"Eine mutige und inspirierte Wahl"

1. Juli 2016. Chris Dercon, designierter Intendant der Berliner Volksbühne von 2017 an, erhält im Streit um seine Berufung Unterstützung aus der internationalen Kunst- und Museumsszene. Nachdem Volksbühnen-Mitarbeiter mit einem Offenen Brief gegen Dercon Stellung bezogen und für Furore gesorgt hatten, melden sich nun Okwui Enwezor, Nachfolger Dercons als Leiter des Münchner Hauses der Kunst, und sein Chefkurator Ulrich Wilmes ebenfalls mit einem Offenen Brief an Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller zu Wort. Das in englischer Sprache verfasste Schreiben (hier Frank-Patrick Steckels Übersetzung ins Deutsche) ist von weiteren bedeutenden Persönlichkeiten der Kunstszene unterzeichnet, darunter die Architekten David Chipperfield, Rem Koolhaas und Jacques Herzog, die Museumsdirektoren Bernd Scherer und Hans Ulrich Obrist, die künstlerische Leiterin der Kulturstiftung des Bunde Hortensia Völckers sowie mit Anne Teresa de Keersmaeker und Alexander Kluge zwei der Künstler, die mit dem künftigen Volksbühnen-Team von Dercon in Verbindung gebracht werden.

Okwui Enwezor 280 Andreas Gebert Haus der KunstOkwui Enwezor
© Andreas Gebert/Haus der Kunst München
Die Unterzeichner wenden sich insbesondere gegen die Formulierung aus dem Mitarbeiter-Brief, Dercon werde eine "global verbreitete Konsenskultur mit einheitlichen Darstellungs- und Verkaufsmustern" an die Volksbühne bringen. Diese Behauptung sei lächerlich, der "verächtliche Tonfall und die Vorverurteilung eines kulturellen Programms, das noch gar nicht realisiert" sei, zeige, dass "eine andere Agenda am Werk" sei. Der Mitarbeiter-Brief gehe nicht "um Jobs und um Verteidigung und Erhalt des Volksbühnen-Erbes; er geht auch nicht um Kunst und die unerschrockene Beschäftigung mit Ideen". Der Volksbühnen-Brief gehe einzig "um Macht" und stelle den "Missbrauch des Privilegs des öffentlichen Dienstverhältnisses" dar, "um die Vision eines Einzelnen zu zerschlagen". Die Unterzeichner hätten "alle objektiven Standards einer ernsthaften Debatte vernachlässigt".

Okwui Enwezor und seine Mit-Unterzeichner halten dagegen, dass Dercon, "aufgrund seiner Leistungen in den vergangenen drei Jahrzehnten nicht nur auf hervorragende Weise geeignet ist, die Volksbühne zu leiten; er ist zudem eine mutige und inspirierte Wahl".

(wb)

 

Der Offene Brief von Okwui Enwezor und seinen Mit-Unterzeichnern im Original-Wortlaut

Der Brief in einer deutschen Übersetzung von Frank-Patrick Steckel

Kommentare  
Brief pro Dercon: ganz recht
Wow, ich war bisher noch nicht sicher, ob die Verteidiger der "alten" Volksbühne nicht ein wenig übertreiben, aber nach diesem Brief und vor allem der Liste der unterzeichnenden Millionäre ist nun klar: Die Mitarbeiter der Volksbühne haben ganz recht.
Brief pro Dercon: keine Rede von Theater
Ohne die Hintergründe aus der Nähe betrachtet zu haben fällt auf, dass diesen Brief bis auf Anne Teresa de Keersmaeker hauptsächlich Museumsdirektoren, Architekten und Designer unterschrieben haben und das nicht von Theater sondern von Kunst die Rede ist.
Brief pro Dercon: läuft ins Leere
Fantastischer Schachzug! Die internationale Kuratorenszene aus einem "umfangreiche[n] Telefonbuch" (O-Ton Lilienthal) versus 190 eingeschnappte Lokalfuzzis, die nur "German Angst" (O-Ton Piepenbrock) vor Veränderung haben.

Der Offene Brief der versammelten Kunstmarktgrößen läuft ins Leere. Denn. Es geht nicht darum, was Herr Dercon zu leisten imstande wäre - das an sich wird nicht bestritten - sondern dass die Volksbühne nicht das geeignete Haus dafür ist!! Das ist doch die Causa. Wäre er an die schaubuehne, das Gorki, das HAU, das Humboldt-Forum gekommen, wäre das doch alles nicht so brisant.

Wie bitteschön erklären sich die Unterzeichner, dass es solche Vorgänge bei kaum einer anderen Neubesetzung ergeben haben?? Weil dieses Haus eben etwas Besonderes ist und Vorsicht geboten wäre, nach Gutdünken neu zu besetzen. DIESES Verkennen ist das eklatante Versagen von Renner, Müller und eben auch Dercon. Sie sollten die Stadt und ihre Theaterlandschaft, die Kunst und auch das Publikum diesbezüglich besser kennen. Selbst wenn man einen "radikalen Neuanfang" (O-Ton Renner) für die Stadt möchte: Es gäbe genug andere Optionen. Das weiß jederman in der Branche. Leider ist dies Tim Renner offenkundig nicht gegeben.

Die Unterzeichner täten gut daran, die Widerstände nicht mit Verweis auf den internationalen Kunstmarkt wegzubügeln, sondern Dercon dorthin zu empfehlen, wo er passt (meinethalben auch in einem verqueren Sinne). Er hat ja genug Optionen (http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=10775:presseschau-vom-4-april-2015-chris-dercon-nimmt-in-der-frankfurter-allgemeinen-zu-den-geruechten-um-seine-castorf-nachfolge-stellung&catid=242&Itemid=62); nach diesem Offenen Brief - spätestens.

Hummelhummel macht interessante Vorschläge: http://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=12744:presseschau-vom-22-juni-2016&catid=242:presseschau&Itemid=62#comment-59904
Ich hatte vor einem Jahr Ähnliches öffentlich vorgeschlagen (damals: Dercon an die Schaubühne plus Tempelhof, Ostermeier ans DT, …; leider in der nk-Suche nicht auffindbar).

