Alpha und Omega

von Martin Krumbholz

Recklinghausen, 9. Juni 2016. Die Offenbarung des Johannes ist ein sprachgewaltiges Stück Literatur, das man ohne weiteres dem metaphysischen Horrorgenre zuschlagen kann. 22 Kapitel, knapp zwanzig eng bedruckte Seiten in der Lutherbibel voller Fratzen, Blut, Hurerei, Teufel, Buße und Nicht-Buße, Engel und Trompeten, und über allem die Metapher der Metaphern: die große Kelter des Zorns Gottes, in der die Trauben der Erde, nachdem der Engel mit seiner scharfen Hippe (Sense) sie geerntet hat, zermanscht werden – denn sie sind reif (14. Kapitel). 

Clownerie und Widerstand

Herbert Fritsch, dieses Allroundgenie des Gegenwartstheaters, manche würden vielleicht sagen: das Alpha und das Omega des heutigen Theaters, hat den gruseligen Monolog genommen und ihn seinem Protagonisten Wolfram Koch in den Mund gelegt. Könnte man so einen gewaltigen Text auch trocken darbieten, ohne ihn mimisch oder sonst wie zu kommentieren? Man erfährt es nicht, denn Koch macht natürlich das Gegenteil, den Clown, das tolle Entertainment. Er illustriert den Text, indem er ihn verdoppelt: Er kratzt sich die Arme, verzieht den Mund, rauft sich die Haare, schwitzt, streckt die Zunge heraus und schiebt sie mit der Hand wieder in den Mund, und wenn im Text von einer "Donnerstimme" die Rede ist, donnert Kochs Stimme, was das Zeug hält. Das ist zunächst einmal hochvirtuos, aber der Text ist stark genug, Widerstand zu bieten gegen die Gefahr billiger Clownerie. Läppisch wird es nie. Und Lacher sind selten: Das Publikum ist beeindruckt. Hier ziehen mindestens vier abgründige Entertainer an einem Strang: Johannes, Luther, Fritsch und Koch.

Wolfram Koch im Höllenmeer

Fritsch selbst nicht zuletzt in seiner Eigenschaft als Bühnenbildner. "Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?", das berühmte Bild von Barnett Newman, hat jüngst schon am Zürcher Hugo-Wolf-Abend Pate gestanden. Fritsch hat sich in dieses Grundfarbenspektrum verliebt und lässt es auch hier dominieren, bis in das hautenge Harlekinskostüm hinein, das Koch am Schluss trägt, nachdem er seinen gold-grün-gelb glitzernden Entertainer-Anzug abgelegt hat. Ein gelber Lichtschacht, eingelassen in eine spiegelglatte bläuliche Grundfläche; Koch taucht anfangs aus diesem Schacht hervor und stürzt am Schluss auch wieder hinein. Eine gelbe steile Treppe, die sich spektakulär – mit dem stehenden Propheten darauf – aus dem Schnürboden senkt und in den Schacht passt. Durch Lichtfilter wird das Ganze in eine blaue Meerlandschaft mit offenem Horizont oder auch mal in ein rot glühendes Höllenmeer verwandelt.

apokalypse 560 ThomasAurin uWolfram Koch als Apokalyptiker © Thomas Aurin

Betreuter Untergang

Eine One-Man-Show, aber nur beinahe. Denn da sind noch zwei andere permanent auf der Bühne. Da ist der Musiker Ingo Günther mit seinem Mini-Synthie, seinem Mini-Xylophon und der am Bühnenrand stehenden Harfe. Und da ist die Souffleuse Elisabeth Zumpe, die in ihrem Kommunionsanzug, strenger Seitenscheitel (Kostüme: Victoria Behr), das Textbuch in der Hand, wie ein Schatten neben dem hektisch über die Bühne galoppierenden Koch agiert, vorwärts und rückwärts trippelt und den Text halblaut mitspricht, immer einen Halbsatz voraus. Ob sie gebraucht wird oder nicht: Während der Musiker sich eher diskret im Hintergrund hält, manchmal einen erschrockenen Blick ins Publikum wirft, bilden der Protagonist und seine Souffleuse ein seltsames Double: der Prophet und seine Einsagerin, der Wüterich und die im Textbuch blätternde Beistehfigur, oder wie auch immer man sie nennen will – Elisabeth Zumpe spielt wunderbar präsent mit. 

apokalypse 560a ThomasAurin uWolfram Koch, der Prophet des Untergangs © Thomas Aurin

