Presseschau vom 8. Oktober 2015 – In der Zeit schreibt die Theatermacherin Simone Dede Ayivi über Alltagsrassismus

In Deutschland sagt man danke!

In Deutschland sagt man danke!

8. Oktober 2015. "Mein Newsfeed bei Facebook bestand im August hauptsächlich aus Berichten von Deutschen of Color, die von weißen Deutschen für Geflüchtete gehalten wurden – Menschen, denen man sagte: 'Du darfst nicht helfen. Wir helfen!', 'Man sagt Danke für den Teddy' und 'Ich schenke dir meine Bild'", berichtet die Theatermacherin Simone Dede Ayivi auf Zeit online.

Sie wolle die Arbeit der vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer nicht kleinreden. "Sie versorgen Menschen in Not mit dem Nötigsten. Das ist eine wunderbare Sache", so Ayivi. Aber: "Wenn wir Menschen, die neu nach Deutschland kommen, langfristig helfen wollen, müssen wir an unserem Rassismusproblem arbeiten. Ein Leben ermöglichen, das durch Rassismus weder bedroht noch beschränkt wird."

Rassismus sei nicht allein ein Problem des rechten Rands, sondern sitze gemütlich in der Mitte der Gesellschaft (siehe oben). "Dort spricht man aber nicht über Rassismus, sondern grenzt sich höchstens von ihm ab", so Ayivi. "Man grenzt sich ab von Terroristen, die Häuser anzünden, und vom 'Pack', das rassistische Parolen brüllt. Meldungen von brennenden Unterkünften werden durch Fernsehbilder von kuscheltierverteilenden Deutschen mit Willkommensschildern verdrängt."

"Seit vielen Jahren arbeiten migrantische Organisationen und Verbände gegen rassistische Diskriminierung und Verbrechen an. Es fehlt weder an persönlichen Berichten noch an wissenschaftlichen Analysen." Das Wissen und das Engagement seien also da. "Es geht darum, zuzuhören, zu fragen und zu unterstützen. Es geht darum, ein Problem beim Namen zu nennen und es anzugehen, anstatt die Augen davor zu verschließen."

(sd)

Mehr zum Thema Rassismus-Vertuschung: Experte des Monats: die deutsche Flüchtlingspolitik – Kolumne von Dirk Pilz vom 25. August 2015

Kommentare  
Presseschau Ayivi: was lernen?
Da stolpere ich doch über diesen Beitrag von Dirk Pilz vom 25.8., den nachtkritik hier unter "Rassismus-Vertuschung" verlinkt hat:

"Erstens, so viele Flüchtlinge wie möglich auf und hinter der Bühne zu beschäftigen, einerseits, um diesen konkret zu helfen, andererseits, um von ihnen zu lernen, in politischer, sozialer und ästhetischer Hinsicht gleichermaßen."

Nun kann es ja keine Frage sein, dass man Flüchtlingen bestmöglich helfen muß - aber etwas verblüffend finde ich schon, dass wir "in politischer, sozialer und ästhetischer Hinsicht" von ihnen "lernen" sollen.

Was genau können oder sollen wir eigentlich politisch, sozial und ästhetisch von ihnen "lernen"? Die fliehen schließlich vor grauenvollen politischen und sozialen Verhältnissen und Erfahrungen in ihren eigenen Ländern zu uns nach Europa als einem Hort der politischen Sicherheit und des sozialen Wohlstands und Friedens. Worin genau also sollen sie unsere Lehrmeister sein? Ich bitte um Erläuterung.
Presseschau Ayivi: Utopie von Europa
Die, die fliehen, sind reflektierende Menschen, Menschen, die grauenvolle Verhaeltnisse erlebt haben und sich mit diesen auseinandersetzen mussten. Wer ist besserer Lehrmeister fuer politisches und soziales, als der, der die menschlichen Abgruende gesehen hat und sich von diesen entfernen musste? Platt gesagt, diese Menschen wissen, wie es nicht sein darf und haben deshalb eine Vorstellung davon, wie es sein soll. Vielleicht sogar eine Utopie von einem Europa, die wir uebernehmen koennen. Ich wuerde sehr gerne von Menschen, die den Kulturkreis Europas betreten, lernen, wie sie die Welt wahrnehmen und welche Vorstellungen sie von einer guten Politik und einem guten sozialen System haben.
Presseschau Alltagsrassismus: Es kommt auf die Haltung an
"Wenn sich die meisten Menschen schon armseliger Kleider u Möbel schämen,was müßten wir uns erst armseliger Ideen u Weltanschauungen schämen." Albert Einstein
"Man kann von jedem etwas lernen" Maria Callas

Die größten Menschen, wie ein Stefan Zweig, waren immer von großer Demut. Ein Da Vinci konnte sogar von Insekten lernen.

Es kommt auf die Haltung an ,ob man etwas sieht und lernt.
Wenn man das Fenster öffnet,kann man sich auf 100 Meter beschränken, oder den Blick nach oben richten und die Sehnsucht verspüren, die Sterne und Galaxien zu sehen. Dieser Sehnsucht, verdanken wir das Teleskop.
Man kann sich wundern, das man existiert. Oder sich ärgern, daß jemand am Trottoir,die Hundescheisse nicht ordnungsgemäß weggeräumt hat.
"...weil wir begreifen, was wir doch nicht sehen können.Und das sollte die Kunst zuwege bringen : das uns die Augen aufgehen." Ingeborg Bachmann, die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.
(An die Sonne)

Die Mittelmäßigen meinen sie könnten nichts lernen und verwechseln das Denken mit dem Neu-ordnen ihrer Vorurteile. Sie halten sich für groß, weil ihre Blicke meist nur zur Decke reichen.
Alltagsrassismus: Überreizung
Dieser Zustand permanenter Zweifel an Deutschland, der durch die Rassismus-Debatte ausgelöst wird, mutiert zu einer Gereiztheit, die verhindert, was dabei raus kommen soll. Sowohl die zur Schau gestellte Willkommenskultur, wie die fremdenfeindlichen Übergriffe sind zu Teilen Ergebnisse dieser Mutation. Es ist eine Überreizung als unmittelbare Folge ungeklärter Ansprüche. Performatives Reden, wie jenes, wir schaffen das, ist eine Herausforderung an beide oder besser gesagt alle Seiten, diese unproduktive Reizung weiter zu steigern. Es wird eben nicht überall hell, wenn einer ausruft, es werde Licht. Es bleiben trotzdem dunkle Flecken und Grauzonen. Ermutigung richtet sich in den meisten Fällen nur an die Willigen und stimmt die Zweifler, Misstrauischen nicht um. Auf diejenigen, die schon entschlossen waren, und weiterhin sind Fremde abzuwehren, wirkt eine solche Ermutigung geradezu als eine Aufforderung jetzt erst recht die Zustimmung zu verweigern. Alle, die in einem solch Fall, wie dieser Einwanderung, auf Stimmungen setzen, liegen schon falsch. Zunächst einmal handelt es sich um ein verbrieftes Recht, dass nicht erst Stimmungen abfragen muss, sondern man muss es allen, die verfolgt werden, gewähren, auch jenen, die einem nicht zu sprechen. Es geht nicht darum, ob diese Menschen, die zu uns kommen gute oder schlechte Menschen sind, auch müssen wir nicht von ihnen lernen können, oder sonst in irgendeiner Art von ihnen profitieren. Schon gar nicht geht es darum, ob wir sie mögen oder nicht. Denn sie kommen hierher, weil sie verfolgt wurden und wir verpflichtet sind ihnen Schutz zu gewähren. Das schaffen wir, müsste sich eigentlich auch an sie, die Flüchtenden richten. Stattdessen wird hier mit einem sich profilierendem „wir“ gearbeitet, dass sich eindeutig, fast patriotisch an die Deutschen wendet, so als ginge es darum, etwas zu gewinnen, einen Sieg zu erringen. Wir stehen aber vor keiner Meisterschaft. Es wird am Ende keinen Preis oder Pokal geben. Es ist auch keine patriotische Herausforderung, die nur einseitig von uns Deutschen bewältigt werden kann und danach sind wir wieder wer, wieder ein bisschen besser. Wir sind ohne jeden Zweifel auf die Mitwirkung der Ankommenden angewiesen. Alleine, ohne sie, ist das nicht zu schaffen. Und in dieser neuen Kooperation mit den Ankommenden darf man zweifeln und skeptisch sein und sich gegenseitig fragen: wie schaffen wir das denn? Niemand kann eine sichere Prognose auf die Zukunft geben, das ist ihr Wesen, auch unsicher sein zu dürfen. Ich vertraue nicht, wenn mir ein Zweckoptimismus aufgebunden wird, einer, der gar nicht meine und die Interessen der Flüchtenden meint, sondern einem Anspruch nach präsidialem Gelingen folgt, dass gerne, um des Gelingen willen, Probleme, Trauer, Schmerzen, Zweifel und Ängste unterschlägt, eben um nicht zu scheitern. Aber der Umgang mit Fremden ist ganz stark vom Scheitern, von Missverständnissen geprägt und vom immer wieder neuem Versuchen.
Alltagsrassismus: sich ans Grundgesetz halten
Der Prozess der Annäherung geht nicht mit einem Ruck, einem Zuruf. Es ist ein komplexer Vorgang, das Herausbilden einer neuen Spielweise, eines neuen Umgangs mit ganz spezifischen historischen Einfärbungen, die man erst einmal erkennen muss. Noch ist uns dieses neue Europa weitgehend unbekannt. Es ist eine Erkundung, eine Expedition, deren Gelingen nicht prophetisch herbei geredet werden kann. Eine Mission, deren Widerstände nur nach und nach abgetragen werden können. Ich persönlich halte beispielsweise Integration für fragwürdig, denn mir reicht es völlig, wenn andere Menschen sich an das Grundgesetz halten, dies gilt für Deutsche, wie für Zugewanderte. Integration hat für mich etwas Nötigendes. Zu dem kann ich keine homogenen Werte erkennen, die es erst möglich machten, sich in sie zu integrieren. Dieser Anspruch ist für mich paradox. Und so bergen viele aktuelle Ansprüche Paradoxien in sich. Die da ankommen, tragen das Problem des Rassismus genauso in sich, wie wir. Eine andere Annahme wäre absurd. Wer dieses Feld wirklich beackern will, polarisiert nicht, er gleicht aus. Das wäre meine Maxime.
Alltagsrassismus: was ist zu lernen?
#2 Karla

"Wer ist besserer Lehrmeister fuer politisches und soziales, als der, der die menschlichen Abgruende gesehen hat und sich von diesen entfernen musste? Platt gesagt, diese Menschen wissen, wie es nicht sein darf und haben deshalb eine Vorstellung davon, wie es sein soll."