Lassen wir den Kulturstaatssekretär noch einmal sprechen (es ging um die Philharmoniker zwar, aber der Tenor passt gleichwohl; die haben ja auch in der zweiten Wahl eine fantastische Entscheidung gefällt): "Es ist zuweilen besser, eine Entscheidung zu vertagen, als eine zu treffen, die auf keine ausreichende Zustimmung stößt." (SZ v. 13.5.15)
Brief pro Dercon: Kluft wird größer
Haha, da haben die internationalen Kunstkumpels von Dercon selbigen aber einen echten Bärendienst erwiesen. Wenns Theaterschaffende gewesen wären, hätte das vielleicht helfen können. Aber so wird die Kluft zwischen Kunstmarkt und Theaterwelt nur nochmals größer und offensichtlicher. Und wenn das Dercons Idee war, wäre dieser Brief das Sahnehäubchen zu den bisherigen Fehlgriffen.
Brief pro Dercon: it's time to go
Absolut richtig argumentiert und der gegenwärtigen Realität entsprechend. Ich bin Theatermacher in Berlin und Volksbühnen-Fan und empfinde es dennoch mehr als Zeit, dass Castorf und Konsorten endlich, endlich gehen und dieses Haus und die Stadt eine Ausrichtung im Sinne Dercons erfahren. Wir brauchen mehr Interdisziplinarität zwischen den (internationalen) Künsten, mehr Produktionshäuser und weniger brüllende und trinkende Dostojewski-Diktatoren. Es gibt kein Anrecht auf eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte Intendanz.Über 20 Jahre sind mehr als genug. It's time to go.
Brief pro Dercon: Volksbühne ist ein Theater!
Also ehrenwerte Unterzeichnende, lest euch doch bitte vorher noch mal durch, was Ihr unterschreibt: "At the risk of restating the obvious,Chris Dercon brings with him to Berlin strong record of visionary leadership in the museum field over three decades.He has built and skillfully managed strong and thriving institutions,and has a global view of the importance of art and ideas in instigating change." - Menschenskind, die Volksbühne ist doch ein Theater!
Brief an Dercon: wer wo unterzeichnet
es sind schon 1018 Unterzeichner, darunter sicher einige Theatermacher und sonstige Künstler und Musiker, könnten trotzdem ein paar mehr sein,
https://www.change.org/p/der-regierende-b%C3%BCrgermeister-von-berlin-michael-m%C3%BCller-gegen-die-abwicklung-der-strukturen-und-kapazit%C3%A4ten-der-volksb%C3%BChne-am-rosa-luxemburg-platz-63f4b45a-dae2-466b-89a2-dcdd108b399d
Brief pro Dercon: den Unterschied zeigen
@ Hans Zisch: das macht nichts, wenn einmal ein Kommentar nicht mehr auffindbar ist, man erinnert sich an ausnahmesweise kurz und knapp vorgetragene, konkrete Vorschläge auch so.
@ Herwig Lewy: Das müssen Sie dem Kuratorenring nachsehen - die Kunstszene wie sie im Moment beschaffen ist, einschließlich des Museums-Managements, das inzwischen eher Besucher-Pädagogik ist als bereit zur Anschauung und freien Interpretation, kann sich da leicht mit Theater verwechseln. Es wäre am Theater, ihm den Unterschied zu zeigen. Und zwar nicht über den öffentlichen Austausch semi-offener Briefe.
Brief pro Dercon: Apropos Höflichkeit
Apropos "Höflichkeit" (O-Ton Enwezor et al.):

Vielleicht wäre es höflich, wenn Tim Renner (und sein Boss) anerkannten, dass Sie schlichtweg jede Menge anderer Möglichkeiten (Dercon nach Berlin meinethalben, Ivan-Nagel-alikes Gutachten, fundierte Neubesetzung der VB zur gegebenen Zeit) per Dekret außer acht lassen.

Vielleicht wäre es höflich von Enwezor et al. anzuerkennen, dass nicht Dercons Qualitäten an der Tate oder auf dem international(iesiert)en Kunstmarkt zur Debatte stehen, sondern die Tatsache ihn autokratisch an die VB zu berufen.

Worstward ho!
Brief pro Dercon: kein Gefallen
Argh, da haben die Supporter dem designierten Leitungsteam Dercon/Piekenbrock aber wirklich keine Gefallen getan ;(


wenn ich sowas schon lese.....
"Missbrauch des Privilegs des öffentlichen Dienstverhältnisses" ??

Andererseits....können Dercon und Piekenbrock natürlich für ihre Unterstützer nichts. Aber aus so einem Brief wird für mich noch ersichtlicher, was für Welten da aufeinanderprallen werden am Rosa Luxemburg Platz, bzw es bereits tun...
Brief pro Dercon: Ein Skandal
Versteht jemand, warum dieser Brief den Regierenden Bürgermeister adressiert, der doch gewiss keinen Mangel an Argumenten hat, warum Herr Dercon aus seiner Sicht eine richtige Wahl darstellt? Was wollen die Unterzeichner denn vom Regierenden?
Der Brief richtet sich im Grunde nur an bzw. gegen die Mitarbeiter der Volksbühne, die in ihrem Brief ihrer Sorge Ausdruck verliehen, als Mitarbeiter mit spezifischen Kompetenzen und Erfahrungen zukünftig nicht mehr gebraucht zu werden. Dies nun mit Verweis auf das Privileg öffentlicher Dienstverhältnisse zu banalisieren und wegzuwischen empfinde ich als einen Skandal, der zeigt, welche Haltung die Unterzeichner zu denjenigen haben, die Theaterkunst, den Betrieb des Theaters, das Zustandekommen von Aufführungen und Theaterprojekten ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ist die Selbstermächtigung der Mitarbeiter der VolksbühnE über sich selbst souverän zu sprechen nicht hoch genug einzuschätzen. Dazu muss man nicht teilen, was zur Eignung von Herrn Dercon als Intendant der Volksbühne im Brief der Mitarbeiter zu lesen qar.
Brief pro Dercon: Wer solche Freunde hat …
..braucht keine Feinde mehr.

Als hätte es noch eines Beweises gebraucht, um in der Berufung von Chris Dercon den Einzug einer ganz bestimmten, internationalen "Kultur" der Kunstpräsentation zu sehen, hier liegt er vor. Das soziale Gefälle zwischen den Unterzeichnern dieses Briefs und denen des Mitarbeiterbriefs sollte einer sozialdemokratischen Stadtregierung zu denken geben.

Die Frage, die sich stellt: Möchte man aus der Volksbühne ein Theater machen, das so funktioniert wie das Haus der Kunst, die Tate oder andere Institutionen, für die die Unterzeichner stehen? Wenn ja, ist Dercon eine gute Wahl.
Brief pro Dercon: klingt böse
Exberliner - wahrscheinlich muss man das verstehen. Dass für die Bürgermeister-Müller-Lobristen Briefe von sich um den weiteren Gebrauch ihrer spezifischen Kompetenzen sorgenden Mitarbeitern, nicht so inspirierend sind, wie die Wahl Dercons an die VB. Das ist natürlich ein erstklassiges vernunftgeleitetes Argument, einem Entscheidungsträger im Amt öffentlich mitzuteilen, dass er inspiriert gewesen sei von seinem Kultur-Vorentscheider! Und dann auch noch auf englisch. In die nachweislich deutsche immerhin Amts-Stube. Das muss denen erst einmal einer nachmachen! Vielleicht sollten es die VB-Mitarbeiter einmal mit einem englischsprachigen Offenen Brief in ihre zuständige deutsche Amts-Stube versuchen. Das wäre der im Moment vielleicht entscheidende Nachweis ihrer momentan abzuprüfenden, offenbar inspirierend wichtigsten Kompetenz: Englisch geht vor Fach(Haus)wissen... (Das klingt böse gegen die von außen kommenden Kompetenzprüfer und ist auch genau so gemeint.)
Brief pro Dercon: Hat Dercon nix zu sagen?
Dercon sollte sich doch lieber spätestens jetzt selbst einmal positionieren, statt die Kunst zu bitten, für ihn Lanzen zu brechen und Briefe zu schreiben. Aber ich fürchte er hat gar nix zu sagen!!! Das er in der Kunstwelt verdienstvolles geleistet hat, steht ja überhaupt nicht außer Frage. Aber für die Volksbühne ist er die falsche Wahl. Schuld an allem ist übrigens alleinig der Senat! Er trägt die ganze Veantwortung für die jetzige Situation!
Brief pro Dercon: Abberufung Castorfs ist richtig
Also ich verfolge die ganze Debatte ja ganz gelassen aus der Ferne, und nach dem Lesen der beiden Briefe ist es mir genauso fern, Partei zu ergreifen, wie zuvor, aber ich muss einräumen, dass der jetzige "pro Dercon" Brief zumindest insoweit recht hat, als die Art und Weise, wie von der bisherigen Volksbühnenbeleg- und Anhängerschaft argumentiert wird, tatsächlich völlig substanzlos ist, und mir nur auf fast schon peinliche Art mit allen Mitteln eine schon vor langem erfolgte Vorverurteilung zu verteidigen zu wollen scheint.
Ohne die Nachfolgeregelung jetzt (schon) bewerten zu wollen, glaube ich nunmehr aber tatsächlich, dass die Abberufung Castorfs (und Nichtberufung seines Umfeldes zur Nachfolge) richtig und wichtig waren, bevor aus der Volksbühne endgültig eine Hochburg eines neuen Konservativismus wird, der an der Glorifizierung der eigenen Ruhmestaten von vor 20 Jahren und mehr erstickt.
Brief pro Dercon: behutsam, Blüte, polyglott
@15:

