Presseschau vom 1. Juni 2016 – Die NZZ über die Bürgerbühnentagung im Badischen Staatstheater Karlsruhe
Die integrative Kraft der Bürgerbühne
Die integrative Kraft der Bürgerbühne
1. Juni 2016. "Im Gegensatz zu mancher Theaterproduktion, die kurzfristig auf den Aufmerksamkeit garantierenden Refugee-Zug aufspringt und Gefahr läuft, Geflüchtete als putzig-bedrohliches Bühnendekor zu benutzen, wird an den meisten Bürgerbühnen der verantwortliche Umgang mit Darstellern, die Belastendes erfahren haben und unter mangelnder sozialer Teilhabe zu leiden haben, praktiziert und reflektiert", schreibt Dagrun Hintze, selbst Autorin für die Bürgerbühne des Staatsschauspiels Dresden, in ihrem Bericht über die Bürgerbühnen-Tagung im Badischen Staatstheater Karlsruhe in der Neuen Zürcher Zeitung. Und erzählt u.a. von dieser Situation:
"Bei der kulturpolitischen Runde erklärt Jan Deck, Geschäftsführer des hessischen Landesverbandes Freie Darstellende Künste, warum er es ablehnt, mit Geflüchteten zu arbeiten: 'Wir befinden uns in einer Situation, in der ein schreckliches Gesetz nach dem anderen verabschiedet wird, das den Flüchtlingen das Leben immer weiter erschwert. Gleichzeitig werden immer mehr Kulturgelder für Projekte mit Flüchtlingen zur Verfügung gestellt.'" Als Kulturschaffender wolle Deck nicht ausbügeln, "was Fehlentscheidungen des Gesetzgebers an Problemen zeitigen", und halte es für dringlicher, sich auf politischer Ebene für Refugee-Rechte zu engagieren, so Hintze. "Überhaupt fällt es nicht immer leicht, die Grenze zwischen Aktivismus und Kunst zu ziehen." Doch die Fragen, die bei der Theaterarbeit mit Geflüchteten aufgeworfen werden, könnten sich in Zukunft sowohl gesellschaftlich als auch ästhetisch als produktiv erweisen. "Die Vorstellungen von Theater werden sich um die Kulturbegriffe der Neubürger erweitern. Und die konkrete Integration, die jenseits der Bühne geleistet wird, taugt durchaus als Vorbild."
Was fehlte, seien "mehr professionelle Künstler aus der Community der Geflüchteten, die eigene Projekte realisieren – wie der Autor, Regisseur und Filmemacher Anis Hamdoun. (…) Ausserdem ein kritischer Diskurs, der die Theaterarbeit von und mit Geflüchteten theoretisch analysiert und begleitet." Das alles könne von den Bürgerbühnen weiter angestossen werden: "Sie vermögen schneller als andere Sparten zu reagieren – solange man sie als notwendige Kunstform innerhalb der Institution Stadttheater begreift."
(sd)
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