Und ihre Vorstellungen, "wie es sein soll", sehen sie offenbar in Europa und besonders Deutschland verwirklicht - sonst kämen sie ja nicht hierher aus ihren Ländern, wo es ersichtlich so ist, wie es "nicht sein soll".

Ich darf meine Frage wiederholen: Was also genau können dann wir von ihnen "lernen", wenn wir Europäer in unseren Verfassungen ihr Vorbild und ihre Zuflucht sind und offenbar verwirklicht haben, was sie erstreben?

PS: Man kann natürlich den Begriff "lernen" so weit fassen wie Sie, bis er bedeutet, daß man immer von allem und allen etwas lernen kann
- das ist natürlich ebenso unbestreitbar richtig, wie unendlich trivial.

Behauptet wurde aber mit besonderem Nachdruck, daß "wir" von den Flüchtlingen "politisch, sozial und ästhetisch lernen" sollen. Aber weder die politischen Verhältnisse in den Fluchtländern noch die sozialen Strukturen sind dort so, daß sie als nacheifernswerte Blaupause gelten können - sonst flöhen diese Menschen ja nicht von dort.

Was also können wir von ihnen "lernen"? Was können sie uns lehren, was bei in ihren Heimatländern besser verwirklicht ist als bei uns?
Alltagsrassismus: keine stabile Kultur
Lieber Ernst Reinhardt,

es gibt weder ein deutsches „wir“ noch ein „ihnen“, bzw. „denen“. Diese Norm gibt es einfach nicht. Der „Deutsche“ hat keine einheitliche Bildung, sondern es gibt ein enormes Bildungsgefälle, so wie in jedem anderen Land auch. Im Individualfall kann sich also immer leicht eine Lernsituation in beide Richtungen ergeben. Was wir grundsätzlich von der syrischen Kultur oder anderen Kulturen lernen können, kann man kaum beantworten. Hierzu müssten verschiedene Kulturen ganz stabil aufgestellt sein, um sie in einem Vergleich bilanzieren zu können. Aber so abgeschlossen als Kultur ist vielleicht nur noch Nordkorea. Die meisten anderen Kulturen vermengen sich längst untereinander, im Internet, im Kulturaustausch und auch durch Zuwanderung in alle denkbaren Richtungen. Und selbstverständlich lernt man im Kulturaustausch immer etwas dazu. Die momentane Situation in Syrien mag eventuell nicht geeignet sein, um im Austausch von einander zu lernen. Allerdings sah das in Deutschland vor siebzig Jahren ähnlich aus. Und doch kann man sagen, dass man von dem fliehenden Walter Benjamin, hätte er überlebt, im damaligen Ausland hätte etwas lernen können. Gleiches galt auch für Brecht oder Feuchtwanger. Und ähnliches kann auch heute jederzeit passieren, dass hängt von Einzelpersonen ab. Der Vater von Steve Jobs war Syrer, wenn ich mich richtig erinnere. Nur um all dies geht es nicht. Das Asylgesetz sieht gar nicht vor, dass wir von Asylsuchenden lernen sollen. Wir sollen ihnen Schutz vor Verfolgung gewähren. Das ist der Auftrag.

Die Fehleinschätzungen des Kulturbetriebes, der ja mittlerweile mehr als Resonanzraum der Politik funktioniert, und nicht mehr als sein Kritiker, sind hierbei zweitrangig. So wie die eine Gruppe Flüchtende abwertet, wertet die andere Gruppe sie auf. Kulturaustausch findet aber auch ohne Krisen statt, und somit sollten die Krisen unabhängig von der Möglichkeit der Wertabschöpfung beurteilt werden. Trotzdem ist es natürlich möglich, dass sich unter den aktuell Fliehenden begabte, sogar hochbegabte Menschen befinden, die in unserer Kultur, im Theaterbetrieb neue Impulse setzen können. Nichts spricht dagegen sie in allen Bereichen einzusetzen, unabhängig davon, ob wir profitieren oder nicht. Die Möglichkeit zu profitieren ist aber nicht a priori, weil sie aus einer Krise kommen, auszuschließen. Diesen Punkt überzubewerten wäre fatal, denn das hieße, jeden Flüchtenden nach seinem Potential zu bewerten und nicht nach der Not in der er sich befand und befindet. Und dies wiederum würde das Asylrecht auf sehr perfide Weise aushöhlen.

Grundsätzlich ist es natürlich absurd Menschen, von denen man annimmt, sie seien Kriegs traumatisiert, an Bahnhöfen mit Applaus und Stofftieren zu begrüßen. Das heißt einfach nur, ihre Not nicht ernst zu nehmen und die Grundsituation völlig falsch einzuschätzen. Ebenso wäre eine Musterung nach Potential für einen kulturellen Zugewinn absurd. Ausgeschlossen aber ist er nicht.
Alltagsrassismus: auf passiv aggressive Art
Sie gehen von einem "Besser" aus. Aber es geht nicht um Effizienz oder, wie Herr Baucks schreibt, am Ende einen Preis zu gewinnen.
Den Satz, das Zitat von Maria Callas, habe ich bewußt gewählt in seiner
Generalität oder ,wie Sie meinen, Trivialität.
Es geht um etwas Größeres, als das "Flüchtlingsproblem". Es ging mir um die Haltung.
Europa fühlt sich belästigt durch die Symptome der Kriege.Einige Kolumnisten,die Mehrheit,ist genervt,daß sie sich dafür "schuldig" fühlen müssen,daß es ihnen im Vergleich gut geht und sie daher "bestraft" werden müssen.
Sie geben auf passiv aggressive Art, den Ausländern Schuld, am dystopischen Europa.Jetzt müsse man schon in erste Weltländer Terrorangst haben.
Vergessen dabei, daß Terrorismus eine in Europa,seit Jahrhunderten, praktizierte Kriegsführung ist.
Man kann nicht das Haus eines Menschen anzünden und sich dann wundern, daß er flieht.

Lesen Sie Wesley Clarks Schrift "7 countries"."Which Path to Persia"von Pollack,"Confessions of an Economic Hitman" von Perkins und "Die Welt aus den Fugen" von Peter Scholl-Latour.

Die Schlagworte "Demokratie und Freiheit" dienten dazu, diese Länder in Brand zu setzen. Wenn es wirklich darum ginge, so müßte man Saudi Arabien und Nordkorea "demokratisieren u befreien".
Von welchen Werten spricht denn die 1. Welt? Sind die Folterlager von Abu Ghraib,die Opiumfelder,die Prostituierung von afghanischen Kindern durch die "Befreier" auch inkludiert? Die Darstellung der Menschen aus dem mittleren Osten in den Medien der letzten Jahrzehnte, war fast immer entwürdigend,entmenschlichend,klischeehaft und verlogen.Sosehr, daß man kaum Empathie entwickelt, wenn 1 Million Iraker als Kollateralschäden auf brutalste Weise ermordet werden. "Sie sind ja selber schuld, muß genetisch bedingt sein."
Europa ist auch nicht nur "die Aufklärung", Botticelli und Dante.Die zivilisatorische Schicht ist sehr dünn und sehr fragil.Wie dressierte Hunde stürzen sich, von Demagogen u "Intellektuellen"aufgehetzte, Volkszornige auf die vermeintlichen Invasoren.Merken dabei nicht, wie sehr sie darauf konditioniert wurden. "Two minutes of Hate"1984,George Orwell. Keiner von denen legt sich mit der NSA oder den Verursachern dieser Kriege an, die zu dieser Menschenflucht führen. Es ist ungefährlicher seine Wut über die Ohnmacht, an den Flüchtlingen auszuleben.

Was man lernen kann? Vielleicht versuchen die Mechanismen des Krieges und wie sie beginnen,zu erkennen. Vielleicht die Position des Fremden anhören.Erkennen, daß auch er ein Mensch ist, wie man selbst.Vielleicht lernen was es heißt, ein Flüchtling zu sein.Wer weiß, vielleicht blüht uns allen ein ähnliches Schicksal?
Versuchen zu lernen unter schrecklichen Bedingungen nicht die Menschlichkeit zu verlieren?Vielleicht lernen Feindbilder zu hinterfragen?Vielleicht endlich lernen nicht den Propagandisten und Kriegshetzern auf den Leim zu gehen? Vielleicht lernen gütig zu sein auch wenn am Ende nichts "besser verwirklicht" wird. Aber vielleicht lernt man ein Mensch zu sein u wendet diese Hölle in einen besseren Ort?