Gruß zurück nach Freiburg!

Das ist eben das Missverständnis: Von hinterm Schwarzwald aus lässt sich so einiges schwer erkennen, was auch von Tokio, Mailand, Johannesburg, Antwerpen oder St. Petersburg nicht leicht ersichtlich ist.

Lassen wir usn Thomas Oberender in der Berliner Zeitung vom 22.6.16 auf der Zunge zergehen. Sicherlich niemand, der in Verdacht steht, dem Konservativismus anheimzufallen oder German Angst zu haben: "Ich denke, man muss behutsam mit diesem Theater umgehen, es ist ein lebender Organismus und das bedeutendste Sprechtheater der Welt. [...] Das Haus ist auch nicht runtergewirtschaftet und am Ende, es steht in voller Blüte und verändert sich permanent. Wir sprechen nicht von einem abgewrackten Modell, sondern von einer sehr modernen Konzeption. Die Volksbühne ist bereits längst „polyglott“, international und interdisziplinär [...]"

Lebendig! Behutsam! Blüte! Polyglott!

Und über Hochburgen des Konservativismus reden wir besser ein andermal, das bleibt ein weites Feld.
Brief pro Dercon: Jubel auf Morgen
Hut ab! endlich geht es nicht mehr um Inhalte! endlich geht es nur noch um Umgangsformen! ein neues Zeitalter beginnt! Eingeleitet und unterzeichnet von den Größen des Schauspiels, den Experten eines Sprechtheaters der Zukunft, den Trägern von Reputation und Renommee! Ein Jubel auf Morgen schallt durch die Sternerestaurants der Kunst!
Brief pro Dercon: minderwertige Kunstform?
Dass es Zeit ist, dass Frank Castorf sein Glück in der weiten Welt sucht, ist eine Sache, die niemand bestreitet, ausser vielleicht Castorf selbst. Der Aufstand gegen Dercon wäre schnell verebbt, wenn es sich nur um Castorf und seinen Machtbereich gehandelt hätte. Die Frage ist aber: ist Theater eine minderwertige Kunstform oder nicht?
Man muss auch bemerken, dass Interdisziplinarität und modern art im Theaterbetrieb wirklich keine Neuigkeit bringen; das findet man ja schon überall, auch in Berlin! Und Stichwort Generationenwechsel: Castorf ist Jahrgang 1951, Dercon 1958. Der eine ist Establishment pur, der andere auch!
Brief pro Dercon: Scham
Scham. Scham überwältigt mich in diesen Tagen. Ich habe mich schon lange nicht mehr so für die Berliner Theaterwelt geschämt, wie an diesem Tag. Das Gegensatzpaar Kunst und Theater gibt es so nicht. Aber es ist nicht an mir das zu erklären. Ein Teil in mir fordert wütend von Frau Piekenbrock als deutsche Theatermacherin sich endlich hier zu Wort zu melden. Nicht zu dem Programm, denn das kann unter den gegebenen Umständen keiner von ihr verlangen , wohl aber, dass sie zu der Art und Weise , wie die Debatte geführt wird etwas sagt. Der Aristokrat in mir aber weiß , dass man sie hierzu nicht zwingen kann. Und so bleibt einem nichts anderes, als sie höflich zu bitten, sich nun endlich zu äußern .
Brief pro Dercon: verbale Schussstellung
#17 Genau, Umgangsformen. Was ich hier in vielen Beiträgen sowohl an Umgangsformen als auch an Inhaltlichem lese, erinnert mich sehr an das, was man auf Facebook in vielen Zeitungskommentaren zur Flüchtlings- und Asylthematik lese. Vielleicht werden Menschen so in der digitalen Welt. Chris Dercon hat noch nicht einmal etwas selbst geäußert (und das muss er zum momentanen Zeitpunkt auch nicht) und schon schießen nach dem Mitarbeiterbrief alle aus allen Richtungen und wissen allein, wenn andere Personen aus der Kunstwelt (oho, das sind ja gar keine Theaterleute) etwas sagen, dass er und Frau Piepenbrock nicht geeignet sein können, die Volksbühne mit Theater zu gestalten. Er kann jetzt machen und sagen, was er will, alle sind so sehr in verbaler Schussstellung, dass es wirklich gruselig geworden ist, zu verfolgen, was hier zum Teil geäußert wird. Das sind doch reine Glaubens- und Zugehörigkeitskämpfe, die hier stattfinden. Ich kann verstehen, wenn Mitarbeiter Sorge um ihre Jobs haben. Das ist aber auch die einzige Sorge, die ich verstehen kann. Alles andere ist Humbug. Wenn man sich den Mitarbeiterbrief genau ansieht, dann schreit da wirklich die Sprache und die Weltansicht von Carl Hegemann und Thomas Martin durch. ("Globale Konsenskultur" & Co.) Und das sind die Dramaturgen. Die sind bei jedem Intendantenwechsel weg. Und ob die mit dieser Aktion ihren heutigen Arbeitskollegen einen Gefallen tun, bezweifle ich.
Brief pro Dercon: Markt reguliert
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buehne-und-konzert/volksbuehne-berlin-kulturkampf-wegen-chris-dercon-14319327.html

ist das schönste, was ich bis jetzt zum kulturkampf VB vs Dercon gelesen habe.
es ist wie beim kochen,die frischen gewürze kommen zum schluß dazu,
und diese geruchs/geschmacksnote macht auf einmal eine currywurst zum sternerestaurantklassiker.
was haben wir uns umsonst die köpfchen zerbrochen.
der markt reguliert das schon.

