Shakespeare

von Vladimir Nabokov

Unter Elisabeths Granden glänztest auch
du, du pflegtest üppigen Brauch
gefältelte Krause, silbrige Seiden
Schenkel umhüllend, keilgleich der Bart
schienst du wie alle... so, in die kurze Mantelart
mochte der göttliche Donner sich kleiden.

Von allem Theaterlärm unnahbar weit
schobst du achtlos den Lorbeer beiseit
den dir zu flechtenden, trockenen Kranz
und verbargst auf ewig dein Riesengenie
in einer Maske, doch deiner Phantasie
weit hallende Echos verblieben uns ganz:
Venedigs Mohr hisst sein Trauerpanier
Falstaffs Haupt - einem Euter gleich, beklebt
mit ’nem Schnauzbart; der brüllende Lear...
Ihr Schöpfer weilt unter uns, er lebt -
nur auf ihn den Blick, in die Irre gelenkt
hast du den, hast dich der Welt entzogen
um deinen Namen, dein Bild uns betrogen
und sie in deiner geliebten Lethe ertränkt.
Ist doch wahr: ein Geldschneider unterschrieb
- gegen Bares - dein Werk, das jetzt nach ihm heißt
ein gewisser Will Shaxper, er spielte in „Hamlet“ den Geist
ein Säufer, dem sterbend die Zeit nicht blieb
den Teller Schweinskopfsülze zu verdauen...

Die Fregatte holt Luft, du gehst auf Reisen.
Italien sahst du. Singend rief eine Frauen-
stimme durch das geschmiedete Eisen
sie rief untern Balkon den Inglese, rank
vom gelben Zitronenmond sehnsuchtskrank
in den Gassen Veronas. Ich male mir
mit Vorliebe aus, wie irgendwann sich
Don Quichotes kauziger Schöpfer mit dir
unterhielt, humorig und wunderlich
nichtsahnend, am zufälligen Ort
eures Pferdewechsels - der Abend war
garantiert blau - Eimerklang, glasklar
vom Brunnen hinter dem Gasthof... Auf ein Wort
wen hast du geliebt? Verrat’s uns, in wessen Lebensbericht
wirst du flüchtig erwähnt? Zeigten dir nicht
Unzählige Nullen, wie Spurlegen geht?
Wie viele Namen allein bei Brantôme!
Enthüll dich, des jambischen Donners Phantom
hundertmündiger, unerdenklicher Poet!
Nein! Zur bestimmten Stunde - es rückt
der Gott dich, du fühlst es, aus deinem Sein -
ziehst du die Handschriften insgeheim ein:
Schamloses Weltmaul, nimmermehr drückt
dein Geschwätz meiner Größe sein Brandzeichen auf!
Und zur Gesichtslosigkeit erkoren
trotzt du der Jahrhunderte staubendem Lauf
wie die Unsterblichkeit selbst... und gingst lächelnd verloren.

(1924)

(Deutsch von Frank-Patrick Steckel)

Shakespeare

von Vladimir Nabokov

Unter Elisabeths Granden glänztest auch
du, du pflegtest üppigen Brauch
gefältelte Krause, silbrige Seiden
Schenkel umhüllend, keilgleich der Bart
schienst du wie alle... so, in die kurze Mantelart
mochte der göttliche Donner sich kleiden.

Von allem Theaterlärm unnahbar weit
schobst du achtlos den Lorbeer beiseit
den dir zu flechtenden, trockenen Kranz
und verbargst auf ewig dein Riesengenie
in einer Maske, doch deiner Phantasie
weit hallende Echos verblieben uns ganz:
Venedigs Mohr hisst sein Trauerpanier
Falstaffs Haupt - einem Euter gleich, beklebt
mit ’nem Schnauzbart; der brüllende Lear...
Ihr Schöpfer weilt unter uns, er lebt -
nur auf ihn den Blick, in die Irre gelenkt
hast du den, hast dich der Welt entzogen
um deinen Namen, dein Bild uns betrogen
und sie in deiner geliebten Lethe ertränkt.
Ist doch wahr: ein Geldschneider unterschrieb
- gegen Bares - dein Werk, das jetzt nach ihm heißt
ein gewisser Will Shaxper, er spielte in „Hamlet“ den Geist
ein Säufer, dem sterbend die Zeit nicht blieb
den Teller Schweinskopfsülze zu verdauen...

Die Fregatte holt Luft, du gehst auf Reisen.
Italien sahst du. Singend rief eine Frauen-
stimme durch das geschmiedete Eisen
sie rief untern Balkon den Inglese, rank
vom gelben Zitronenmond sehnsuchtskrank
in den Gassen Veronas. Ich male mir
mit Vorliebe aus, wie irgendwann sich
Don Quichotes kauziger Schöpfer mit dir
unterhielt, humorig und wunderlich
nichtsahnend, am zufälligen Ort
eures Pferdewechsels - der Abend war
garantiert blau - Eimerklang, glasklar
vom Brunnen hinter dem Gasthof... Auf ein Wort
wen hast du geliebt? Verrat’s uns, in wessen Lebensbericht
wirst du flüchtig erwähnt? Zeigten dir nicht
Unzählige Nullen, wie Spurlegen geht?
Wie viele Namen allein bei Brantôme!
Enthüll dich, des jambischen Donners Phantom
hundertmündiger, unerdenklicher Poet!
Nein! Zur bestimmten Stunde - es rückt
der Gott dich, du fühlst es, aus deinem Sein -
ziehst du die Handschriften insgeheim ein:
Schamloses Weltmaul, nimmermehr drückt
dein Geschwätz meiner Größe sein Brandzeichen auf!
Und zur Gesichtslosigkeit erkoren
trotzt du der Jahrhunderte staubendem Lauf
wie die Unsterblichkeit selbst... und gingst lächelnd verloren.

(1924)

(Deutsch von Frank-Patrick Steckel)