Sie, hier gibt jeder seinen Senf bei den Repliken auf neueste Inszenierungen ab. Muss er/sie deshalb Regisseur sein?
Wie ich die Analytikerin verstanden habe, hat sie einige Jahre in der freien Szene und in einem Produktionshaus gearbeitet, und konnte hier einiges beitragen. Nun gut.
Und ich denke doch, alle hier Stritter, Rechner, die Analytikerin, Klaus M. nehmen die Aufgaben der Intendanten sehr ernst. Aber vielleicht müssen Intendanten einfach bei den Aufgaben abspecken.
Ich kann Ihnen aus fünfundvierzig Jahren Stadttheatererfahrung nur sagen, dass hier in diesem Forum leider, leider niemand falsch liegt.
Und noch etwas, wenn uns das alles nichts anginge, wenn wir nicht die Intention hätten, die Dinge, die Aufgaben und Verantwortungen in den Blick zu nehmen, die Intendanten und Theaterleitungen zu schultern haben, wie Sie sich ausdrücken, dann würden wir uns hier nicht damit auseinander setzen.
Bitte werden Sie etwas konkreter!
Werter Klaus M., danke für diesen Beitrag. Er bringt auf den Punkt, um was es eigentlich geht. Dass die Aufgabe eines Intendanten in dieser zu komplex gewordenen Welt nicht mehr durch eine (meist männliche) Person zu leisten ist, und das mit der Entscheidung für eine Intendanz der Anspruch verloren geht, noch spielen oder Regie führen zu wollen. Meist zu Lasten anderer Leitungsmitglieder, die die Hälfte der Intendantenaufgaben oft mit erledigen. Also kann man doch in einer solchen Situation nur für Modelle plädieren, in denen nicht mehr nur einer, sondern einige ein Theater leiten, wie es in Mannheim der Fall ist oder in Jena.
Ich denke, das sollte man in weitere Überlegungen mit einbeziehen.
prima Anmerkungen, melde mich dazu später!
sam
Da ich hier so persönlich angegriffen werde, einige Klarstellungen. Denkst Du, dass ich es wagen würde, mich in diesem Forum zu Wort zu melden, wenn ich den Unterschied zwischen einem Generalmusikdirektor und einem Intendanten nicht kenne? Mir ist sehr klar, dass Herr Barenboim Chefdirigent der Staatskapelle Berlin und GMD der Staatsoper Berlin ist, und nicht deren Intendant, dass er aber in diesem Falle der Herr im Hause ist. Und nicht der Intendant, der dort in abwechselnder Folge seit Jahren nur als Erfüllungsgehilfe Barenboims agiert. Welcher GMD in Deutschland spricht denn sonst noch ein entscheidendes Wort mit, bei der Auswahl eines Intendanten - da es doch sonst eher umgekehrt der Fall ist.
Und mir ist sicher klar, was der Unterschied zwischen freier Szene, Produktionshäusern und Stadttheater ist. Ist er Dir denn klar?
Dann bitte ich um wohlwollende Äußerungen und nicht diese Form von billigen Anschuldigungen.
Ich bin auf die Diskussion zum Doppelpass eingegangen, in der es darum geht, ob Stadttheater oder Produktionshäuser der freien Szene mit Gruppen der freien Szene kooperieren. Und das ist nicht nur ein semantischer, sondern ein inhaltlicher Unterschied.
Kann es sein, lieber sam, dass Du ein Problem hast, wenn eine Frau hier mitdiskutiert? Ich werde hier weiter meine Meinung äußern, und Du kannst hier weiter Deine Intendanten umarmen. Und bitte lass hören, was die klugen Intendanten in Ihren Gremien besprechen. Hast Du mal ein Protokoll einer Sitzung des Bühnenvereins gelesen? Dann wirst Du Dir vor Freude auf die Schenkel klopfen über die hohe Innovationsfreude dieser Herren.
Aber es wird sich ja bald ändern mit einer Frau am Kopf der Veranstaltung, die den Lobby verein hoffentlich mal richtig durchpustet.