Das Ende ist nah

"Wer Ohren hat zu hören, der höre." Der Autor der Apokalypse blickt in die Zukunft ("in der Kürze" soll es geschehen), spricht über weite Strecken aber in der Vergangenheitsform, als wäre alles schon geschehen. Der Text ist mit Zahlen gespickt, wohl über hundert Zahlen kommen auf den paar Seiten vor, vor allem die Vier und die Sieben, so bleibt nichts im Ungefähren; alle Zahlenmystik hat hier ihren Anfang. Herbert Fritsch, dem man gelegentlich einen selbstgenügsamen Ästhetizismus vorgehalten hat, war vielleicht noch nie so nah daran, eine knallharte Botschaft zu verkünden wie an diesem Abend. Vom melancholischen Hugo Wolf kommend, hat er sich mit der Donnerstimme Wolfram Kochs in die Apokalypse eingeklinkt. Die apokalyptischen Reiter sausen durch Recklinghausen und bald an die Berliner Volksbühne.

 

Apokalypse
nach der Offenbarung des Johannes
Regie und Bühne: Herbert Fritsch, Kostüme: Victoria Behr, Licht: Torsten König, Musik: Ingo Günther, Dramaturgie: Carl Hegemann.
Mit: Wolfram Koch, Elisabeth Zumpe und Ingo Günther.
Koproduktion der Volksbühne Berlin und der Ruhrfestspiele Recklinghausen.
Dauer: 1 Stunde 40 Minuten, keine Pause

www.ruhrfestspiele.de
www.volksbuehne-berlin.de

 

Kritikenrundschau

"Wolfram Koch fährt virtuos sein Können auf. Regisseur Herbert Fritsch, der wie immer auch sein eigener Bühnenbildner ist, setzt routiniert seine Licht- und Farbspielereien mit Spektralfarben und gestischen Brüchen dazu ein," beschreibt Dorothea Marcus den Abend in der Sendung "Kultur heute" vom Deutschlandfunk (10.6.2016). Fritsch inszeniert aus Sicht der Kritikerin "ausnahmsweise einmal so etwas wie eine philosophische Ahnung in den Text hinein." Dennoch geht der Abend für sie nicht auf. Die Synchron-Soufflierung erlaube keine Pausen: "Rasend hetzt Wolfram Koch durch den gewaltigen Text, der so viel von seiner Wirkung verpasst". So wirke die 'Apokalypse' eher "wie eine szenische Lesung eines grandios wirkungsbewussten Schauspielers mit routinierten Regisseurs-Effekten".

Herbert Fritsch hat aus Sicht von Lucas Wiegelmann von der Tageszeitung Die Welt (10.6.2016) keinen überzeugenden Grund gefunden, "warum die Offenbarung überhaupt auf die Bühne gehört. "So viel einfallsarme Ehrfurcht vor dem heiligen Bibeltext mag Fritsch am Tag des Jüngsten Gerichts zugutekommen." Was den Abend davor bewahre, "ein richtiger Flop zu werden, ist das Wirken des großartigen Wolfram Koch". Koch "wirbelt über die Bühne wie die Monty Pythons durch das 'Leben des Brian', nur dass Koch alle Rollen selbst übernimmt, vom wahnsinnigen Gottessucher im Sandloch über die selbstgefälligen Revolutionäre der Volksfront von Judäa bis zum lispelnden Pilatus."

Aus Sicht von Michael Laages in der Sendung "Fazit" vom Deutschlandradio Kultur (9.6.2016) folgt auch dieser Abend "den Regeln des Fritsch-Theaters". Kritiker-O-Ton: "Naja". 

Wolfram Koch wird aus Sicht von Bettina Jäger von den Ruhrnachrichten (10.6.2016) "zur hyperaktiven Aufsagemaschine, in die ein Bibeltext eingefüllt worden und eine Zirkusvorstellung herausgekommen ist." Die schönen Farb- und Schattenspiele der Bühne (auch Fritsch) und die Kostüme von Victoria Behr machten das nicht wett. "Weder wird die Offenbarung illustriert noch interpretiert oder verständlicher gemacht. Der Erkenntnisgewinn dieses Turbo-Bibel-Abends ist: keiner."