ps.
island wird europameister,
und nicht nur im fußball.
die sprechen auch gerne englisch,können aber auch ganz gut deutsch,wenn sie in berlin kunst machen.
ätsch
Brief pro Dercon: Berliner Verhältnisse
Eines wird zunehmend deutlich: den einen Brief haben Leute ge- und unterschrieben, die es beinahe dreißig Jahre gewohnt waren, dass künstlerische Konzepte mit ihnen besprochen wurden; die keine Hemmungen haben mussten, eigene Ideen – auch von Gewerke-Seite- einzubringen, sondern mit diesem Selbstverständnis gelebt und gearbeitet haben, dass dieses hemmungslos offene Ideen-Beitragen wesentlich ist für ein künstlerisches Gesamtergebnis. Und die eines in jedem Fall bemerken: diese Gewohnheit ist weder mehr gefragt noch erwünscht von der neuen Leitung. Es ist gewiss nicht so, dass die daran gewöhnt waren einer persönlichen Idee oder Vision entgegenzustehen. Aber es ist eben auch nicht so gewesen, dass dies eine Vision gewesen wäre, der die Ideen der Zu- und Mitarbeiter als minderwertige gleichgültig gewesen sind. Nur die eigene, persönliche Vision wäre von irgendetwas Unbestimmtem, wofür man einfach nur bezahlte Dienstleister zu deren Verwirklichung beauftragt. Es war eben bisher auch eine Vision des Zusammenwirkens an einer gemeinsamen Sache. Und Herr Dercon zeigt den Leuten nicht, dass und an was er mit ihnen künstlerisch zusammenwirken möchte.
Der andere Brief der kollegialen Unterstützer Chris Dercons zeigt nur, dass dies jedoch der konkret gute Ton von Designern, Architekten und Museumsdirektoren ist. Der als Vision umgesetzt werden soll. Auch am Theater. Und der inspirierend wirken soll auf Berlin als Stadt.
Wird er nicht.
Inspirierend wirken.
Jedenfalls nicht auf die Leute, die stolz darauf sind, dass es hier diese utopische Enklave der künstlerischen Zusammenarbeit zwischen Handwerkern, Kunsttheoretikern und Theaterkünstlern gibt. In einer ehemals in Ost und West geteilten Stadt, die sich ihre Wunde sozial durch eine konkrete Arbeitsweise erhalten hat. Und das ist gut so. Und wichtig für diese Stadt. Inspirierend für alle jene, die Wunden nicht zukleistern wollen, auf dass nicht in Vergessenheit gerät, was sie ihnen einst beigebracht hat… Und ein Dorn im Auge all jenen, die gerne hätten, dass es von dieser Stadt den Osten nie gegeben hätte, um die kostbare Teilung der Erinnerung auch noch abzuschaffen.-
Warum hat Chris Dercon bei seinen dargelegten Theater-Ambitionen an der Tate eigentlich keine Theatersparte gegründet? Das wäre vielleicht für London inspirierend gewesen. Dann hätte man eher verstehen können, was genau ihn zu genau dieser Zeit als Nachfolger Castorfs qualifiziert.
Und verstehen können, was genau Tim Renner inspiriert haben mag dazu, ihn als auf Castorf folgenden VB-Intendanten zu holen.
Die Idee, mit ihm, Dercon, dem Hangar usw. das Schiller-Theater neu zu erfinden, hätte ich sehr gut gefunden! Das wäre ein wirklicher Neu-Anfang für ein eventuell gänzlich neuartiges Theater im schwierigen Raum als Herausforderung für die bestehenden Theater. Ein Neuanfang für die ganze Stadt. Nicht ein Neuanfang, der als letzter politisch offensiv gegen den ehemaligen Ost-Teil gerichtet ist. Auch einer, der eine ehemalige, fragwürdige Theater-Abschaffung zu einem guten Ende, weil einem wirklich neuen Anfang führt. Man kann gegen die Berliner Verhältnisse nicht einfach z.B. die Stadt München ins Feld führen. Überhaupt keine Stadt der Welt, die die sinnliche Alltagserfahrung einer nationalen Zerrissenheit nicht ebenso kennt und in sich trägt bis in ihre Pflastersteine wie Berlin.
Und man kann nicht ohne weiteres die Museums-Konzepte gegen Theaterkonzepte ins Feld führen.
Die Museen in den Weltgroßstädten dienen sich populärwissenschaftlich immer mehr dem touristischen Publikum an. Immer mehr Museen sind für die einheimische Bevölkerung oder Zufallsbesucher kaum mehr spontan zu besuchen. Große Sammlungen, die auf der Grundlage großer wissenschaftlicher Traditionen entstanden und dicht mit aktuellen universitären Betrieben verknüpft sind, werden auseinandergerissen.
In Attraktionen, die spektakulär populär, multimedial gestützt, dargeboten werden einerseits. Wodurch andererseits die publikumswirksamen Kernstücke der Sammlungen aus dem universitären Forschungs-Bereich bis zur Unerreichbarkeit für wissenschaftlichen Nachwuchs, entfernt werden.
Auf diese Art und Weise werden z.B. gerade die auch weltweit spektakulär umfangreichen geschlossenen Sammlungen des Ethnologischen Museums in Dahlem zerpflückt… Auch in diesem Bereich gehen die Designer oft wenig behutsam vor aus eher künstlerisch selbstbewusstem Gestaltungswillen, der den Einnahmebestrebungen der Städte sehr entgegenkommt, der freien Forschung und Lehre in ihnen aber auch schadet - hier wäre vor allem Interdisziplinarität in der Politik angesagt, in den Künsten und in den Wissenschaften klappt die nämlich inzwischen vielerorts von allein.
Brief pro Dercon: nicht die feine Art
Holla, das (Kunstmarkt)-Imperium schlägt zurück. Na, jetzt sind ja alle Zweifel restlos beseitigt. Bleiben nur noch die Fragen 1.) Soll Chipperfield, Koolhaas oder Herzog die Volksbühne zum Museum umbauen? und 2.) Warum meldet sich Dercon nicht zu Wort und stellt - wenigstens in groben Zügen - sein Programm vor? In einem Jahr beginnt seine Intendanz. Jeder weiß doch, dass gefragte Künstler sehr lange Zeit im Voraus verplant sind. Da müsste es doch schon feste Absprachen geben.

Abgesehen davon unterstellen die Verfasser des Briefes ihrerseits den Volksbühnenmitarbeitern nur das denkbar Schlechteste. Ich bin mal auf deren Reaktion gespannt. Zudem drohen die Unterzeichner Müller bzw. Berlin mit Konsequenzen, falls Dercons Berufung rückgängig gemacht werden sollte. Auch nicht die feine Art.
(Zitat in Steckels Übersetzung):"Gibt die Stadt einem engstirnigen und selbstsüchtigen Putschversuch nach, unterwirft sie sich billigen Unterstellungen und versäumt es, die professionelle Grundlage in Schutz zu nehmen, auf der die Berufung von Mr. Dercon erfolgte.Berlin bringt sich ferner um jeden Anspruch, eine offene Stadt zu sein, ein kosmopolitischer Ort, an dem Könner eine Berufung annehmen dürfen, im guten Glauben an die Freiheit, kühn vorauszudenken und jenseits der konventionellen Schranken institutionalisierter Strukturen schöpferisch tätig zu sein."
Brief pro Dercon: Spiegelbild der Kunst
Von Höflichkeit und professionellem Respekt gesprochen: kann man darunter verstehen einer wichtigen Bühne mitzuteilen, dass man das Sprechtheater zurückstellen möchte? Wen wundert's...

Die Kunst hat es nicht geschafft, kritischen Diskurs zu fördern. Das liegt weniger an der einen oder anderen Personalie, sondern am herrschenden System. Wehe dem, der Piep macht oder sich gar öffentlich äussert- der ist im global vernetzten Freundschaftsmarkt ganz schnell weg vom Fenster. Was bleibt ist eine Smoothie-Bar als 'kritische' Intervention in de AdK.

