Rechtsextreme protestieren auf Burgtheater-Dach gegen "Schutzbefohlene"
Runter von unserem Haus!
Wien, 28. April 2016. Gegen eine Repertoire-Vorstellung von Elfriede Jelineks "Die Schutzbefohlenen" am Wiener Burgtheater (Regie: Michael Thalheimer) hat die rechtsextreme "Identitäre Bewegung" protestiert, indem fünf Personen auf dem Dach der Burg ein Transparent mit der Aufschrift "Heuchler" entrollten und Flugblätter abwarfen. Das meldet u.a. der Standard. Die Identitären gelangen aber offenbar nicht ins Theater hinein, so dass die anderthalbstündige Aufführung selbst ungestört ablief.
Die Polizei sei rasch vor Ort gewesen und zwei Personen wegen Ordnungsstörung angezeigt worden. Wie @VickySpielfrau twitterte, brachte die Antifa Wien daraufhin kurzzeitig ein Gegentransparent am Burgtheater an ("Never let the fascists have the streets."). Das Burgtheater selbst reagierte mit einem (bereits hundertfach kommentierten) Statement auf seiner Facebookseite: "Identitäre runter von unserem Haus und raus aus Europa. Ihr, eure Angstmacherei, euer Hass und eure Aufhetzerei haben hier keinen Platz!"
Ostermayer: "Wer jetzt nicht aufsteht, macht sich schuldig"
Auch Österreichs Kunst- und Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) verurteilte diese "Provokation einer rechtsradikalen Gruppe" noch am Mittwochabend. Es könne und dürfte für derartige Aktionen "kein Verständnis und keine Akzeptanz" geben. "Was mit der Besetzung von Theaterbühnen beginnt, endet allzu oft in Gewalt gegen jene, denen unser Schutz zu gewähren ist." Darüberhinaus forderte Ostermayer laut APA ein klares Bekenntnis aller österreichischen Parteien: "Aktionen wie die heutige sind kein Beitrag zu einem Diskurs und sind nicht demokratisch. Die Freiheit der Kunst anzugreifen, heißt, sich gegen Österreich und seine Werte zu stellen (...). Wer jetzt nicht aufsteht und sich gegen diese Vorfälle ausspricht, (...) der macht sich schuldig." Es brauche einen "Schulterschluss der anständigen, demokratischen und humanistischen Kräfte unseres Landes gegen die Verhetzer und Spalter der Gesellschaft."
Bereits vor zwei Wochen hatten Identitäre eine "Schutzbefohlenen"-Vorstellung mit Geflüchteten im Audimax der Uni Wien gestürmt. In diesem Zusammenhang ermittelt die Polizei laut Standard gegen acht Täter wegen Körperverletzung. Unter dem Eindruck dieser Störaktion hatte laut Burgtheater die SPÖ-Politikerin und Nationalratspräsidentin Doris Bures den "Ehrenschutz" für die Burgtheater-Vorstellung übernommen. Nun wird sie von den Identitären auf deren Website angegriffen, weil "illegale Einwanderer von Politikern wie Doris Bures hofiert werden".
(Der Standard / APA / burgtheater.at / ape)
Meldung vom 15. April 2016: Rechte Störaktion bei "Schutzbefohlenen"-Aufführung an Uni Wien
Linkhinweis vom 17. April 2016: Tina Leisch,
Presseschau vom 25. April 2016: In der Zeit bringt die Schriftstellerin Julya Rabinowich die rechte Störaktion einer "Schutzbefohlenen"-Aufführung an der Universität Wien in Zusammenhang mit der politischen Gemengelage in Österreich.
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 28. März 2024 Berliner Theatertreffen: 3sat-Preis für Jenaer Arbeit
- 28. März 2024 Berlin/Bremen: Geschäftsführer Michael Helmbold verstorben
- 28. März 2024 Neues Präsidium für Deutsche Akademie der Darstellenden Künste
- 26. März 2024 Günther-Rühle-Preise vergeben
- 26. März 2024 Mülheimer Theatertage: Preisjurys berufen
- 26. März 2024 Theatertreffen der Jugend 2024: Auswahl steht fest
- 26. März 2024 Schauspieldirektor Maik Priebe verlässt Neustrelitz
- 25. März 2024 Dramatikerpreis für Correctiv-Autor:innen L. Lax und J. Peters
neueste kommentare >
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Basel-Modell statt nur Namen
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Dreamteam
-
Biedermann & Brandstifter, Zürich Stemann pur
-
Preisjury Mülheim Zeit für Neuanfang
-
Orpheus steigt herab, Wien Unruhe
-
Medienschau Volksbühnen-Chance Ostereier und gutes Doppel
-
Der große Wind der Zeit, Stuttgart Nachfrage
-
Medienschau Volksbühne Avantgarde und Klassenkampf
-
Orpheus steigt herab, Wien Kassenschlager
-
Auswahl Mülheim Strukturproblem?