Rolle des Intendanten
Alternativen zum Intendantenmodell
Mitbestimmung der Künstler
Teilnahme in den Gremien
Begriff und Rolle der Ensembles
Bühneneinheitsvertrag
Rolle der Gewerkschaften
Einheitsgewerkschaft für Bühnen
Rolle der Politik
Abgrenzung und Zusammenarbeit
Stadttheater - Produktionshäuser - freie Szene
Rolle des Bühnenvereins
Aufgaben für einen neuen Bühnenverein
Mandate
Bitte um Ergänzungen.
Würde vorschlagen, nach dem ersten Brainstorming, wir erarbeiten eine Liste aller wichtigen Punkte, und arbeiten dann Woche für Woche jeden Punkt ausführlich ab.
d.o.
niemand hier will die Stadttheater abschaffen, ganz im Gegenteil, wir wollen sie stärken und reformieren. sonst verabschiede ich mich aus dem Forum. Ich plädiere sehr stark für eine umfassende Entwicklung aller Bereiche des Theaters.
Und zu den kuratierten Produktionshäusern ist doch eine Menge kritisches hier angemerkt worden, wir haben sie ja erst einmal, methodisch sauber, von der freien Szene getrennt. Denn 90% der freien Szene, die nicht im Wanderzirkusbetrieb arbeitet, haben zu diesen Produktionshäusern überhaupt keinen Zugang. Und nur weil sie das gehobene Segment freier Szene zeigen, gehören sie nicht dazu. Denn dort wird doch kaum noch produziert.
Es sind die Museen der Zukunft, während in den Museen immer mehr gutes Theater gemacht wird. Warten wir doch mal ab, bis Chris Derconn kommt (und jetzt knirschen einige hier schon wieder mit den Zähnen).
Was ist der Wind des globalen Kapitalismus, liebe Inga? Haben Sie das einem aktuellen Theaterstück oder einem Programmheft entnommen. Und dass die Theater grundsätzlich immer im Bezug zu ihrem Umfeld stehen ist selbstverständlich. Aber zu ihrer politischen Gemeinschaft, was ist das wieder für eine spannende archaische Vokabel.
Die Rolle der Politik in Cotards Auflistung ist neu, trifft aber den Punkt. Die wurde hier ja nur am Rande gestreift. Wir müssen also auch überlegen, wie eine (Kultur)politik bestenfalls aussehen muss, in der Theater und ihre Umfelder gedeihen.
Vielleicht könnten wir auch unterschiedliche Erfahrungen aus den Bundesländern sammeln. Sicher ist die Kulturpolitik in MeckPomm eine andere als in Berlin, Thüringen oder Bayern. Auf diese Differenzierung kommt es an, und ich vermute, dass die kulturpolitische Sicherheit, mit der eine Verwaltung, ein Ministerium, ein einzelner Politbeamter agiert ist mit ausschlaggebend für die strukturelle Entwicklung der einzelnen Theater und der Theater in einem Landesbezug.
Zu Bayern, meinem Heimatland, kann ich nur sagen, dass es dort seit Jahrzehnten keine Fusion gab, keinen Spartenabbau, keine drastischen Kürzungen. Es geht hier nicht um Qualität, und es geht überhaupt nicht um parteipolitische Aspekte, sondern einfach um ein Umfeld das für Theater oder Kultur im allgemeinen geschaffen werden.
Ich beschäftige mich mit den bayerischen Theatern und im Vergleich mit den Berlinern und melde mich.
Also dazu später. Wir sollten überlegen, in welcher Reihenfolge wir die Punkte bearbeiten. Aber vielleicht sollten wir noch mal ein paar Punkte sammeln. Was sagt denn Simon zu all dem? Stritter, ist das Ihre Reihenfolge, oder kommen noch andere Punkte dazu?
Und lieber Stritter, ich meinte es ironisch, sie werden keine Freude haben ein solches Protokoll zu lesen, denn die wirklich wichtigen Dinge werden darin nicht behandelt. Also, strapazieren Sie nicht Ihre Beziehungen, wenn wir diese möglicherweise doch noch für andere Dinge benötigen. Sie sollten einen Intendanten wirklich gut kennen.