Seit Anfang diesen Jahres ist das Geheule in der Kunstwelt angeschwollen, die Museen leer (Enwezor noch Anfang Juni) und da werden grosse Worte gesprochen man müsste doch mehr am Menschen dran sein. Etwas wagen und experimentieren. Wie soll das denn funktionieren, wenn wichtige Fragen im unmittelbaren Kontakt ignoriert werden, Kritik nur indirekt und damit zahlos daherkommt, oder die Adressaten sich unerreichbar geben?

Der neue Brief appelliert an die Akteure beim Thema zu bleiben- richtig. Ein Anfang wäre, selber das he-said-she-said Niveau zu verlassen, und inhaltlich konsequent für etwas einzustehen. Da die Kunst anscheinend nicht willens oder in der Lage ist, ihr Spiegelbild zu sehen, hält ihn eben jetzt das Theater hoch. Die Diskussion ist überfällig. Es ist bezeichnend, das sie von der Volksbühne angestossen wird.
Brief pro Dercon: das wirklich Unsinnigste
Das wirklich Unsinnigste, sich selbst eigentlich disqualifizierende Argument in dem Brief der Dercon-Kollegen ist, dass der gewählte Bürgermeister einer bewusst als Hauptstadt gewählten Hauptstadt eines ehemals systemisch geteilten, als Nation empfundenen demokratischen Landes, angemahnt wird, darauf zu achten, dass Bewohner dieser Stadt nicht etwa die Politik beeinflussen. Von der Beeinflussung der Politik mit friedlichen Mitteln und ohne Korruption lebt die Demokratie! Und wenn die davon nicht leben kann - dann ist die tot.
Brief pro Dercon: für eine feindliche Übernahme
Die Idee, wie sie hier geäußert wird, die Wunde zwischen Ost und West in Berlin künstlich offen zuhalten, ist pervers. Sie ist längst vernarbt und diese Narbe ist das Fundament für neue, visionäre Überlegungen. Das Konzept Dercon´s beugt sich keinem Innovationszwang. Die Aufgabe war und ist die Volksbühne weiter zu denken. Nimmt man nur einen Namen aus der Liste der Unterzeichner hervor, eben Rem Koolhaas, dann kann man erahnen, welche Türen von Dercon aufgestoßen werden könnten. Die Idee des Culture of Congestion war wegweisend. Sein Zugang durch retroaktive Methoden wäre ebenso für Berlin erstrebenswert. Nur der Gedanke einer horizontalen Verzahnung der Volksbühne mit dem Hangar in Tempelhof im Sinne von Koolhaas ist inspirierend. Wenn solche Menschen und ihre Ideen durch den offenen Brief der Gewerke der Volksbühne verhindert werden sollen, nur weil sie sich außerstande sehen, sich in eine solche Gedankenwelt konstruktiv und kreativ einzubringen, dann bin ich ganz entschieden für eine „feindliche Übernahme“. Es kann nicht sein, dass eine Narbe wieder aufgerissen wird, nur um sich selber eine Existenzberechtigung zu verschaffen.
Brief pro Dercon: worüber sprechen wir?
Sprechen wir hier über Theater oder über eine offensichtlich schutzbedürftige Ost-Alltagsidentität?
Brief pro Dercon: kapitalorientiert
#27
1. Wir sprechen nicht. Wir schreiben. Da ist ein Unterschied.
2. Über etwas, bei dem Theater als Prinzip und eine bestimmte Alltags-Identität bei der Arbeit miteinander verknüpft sind und sich entweder auf bisher unbekannten Traditionen gründen und oder sich in den Jahren unter der Leitung Castorfs zu einer ausgewachsen haben. Das gilt es eventuell festzustellen. U.a.
3. Über den Schutz einer Ost-West-Identitäts-Identität schreiben wir außerdem. Ob die jetzt des Schutzes bedarf oder Widerstand leistet gegen ihre Leugnung aus rein kapitalorientierten Interessen, gilt es eventuell ebenfalls festzustellen. In jedem Fall spiegelt eine solche sich in der Stadt an diesem speziellen Ort als einem letzten sichtbaren so, dass sie nicht so ohne weiteres als Kleingeist diffarmiert werden oder in eine fremden-, kunst-, und politikfeindliche Ecke gestellt werden kann wie etwa Pegida, die AfD oder dergleichen.

Auch dann nicht, wenn das beispielsweise Falk Schreiber versucht. Kleingeister sind ja immer die andern. Ich denke nicht, dass die Liedzeile, die er für sein Bild der VB von ihr selbst passend gefunden würde. Wer will schon sexuell ernsthaft DENKEN? Und politisch "sein" wollen eigentlich immer nur die, die Politik als Zugabe betrachten und nicht als selbstverständliche Organisationsform von lebenden Menschen.

Auch geht es nicht darum, dass jemand nur dann eine Berechtigung hätte zu existieren, wenn er irgendetwas dafür täte. Zum Beispiel verheilte Wunden aufreißen. Die Berechtigung zum Existieren ergibt sich aus der Existenz. Es wäre aber gut, wenn sich Politiker dies auch bleibend vergegenwärtigen würden. Es macht deshalb nichts, wenn sie daran erinnert werden, wenn sie es vergessen zu haben scheinen.
Brief pro Dercon: im Tonfall lächerlich
Der Brief der Dercon-Unterstützer ist ist inhaltlich und im Tonfall lächerlich, unverschämt und anmaßend. Das die Leiterin der Kulturstiftung des Bundes unter den Unterzeichnern ist nahe am Skandal. Dercon hat nichts, aber auch gar nichts vorzuweisen, was ihn zur Leitung überhaupt irgendeines Theaters befähigt. Das ist nun mal Fakt. Seine Berufung in Frage zu stellen ist eine Sache des gesunden Menschenverstandes.
Brief pro ris Dercon: wo sind wir?
Vielleicht mag ein Ost-West-Konflikt schwelen, er ist mir unbekannt. Ich finde die Gleichsetzung der Situation mit realpolitischen Stellungskriegen nicht nur unproduktiv, sondern auch gefährlich.

Die Infragestellung von Autoritäten ist/war eine der Grundfesten aller Künste. Bisher war damit Politik oder Wirtschaftsmacht gemeint. Seit die Künste selber Teil der treibenden Macht geworden sind, stellen sich selbstverständlich dieselben Dynamiken ein.

In der Kunst werden Entscheidungsträger als unfehlbar anschaut. Warum soll das der status quo sein? Einiges wurde bisher festgehalten z.B. über die Unterbezahlung oder Lohnfreiheit von 'ausführenden Mitarbeitern', von Ambravomic über die Manifesta 11 zum Kino Babylon. Man mag darüber lamentieren (wie Dercon während der Tate-Beschäftigung). Tatsache ist, dass bisher noch niemand Massnahmen für eine Änderung ergriffen hat.

Der Brief der Volksbühne bejaht ihren Kontext. Ihr Körper ist nicht nur eine Ansammlung von Symptomen.

Berechtigte Einwände werden nun in der Diskussion um die Volksbühne auf Augenhöhe mit Brexit (Rüdiger Schaper im Tagesspiegel) , AfD, Ossi/Wessi oder "indigenous undertones seen in populist campaigns" (Hito Steyerl, eflux) gestellt.