Wie man sich in schwierigen Situationen verhält, ist der wahre Gradmesser für die Werte , die man zu vertreten behauptet.
Alltagsrassismus: Humus der nächsten Kultur
Auch wenn Sie es nicht glauben,auch diese Menschen haben eine komplexe u reichhaltige Kultur. Jede Kultur ist auch der Humus der nächsten Kultur. Es wäre ignorant zu glauben, die eigene Kultur wäre im Vakuum entstanden.Man verdankt die eigene Kultur den vorangegangenen.Die Zivilisation ist ein Staffellauf und umfaßt alle, da sie alle miteinander verbunden sind. Wie Wasser, das in tausenden Flüssen immer wieder zum Ozean zurückfließt um von dort wieder weiterzufließen. Zu glauben man wäre besser,einzigartig, gleicht einem Menschen, der glaubt mit seiner Geburt, begänne die Geschichte u ende mit seinem Tod.Zivilisationen verlaufen in Wellen. Bei Catull, kommen die Germanen, als kriegsführende , biertrinkende u sinnesfeindliche Barbaren weg, denen die Römer die Zivilisation bringen.
Alltagsrassismus: Erkenntnis, nicht Nacheifern
Es geht nicht um nacheifern, sondern um Erkenntnis.
Alltagsrassismus: Entschuldigung
Lieber Herr Reinhardt,

Bei nochmaligem Lesen, bin ich entsetzt über den arroganten Ton meinerseits. Das wollte ich nicht. Sie haben ehrlich eine Frage gestellt und ich habe so gut ich konnte, geantwortet. Es ist nicht gegen Sie persönlich u sollte auf keinen Fall belehrend sein. Mir geht das emotional nahe.Ich bin auch ratlos.
Verzeihen Sie.
Alltagsrassismus: kein ideales Modell der Familie
Lieber Martin Baucks, liebe Klara,

der Einfachheit halber antworte ich Ihnen beiden in einem Beitrag.
Sie haben beide durchaus unterschiedlich auf meinen Beitrag reagiert. Ich will nur ein paar Punkte herausgreifen:

(M.Baucks) "es gibt weder ein deutsches „wir“ noch ein „ihnen“, bzw. „denen“. Diese Norm gibt es einfach nicht".

Nun, diese Norm wurde von der Aussage gesetzt, die ich zitiert habe. Und auch ich sehe da schon Unterschiede: wir leben in einem demokratisch verfaßten, zum Glück sehr laizistischen Rechtsstaat; die Ankommenden hingegen sind sozialisiert in üblen Diktaturen und mörderischen Kriegen unter gleichzeitiger mehr oder weniger massiver, religiöser Bevormundung bzw. Indoktrinierung. Das IST ein Unterschied und läßt sich auch nicht durch Ihren Rekurs auf die bekannte immerwährende Durchdringung und Vermischung aller "Kulturen" wegreden. Es geht mir auch nicht um die Möglichkeit, im individuellen Fall von jemand anderem etwas zu »lernen« (wie von Walter Benjamin oder von X aus Syrien, was immer möglich ist, egal unter welchen Umständen); es geht auch nicht um das Asylrecht, in dem nichts von »Lernen« stehe und auch nicht um den »Profit« (»wir als Rentner werden mal alle von den Flüchtlingen profitieren«), wie er ekelhafterweise gern in der Debatte behauptet wird.

Ich ging vom Zitat des "Experten des Monats", Dirk Pilz, aus, der schrieb: »... zu helfen, um von ihnen zu lernen, in politischer, sozialer und ästhetischer Hinsicht gleichermaßen.« Diesen Satz und die Haltung, die dahintersteht, habe ich hinterfragt.
Daß wir »ästhetisch« von jeder anderen Kultur lernen können, steht außer Frage - wie jede andere von uns. Aber was können wir »politisch lernen«, was können wir »sozial lernen«, wie behauptet wurde?

Exakt diesen Satz habe ich unlängst in einen Fernsehbericht von einem katholischen Priester gehört, der sich sehr für die Flüchtlinge einsetzt; er erklärte, nicht sie müßten von uns, sondern wir müßten von ihnen lernen, wir würden in Wahrheit von ihnen überreich beschenkt werden. Ich staunte - wie auch der Reporter, der nachfragte, was wir denn »sozial« von ihnen lernen könnten. Der Priester erklärte, da sei zum Beispiel der starke Familiensinn und Familienzusammenhalt bei den Flüchtlingen in ihren Ländern, der uns verlorengegangen sei.

Und da streike ich. Die patriarchalischen, hierarchischen Clan- und Sippenstrukturen in arabischen Ländern, denen das Individuum sich zwecks sozialer Kontrolle unterzuordnen hat, sind etwas, was ich auf gar keinen Fall als Modell für »unsere« Gesellschaften erlernen oder als Ideal vorgehalten bekommen möchte. DAS haben wir nun wirklich seit der Renaissance hinter uns.

Fortsetzung folgt
Alltagsrassismus: Grundgesetz kommt vor dem Koran
Und da frage ich dann weiter, was wir denn sonst so »sozial« lernen könnten. Die für uns unverhandelbare Gleichberechtigung von Mann und Frau wird es gerade nicht sein - die existiert in diesen Ländern nicht, sondern wird eher als Angriff auf die göttliche Weltordnung verstanden; die grundgesetzliche Religionsfreiheit bzw. die Freiheit VON Religion erscheint dort als Sakrileg; die sexuelle Verbindung und Ehe zwischen Männern und Männern und Frauen und Frauen als westliche Perversion; eine staatliche Verfassung gilt dort als letztlich sekundär gegenüber dem religiösen Staatsgestaltungsgebot; und last-but-not-least die europäische Ächtung des Antisemitismus, die diamatral dem in arabischen Ländern endemisch verbreiteten und kulturell tradierten Judenhaß zuwiderläuft (peinlich, aber beispielhaft die Geschichte mit Merkels weinendem Flüchtlingsmädchen, das später in Interviews erklärte, sie bete so, daß Israel endlich vom Erdboden verschwinde).

Keine einzige dieser »sozialen« Eigenheiten, die unseren Gesellschaftsmodellen diametral entgegenstehen, möchte ich von den Flüchtlingen »lernen«. Das ist unverhandelbar. Ich meine vielmehr, daß Flüchtlinge, die in solchen Verhältnissen sozialisiert und von ihnen geprägt wurden, eine ganz Reihe Dinge von UNS lernen müssen, wenn es hier zu einem gedeihlichen und friedlichen Zusammenleben aller kommen soll - angeblich verteilt man ja jetzt schon unser Grundgesetz auf arabisch, was zweifellos richtig ist: Die Verfassung kommt VOR dem Koran.

So frage ich mich einfach, wie eine solche Aussage, ein solcher Gedanke zustandekommt, daß »wir« von den Flüchtlingen »lernen« müssen - statt umgekehrt. Aus welcher Vorstellungswelt stammt das - wie beim katholischen Priester aus religiösen Paradies-Vorstellungen? Ganz simple und pragmatische Frage.

Und so kann ich, liebe Klara, nicht sehr viel mit Ihrem Kommentar anfangen, daß es bei meiner einfachen Frage "um etwas Größeres, als das "Flüchtlingsproblem" geht. Sie drehen nun gleich das ganz große allgemeine Rad in großer Geste in einen Parforceritt von Abu Graibh über afghanische Prostituierte, Boticelli, Zivilsation als Staffellauf, Orwell, die Mechanismen des Krieges, Kriegshetzer und Propagandisten, »Mensch sein«, Zivilsation, Geburt und Tod und »Erkenntnis«. »Kosmos« fehlte, verzeihen Sie, wenn ich das etwas ironisch sage.
Alltagsrassismus: wieso Bestrafung?
@ klara: "Einige Kolumnisten,die Mehrheit,ist genervt,daß sie sich dafür 'schuldig' fühlen müssen,daß es ihnen im Vergleich gut geht und sie daher 'bestraft' werden müssen."

Klar kommt es vor, dass man sich und seine Privilegien hinterfragt, auch wenn ich keine "Kolumnistin" bin. Dabei kann man auch mal ein schlechtes Gewissen bekommen. Bloß, warum bzw. inwiefern muss das jetzt "bestraft" werden? Was meinen Sie damit? Ist es nicht absurd, wenn man die einen Menschen bestraft, damit es den anderen Menschen besser geht? Sollte es nicht allen gut gehen? Bringt Bestrafung Frieden in die Welt? Schauen Sie sich die Welt der Kinder an. Wen man bestraft, der lernt nicht aus eigener Erkenntnisbildung heraus, sondern der tut nur das, was andere ihm sagen. Ist das nicht die falsche Form der Erziehung?

Im Übrigen finde ich Ihre Argumente sonst sehr gut und nachvollziehbar.
Alltagsrassismus: Asylrecht, Umstände, Lernen I
Doch, lieber Ernst Reinhardt, es geht bei dem Satz von Dirk Pilz auch um das Asylrecht, denn erst das Asylrecht versetzt uns zwangsläufig in die Lage von einander lernen zu müssen, wie man zusammen leben könnte.

Das Asylrecht aber fragt nicht danach, was ein Mensch ist, ob er Christ, Moslem, Jude oder Atheist oder anderes ist, Mann oder Frau, Kind oder alt, sondern es fragt danach, unter welchen Umständen ein Mensch ist und lebt, beziehungsweise lebte. Und da kann es durchaus vorkommen, dass einem Antisemiten Asyl gewährt wird, weil er eben aus ganz anderen Gründen in seiner Heimat politisch verfolgt wurde, möglicherweise verfolgt wurde als Sunnit oder Schiit, Christ oder Atheist.

Und nun beginnt der Konflikt erst. Erst das Asylrecht macht diesen Konflikt möglich. Asyl wird aber nicht erst dann gewährt, wenn man an dem Flüchtenden die Werte der laizistischen, westlichen Demokratie exekutiert hat.

Sie führen hier die Sozialisation in Diktaturen als Argument ins Feld. Aber eine solche Sozialisation führt nicht zwangsläufig dazu, dass man als ihr Subjekt selber zu der Überzeugung kommt, dass religiös motivierte Diktaturen rechtens seien und die Unterdrückung der Frauen folgerichtig, die Vernichtung des Staates Israel wünschenswert. Im Gegenteil, in vielen Fällen führt es einfach dazu, dass die Bürger versuchen diesen Verhältnissen zu entfliehen, weil sie diese Diktaturen ablehnen und von ihnen verfolgt werden. Ihnen nun nachzusagen, sie seien in jeder Form rückständig, frauenfeindlich, antisemitisch, undemokratisch, stellten den Koran über die Rechtsstaatlichkeit und hingen einem schädlichen Familienbild nach, würde heißen, ihre Motive zur Flucht nicht anerkennen zu wollen und in ihr Gegenteil zu verdrehen. Ganz davon abgesehen hat diese Haltung stark rassistische und islamophobe Züge, diese Bemerkung kann ich ihnen leider nicht ersparen, so gerne ich auch wollte.