Ich habe mich nicht präzise genug formuliert. Habe gerade auch (immer noch) ein paar andere Dinge im Kopf als nur Theater. Ja, und genau das meine ich. Jenseits der theaterwissenschaftlichen Debatten gibt es auch noch ein Leben. Und ich habe sicher nicht Unrecht mit meiner Einschätzung, dass viele Theater dieses LEBEN gar nicht (mehr) wahrnehmen. Welches bereits genug Theatralität in sich birgt, siehe die Inszenierung von Wirklichkeit in der Politik und in den Medien, siehe den Lifestylekapitalismus, z.B. den neuen Bioburger von Mc Doof usw.
Konkret ging meine Frage also tatsächlich dahin, warum die Volksbühne als solche, eben VOLKSbühne, abgeschafft werden soll. Ich habe ein wenig die Sorge, dass es dann bald nur noch um Theaterevents geht, bei welchen man sich nicht mehr komplexen Fragestellungen, Themen und Texten widmet, welche tatsächlich ALLE Menschen einer polis = politischen Gemeinschaft betreffen, sondern bei welchen nur noch auf den Mehrwert (Namen, Namen, Namen) geschaut wird. Und politische Gemeinschaft heisst auch für mich nicht Staat oder Nation. Sondern Demokratie oder demokratische Anarchie, welche immer und für JEDEN Bürger begründet sein muss. Und das muss sich eben auch in den Strukturen UND Themen eines Theaters widerspiegeln. Es reicht nicht, sich freie Gruppen (mit oder ohne sogenannte Laiendarsteller) einzuladen und mit ihrer (möglichen) Bekanntheit zu rechnen (sic!), sich ansonsten aber nicht weiter um sie bzw. deren spezifische Thematik zu kümmern. Das wäre kapitalistisch, im Sinne von Geld in den Augen anstatt Menschen und ihre Geschichte(n).
niemand will die Volksbühne abschaffen. Hinter dem Intendantenwechsel steckt ein großer kulturpolitischer Deal, wenn man Herrn Peymann in den Ruhestand schicken will, muß man das auch mit Herrn Castorf tun.
Die beiden waren eine win-win Situation für die Stadt, weil sie das Theatervolk polarisiert haben. Aus win-win wird lose-lose.
Man muß abwarten, Chris Dercon doch erst mal anfangen lassen. Kluge, Piekenbrock, das sind Leute, die etwas von Theater verstehen.
Dort will keiner ein Doublikat des HAU oder eines ähnlichen Produktionshauses. Wir werden sehen, wie das neue Ensemble ausschaut.
Es wird neben Spielern Tänzer und Sänger, Performer und Musiker geben, und endlich wird die Idee verwirklicht, von der alle zehn Jahre lang immer geträumt haben, die Sparten zu durchbrechen, und zwar in einem Ensembletheater.
Die Volksbühne wird das, was es immer war, ein Experiment. Damit sich das Theater strukturell und künstlerisch weiterentwickelt.
Ich mag Herrn Castorf und seine Arbeiten sehr. Ich weiß nicht, wie man mit ihm in der Kommunikation umgegangen ist. Aber das ein Intendant irgendwann abgelöst wird, gehört zum Geschäft. Und er war sicher einer der dienstältesten dieses Landes. Bene.
&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&
In diesem Zusammenhang, Stritter, Cotard, Rechner, wollen wir mit der Kulturpolitik beginnen.
Meine Frage, was für eine Kulturpolitik erwarten wir, damit der Wandel des Theatersystems vorangehen kann?
IN welchen Städten und in welchen Bundesländern wird eine gute, kulturaffine Politik betrieben, und warum gelingt es einigen, die auch eher zu den armen gehören, wie Berlin, dort ein Bekenntnis zur Kunst und Kultur abzuliefern, und in anderen Ländern wird sträflich ausgedünnt (SWH, Thüringen, MeckPomm, Sachsen- Anhalt - die auch in einer signifikanten Theaterkrise stecken, liebe nachtkritik. Nachdem Frauke Adrians einen sehr guten Zwischenstand zu Thüringen gegeben hat, könnt ihr näheres sagen zur Situation der Theater in Sachsen Anhalt. Was passiert im Moment in Dessau? und wie funktioniert das "Hyperfusionsmodell" in Halle, dem viele sehr kritisch gegenüberstehen.
ich habe die Diskussion heute morgen gelesen, und finde sie zuweilen spannend, und zuweilen aber sehr unkonzentriert. Kann man das nicht ein wenig zusammen führen. Ich war gerade auf dem Thüringen Forum, und habe dort ein paar Gedanken aufgeschnappt und kommentiert, die hier auch nützlich wären.