Gibt es an dieser Stelle gar keinen gemeinsamen Boden mehr? Wofür sind wir eigentlich?
Brief pro Dercon: einsam unterm Stalin-Porträt
Lieber Herr Rust,

haben sie jemals einen Streckensaum Untertage verankert? Ich schon. Das ist eine sehr aufregende Arbeit, weil man erst das Dach des Hauses durch Ankerstangen sichert, um dann mit Sprengstoff das Haus darunter heraus zu sprengen. Es verläuft geradezu umgekehrt, man hängt das Meer in den Himmel, um sich selber die Wolken vor die Füße zu legen.

Immer wieder wird hier der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital bemüht. Als ehemaliges Arbeiterkind, und als einer der ehemaligen Leiter der Kammerspiele des DT, sehe ich es vor meinem inneren Auge, wie die Büste von Otto Brahm, dem Gründer der Volksbühnenbewegung, vor dem Bühneneingang des DT, an der ich über ein Jahr beinahe täglich vorüberging, plötzlich Beine bekommt und über die Torstraße hin zum Rosa Luxemburg Platz eilt, und auf der Höhe des heutigen Soho-Hauses meint Pieck und Grotewohl zu begegnen. Stattdessen stehen dort heutige Arbeiter und Arbeiterinnen aus Marzahn, Lichtenberg und Reinickendorf. Gemeinsam drängen sie darauf, dass man ihnen für fünfzig Cent Einlass in die Volksbühne gewährt, aber die Kassiererinnen verstehen nicht, was das soll.

Da zieht Brahm, der eigentlich Abrahamsohn hieß, eine Waffe und verschafft sich Zugang mit dem Chor der Arbeiter zum Intendantenbüro, wo einsam unterm Stalin-Portrait Hegemann hockt, und verlangt sofort eine Live-Schaltung via Face Time zu Castorf nach Bayreuth. Der Intendant solle erklären: Warum Heliogabal ein Sohn Holofernes sein könnte? Während der ganzen Erklärung richtet Brahm seine Waffe auf die Schläfe von Hegemann. Castorf stottert nur, weil er um das Leben seines Chefdramaturges fürchtet.

Die Arbeiter und Arbeiterinnen verstehen nichts von alledem. Ihre Großväter haben den Bau des Hauses mit ihren ersparten Talern finanziert, aber im Foyer begegneten sich, nach langer Zeit, das erste mal die digitale Boheme und die Arbeiterschaft. Sie waren sich ausgesprochen fremd.

Und Brahm brüllt verzweifelt: Was haben sie aus meinem Theater gemacht. Er stammelt etwas von einem Theaterstück „Vor Sonnenaufgang.“ oder so. Aber niemand der Arbeiter kennt diesen Hauptmann, und warum er die Dekadenz ehemaliger, verarmter Bauern am Beispiel plötzlich grundlos Reichgewordener skizziert.

Da röchelt Brahm: Castorf! Warum arbeiten sie in diesem total kapitalorientiertem Bayreuth von Wagner?! Ich, als Jude, werde das doch wohl noch fragen dürfen! Und erstarrt als ewige Mahnung im Intendantenbüro der Volksbühne und wartet auf Dercon.
Brief pro Dercon: Maurer und Köche
Was hat ein guter Maurer einem Koch zu sagen?
Vielleicht kann er kochen? Aber grundsätzlich? Er ist ein guter Maurer und ein Koch sollte kein Haus bauen!
Vor allem, nach einem Jahrhundert der Durchmischung, als Köche anfingen Häuser zu bauen und Maurer Essen zubereiteten, oder es versuchten, oder sich inspirieren liessen!!
Jetzt im 21. Jahrhundert so zu tun, als ob es wahnsinnig neu wäre, in fremden Tümpeln zu fischen, ist es ein bisschen peinlich.
Kommunizieren, so oder so, war immer schon eine Voraussetzung von Kunst.
Sie jetzt (50 Jahre zu spät) zu instrumentalisieren katastrophal.
Khoun in seiner ruhigen Art hat es auf den Punkt gebracht: soll ich jetzt den Hamburger Bahnhof übernehmen?
Eine absurde Idee ist noch keine Kunst, sondern Hilflosigkeit, Öffentlichkeitsgeilheit und in dem Fall der Volksbühne reiner Kapitalismus.
Das ist das Tragische.
Das wirklich Tragische.
Brief pro Dercon: Totschlagargumente
# 29 "Das ist nun mal Fakt" und "gesunder Menschenverstand" sind natürlich Argumente, gegen die man nicht ankommt. Damit bin ich hier raus.
Brief pro Dercon: Link
http://www.deutschlandradiokultur.de/kasper-koenig-zum-volksbuehnen-streit-chris-dercon-ist-ein.2159.de.html?dram:article_id=358963
Brief pro Dercon: Alles nur weil
Und das alles nur, weil André Schmitz Steuern hinterzogen hat.
Brief pro Dercon: a=b?
@ DRuheimKahn: Na ja, aber wie soll das denn gehen? Ich bin da wirklich ratlos. Klar, man kann immer wieder mal sagen a=Theater und b=Museum und so, schaut her: a≠b! Da braucht es weder Leidenschaft noch Moral. Klar, dann sagen die einen, richtig, a=a. Dann sagen die anderen, aber a=b, wenn n1... - was dazu führt dass aber n1-∞ dazu führen, dass die a=a-Fraktion Kopfschmerzen bekommt, wenn zum Beispiel in einem n-Fall das Wort "polyglott" stellvertretend für die englische Sprache als Bühnensprache steht, der von Zeit zu Zeit noch eine Tanz-Körper-Sprache an die Seite gestellt wird zum schrillen Klangteppich einer farbenprächtigen Installation.... die n-Bedingungen sind da unendlich. Und das ist auch alles gar nicht so neu! Da könnte jetzt die a=a-Fraktion sagen, hey, schaut mal her, das Theater ist eine kulturelle Ausdrucksform und Deutschland, und Europa und mittlerweile schon fast die ganze Welt haben die Konvention zum Schutz und Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen unterschrieben (2005) und ratifiziert (2007), welche die Staaten der UNESCO ausgearbeitet haben, um entgegen der GATT/WTO Bestrebungen zur Liberalisierung des Dienstleistungssektors sich, als Staaten, dass souveräne Recht auf eine eigenständige Kulturpolitik einzuräumen, weshalb Frau Prof. Grütters, unsere Kulturstaatsministerin, ja auch die kulturelle Ausnahme bei den TTIP-Verhandlungen fordert, wobei die USA die Konvention zur kulturellen Vielfalt nicht unterschrieben haben, weil diese nicht den Kriterien für den free flow of information entspricht - alles sehr gut nachzulesen bei Sabine von Schorlemer "Kulturpolitik im Völkerrecht verankert", 2005 (den Text gibts auch zusammen mit weiterem kostenfreien Infomaterial - sehr gut auch Ivan Bernier - auf der Internetseite der Deutschen UNESCO Kommission.) - aber nein, in Deutschland nimmt die a=a-Fraktion die Konvention nicht richtig wahr. Als Träger von Wert, Identität und Sinn, ist es das Theater, das unter seinen Eigenschaften zum Beispiel auch die deutsche Sprache als Bühnensprache zählt, welche als zu schützendes und zu förderndes Gut hier völkerrechtliche Verankerung hat. Gewiss könnte man annehmen, dass die a=b-Fraktion hier Handlungsdruck sieht, der mit der Klammer aus Sparpolitik und Projektförderung sicherlich gerechtfertigt sein mag. Bloß damit wäre die Debatte ja noch nicht zu Ende, wenn die einen dann einen Ressourcenaufschluss entsprechend der Kultur- und Kreativindustrie sehen, und so dann gefragt werden wird, ob diese Entwicklung im Sinne eines Künstlertheaters wäre....
Brief pro Dercon: egal
#36Sie haben ja so recht. Dis werden sich alle dann fragen und so, und so rechnen und so, und Bücher über die Debatte schreiben und so, und Berichte über die Auswirkungen der Bücher, die über die Debatte und so geschrieben wurden und so, und nur dem Künstlertheater als Künstlertheater wird das so etwas von egal sein... Ja. Daran glaube ich wirklich.
Brief pro Dercon: schlechte Falle
Es wäre sicher von Vorteil, hätte ein paar Theaterschaffende mehr den Brief mitunterzeichnet (vielleicht hat man da nicht nachgefragt). Man sollte aber ernst nehmen, dass die alte Volksbühne und das mit ihr großmehrheitlich solidarische kulturelle Berlin eine sehr schlechte Falle machen außerhalb Deutschlands. Da wird CD äußerlich beschrieben und verunglimpft, man empört sich, dass ein Ausländer Reiner statt Einar sagt, was in den meisten Ohren der Neuankömmlinge erstmal identisch klingt, man führt sich auf wie sehr gut genährte Provinzpolterer und hält es für historisches Bewusstsein. Währenddessen schaut keiner auf Reeses Berliner Ensemble oder auf die Ambitionen der Berliner Festspiele. Wäre ich Darstellender Künstler, der noch was vor hat im Leben, ich würde um Berlin einen Bogen machen. Vielleicht ist es aber auch nur das panische Aufbäumen der Alten, in Formation mit den entmachteten Printprinzen. Verheerend für die Stadt wäre, würde der Druckversuch politisch gelingen, denn darauf zielt die Lobbyarbeit der VB, hallo Berliner Wahlen im Herbst. Die Linke ist bestimmt schon im Sack.
Brief pro Dercon: Pool of experts
@37: Na ich hab gar keine Ahnung, ob ich recht habe. Wenn Sie das so sehen ... meinen Sie damit wirklich, dass der Text* etwas taugt, ja?
Sehen Sie, ich bin nur Zuschauer und es fällt mir schwer, alle diese Gedanken zu verstehen, die hier trefflich geäußert werden. Doch wenn es um die Diskussion von Rahmenbedingungen geht, dann fehlt es mir zuweilen an Tiefen- und Trennschärfe. Aber möglicherweise habe ich alles ganz falsch verstanden und die Mitglieder der Pool of Experts können Abhilfe schaffen. Ich würde mich sehr darüber freuen. Vielen Dank!