Trotzdem sind ihre Sorgen im Einzelfall berechtigt, denn die Motive zur Flucht und die Hoffnungen, die sich für die Flüchtenden damit verbinden, sind nicht automatisch deckungsgleich mit den Werten und Ansprüchen einer Demokratie und eines Rechtsstaates. Wie gesagt, auch einer Antisemitin könnte Asyl oder Aufenthalt gewährt werden, wie im Falle dieses Mädchens, dass so unbotmäßig von der Kanzlerin getätschelt wurde. Und in der Tat, die wenigsten Flüchtlinge kommen, so wie Snowden, aus einer „funktionierenden“ Demokratie, dem ja bedauerlicherweise kein Asyl gewährt wird.
Alltagsrassismus: Asylrecht, Umstände, Lernen II
Nun, von einem Antisemiten oder einer Antisemitin wollen sie nichts lernen Herr Reinhardt. Wer könnte ihnen da widersprechen. Auch nicht von all den anderen defizitären Grundhaltungen, die sie beschreiben und für nicht verhandelbar halten. Diese Meinung ist solange in Ordnung, wie sie diese Grundhaltungen nicht ganz Gruppen kategorisch zuweisen, denn dann fängt der Rassismus an.

Zudem, grundsätzlich ist in einer Demokratie alles verhandelbar. Sogar das Grundgesetz kann man mit einer zweidrittel Mehrheit verändern. Man kann diesen Vorgang gerade in Ungarn beobachten. Demokratien gründen auf Mehrheiten. Im Gegensatz zu Diktaturen brechen sie nicht zusammen, wenn die Mehrheit schwindet, sondern es kommt zu einem Machtwechsel durch Wahlen. Das ist der wesentliche Unterschied. Die Inhalte einer Demokratie müssen immer wieder neu erstritten werden. Dies gilt auch für Flüchtende, sobald sie das Wahlrecht hier erwerben, denn dann dürfen auch sie darüber mit streiten und sie bringen all ihre Haltungen ein, auch jene, die ihnen nicht so angenehm sind.

In diesem Vorgang geht es aber wiederum nicht um Lernen, sondern um die Beschaffung von Mehrheiten. Wer sich hier Mehrheiten verschaffen kann, bekommt Regierungsverantwortung, gegebenenfalls sogar die Möglichkeit zur Veränderung des Grundgesetzes.

Und da kommen wir an den entscheidenden Punkt, ein Antisemit, ein Frauenfeind, bleibt auch als solcher solange ein freier Bürger, wie er nicht straffällig wurde, und er muss als solcher zwangsläufig nicht ein „Flüchtling“ sein, es könnte sich ebenso auch um einen Deutschen handeln.

Trotzdem nimmt er an dem Prozess der Mehrheitsbildung Teil und er hat ein Recht dazu, auch wenn mir das persönlich missfällt.

Es ist eben nicht mit jedem Bürger eine gegenseitige Lernsituation herstellbar. Das spricht aber nicht dagegen, wie es Herr Pilz schon sagte, dass man grundsätzlich eben auch in den Feldern des Sozialen und Politischen von einander lernen kann, voraus gesetzt, man belegt sich nicht derart gegenseitig mit Vorurteilen, so dass jede Lernsituation von vornherein unmöglich gemacht wird.

Was aber, fragen sie können wir im Bereich Politik und Soziales von Flüchtenden lernen. Nun als erstes wohl, dass wir besser mehr gegen Kriege demonstrieren sollten, als gegen Flüchtlingsheime. Das aber ist eine Binsenweisheit.

Es geht letztendlich um das Wesen des modernen Krieges und unserer Verantwortung daran. Die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit, so sehr sie nach innen auch demokratische Bürgerrechte zusichert, so sehr ist sie auch nach Außen der Garant dafür, dass weltweit agierende Konzerne eine sichere Rechtsgrundlage haben, um global zu handeln. Deutsche Konzerne verdrängen einheimische Produzenten aus dem afrikanischen Lebensmittelmarkt. Auf Grundlage einer rechtsstaatlichen Demokratie wird dort ein „Wirtschaftskrieg“ geführt, der einige Menschen zu Flüchtenden macht. Von ihnen können wir lernen, wie unsere Wirtschaftspolitik ihre Heimat destabilisiert und was für Folgen das für ihre Heimat hat. Sie sind die Boten unserer Politik und nur mit ihrem schicksalhaften Wissen können wir unsere verfehlte Politik korrigieren. Hier ist ein Gegenseitiger Anerkennungstransfer im Austausch von Erfahrungen, wie europäische Politik in Afrika wirkt mehr als sinnvoll.
Alltagsrassismus: Asylrecht, Umstände, Lernen III
Die rechtsstaatlichen Demokratien sind aber auch ein Garant dafür, dass man beispielsweise weitgehend ohne Schaden im eigenen Land unrechtmäßige Kriege führen kann, so wie im Irak geschehen. Wenn nun Flüchtende aus diesen Regionen zu uns kommen, sind sie fast die Einzigen, die davon berichten können, was es heißt von einem unserer größten Partnern, den USA, in einem völlig destabilisiertem Land zurückgelassen zu werden. Ohne ihr Wissen, können wir die entscheidenden Veränderungen an unserer Demokratie nicht vornehmen.

Diesen Flüchtenden nun eine einseitige Lernsituation aufzuzwingen und ihnen zu sagen, ihr könnt von uns lernen, wir aber nichts von euch, hieße die „Werte“ der Demokratie gleich zweimal an ihnen zu exekutieren, einmal als politische Folgerichtigkeit in ihrer Heimat und dann nochmals in ihrem neuen Exil, an dem wir nicht ohne Schuld sind. Ein solcher Vorgang wäre mehr als unfair, es wäre der Übergang von einer wirtschaftlichen Hegemonie zu einer Kulturellen. Wir treiben die Flüchtenden mit kriegerischen oder wirtschaftlichen Mitteln in unsere Arme, und hier angekommen zwingen wir ihnen zusätzlich unsere Kultur auf, eine Kultur, die dieses Flüchtlingsproblem mit produziert hat.

Sie sehen, auch wenn einige Flüchtende nicht zwingend alle Kompetenzen für eine hiesige Demokratie von selber mitbringen, so bringen sie doch zu mindestens ein Wissen darüber mit, wie unsere Demokratien außerhalb unserer Grenzen politisch und sozial wirken. Einen Austausch in diesem Bereich, oder eben auch ein gegenseitiges Lernen von einander, halte ich geradezu für zwingend und erstrebenswert, vielfach besser, als ihnen auch noch unsere zum Teil defizitäre Kultur aufzuzwingen, die dieses Problem erst ursächlich mit erzeugt hat.

Zudem unterstelle ich vielen Flüchtenden eher eine Bereitschaft zu Lernen als eventuell einigen Einheimischen. Wer am Ende wen was lehrt, bleibt hierbei offen. Wer sich mit seiner Wahrheit durchsetzt, ist eine Frage der Mehrheitsbildung. Grundsätzlich kann man aber nicht mehr von der geistigen Überlegenheit westlicher Demokratien ausgehen, ansonsten würden sie nicht solche globalen Problem produzieren.

Ich entschuldige mich vorab für einige verkürzte Darstellungen. Der Raum hier ist eben etwas beengt.
Alltagsrassismus: Lernen herstellen
Man KANN Lernsituationen herstellen, die dann ein bewusstes, differenziert prozesshaftes Lernen ermöglichen. Aber man lernt auch, wenn es diese hergestellten Situationen nicht gibt. Das Gehirn funktioniert so. Insbesondere Intellektuellen mag das so banal erscheinen, dass diese Art unbewusstes, unkontrolliertes Lernen, schambehaftet für sie ist. Es wäre deshalb sinnvoll, wenn sie eine Einsicht davon bekämen, wie und was sie im Laufe ihres Lebens von/in unkonktrollierten, nicht extra lernzweckgebunden hergestellten Situationen gelernt haben. WENN Snowden aus einer funktionierenden Demokratie käme, würde er sich im Moment nicht da aufhalten, wo er sich aufhält und wenn die USA wirklich unser Partner - also Partner von Deutschland - wäre in einer paritätischen Demokratienanordnung, dann müssten wir auch nicht bedauern, dass er kein Asyl bei uns nimmt wie die vielen anderen, die uns also die Antwort auf unsere Außen- und aggressive Wirtschaftspolitik lehren... eigentlich warte ich nur noch auf den Augenblick, in dem ein führender Politiker öffentlichkeitswirksam meint, wir müssten ausgerechnet außen- und wirtschaftspolitisch so handeln/gehandelt haben, DAMIT wir eine Demokratien-Lernsituation hergestellen können/herstellen konnten, wie sie Herrr Baucks uns erklärt. Der überwiegende und effektivst wirksame, also einprägsamste, Teil unseres Lernens findet in nicht bewusst hergestellten Kommunikationssituationen statt. Das ist keine gute Nachricht für Lehrer und solche, die es werden wollen oder meinen, es zweifellos perfekt zu sein, ich weiß...
Alltagsrassismus: Danke!
Lieber martin baucks, in etlichen Debatten der vergangenen Jahre waren wir unterschiedlicher Meinung. Aber hier möchte ich nur zwei Wörter sagen: DANKE DAFÜR!
Alltagsrassismus: nicht nur ein Thema
Sehr geehrter Herr Baucks,

Glauben Sie wirklich daran, dass die Flüchtenden, wie Sie es schreiben, uns wirklich von den Kriegen erzählen wollen, die nicht nur die Amerikaner angezettelt haben. Sie wollen in Ruhe Leben. Und es wird keine wirkliche Integration geben, sondern Parallelgesellschaften. Und wir werden nichts neues über unsere Demokratie erfahren.
Gehen Sie in die Politik, wenn Sie überschüssiges missionarisches Potential haben. Das fehlt dort.
ich möchte nachtkritik bitten, dass dieser threat beendet wird. Ansonsten sollten wir auch hier davon lesen, welcher Schauspieler sich gerade über Rechte von Kindern, Umwelt und Energie, Verkehrskonzepte, weltgesundheit oder Genderfragen geäußert hat. Es gibt nicht nur noch ein Thema. Lasst uns doch beim Theater bleiben.
Alltagsrassismus: Zitat
@ Perliger,

lesen sie doch einfach folgenden Artikel auf dieser Plattform:

Wackelige Mitte der Asymmetrien

von Janis El-Bira

Vielleicht verstehen sie ja dann, wo sie sich hier befinden. Ansonsten finde ich ihr fast schon defätistische Haltung traurig. Welche Ruhe können Flüchtende denn hier erlangen? Wäre wohl die nächste Frage. Vielleicht können sie mir die ja mal beantworten. Diese Friedhofsruhe in einer Parallelgesellschaft in die sie durch "Umstände" hineingezwungen werden?