"Je länger diese 90 Minuten dauern, je mehr vermisst man Fallhöhe, Entwicklung und, bitte, eine Geschichte über die ermüdende Ornamentik des Urtextes hinaus," schreib Lars von der Gönna auf dem WAZ-Portal Der Westen (10.6.2016). "Wenn selbst einem Schauspieler wie Wolfram Koch (mit hoher Stirn wie Dürers Johannes-Porträt) die Farben, Ebenen, Töne knapp zu werden scheinen, dann wünschen wir mit sacht schlechtem Gewissen jenes Ende herbei, das bloß das der Vorstellung ist, nicht der Vorsehung."

Stimmen nach der Premiere der Produktion an der Volksbühne Berlin

"Starkes Deutsch" hat Rüdiger Schaper vom Tagesspiegel (24.6.2016) an diesem "tollen" Abend aus der Luther-Übersetzung vernommen und in allem einen triumphalen Wolfram Koch erlebt: Er "gibt den Entertainer. Den Woody Allen. Den Tartuffe. Den Teufel. Den Sportreporter und Kommentator der Engelsmannschaften – der vielköpfigen Ungeheuer, die mit der Erde und den Menschen spielen wie mit einem Ball. Johannes hat viele Jobs. Ansager, Einpeitscher, schmieriger Prediger. Mit der Sprache, mit Leib und Seele ist er Akrobat." Fritsch gehe mit den "Dimensionen der Volksbühne auf souveräne, brillante Weise um", sagt Schaper und sagt generell zur Zukunft der Volksbühne: "Was immer der Castorf-Nachfolger Chris Dercon vorhat, ohne Fritsch und Pollesch und ihre erfahrenen Schauspieler gibt es eine Implosion. Oder Apokalypse."

Fritsch habe die "apokalyptischen Offenbarungen des Johannes als Ein-Mann-Solo-Performance eines erleuchteten Deliriums inszeniert", berichtet Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (24.6.2016). "Wolfram Koch lässt den Texten der Luther-Übersetzung ihre monströse Rätselhaftigkeit und versucht erst gar nicht, sie psychologisch realistisch auf Menschenmaß zu verkleinern oder wohlig im Schauder des Schreckens zu baden. Wie um den Text noch etwas fremder zu machen, zerdehnt und zersingt er die Vokale und verwischt kunstvoll die Konsonanten, bis die Sätze zu einer Jenseitsmelodie vom Ende der Menschheit werden." Angesichts des nahenden Endes der Intendanz Castorf an der Volksbühne bleibe Fritsch "sehr cool und souverän" und zeige: "unverwechselbares Theater".

Ulrich Seidler von der Berliner Zeitung (24.6.2016) deutet diese "Apokalypse" vor dem Hintergrund des Offenen Briefes der Volksbühnenmitarbeiter zum Intendanzwechsel als "Kampagnen-Verlängerung". Mithin ist seine Hommage an den Regisseur Herbert Fritsch (und an diesen Abend und Protagonist Wolfram Koch, "Theatergottes ersten Stellvertreter auf den irdischen Brettern") wie ein Nachruf auf die Volksbühne Frank Castorfs angelegt: Fritschs Volksbühnen-Arbeiten "stimmen nicht nur jeden Theatergott milde, der ein bisschen bei Trost ist, sondern bestehen glänzend neben dem, was Castorf an brachialer Tiefe, René Pollesch an hipper Wachheit und Christoph Marthaler an postmelancholischem Trost liefern. Auch an diesem Abend, der ungefähr zehn Minuten länger dauert, als das Glück trägt, war der Jubel groß."

In den Augen von Ute Büsing vom Inforadio des rbb (23.6.2016) "schafft der Abend Distanz zur biblischen Apokalypse und auch große Fremdheit gegenüber dem von Hass und Vernichtungswillen geprägten Text. Er wird letztlich veralbert. Und weil diese Attitüde gleich zu Anbeginn herrscht, erlahmt das Interesse, verpuffen all die hübschen Effekte. Was Herbert Fritsch treibt, war noch nie so leicht durchschaubar. Aber er ist halt der Prophet virtuoser Unterhaltungskunst und wird entsprechend gefeiert."