Wie geht man mit Krisen um, die ja spätestens alle fünf Jahre vorkommen, dann, wenn die Landesregierungen ausgewechselt werden. Wie sorgt man vor. Können Theater das, oder muß das eine Lobby sein? Wenn ja, welche?
Wie geht man damit um, wenn eine Landesstruktur plötzlich mit Kürzungen oder zumindest Einfrieren von Tarifen und Betriebszuschüssen konfrontiert ist. Separiert man die einzelnen Sparten? Ich habe dort festgestellt, dass die Orchester am meisten Geld verschlingen, was keine neue Erkenntnis ist. Aber wie geht man damit um?
Nur schade, dass hr. Von Otting erst am letzten Tag seiner steilen Geschäftsführerkarriere mit seiner Sicht auf die Dinge herauskommt. Es wäre hilfreicher, wenn sich einzelne Intendanten und Geschäftsführer bereits während ihrer Amtszeit diesem Kollektivdruck entziehen und Dinge offen legen.
Es wird Zeit, dass der NV Bühne korrigiert wird.
Mir ging es auch nicht um das Gebäude der Volksbühne oder um Castorf, dessen Arbeiten auch in meiner Wahrnehmung leider etwas nachgelassen haben, sondern um das potentielle Publikum. Ich komme selbst nicht aus den Osten, würde aber ebenso wie andere unterstreichen, dass in Castorfs Volksbühne vor allem die Ost-Geschichte mitschwingt. Selbst Shermin Langhoff hat laut Tagesspiegel-Interview "René Pollesch und den Rest der Bande" eingeladen, "ans Gorki zu kommen und ihr Ost-Schild hier anzuschrauben". Das meinte ich mit VOLKSbühne, also den Bezug zum Volk, was jetzt nicht Pegida meint. Pegida, das sind (leider) die weniger intelligenten, die sozial abgehängten, Ostdeutschen.
irgendwann hat mich jemand während meiner Assistenzzeit an der Uni Analytikerin genannt. Wenn ich Beate, Klara, Amelie oder Barbara hieße, wäre das doch langweilig.
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Castorf Ost-Theater gemacht hat. Ich denke, er hat erfolgreich eine Gruppe von Menschen angesprochen, deren Nerv er mit seinen vergrübelten und mit Zitaten und Medien überreizten Inszenierungen getroffen hat. Für meine Begriffe ist Castorf ein Held, weil er nicht abgesoffen ist, wie andere Regisseure, die einst Helden waren. Er geht als Held, und wird allen in Erinnerung bleiben. Die meisten verlassen ihre Stühle zu spät. und viele Intendanten überziehen nicht nur die Länge ihrer Dienstzeit, sondern auch ihr Dienstalter. Ich erinnere daran, dass der amerikanische Präsident nur einmal wiedergewählt werden kann.
Wenn aber Intendanten, wie an Staatstheatern in Hessen, Bayern und Baden Württemberg und anderswo, drei Intendanzperioden an einem Theater blieben, kann es zu sehr unangenehmen Verstrickungen zwischen Intendant und Dienstherr kommen. Dann wird es richtig schwer, dem Kollegen Intendanten zu sagen, jetzt nicht mehr, lieber xyz.
Das ist auch eine Form ministerialer Bequemlichkeit.
Also, ein nächster Punkt auf der Agenda wäre für mich die klare Regulierung der Dienstzeit eines Intendanten auf zwei Intendanzperioden. Zudem ist es wichtig, dass ein Intendant eine Art Report schreibt, über das was er gemacht hat, als Abgleich zu dem, was er sehr oft prosaisch als sein Programm beschrieben hat. Am besten er schriebe es selbst, und läßt es nicht schreiben. Aber das ist wohl unvermeidlich.