Wenn sie einfach nur Theater machen wollen, dann tun sie das! Aber erklären und definieren sie doch bitte auch mal, was das ist "einfach nur Theater"?! Damit ich weiß, was sie damit meinen.
Alltagsrassismus: Balsam
Lieber Herr Reinhardt,
Danke für Ihre Großzügigkeit mir meinen Ton nicht übelzunehmen.
Herr Baucks hat viel präziser und klarer geantwortet, als ich es vermag. Auch ich möchte mich Klaus M anschließen und ihm dafür danken. In Zeiten wie diesen ist das Balsam.
Natürlich müssen Sie nichts lernen von Flüchtlingen. Sie brauchen sich keine Sorgen machen. Diese Idee entsprang einem sehr gutherzigen, überschwänglichen, deutschen Idealismus.

Europaweit stehen mit dem Rechtsruck ohnedies die Zeichen auf Sturm. Und ich befürchte, daß es eher zu Pogromen kommt, als daß man gemeinsam Theater spielt. Die Saat dafür wurde vor Jahrzehnten gelegt.

Warum ich so ausschweifend schreibe und Sie meinen damit nichts anfangen zu können? Vielleicht wollen Sie damit nichts anfangen? Ich versuche die Zusammenhänge zu finden.Die Geschichte der Menschen ist ein Puzzlespiel und ich versuche, mit den mir zugänglichen Informationen, ein Bild zu machen, daß sich versucht an die Wahrheit anzunähern.Ich habe, wie die meisten, nur Bruchteile davon.
Die Gegenwart ist die Summe der Vergangenheit.Die Gegenwart ist durchtränkt mit ihr. Wer die Mechanismen, die zu Kriegen führen,verstehen will, muß sich mit der Geschichte befassen und wird entdecken, daß sich alle Verbrechen, nach dem gleichen Muster wiederholen.Die Rollen, Böse und Gut werden neu ausgeteilt, der Mechanismus hingegen bleibt der gleiche.Wer den Mechanismus der Propaganda und Lüge durchschaut, kann Kriege verhindern.Wenn man ,so wie ich ausschweift, erkennt man aus der Distanz einige sehr überraschende Zusammenhänge. Vor allem erkennt man, daß die Grenzen zwischen Gut und Böse nicht durch Nationen verlaufen, sondern in jedem einzelnen Menschen. Jede Gewalt wird mit einer Lüge legitimiert,und es braucht wiederum Gewalt um diese Lüge aufrechtzuerhalten.Beide Zitate sind von Solzhenitsyn.

Die Kriegshetzer haben kein Interesse am Herstellen von Zusammenhängen.Die wollen die Welt, in einer guten und bösen Achse, aufteilen.Oder Zivilisierte und Unzivilisierte. Man muß nicht gleich nervös werden, wie A. Perliger, der diesen Thread schliessen lassen will.Der britische Dramatiker David Hare hat zu diesem Thema ein sehr gutes Stück geschrieben (Stuff happens). Ich sehe gerne Schauspielern zu die eine Haltung und eine gebildete Meinung haben und nicht dressierte Seehunde auf der Bühne. Auch ist es beleidigend Schauspielern gegenüber.

Sie glauben, daß die Juden,Muslime,Christen,Agnostiker und Atheisten aus dem Nahen und Mittleren Osten alle antisemitische, frauenverachtende,homophobe, fanatische, ungebildete Halbwilde sind, unfähig, konform mit einem Rechtsstaat zu leben.Natürlich wäre das Leben einfacher, wenn man alle Idioten einer Menschengruppe anlasten könnte.Dem ist aber nicht so. Viele dieser Länder waren einst friedliche,blühende,fortschrittliche,wohlhabende und sogar säkulare Demokratien. Sehen Sie sich Bilder aus Afghanistan aus 1960 1970 an!Bevor der Westen aus Eigeninteresse die Taleban gründete. Iran war bis 1953 eine Demokratie.Kein Gottesstaat und sehr wohlhabend.Es kam durch die Briten und Amerika zum Putsch. Dann kam der Shah. Dieser wurde, als er auch nicht im Interesse von British Petroleum agieren wollte, ebenfalls abgesetzt.Khomeini,ein britischer Agent der MI6,(sehen Sie sich Bilder von ihm ohne Faschings- Bart und Turban an)wurde angeheuert.Der Rest ist leider traurige Geschichte.

Benazir Bhutto, zweifache Premierministerin Pakistans, eine Löwin im Kampf gegen Terror, ermordet.Frauen in diesen Ländern, sind nicht wie Sie meinen, alle unterdrückte Analphabetinnen. Bildung wird gerade in diesen Ländern sehr geachtet bei Frauen.Vor allem in den Naturwissenschaften.
Alltagsrassismus: stumme Zeugen
Ich nehme an ,daß Sie wie die meisten Menschen, bihr Bild aus Hollywood filmen haben. Das passiert unterbewußt. Wie Gift. Wenn man Araber, Iraner hört, kommt gleich das Bild verschleierter, sandbedeckter Terroristen . Es gibt dazu eine Dokumentation mit dem Titel "Hollywood and the Pentagon:A Dangerous Liaison."(David L. Robb)
Wer es wagt , als Schauspieler, die Aussenpolitik zu kritisieren, gilt sehr schnell als "unamerican and unpatriotic" oder schlimmer noch als "traitor"und kann seine berufliche Karriere beim Sterben zusehen. Der Schauspieler Jon Voight, beschimpft sogar US-General Wesley Clark als Schande, da er sich gegen einen weiteren Krieg ausgesprochen hat. Schleimt aber bei "Bomb Iran"-Mc Cain, was seiner Karriere und der seiner Tochter (Jolie) förderlich ist.
Wir sehen also, daß moralisch keine große Änderung stattgefunden hat, seit der McCarthy Ära. Da kam ,wie wir wissen, Brecht auf die "Black List".
Sehen Sie sich "Iran:7 Faces of a Civilization" an. Darius gilt als Messias , da er den Juden Schutz gewährte und ihnen Tempel errichtete.

Welches Thema darf man, A.Perliger,denn besprechen? Das Wetter?Sex?Die Rente?

Kunst als Propaganda hat es immer schon gegeben.CIA sponserte den Maler Jackson Pollock um den gesellschaftskritischen Sozialrealismus zu unterbinden. Die russischen Geheimdienste förderten, ihrerseits, die Sex Pistols. Während des 1. Weltkrieges, gab es Propagandafilme gegen the "German Brutes" um die Massen zu nationalisieren.1990 gab es den Inkubatorskandal ,der zum Golfkrieg führte.

Wie Sie sehen,ist das Ablegen von falschen Zeugnissen, eine Tat, die zu Recht eine Todsünde ist.

Eine Amerikanerin, Gwenyth Todd,hat 2007 ganz alleine, in einer sehr mutigen Aktion,den 3.Weltkrieg verhindert. Heute lebt sie, die einst eine hohe Postion in der US Navy innehatte,von Almosen im Exil.
(The woman who stopped the war)

Eine Kassandra.

Seien Sie also vorsichtig mit Verurteilungen.Ob einer als gut oder böse dargestellt wird,hat mehr damit zu tun, ob er geostrategischen Zügen dienlich oder hinderlich ist.
Isis Kämpfer im Westen, stellen sich manchmal als Mogelpackung heraus, wie im Falle von Joshua Ryne Goldberg.

Seien Sie auch nicht zu vorschnell mit dem Vorwurf des Antisemitismus.Man könnte meinen ,mit der Verve des Antisemitismusverdächtigens, bestünde ganz Europa aus Sophie Scholls. Ich vermute diejenigen , die heute, mit diesem Vorwurf, leichtfertig und bösartig anderen die Karriere, das Leben zerstören, in der Nazizeit, die schlimmsten Mitläufer gewesen wären.

Pauschal alle Flüchtlinge als solche zu verdächtigen ist seltsam.

Diktaturen leben von einem äußeren Feindbild. Sie vereinen das Volk.
Für mich sind Menschen, die in solchen Zeiten, ihre Menschlichkeit und ihren Verstand nicht verlieren, die wahren Helden.
So ein großer Held, ist der bewundernswerte und nachahmenswerte Israeli Ronny Edry, der mit seiner Internetbewegung: "Israel Loves Iran", eine großartige Friedensbewegung geschaffen hat. Von iranischer Seite kam daraufhin die Antwort "Iran Loves Israel".
Menschen schicken sich unabhängig von ihren Regierungen,Photos aus ihrem Alltag,ihren Familien und ihren Liebesbekundungen.

So kann man auch auf Menschen zugehen.Auf Politiker darf man sich nicht verlassen. Es liegt in der Hand jedes Einzelnen von uns.

Am Ende sind unsere Taten,unsere einzig wirklichen Besitztümer,die als stumme Zeugen,uns eines Tages richten werden.

@A.Perliger:
So,jetzt gehe ich meine BauchBeinPo-Gymnastik absolvieren und lese "wie verführe ich einen Mann, aber richtig, mit Apfelstrudel!"in der neuen Cosmopolitan.Dieses Thema macht bloß Falten!
Ich finde Ihren Freudschen Lapsus threat statt thread sehr süß.