 

Kommentare  
Apokalypse, Recklinghausen: noch lange nicht
Nur weil eine Bühne rot, blau und gelb ist, hat das noch lange nichts mit Barnett Newman zu tun.
Apokalypse, Recklinghausem: kein Gewinn
Der Bilderfinder Fritsch und sein Theaterberserker stießen an ihre Grenzen, konnten manche lange Weile nicht vermeiden. Die in das Spiel es einbezogene Souffleuse war ein netter Einfall, machte ihre Sache gut, trug aber nicht zur Textverständlichkeit bei und war daher in der Konsequenz kein Gewinn.
Apokalypse, Recklinghausen: schönere Erinnerung
Wayn Traub hat das mal mit 5 Gogo-Tänzerinnen, 4 Robotern und einem chinesischen DJ gemacht. Das war gut. Das hier? Pff.
Apokalypse, Berlin: lebloses Kreisen
Der Berliner Kritik scheint nicht an der Ikone Fritsch zweifeln zu wollen. Die bekannte Ästhetik, das bekannte Virtuosentum und der bekannte Kauderwelsch-Text scheinen für ein hippes Volksbühne-Event auszureichen. Dass das alles(inklusive Berliner Rezeption) trotz Hyperaktivität reichlich leblos um sich selber kreist, merkt der Ruhrpottler offenbar eher. Da ist für mich ziemlich viel teure Oberfläche dabei gewesen, die man doch dann bei Dercon befürchtet. Da trägt die alte VB einfach nur ihre Marke zur Schau. Keine Ahnung, was Fritsch damit wollte - dieses Mal ist es eben noch nicht mal witzig. Mit diesem Abend begeistert man keinen Neuankömmling fürs Theater. In den Reihen neben und hinter mir nur leere Blicke.
Apokalypse, Berlin: göttlich
Einfach wunderbar dieser Fritsch, seine Ideen, seine Bühnen, seine Art des Schauspiels! Es ist ein Stück zur richtigen Zeit an einem Ort, wo sich für viele im nächsten Jahr eine kulturelle und künstlerische Apokalypse abspielen wird, weil Politikum und Kommerzialisierung in dieser Stadt über die Interessen der eigentlichen Bewohner, Bürgern dieser Stadt gestellt werden.
Schlimm ist ja nur, wenn Menschen solche Texte ernst nehmen,
Bücher von "Männern", die meinten, sie wüssten was richtig ist. Das war ja Mohamed auch mal, für seine Zeit - Typen, die aus einer Hybris heraus Texte verfassen und sie der Welt als von "Gott" verkaufen.
Der Atheismus ist für mich immer die humanere Ideologie gegenüber irgendeiner Religion.
Die Inszenierung war jedenfalls vortrefflich, göttlich im besten Sinne! Vielen Dank dafür!
Apokalypse, Berlin: Ärgernis
ich fand es ein ärgernis, die apokalypse ein ärgernis. wer ohren hat.... so spricht koch immer wieder! ich habe ohren und dennoch nix gehört. kein wort war zum verstehen gemeint. gefiepse von der musik. das bühnenbild gigantisch. der uninszenierte schauspieler hat darin halt zum ärgernis geführt. aber am ende ist es ja das thema. die apokalypse nervt!
Apokalypse, Berlin: musste weinen
bis jetzt hatte ich mich bei jedem fritsch-stück kaputtgelacht, diesmal aber mußte ich weinen.
Apokalypse, Berlin: Clown in Hochform
Als Clown ist Wolfram Koch in Hochform. Er streckt die Zunge raus, zieht Grimassen, springt und albert, und das alles nach einem 35 Grad-Tropentag.

Als er zurück in seinen Schacht plumpst, ist das Publikum gespalten: Langanhaltender Beifall von den einen; viele andere drängen missmutig zum Ausgang.

Der Abend war eine nette Clownerie für Fans des Schauspielers Wolfram Koch und des Regisseurs Herbert Fritsch. Die "Apokalypse" dreht sich aber doch allzu selbstverliebt nur um die eigene Achse. Eine Entwicklung oder ein tieferes Ausloten des Textes sucht man bei Fritsch und Koch vergeblich. Allzu sehr gleicht diese Apokalypse auch Fritschs "Don Giovanni"-Inszenierung, den er als gejagten Clown über die Bühne der Komischen Oper toben lässt.

