Presseschau vom 8. Juni 2016 – Die Rheinische Post über die neueste Finanzkrise an den Wuppertaler Bühnen

Aus weniger mehr machen

Aus weniger mehr machen

8. Juni 2016. Ein bemerkenswerter kleiner Artikel, der den ganzen derzeit grassierenden besinnungslosen Irrsinn zeigt, ist heute (8.6.2016) auf der Online Plattform der Rheinischen Post erschienen. Die Überschrift "Mehr Theater soll Theater retten" deutet bereits die Münchhausiade an, mit der in Wuppertal das Theater sich selbst dem jahrelangen Siechtum entreißen soll.

Hilfe, Actori empfiehlt wieder

Die drei Sparten der Wuppertaler Bühnen - Theater, Oper und Orchester - gewönnen "einen Aufschub bis immerhin 2021", schreibt Anne Grages auf RP Online, wenn es gelingen sollte, die neuen Empfehlungen des Strategieberatungsunternehmens Actori umzusetzen. Also desjenigen Unternehmens, das schon bei der sogenannten Reform des Volkstheater Rostock durchweg unheilbringend gewirkt hat. Denn wenn anders, so RP-Online weiter, die Bühnen so weitermachten wie bisher, seien 2019 alle Rücklagen aufgebraucht und der Spielbetrieb nicht mehr zu finanzieren.

Es gebe eine "Finanzlücke" in Wuppertal [eigentlich sollte diese ja durch eine drastische Verkleinerung der Ensembles und Schließung des Wuppertaler Schauspielhauses in den vergangenen Jahren geschlossen werden, daraus scheint nix geworden zu sein – d.Verf.]. Actori schlage jetzt "Maßnahmen" vor, durch die Mehreinnahmen erzielt werden könnten, denn, - bemerkenswert genug, dass es nun auch die Berater verstanden haben-: "am Personal, was 90 Prozent der Kosten ausmacht, können die Bühnen laut Actori nicht mehr sparen".

Maßnahmenpaket

Das "Maßnahmenpaket" zur Schließung der "Finanzlücke" sieht nun vor: mehr Vorstellungen zu spielen, weil "mehr Ertrag bei gleichen Fixkosten", das Schauspiel solle zwei Produktionen im größeren Opernhaus spielen und ein Stück mehr am kleinen Engelsgarten machen. Das Marketing solle verstärkt werden, um "bisherige Kunden besser zu binden und neue dazu zu gewinnen". Dafür seien "allerdings erst einmal Investitionen von 200 000 Euro für eine neue Stelle und andere Technik notwendig". Und: Die Bühnen sollten mehr Sponsoren finden. "Als einzige Sparmaßnahme sollen die Aushilfen im Orchester deutlich reduziert werden."

Dies alles bei – natürlich – gleichbleibendem Etat, denn "die jährlichen Zuschüsse der Stadt für ihren Tochterbetrieb sind gedeckelt, das heißt, sie bleiben bis 2021 gleich". Und - natürlich – müssten die Bühnen "die Tariferhöhungen für die rund 300 Mitarbeiter weitgehend selbst finanzieren".

Ganz gewiss nicht

Eines können wir von Berlin aus jetzt schon voraussagen: mehr Geld zu verdienen, bei sinkendem Etat – denn die Tariferhöhungen müssen ja bezahlt werden, bleibt also weniger über für die Produktion-, bei also wohl auch gleicher Personalstärke mit mehr Vorstellungen und zusätzlichen Produktionen, wird auf mittlere Sicht von, sagen wir, nur drei Jahren GANZ GEWISS NICHT klappen.

(www.rp-online.de / jnm)

 

Mehr dazu:

30. Juni 2013: Abschiedsrede des Wuppertaler Intendanten Christian von Treskow für das Schauspielhaus

Kommentar vom 2. Oktober 2014: Das Wuppertaler Schauspiel ist fast in die Unsichtbarkeit geschrumpft worden

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