@Liebe Inga,

Danke. Sie müssen Frau Berg beim Spiegel fragen, was sie mit "bestraft" meint.
Alltagsrassismus: Einzelfall- vs. Gruppenbetrachtung
Ach, lieber Martin Baucks, Sie brauchen sich wegen der Kürze Ihrer dreiseitigen Erwiderung nicht zu entschuldigen - auch mit der Hälfte hätte ich verstanden, was Sie meinen. So holen Sie ja schon auf Seite 1 die Rassismus-Keule und die Islamophobie-Knute heraus:

"Ganz davon abgesehen hat diese Haltung stark rassistische und islamophobe Züge, diese Bemerkung kann ich ihnen leider nicht ersparen, so gerne ich auch wollte."

Aber ich bitte Sie, Sie müssen mir das gar nicht ersparen, keineswegs, tun Sie sich keinen Zwang an, sagen Sie es so deutlich, wie die politische Korrektheit es von Ihnen moralisch verlangt. Der Vorwurf des Rassismus und der Islamophobie ist im derzeitigen manichäischen Klima ja DAS moralische Standarddisqualifikations- und Einschüchterungsmittel gegen jeden Debattenteilnehmer, der einen Zoll rechts neben Trittin, Ströbele, Künast und Roth zu stehen wagt: so jemand ist heutzutage im Mainstreamdiskurs ja automatisch rassistischer Vollnazi. Nun finde ich allerdings, daß "rassistisch" durch inflationären Gebrauch gegen alles und jedes als Schwert etwas stumpf geworden ist und eher den Rassismuskeulenschwinger als diskursunfähig disqualifiziert als den Geprügelten: Also nennen Sie mich ruhig rassistisch, islamophob, Voll- oder Latenznazi oder was auch immer, ich bin da recht immun und höre es mir erheitert an.

Nachdem wir das geklärt haben, zum nächsten Punkt:

" Diese [i.e.meine] Meinung ist solange in Ordnung, wie sie diese Grundhaltungen nicht ganzen Gruppen kategorisch zuweisen, denn dann fängt der Rassismus an."

Grundsätzlich: Es gibt zwei Möglichkeiten, über andere Menschen zu sprechen:
1. Man betrachtet den spezifischen Einzelfall;
2. man betrachtet das Gruppenspezifische.

Wenn man über den Einzelfall redet, kann man dem Individuum in seiner Einzigartigkeit gerecht werden - und verfehlt dabei natürlich Einsichten in das überindividuelle Gruppenspezifische. Redet man andererseits nur über das Gruppenspezifische, kann man das Allgemeinere herausarbeiten und ihm gerecht werden - und tut u.U. dem individuellen Einzelfall unrecht, der nicht identisch ist mit der Gruppe; man verliert sich sogar, wenn man nicht aufpaßt, in pauschalisierenden Werturteilen.

Tertium non datur.

Wenn Sie allgemeine Aussagen zu Gruppen politisch korrekt verbieten wollen, werden Sie sprachliche Schwierigkeiten haben, auch nur die gattungsspezifischen Unterschiede von Fischen und Vögeln zu benennen.

Wenn ich allgemein festhalte, daß in den meisten arabischen Ländern Männer und Frauen nicht gleichgestellt sind (um es vorsichtig auszudrücken), ist es sinnlos, als Einzelfallmerkmal zu erklären, daß manche arabischen Männer Frauen aber doch gleichberechtigt behandeln. Menschen, egal, aus welchen Ländern auch immer sie kommen, tragen die kulturellen Normen ihrer Gesellschaften zwangsläufig als Gepäck mit sich herum.

ff
Alltagsrassismus: Akzeptanz der unverhandelbaren Grundlagen
Antwort II

"Doch, lieber Ernst Reinhardt, es geht bei dem Satz von Dirk Pilz auch um das Asylrecht, denn erst das Asylrecht versetzt uns zwangsläufig in die Lage von einander lernen zu müssen, wie man zusammen leben könnte."

Nein, falsch, darum ging es nicht. Sie tun fälschlich so, als hätte ich das Asylrecht in Frage gestellt. Gar nicht. Asyl wird gewährt. Punkt. Es geht darum, was NACH der Gewährung von Asyl ist. (Damit entfällt mindestens eine Internet-Seite Ihrer Antwort.) Es ging darum, warum hier in nachtkritik behauptet wird, daß WIR von den Flüchtlingen "lernen" sollen - statt zu fragen, wie es zu schaffen ist, daß diese Flüchtlinge aus einer sehr anderen Welt einige unverhandelbare Spielregeln unserer bestehenden Gesellschaft "lernen" und akzeptieren müssen, wenn sie bei uns leben wollen.

Als polemisches Beispiel: Wenn zehntausend kannibalistische Kopfjäger aus Papua-Neuguinea hier Asyl erhielten, würde man doch wohl darauf bestehen, daß sie ihre kulturspezifischen Tischmanieren und Eßgewohnheiten hier ablegten - oder nicht? Oder würden Sie kulturrelativistisch sagen, daß es keinen ethischen Universalismus gibt und man daher auch den religiösen Riten des aztekischen Menschenopferkultus seinen Respekt und Platz in unserer Gesellschaft einräumen müsse - weil alles andere übel rassistisch und eurozentristisch wäre?

Konkret auf die Situation: Wenn z.B. ein kranker Zuwanderer sich weigert, hier von einer Ärztin behandelt zu werden, weil es eine Frau ist - wenn einer es ablehnt, hier mit der Lehrerin seines Sohnes zu reden, weil es eine Frau ist - wenn einer sich weigert, einer Frau die Hand zu geben, weil sie "unrein" ist (was alles ja bereits pausenlos vorkommt) - akzeptieren wir das als respektfordernde kulturelle Eigenart, beugen wir uns ergeben diesen atavistischen Forderungen und fördern sie damit auch noch - oder setzen wir alles daran, in unserem Land solchen Rückfall in bei uns lang überwundene Epochen zu unterbinden? Können wir auch etwas von den Flüchtlingen fordern, verlangen und erwarten, nämlich ihre Akzeptanz der unverhandelbaren Grundlagen unseres Gesellschaftsvertrages, wenn sie bei uns Zuflucht suchen - oder ist diese Forderung aus Ihrer kulturrelativistischen Sicht bereits "rassistisch"? Sind Frauengleichheitsrechte also für Sie verhandelbar oder nicht? Ja oder nein?
Alltagsrassismus: Multi-Kulti-Wischi-Waschi
Antwort 3

Und da komme ich doch auf weitere sehr merkwürdige Aussagen in Ihrem Beitrag: Sie schreiben z.B. gleich zweimal davon, wir wollten "die „Werte“ der Demokratie ... an ihnen ... exekutieren".

Darf ich das als Ablehnung unserer demokratischen Grundwerteordnung verstehen, wenn Sie "Werte" schon in Anführungszeichen setzen und, sie diffamierend, davon sprechen, daß wir diese offenbar lächerlichen Grundwerte an den Zuwanderern "exekutieren"?

Sie schreiben: " Zudem, grundsätzlich ist in einer Demokratie alles verhandelbar. Sogar das Grundgesetz kann man mit einer zweidrittel Mehrheit verändern."

Das finde ich nun erstaunlich - auch §1 "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist Ihrer Ansicht nach also verhandelbar, wenn sich nur eine Zweidrittelmehrheit dafür findet? Daß diese von Ihnen verächtlich betrachteten grundgesetzlichen "Werte" allgemeine, übernationale Ideen sind, die im GG nur ihre sprachliche deutsche Formulierung gefunden haben, beeindruckt Sie dabei nicht? (Ohne weiter darauf eingehen zu wollen, daß Sie mit dieser Argumentation auch die Machtergreifung von A.H. legitimieren - der wurde schließlich auch mehrheitlich gewählt.)

Und noch erstaunlicher: "Die Inhalte einer Demokratie müssen immer wieder neu erstritten werden. Dies gilt auch für Flüchtende, sobald sie das Wahlrecht hier erwerben, denn dann dürfen auch sie darüber mit streiten und sie bringen all ihre Haltungen ein, auch jene, die ihnen nicht so angenehm sind."

Ach ja? Antisemitismus, Frauenunterdrückung etc etc etc könnten als legitime Anliegen hier neu vertreten und "erstritten" werden, kommt nur drauf an, von wievielen?

Und richtig fasziniert bin ich hiervon: "Wer am Ende wen was lehrt, bleibt hierbei offen. Wer sich mit seiner Wahrheit durchsetzt, ist eine Frage der Mehrheitsbildung."

Das haut mich ja nun um: die Wahrheit des Koran kann - wenn sich nur Mehrheiten finden - durchaus gegen das Grundgesetz durchgesetzt werden? Ob Antisemitismus ("Juden ins Gas" hörte man ja schon in deutschen und europäischen Städten, und NICHT unbedingt von Neonazis) verboten bleibt oder nicht, ist eine Frage der Mehrheitsentscheidung bei konkurrierenden kulturellen Weltsichten??

Wie Sie vielleicht bemerkt haben, geht es mir bei diesem kleinen Plausch gar nicht so sehr um die Flüchtlinge - es geht mir um diese DEUTSCHE Haltung, aus der ein atemberaubend sozialromantischer Satz entstehen kann wie: "Wir müssen von ihnen politisch und sozial lernen" (Zitat nachtkritik, Dirk Pilz).

Wenn wir im irrationalen Multikulti-Wischi-Waschi-Teddybär-und-Luftballon-Delirium nicht mehr entschieden für jene Dinge einstehen und eintreten, die die Fundamente unserer Gesellschaft ausmachen, müssen wir uns nicht wundern, wenn andere sie dann auch nicht respektieren. Dann gehen wir einer Katastrophe entgegen. Nicht aus Schuld der Zuwanderer - nein, aus unserer eigenen verschwurbelten selbstgeißlerischen Selbstaufgabe. Ihr Beitrag erscheint mir dafür typisch.