Kompletter Text: https://daskulturblog.com/2016/06/25/apokalypse-volksbuehnen-show-von-wolfram-koch-und-herbert-fritsch-nach-johannes/
Apokalypse, Berlin: in der Todeszone des Schulbesuchs
Gedanken über den Ungehorsam eines Schauspielers
aber er spürt es doch er spürt es doch er weiß das vom ersten Satz an weiß er es und hat nun diesen Berg vor sich ein Ungetüm ein Monster das ihn fressen will aber nnnaheeeiin so schnell kriegt es ihn nicht den Koch nicht in dem einen nicht in dem anderen Glanz mit dem Schahatten an seiner Seite selbst den braucht er nicht Superbrain
ist das hier ein Auswendiglernwettbewerb oder was aber er spürt doch die schlafenden Kinder in der 18. Reihe denen ein Lehrerkönig aus der Provinz Theater ans Herz legen will er hört die Schnarcher und das Ächzen nicht nur des Alters auf den Zumutungsstühlen der Beleidigten wie lächerlich das Ganze wie grauenhaft dieser Sturz vor dem dich keiner bewahrt im freien Fall ins Viereck der Langeweile oh weh weehh weeeeh tut das
ist das nun schlimmer als das Spiel Deutschland gegen Nordirland
dieser unglaubliche Aufwand
gebogen verbogen gelogen gesprungen gerungen gekrümmt immer wieder gekrümmt gestreckt gereckt verreckt wär jeder andere beim Illustrieren des Textes so wie er das tut er das einfach noch mehr und doller tut jaja eine Weile könnte es gut gehen aber er weiß es doch vom ersten Satz an, dass das eben nicht funktioniert und trotzdem nimmt er den Berg himalayamäßig in der Todeszone der Apokalypse
Freund Fritsch stößt ihn da hinein verliebt in die Worte die Koch abliefert no problem baby I`ll do it for you I do it just do it my Gooood
Schweiße auf dem Angesicht
lieber mag ich mir vorstellen, wie Koch plötzlich aussteigt einen Talk mit dem Publikum anfängt über die Apokalypse beim Theaterspielen
und im Allgemeinen oder fragt nimmt hier eigentlich irgendjemand irgendwas ernst nee sollt ihr ja auch gar nicht lustig ist´s aber auch nicht was dann
Apokalypse, Berlin: großartig, bis auf das Schülergequassel
Der Abend macht sehr viel Freude - von dem Gequassel der Schüler auf Klassenfahrt einmal abgesehen. Fritsch gelingen großartige Bilder aus Schatten und Farbe.
Der Text bleibt freilich ein merkwürdiges Stück Literatur und wir nähern uns ihm nicht wirklich an. Insgesamt aber das, was Theater soll: In Sympathie für Darsteller, Regisseur und all die Techniker regt es doch zum Widerspruch an. Vervollständigen müssen wir Theatergänger das Stück selbst.
Apokalypse, Berlin: die Narren unserer Zeit
Hier spricht kein Evangelist, sondern einer, der virtuos seine texte aufsagt. Fritsch findet dafür ein großartiges Bild: Er lässt Koch von der Souffleurin Elisdabeth Zumpe auf Schritt und Tritt verfolgen, die ihm den Text unablässig einflüstert, immer ein paar Worte voraus. Kochs Johannes plappert nach, er folgt einem Skript, das andere für ihn schrieben. Das bringt schnell den ganzen theologischen Überbau zum Einsturz, mit dem Fritsch und Koch spielen. Wenn Koch per angestrengt angelegtem Hebegurt gen Himmel fährt und dort ein paar Minuten bleibt, nur um auf einer quietschgelben Showtreppen majestätisch herniederzufahren, die wiederum halb im Höllen(?)-Loch verschwindet, dann ist das vor allem eines: großes Entertainment. Wie der ganze Abend: Da gibt es Slapstick (etwa, wenn aus der Anbetung Gottes Liegestütze werden), herrliche Show-Effekte – elektrische Stöße durchzucken den Evangelistenkörper – und wird das ganze Versatzstückrepertoire der medialen Bibeladaption genüsslich durchgenudelt. Es gibt viel Hall, Echos und einen effektverstärkenden Live-Soundtrack des als pflichtbewusster Ton-Beamter auftretenden Ingo Günther.

Dazu erstahlt die Bühne mal himmelblau, mal sonnengelb, dann wieder blutrot, je nachdem, was die Geschichte gerade erfordert. Aus dem Entertainer wird irgendwann der Clown im bunten Harlekinskostüm, der die Geschichte seinem Ende zuführt. Ist von den Massenmorden Gottes die Rede, freut er sich diebisch wie ein gehässiges Kind. Und so wird aus der biblischen Schreckens- und Angstkeule eine wahnwitzige Räuberpistole, bei der man sich ein bisschen gruselt, vor der man aber keine Angst zu haben braucht. Erschrecken darf man jedoch schon: davor etwa, was der Gott der Liebe hier an Brutalitäten auffährt, um die “Krone der Schöpfung” klein zu halten. Oder besser: was letztere ersterem unterstellt, um sich selbst ein effektives Machtinstrument zu gehen. So verkleinert, so lächerlich gemacht, erscheint der Text in seinem ungetrübten Hass, seiner gehässigen Menschenverachtung, seinem unverstellten Totalitarismus so grotesk wie erschreckend. Es war in den Jahrhunderten der Tyrannei der Clown, der Narr, dem es vorbehalten war, die Wahrheit zu sprechen. Herbert Fritsch und Wolfram Koch sind schon seit Langem die Narren unserer Zeit. Anarchisch, uneitel, albern bis über die Schmerzgrenze hinaus. Und so wahrhaftig, dass selbst das Lachen wehtut.