Anmeldung noch bis zum 30.09.2015 verlängert!
Mehr Informationen und Anmeldung: http://kongress2015.freie-theater.de/
Nach 2010 findet zum zweiten Mal ein zentraler Bundeskongress der freien Darstellenden Künste statt. VertreterInnen der Freien Szene aus ganz Deutschland, VertreterInnen der Politik und der Kulturverwaltung aus allen Ländern und zahlreichen Kommunen haben sich bereits angemeldet.
Der diesjährige Bundeskongress verhandelt in den Programmlinien »Theaterstrukturen der Zukunft«, »Zwischen Berufung und Beruf«, »Kulturelle Bildung« (zugleich: Fachtag des Förderprogramms ›tanz + theater machen stark‹) und »Schlaglicht Europa« die Potentiale und Notwendigkeiten für die Weiterentwicklung der Darstellenden Künste in Deutschland insgesamt. Auf dem Programm stehen dabei u.a. Vernetzungstreffen zwischen nationalen und internationalen Akteuren, Arbeitsgruppen und Podien. TeilnehmerInnen haben die Möglichkeit, durch ihre Beiträge direkte Impulse zur Weiterentwicklung der Verbandsarbeit zu geben - alle Formate sind so angelegt, dass eine aktive Teilnahme möglich ist. Der gesamte Kongress ist im Sinne eines Dialogs von Freien und Institutionen gestaltet – seien es nun Stadt- und Staatstheater oder Zuwendungsgeber oder Produktionsstrukturen.
Wir werden sehen, was aus seinem Erbe wird. Das OST Schild am Gorki anklicken hat ja eher etwas von einer pubertären Reaktion und beschädigt ihn mehr, als das es seiner Sache dient. Das hat er nicht nötig.
Vielleicht läßt Dercon es ja dran? Er wird uns überraschen. So oder so.
Ich habe über das Mitbestimmungsmodell der Schaubühne gelesen, dass es einen sogenannten Fünferrrat gab, dem beide Geschäftsführer als Gesellschafter angehörten, sowie drei gewählte Mitglieder des Ensembles, die 6 Jahre lang als Direktorium funktioniert haben. Offensichtlich hat Peter Stein trotz dieses Modelles Anfang der 70er sehr schnell die Leitung übernommen. Peymann hat nach einem halben Jahr bereits aufgesteckt.
Zu Frankfurt werde ich mich in den nächsten Tagen belesen.
Jena, das immer wieder genannt wird, hat ein Leitungsmodell, kein Schauspieler ist im Direktorium, soviel zur Klärung dieses Punktes.
Frances H. bat darum, dass wir uns wieder stärker der Diskussion der Themen widmen.
Gibt es Material zur Zusammenarbeit Stadttheater freie Szene, das auf Erfahrungswerten basiert?
Einfache Frage, klare Antwort.
M.E. funktionierte also nicht dieses spezielle Mitbestimmungsmodell der damaligen Schaubühne so, sondern alle ähnlich gedachten am Theater MÜSSEN so funktionieren. Wenn grundsätzlich Schauspieler bestimmen dürfen, WAS inszeniert wird, wird das Theater nicht dauerhaft gutes Theater machen können. Es sei, es ist ein Wandertheater mit sexuell-familiär verbandelten Strukturen... Genauso, als wenn grundsätzlich Dramaturgen oder grundsätzlich die Geschäftsführer bestimmen, was inszeniert wird. In einem Regisseur als Künstler vereinen sich literarische UND dramaturgische UND darstellerische UND bildnerische UND musikalische Phantasie und Willensbildung. In einem Regisseur, gleich welchen Geschlechts. Daraus folgt, dass ein wirklich guter Regisseur, versuchen MUSS, Intendant zu werden, in Zeiten, in denen vertraglich verordnete "gleichberechtigte" Mitbestimmung das politisch angesagte und psychisch lebensunkluge Modell des Tages ist. Vielleicht folgen daraus noch einige Dinge, über die ich im Moment leider nicht weiter nachdenken kann, weil ich für meinen Lebensunterhalt arbeiten muss.