Mit freundlichen Grüßen
EM

PS: Ich entschuldige mich für die Verknappung meiner Argumentation. Es gäbe noch sehr viel zu sagen über Ihre stereotype Aussage, daß der böse Westen mit seiner verlogenen Ideologie an allem schuld sei, z.B. am tausendvierhundertjährigen sunnitisch-schiitischen Religionskrieg. Aber der Platz hier ist leider sehr knapp.
Alltagsrassismus: was wir lernen könnten
Es steht also ernsthaft die Frage im Raum, ob eine Demokratie in ihrem Umgang mit Fremden lernfähig und integrationsfähig ist? Oder ob Zuwanderung unausweichlich zur Ghettobildung und Parallelgesellschaften führt?

Nun, ich habe zunächst lediglich auf die Frage von Herrn Reinhardt geantwortet, was man denn im Bereich Soziales und Politik von Flüchtenden lernen kann. Ich versuchte zu belegen, dass es durchaus Momente gibt, in denen eine Demokratie von ihren Zuwanderern lernt. In diesem Fall den Schaden zu beheben, den sie selber außerhalb ihrer Grenzen anrichtet. Einen Schaden, der die Zuwanderung ursächlich mit erzeugt, so dass es nur eine Form höherer Gerechtigkeit für unsere Demokratie ist, sich nun mit den Folgen der eigenen Fehler in Form von Zuwanderung auseinanderzusetzen.

Wer diesen Zusammenhang leugnet, für den ergibt sich sicherlich nicht die Notwendigkeit zur Korrektur der hiesigen Politik. Wer aber diesen Zusammenhang anerkennt, der müsste sogar ohne weitere Konsultation der Zuwanderer zu dem Ergebnis kommen, dass die hiesige Politik fehlerhaft ist, und eine Haltung erlernen muss, die es ermöglicht, die Ursachen dieser Krise abzustellen. Die Willensbildung zur Abstellung und Beseitigung dieser Ursache ist nichts anderes als eine Lernsituation für unsere Demokratie, die unausweichlich ist, sobald man zu der Meinung gelangt, dass man die Flüchtenden nicht einfach nur abwehren kann, um weiterhin ungestört einen wirtschaftlichen Vorteil aus den Wirkungen unserer Politik außerhalb unserer Grenzen zu ziehen.

Vertritt man aber die Meinung, man wolle weiterhin ungestört in den Genuss dieser Vorteile kommen, dann ist eine Ausweisung der Flüchtenden geradezu zwangsläufig. Man verweigert so den Opfern dieser Demokratie den Zugang zu ihr, und betreibt nach außen eine aggressive Politik des eigenen Benefits. Dann befindet man sich aber in einem geradezu kriegerischem Verhältnis zu den Flüchtenden, so wie wir es gerade an den Grenzen zu Ungarn erleben.

Es stehen sich also, vereinfacht gesagt zwei Grundpositionen gegenüber: einerseits Abwehr und Ignoranz zum eigenen Vorteil, und auf der anderen Seite der Wunsch, die eigene Demokratie durch erlernen neuer Strategien so weiter zu entwickeln, dass eine solche Abwehr von Fremden unnötig wird.

Die Fremden selber sind hierbei Boten und Opfer zugleich. Wieweit man sie in diesen Lernvorgang einbeziehen möchte, bleibt der eigenen Intelligenz einer Demokratie überlassen. Gemeinhin ist es aber so, dass intelligente Menschen alle Quellen nutzen wollen, die sich ihnen für einen Fortschritt anbieten. Somit wäre ein Austausch mit den Fremden erstrebenswert und würde zugleich der Herausbildung einer Parallelgesellschaft vorbeugen. Wer sich diesem Vorgang verweigert, fordert die Ghettobildung heraus. Sie ist dann sozusagen erwünscht, um dass Problem territorial einzugrenzen. Sich dann aber im Nachhinein über solche Ghettos zu beklagen, gehört zu den Absurditäten derer, die sich einer Progression unserer Demokratie vorsätzlich verweigern.

Mir persönlich erscheint eher eine Lernsituation für die Demokratie unausweichlich, um nicht zu scheitern, und weniger die Herausbildung von Parallelgesellschaften. Aber dies bleibt letztendlich der Willens- und Meinungsbildung innerhalb einer Demokratie überlassen, auf die ich eher in dem Sinne einwirken möchte, dass sie sich bitte weiterentwickele.
Alltagsrassismus: nicht gleich das ganze Abendland bedroht
Lieber Herr Reinhardt,

ich mache es kurz. Sie beschreiben ganz gut, aber extrem verkürzt, Verhältnisse, wie sie in einigen Herkunftsländern vorliegen.

Aber ihre Annahme, dass sich diese Verhältnisse durch Zuwanderung automatisch auf Deutschland übertragen, ist schlicht und ergreifend falsch.

Und somit hätten sie sich den gesamten Rest ihrer Ausführungen inklusive der verschiedenen Beschimpfungen sparen können, denn ihre Grundannahme ist derart fehlerhaft, dass man ihren Rückschlüssen daraus nicht folgen muss.

Trotzdem wird, und gibt es schon, Probleme zwischen Einheimischen und Zuwandern, die in der Hauptsache durch Menschen wie sie geschürt werden, die gleich das ganze Abendland bedroht sehen, und jeden, der ihnen widerspricht in die Tonne hauen wollen.

Ihre Argumentation im einzelnen aufzugreifen, wäre in diesem Sinne müßig und auch nicht förderlich. Da wenden sie sich besser an die Bildzeitung. Dort kämpft man solche Streitigkeiten gerne aus.

Ich hingegen halte unsere Demokratie weiterhin für stark genug, Anfeindungen, wie sie sie bei den Flüchtenden vermuten, standzuhalten.
Alltagsrassismus: Unwort des Jahres
Sollte noch Kandidaten gesucht werden: den Begriff "Alltagsrassismus" würde ich auf die Liste für das Unwort des Jahres setzen. Und die o.g. Zusammenfassung des Blogs von Dede Ayivi halte ich aus meinen Erfahrungen und Wahrnehmungen heraus für nicht repräsentativ, in der Tendenz sogar für diffamierend.
Presseschau Ayivi: Postmigranten im Parlament
Es steht also ernsthaft die These im Raum, dass, wer die Flüchtenden nicht als Feinde erkennt, ebenso ein Feind der Demokratie sei. Dem ist nicht so. Auch wer erkennt, dass die Inhalte der Demokratie im steten Wandel und Wechsel der Generationen, sowie durch Veränderungen durch Zuwanderung immer wieder neu erstritten werden müssen und in einer Demokratie alles verhandelbar ist, ist kein Feind der Demokratie.

Grundsätzlich sind die ersten zwanzig Artikel des Grundgesetzes nicht veränderbar, auch wenn sie kleiner Nachbesserungen bedürften. Beispielsweise sollte es schon längst heißen: Jede Mutter und jeder Vater hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Gleiches gilt für den Artikel zur Wehrpflicht. Aber das sind Feinheiten, die hier eigentlich nicht hingehören, aber belegen, was ich mit verhandelbar meine.

Man muss aber festhalten, das, wer erkennt, dass jede Demokratie eine Fortentwicklung durchläuft, nicht den Boden der Demokratie verlässt, im Gegenteil, er festigt sie, auch wenn hier gegenteilige Eindrücke erzielt werden sollen.

Diesen Vorwurf von Herrn Reinhardt darf man nicht unbeantwortet lassen. Darüber hinaus teile ich die Sorgen, die hier vor getragen wurden bisweilen, nur nicht die Form in der sie vorgetragen wurden, und die falschen Konsequenzen, die daraus gezogen werden sollen.

Und betrachten wir doch einmal die Realität. Welche Postmigranten, die längst in unserem Parlament aktiv sind, vertreten denn die Meinung, man müssen die Gleichberechtigung zurücknehmen, den Koran über das Grundgesetz stellen, den Antisemitismus hofieren, die Scharia einführen und die Demokratie einstellen? Das sind doch Hirngespinste. Das Gegenteil ist der Fall und jeder einzelne Postmigrant, der dort aktiv ist, ist zugleich auch ein Beleg dafür, wie unsere Demokratie wirklich funktioniert.
Presseschau Ayivi: unangemessen + praxis-vermeidend
Entschuldigung: ich halte ihn für einfach nur unangemessen anstrengend und praxis-vermeidend. Ich finde, das nk gleich den nächsten Preis verdient hat: für den zutreffendsten Titel: Alltagsrassismus heißt ja 1. Rassismus ist Alltag, man darf deshalb sowohl gelassen als auch konsequent, und zwar immer wieder, mit ihm umgehen 2. Rassismus ist gegen normalen Alltag gerichtet, man sollte deshalb sowohl gelassen als auch usw. Es klingt aber alles soooo beeindruckend klug - hach, wo ist mein Kopftuch, meine Gala und Dein Spiegel? - Und es gibt genügend Leute, die mir einfallen, die mir aus völlig nichtreligiösen Gründen nicht die Hand geben/gegeben haben beim Gruß und dies wahrscheinlich, weil sie mich nicht ganz astrein finden/fanden, ganz geschlechtsunabhängig - und ich war dann immer froh, dass ich mit Alltag so viel Erfahrung habe, dass mir da so ein Alltagsrassismus auch nicht mehr zu schaffen gemacht hat, als Herrn Baucks Ausführungs-Längen...
Presseschau Ayivi: Begriff aus der Rassismusforschung
Liebe Kommentator*innen wolfgangk und Demon, Alltagsrassismus ist ein Begriff aus der Rassismusforschung, der keineswegs die Alltäglichkeit von Rassismus sanktioniert, sondern sie im Gegenteil aufs Korn nimmt. Mehr dazu z.B. hier: http://www.bpb.de/dialog/194569/offensichtlich-und-zugedeckt-alltagsrassismus-in-deutschland
Mit freundlichem Gruß, Sophie Diesselhorst/Redaktion
Presseschau Ayivi: kein Ziel zu edel
Ja. Das ist schön. Da können meiner Ansicht nach die Forscher forschen und forschen - der geht deshalb trotzdem nicht weg. Und von Forschung allein schon gar nicht. Ich würde sagen, dass ist vielleicht Forschung, aber keine Grundlagenforschung, die für den Alltag immer eher was bringt... Das ist ein (neoliberales?) Stehaufmännchen. Und zwar vermutlich ein einträgliches, wenn man ihm einen Begriff gibt und so tut, als könne man mit Wissenschaft den alltäglich präsenten Wahn des Rassismus aus der Welt schaffen. Ich sanktioniere ihn auch nicht. Aber eben auch nicht diese Art der Forschung. - Immerhin: danke!, verehrte Frau Disselhorst, ohne Sie wüsste ich gar nicht, dass es mittlerweile echt Rassismusforschung gibt! Kein Ziel für die Wissenschaft ist zu hoch und edel, um sich vom real erlebten, ganz ohne Förderung verclusterten Alltag wegbeamen zu können.
Presseschau Ayivi: überhöhte Empfindsamkeit
Liebe Frau Diesselhorst,
vielen Dank für diesen Link. Ich hatte auch weder Ihnen noch nachtkritik den Ursprung anhängen wollen. Und schon gar nicht möchte ich Ihnen einen guten Willen in Abrede stellen.
Aber auch was die Bundeszentrale für politische Bildung da veröffentlicht, macht es nicht besser. In der Diskussion wird eine agitatorische Politsprache "veralltäglicht", die unsäglich ist. Und die Frage: "Wo kommst Du her?" stelle ich, wenn ich aus irgendeinem Grunde an einem Menschen Interesse habe, genauso wie die Fragen "Was machst Du beruflich?" oder "Hast Du Familie?". Insofern bin ich völlig mit Herrn Baucks übereinstimmend, wir befinden uns in einem Zustand überhöhter Empfindsamkeit und Gereiztheit, wenn wir auf dieser Basis "Rassismusforschung" betreiben.
Presseschau Ayivi: beschämende Haltung
Lieber Wolfgangk, lieber Demon,