Komplette Rezension: https://stagescreen.wordpress.com/2016/06/29/der-plappernde-narr/
Apokalypse, Berlin: Frühneuhochdeutsch oder Cockney English
Lieber Chat und lieber Lenz,
bin gestern leider auch in die "Schülertodeszone" jenseits der 18. Reihe geraten. So in etwa stelle ich mir die hippe und sophisticated Community der "neuen volksbühne" unter Dercon vor. Die sind sogar so hipp, dass die bei 90 Minuten noch fragen, ob es eine Pause gibt, wo man dann vielleicht mal googeln kann, worum es eigentlich geht. Bis dahin nerven sie ihre Sitznachbarn und halten Frühneuhochdeutsch wahrscheinlich für eine spezielle Form von cockney english.
Apokalypse, Berlin: Befragung der Deutsch-Lehrer
Echt, es gelingt hier manchen, den Besuch von Schülern bei H. Fritsch in eine spitze gegen Dercon zu drehen? Ich verbuche das mal als Scherz. Und berufen sich die Dercon-Gegner nicht immer auf Piscator? Irgendwas sagt mir, dass Erwin P. die Anwesenheit von Schülern durchaus positiv gesehen hätte. Allerdings sollte jeder Deutsch-Lehrer, der mit seinen Schützlingen in Fritsch-Abende geht, seinen Beruf nochmal hinterfragen.
Apokalypse, Berlin: beliebige Schauspielervirtuosität
was mich wundert und auch in staunen versetzt, ist, wie hier über den text geschrieben und er beschrieben wird, denn ich habe nichts verstanden. fritsche hätte auch jeden anderen beliebigen text durch den virtuosen koch schicken können, es wäre dasselbe rausgekommen: inhaltlich beliebige schauspielervirtuosität
Apokalypse, Berlin: Zeichen
Am heutigen Abend - am Abend des Tages, da Amerika einen Größenwahnsinnigen ins Amt des Präsidenten gewählt hat - spielt die Volksbühne "Apokalypse". Da sage noch jemand, dass man dort die Zeichen der Zeit nicht mehr erkenne!
Apokalypse, Berlin: wie bei Hape Kerkeling
Apokalypse - was soll das?

Erinnerte mich stark an Hape Kerkeling "Hurz - ein Reh". Anfangs habe ich noch versucht, den Text zu verstehen und einen Sinn abzuleiten. Später wollte ich nur noch, dass es vorbei ist. Das einzige, das mich beeindruckt hat, war die Leistung, dies (...) 100 Minuten vorzutragen.
Apokalypse, Berlin: Logik der Marke
HURZ - der WOLF!
Das Verhältnis von Publikum, Theatermachern und Kritik scheint nicht mehr zu stimmen. Kritiker können einen Regisseur hochschreiben, das Publikum wird diesem Weg folgen, der Regisseur wird nicht mehr kritisch betrachtet werden....Theater ist Markt mit Gesetzmässigkeiten des Marktes geworden und da kann eben - wenn eine Marke kreiert wurde - alles stattfinden. Auf lange Sicht schafft sich das Theater innerhalb dieser Mechanik selbst ab. Die Volksbühne braucht also gar keine neue Intendanz, um sich unnötig zu machen.Die Marken, die dort stattfinden, werden bald irgendwo anders stattfinden. Da, wo der Markt die Marke haben will.
Apokalypse, Berlin: lächerlich
Was für ein Blödsinn. Lächerlich gemachtes Theater. Arme Schüler die das ertragen müssen. Und dusselige Klugscheisser die so einen Schwachsinn gut finden. Alle negativen Bewertungen sprechen mir aus der Seele, oder aus was auch immer. Überall diese Kasper Koch der sich nicht über den Weg traut. Alles schon vor 20 Jahren genau so bei Fritsch gesehen. Weg mit der VB! Selbstverliebte Armleuchter! Blender und blöde Verarscher...
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