* Seite 9-76:
http://www.iti-germany.de/fileadmin/user_upload/Dialog/KV_in_der_Diskussion.pdf
Brief pro Dercon: Geografie
PS: Das Ausland beginnt südlich von Britz und östlich von Hoppegarten.
Brief pro Dercon: Unwissenheit und Desinteresse
@39: Ich weiß das nicht, ob der Text etwas taugt oder nicht. Dazu müsste ich den lesen. Für ein Beamtengehalt würde ich das vielleicht tun, so nicht. Ich meine nur, dass es Künstlern einfach egal ist, ob der Text nun was taugt oder nicht taugt, weil die sich nahezu zwanghaft irgendwie so ausdrücken müssen, dass Kunst dabei rauskommt oder halt in die Wüste gehen, um dort sich die Zeit mit unsinnigen Dingen totzuschlagen. Dann interessieren die solche Texte auch nicht. Rahmenbedingungen, die sie trotz Lebenszeit für Kunstmachen am Leben lassen, interessieren Künstler vielleicht schon. Aber nur dann, wenn sie eigentlich ünerflüssig sind. Also die Rahmenbedingungen, nicht die Künstler... Schauen Sie also einfach weiter zu und freuen Sie sich, dass es Dinge gibt, über die Sie sich sehr freuen können würden, wenn Sie genaueres von ihnen wüssten. - Mit freundlichstem Gruß-
Brief pro Dercon: zu heiß und zu trocken
@41: Ach so, ok, gut, nee, schau ich mir nicht an ... Künstler in der Wüste, als Zuschauerkünstler frag ich mich da, warum die Bühnenkünstler nicht sehen, dass auch die Wüste Rahmenbedingung ist, mir persönlich, viel zu heiß und trocken - so gut so schön, ich suche mal die Oase, viel Freude heute noch und herzlichen Gruß!
Brief pro Dercon: ohne Wüste keine Oase
#42Ja, aber doch keine schriftlich fixierte Rahmenbedingung! Rahmen, nicht traditions- aber gesetzgeberlos. Nicht - an Bedingung geknüpft. Ohne Wüste keine Oase, nich - sagen Sie Bescheid, wenn sie da sind! HG
Brief pro Dercon: kein nennenswertes Interesse
Die Petitiom wurde bisher erst von 1200 Menschen unterzeichnet, trotz beinahe täglicher Meldungen in der Presse. Und das in einer Weltstadt, in der jeden Tag einige Tausend Menschen die Theater besuchen.

Einige vorsichtige Prognose würde sagen, damit wären das nähere Umfeld der Unterzeichner des offenen Briefes erreicht worden, aber darüber hinaus gibt es kein nennenswertes, breites Interesse in der Stadt.

Somit kann man sich die Mühen der Debatte auch eventuell sparen.
Brief pro Dercon: Castorf und Pollesch ins Museum
gebt doch pollesch oder castorf einfach die leitung eines großen museums, eines von weltruhms.
dann werden wir ja sehen, wie aufgeklärt die "internationale kulturszene" tatsächliche gegenüber quereinsteigern ist, die aus einer ganz anderen kulturellen branche kommt.
Brief pro Dercon: Kalter Kaffee
@44
Ja genau, lieber Herr Baucks, "die Mühen der Debatte sparen".
Dann hören Sie doch auch bitte, bitte, bitte endlich auf Ihre unglaublich steife Meinung hier unentwegt und nahezu zwanghaft zu publizieren, so als hätten Sie gar keine andere Möglichkeit sich, vielleicht abseits des Stammtisches, öffentlich zu äußern.
Und überhaupt: Rem Koolhaas nach Berlin holen als große Tat zu bezeichnen... Na ja. Hier gibt es einige schicke Bauwerke aus seiner Feder und bereits zum Jahrtausendwechsel war seine lobenswerte Arbeit und Theorie in der Nationalgalerie zu bestaunen.
Kalter Kaffee.
Brief pro Dercon: Dank
#45
das ist doch mal ein entspannter Vorschlag zur Offenheit!
Ich bin gespannt.

