Presseschau vom 28. April 2016 – Die SZ über "Whitewashing" in Hollywood und warum immer noch viele asiatische Figuren mit weißen Schauspieler*innen besetzt werden.

Der blinde Fleck von Hollywood

Der blinde Fleck von Hollywood

28. April 2016. In der Süddeutschen Zeitung (28.4.2016) schreibt Kathleen Hildebrand darüber, dass in Hollywood immer wieder asiatische Figuren von weißen Schauspielern gespielt werden – "Whitewashing" nennt man das. Jüngst waren es die Besetzungen von Tilda Swinton als tibetanischer Mönch (in "The Ancient One") oder von Scarlett Johansson als japanische Cyborg-Frau Major Motoko Kusanagi (in "Ghost in the Shell"), die Kritik erregten. "Seit Jahrzehnten bemängeln Schauspieler asiatischer Herkunft, dass sie in Hollywood quasi unsichtbar sind und oft nicht einmal Figuren spielen dürfen, die in Drehbüchern oder Romanvorlagen explizit als Asiaten bezeichnet werden."

Johansson Ghost in the ShellFilm-Still von Scarlett Johansson in "Ghost in the Shell" (2017). Foto: Paramount via www.imdb.com Begrifflich unterschieden wird im Englischen zwischen "Whitewashing" und "Yellowfacing", bei dem – ähnlich wie beim Blackfacing, das auch im deutschsprachigen Theaterraum heftig diskutiert wurde – zur Verkleidung als Asiate noch die Übertreibung rassistischer Klischees im Rollenspiel gehört. "Während man Blackfacing heute eigentlich keinem Regisseur mehr durchgehen lassen würde", seien "Asiaten offenbar noch ein blinder Fleck in Hollywood."

Hollywood-Regisseure argumentierten oft, dass man erwarte, "dass weiße Schauspieler mehr Zuschauer in die Kinos ziehen." Das allerdings könnte, so Hildebrand, "ein Argument sein, das die Realität mehr formt als abbildet." So sei eine Studie der University of California / Los Angeles zu dem Ergebnis gekommen, "dass Filme mit ethnisch gemischter Besetzung höhere Summen einspielten als rein weiß besetzte." Durchaus logisch, wenn man bedenkt, dass 70 Prozent der Einnahmen von Hollywood-Studios auf dem internationalen Markt eingespielt werden. Aber es bleibe "eine Wahrheit (...): Mehr weiße Schauspieler sind globale Superstars als schwarze oder asiatischstämmige." Regisseur Ridley Scott sagte über seine "Exodus"-Verfilmung mit weißen Schauspielern: "Ich kann keinen Film mit so einem Budget drehen und den Geldgebern sagen, dass mein Hauptdarsteller Mohammed So-und-so aus So-und-so ist. Das bekomme ich einfach nicht finanziert."

(ape)

 

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