manchmal denke ich, ich lese nicht richtig oder bin sonst wie erblindet. Was denken sie denn? Das der Konflikt bald beendet ist? Das man ihn einsilbig auf Twitter-Niveau abschließen kann? Ich wohne kaum eine halbe Stunde von der Lageso entfernt. Was empfehlen sie mir? Wegzusehen?

Da kommt ein kalter Winter und Ernst Reinhardt empfiehlt mir, ich solle mich vor den frierenden Gestalten dort fürchten, weil sie „meine Demokratie“ zerrütten werden. Ist das ihr letztes Wort? Und ansonsten drücken sie sich mit ein paar lahmen Witzen und Bonmots aus dem Konflikt heraus?

In der Inszenierung des „Kirschgartens“ von Nurkan Erpulat waren die Flüchtlinge noch eine Randerscheinung. Es galt das Fest des deutsch türkischen Sohnes eines Gemüsehändlers zu feiern, der in der Mitte der Gesellschaft angekommen war.

Und nun? Wie sieht es jetzt um den selben Kirschgarten aus? Nun werden die Bäume schon gefällt und der Garten parzelliert, nicht mehr für die Sommerfrischler, .sondern für die Flüchtlinge, hoffentlich. Der Nebenschauplatz ist zum Hauptschauplatz geworden. Die Peripherie zur Mitte.

Im nächsten Frühjahr werden wir wahrscheinlich die Millionengrenze an Zuwanderern überschritten haben. Aller spätestens dann werden auch die Letzten erkennen, dass es sich um einen neuen Jahrhundertkonflikt handelt, denn man nicht einfach mal so weggrätschen kann.

Ihre Haltung ist beschämend. Sie beschweren sich über falsche Worte, zu lange Kommentare.

Finden sie doch mal die richtigen Worte. Dann bekommen ihre Kommentare vielleicht endlich mal Gewicht.

Oder muss ihnen erst der Berliner Kurier die ersten Bilder von blau angelaufenen Flüchtlingskindern unter die Nase reiben, bevor sie aufwachen?

Und dann stehen sie da, unter den Linden am Weihnachtsmarkt, direkt an der Oper mit einem Glühwein in der Hand und flüstern sich leise zu: Deutschland ist eben keine soziale Wärmestube.

Ist es das, was sie wollen?!

Und jetzt klappen sie bitte ihre Laptops auf und hacken ihre bösen Kommentare in diese Spalte. Geben sie sich richtig Mühe dabei. Aber seien sich gewiss, dagegen bin nicht nur ich allein immun.
Presseschau Ayivi: geärgert
Ich engagiere mich in der Flüchtlingshilfe. Mich hat der Tenor des Blogs in der Zeit geaergert. Er entspricht (gar) nicht meinen eigenen Erfahrungen. Bei Sprache bin ich empfindlich, da sie sehr entschieden verantwortlich für die empathische Wahrnehmung ist. Wieso fühlen sie sich eigentlich angegriffen?
Presseschau Ayivi: beeindruckendes Theater-Beispiel
Das Thema Flucht, Vertreibung und Verletzung ist wie ich finde sehr beeindruckend von bodytalk/ Warless day im Fleshmob mit Toten performativ aufgearbeitet worden.
Die Besucher werden zunächst hinter das Theater geführt, wo Ihnen von einer Frau mit schwarzer Hautfarbe flehentlich „Help me“ entgegenschallt. Vorbei im Eiskalten an einem Pool in dem eine Frau im Bikini mit kaltem Wasser abgespritzt wird und sie ausruft „Niemand wird zu Baden gezwungen!“. Dann in eine lichtlose Metallbaracke in der eine Frau in einer fremden Sprache eindringlich fordernd in die Dunkelheit spricht. Wenn man so vorbereitet den Theaterraum betritt, scheint man sich schon mitten in der Geschichte von Solmaz Vakilpour zu befinden. Sie wird intensiv bis an die Grenze des Aushaltbaren von ihr und den Tänzern von bodytalk performed. Ob nun alles was sie mitteilt authentisch von ihr erlebt wurde oder mehr zusammengesetzt aus den Erlebnissen Vieler, spielt dabei keine Rolle: es geht unter die Haut. Was ist das Böseste, das Du je in Deinem Leben getan hast? Egal, es ist (fast) nichts im Vergleich zu den geschilderten Erlebnissen im Iran! Engagierst Du Dich für Flüchtlinge? Würdest Du einen Flüchtling bei Dir aufnehmen? Fragen, die offen ausgesprochen werden und das Publikum sichtbar in Not bringen.
Am Ende wird alles mit einer Clown Nummer und „Mighty Quinn“ gebrochen. Doch nur alles Spiel? Oder eine intelligente Art das Publikum hochzunehmen?
Aber während man leise „When Quinn the Eskimo gets here“ auf dem Weg nach Hause singt, fragt man sich ob „Eskimo“ überhaupt noch geht?! Genial, oder?
Presseschau Ayivi: Ausgrenzung und Entgrenzung
Im Grunde geht es darum zwei Denksysteme mit einander zu verbinden, die sich gegeneinander ausschließen. Man kann nicht ausgrenzen und entgrenzen zugleich, so scheint es. Nur ein System kann siegen. Während wir aber den Geld- und Warenfluss immer weiter entgrenzen wollen, gestatten wir dem Nutznießer von Geld und Waren nicht im Gegenzug das gleiche Recht. Demnach ist das Subjekt des Geldes und der Waren, also der Mensch nachgeordnet. Er wird nicht globalisiert. Und, wenn er nicht innerhalb der Grenzen der Machtzentren der Globalisierung geboren wurde, rangiert er rechtlich, in seinen Möglichkeiten des freien Verkehrs, unterhalb von Waren und Geldern.

Somit ist seine Würde antastbar. Der erste Artikel unseres Grundgesetzes meint aber juristisch in erster Linie, das alle Menschen vom Wert her gleich gestellt sind. Das es keine unter- oder nachgeordneten Menschen gibt. Wenn wir aber nur Menschen, die innerhalb Europas geboren wurden, Reisefreiheit gewähren, erzeugen wir in den Flüchtlingen Menschen zweiter Klasse und widersprechen unserem Grundgesetzartikel Nummer eins. Sie von unserer Entgrenzung auszugrenzen, heißt ihre Würde anzutasten. Das sollte uns stets bewusst sein.

Man kann einen Gegenüber aber nicht dauerhaft von der Entgrenzung und Freiheit, die man selber für sich in Anspruch nimmt ausgrenzen, ohne kriegerische Mittel. Das wissen wir alle. Erst indem wir mit zweierlei Maß messen, erscheint uns unsere Freiheit und Würde plausibel.

Im Zustand der Plausibilität, dem Egoismus und dem Maß mit zwei Seiten erscheint uns unsere einseitige Entgrenzung geeignet auch ausgrenzen zu dürfen, ohne eben die eigene Freiheit beschädigt zu sehen.

Eine solche Realitätskonstruktion hält aber immer nur temporär und seine Nutzer hoffen darauf vor ihrem Zusammenbruch abzuleben oder sich sonst wie in Sicherheit gebracht zu haben.

Die Wahrheit ist, in einer Entgrenzung kann man die Ausgrenzung nicht mehr organisieren. Die Demokratie verlässt ihre osmotische Organisation in dem Moment, wo sie Reisefreiheit gewährt. Eine einseitige Reisefreiheit ist auf Dauer nicht durchsetzbar, außer man nimmt Menschen vom Artikel eins aus, auch wenn sie sich schon innerhalb der eigenen Grenzen unserer Demokratie befinden. Dann kann man, in einem Zweiklassensystem, Entgrenzung und Ausgrenzung zusammen denken, und nur so, ansonsten bleiben sie unvereinbar.
Presseschau Ayivi: übrigens
Simone Dede Ayivi macht übrigens Theater, über das es sich auch lohnt zu sprechen. Anyone?
Presseschau Ayivi: Rechtsbeugung
Ach, hat das der liebe Herr Baucks wieder einmal schön ausgewalzt: Wir messen also auch das Grundgesetz im Alltag mit zweierlei Maß. Das kann man, wenn man das Grundgesetz wirklich zu den Gesetzen zählt, dann kurz Rechtsbeugung nennen, ohne dem Theater die Aufmerksamkeit für es zu klauen.
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