#46
Danke.
Brief pro Dercon: Bitte
Lieber Herr oder liebe Frau Nakelski,
hören Sie doch bitte, bitte, bitte auf, hier jemanden aufzufordern, seinen Mund zu halten. Das ist unglaublich und unter der Gürtellinie.
Schlimm genug, dass das mit Herrn Rackow ein nachtkritik.de-Redakteur im Vorfeld auch schon versucht hat.
Brief pro Dercon: provinzielle Ignoranz
Entschuldigen sie Herr Nakelski,

wer sind sie, dass sie Koolhaas "kalten Kaffee" nennen dürfen?! Ja, es gibt Gebäude von Rem Koolhaas in Berlin und vor sechszehn Jahren gab es eine Ausstellung in der Nationalgalerie. Ist Koolhaas damit schon "abgefrühstückt"? Warum ist dann Castorf nicht ebenso kalter Kaffee? Den gibt es doch auch schon seit über zwanzig Jahren in Berlin?

Es geht ja wohl mehr darum, die Arbeit eines Koolhaas oder Eliasson mit dem Theater zu verknüpfen. Haben sie denn schon mal einen Bühnenraum von Eliasson oder Koolhaas an der Volksbühne gesehen? Ich nicht. Und ja, auch Eliasson hatte schon eine große Ausstellung in Berlin. Und er hat ein Atelier und eine Arbeitsstätte am Pfefferberg. Warum er aber deshalb nicht einmal an der Volksbühne tätig werden sollte, ist mir nicht schlüssig. Wäre das dann kalter Kakao? Nein! Keinesfalls. So gemessen, müssten viele Theaterkünstler Berlin verlassen, weil sie hier schon so oft auftraten.

Nö,...ich glaube von so jemandem, wie ihnen, möchte ich mir nicht den Mund verbieten lassen. Sicherlich "Delirious New York." wurde schon 1978 veröffentlicht. Kalter Kaffee ist es deshalb noch lange nicht und einem Theater-Projekt mit dem Titel "Delirious Berlin." würde ich, als jemand der Theater, Kunst und Architektur liebt, mit Freude entgegen blicken.

Nur werden sie solche Künstler schwerlich an ein Theaterhaus binden können, wenn ihnen aus allen Rohren soviel provinzielle Ignoranz entgegen blässt. Und solange dies so bleibt, muss man ihrer Haltung etwas entgegesetzen.

Erlären sie uns doch einmal, wie man die retroaktive Sicht von Rem Koolhaas auf Berlin übersetzen könnte, falls ihnen das gelingen möchte. Das wäre spannend. Aber nicht ihre kalte Wut.
Brief pro Dercon: Zeit für Antworten
der offene brief der volksbühne ist scheisse geschrieben,
keine frage,
denn er ist voll von emotionen.

wäre er eine blutleere analyse dessen, was bevorstehen kann,
und so weit sollte mensch schon mal denken, ist er eine warnung,
die dringend gedacht werden sollte.

dies ist wahrscheinlich nicht geschehen.

ein versagen in der kulturpolitik berlins ist extrem erkennbar.

wenn der zuständige staatssekretär für kulturelle angelegenheiten des landes berlin, diese tragweite nicht erkennen kann,
ist er doch im falschen gewerk unterwegs.

diesbezüglich möchte ich herrn dercon keine vorwürfe machen.

diesen shitstorm hat er, als kurator und mensch nicht verdient,

trotzdem jetzt ist aber zeit für seine antworten.

dercon greift in ein deutsch/deutsches theaterschlachtschiff der ost / west achse ein,
und ich glaube nicht,er hat am anfang verstanden,
wofür die volksbühne am rosa luxemburg platz seit über 20 jahren steht.

hier geht es um viel.
kampf um hoheitsgebiete der längst verlorenen arbeiterklasse.

ich habe mich verlaufen in berlins mitte, koppenplatz,
dank der touristenschilder war ich wieder heimisch.
ich bin hier auch nicht geboren, und merke,
hier, in dieser neuen mitte, will ich auch nicht begraben sein.


die unschuldslämmer sind schon lange da.

(tvpfarrer)love you
Brief pro Dercon: Bitte !!
Kann diese unsägliche und nicht weiterführende Debatte endlich enden?!! Bitte!! Zwei Wochen geht das jetzt schon so!!! Und sonst läuft hier gar nichts im und am Theater oder wie!? Das wäre wirklich schade!!
Brief pro Dercon: Tragweite
Liebe/r "Ende!!" (#51)

Die Antwort an Sie wäre wohl: Sie selber können sie jederzeit beenden, indem Sie sie nicht mehr weiterverfolgen.

Und ob sonst noch etwas "im und am Theater läuft", können Sie doch ganz einfach feststellen, indem Sie all die anderen Beiträge auf dieser Seite lesen?

Ansonsten: bringt es #50 auf den punkt für mich. dass es eine ungeheuerer tragweite hat, wenn renner ausgerechnet die volksbühne an dercon gibt, hätte renner wissen müssen.

und vielleicht wusste er es ja auch ;)
Volksbühne - die Kulturverwaltung spricht: Alle streiten..
und am Ende ist Tim Renner schuld. Das kann doch auch nicht wirklich wahr sein, lieber „omg“. Das riecht zu sehr nach Bauernopfer.

"Die nehmen einen Performer, dabei haben wir Tausende Künstler." soll der ansonsten recht zurückhaltende Gerhard Richter gepoltert haben, als bekannt wurde, dass Christoph Schlingensief den deutschen Pavillon in Venedig 2011 gestalten sollte.

„Er (Richter) zielt auf die Sorge, die Kunst verliere ihren kontemplativen Charakter zugunsten eines bühnenartigen Spektakels, das Zwiegespräch mit dem Einzelwerk gehe unter im Geraune der Massen, die der Aufmerksamkeitsökonomie des Eventtourismus folgen.“ so erklärte es Kia Vahland in der Süddeutschen seiner Zeit.

Der Grundton sollte uns bekannt sein. Wir alle wissen Christoph Schlingensief gewann auf Anhieb, unter über achtzig Ländern, posthum den Goldenen Löwen in Venedig. Vielleicht ist es ja auch einfach nur die Angst, dass mit Dercon einer der ganz Großen mit Weltruhm kommt, dem es ebenso wie Schlingensief gelingen könnte, auf Anhieb, die alte Frage, wie die bildende und darstellende Kunst zusammengeht, zu beantworten; und der damit einige khoun ´sche Karrieren über Konstanz, Hannover, Hamburg nach Berlin erodieren würde.

Renner hat diese alte Frage neu in den Raum gestellt. Das ist sein Verdienst. Nehmen wir es als eine besondere historische Fußnote, dass Schlingensief ausgerechnet, unter anderen, auch aus der Volksbühne hervorging.

Es gab Phasen in Berlin, wo ich mir gewünscht hätte, der ein oder andere Intendant würde, statt einem Theater, doch lieber ein Museum leiten.
Brief pro Dercon: Young Leaders
Es mag sein dass Dercon ja eine Topbesetzung ist, aber durch welche demokratische Absurdität ist es möglich, dass ein einzelner ressortfremder Politiker, der erst kurz zuvor vom (…) Unterhaltungsmanager (…) zum Berufspolitiker berufen wurde,
aus einer guten Laune heraus so eine schwerwiegende Entscheidung treffen kann

Das ganze läuft doch hier schon ähnlich wie bei der Flughafenbaustelle, das Führungsfiguren ,die mit einem Posten scheitern , woanders aufwärts befördert und entsorgt werden.
Die Kulturpolitik sollte sich nicht als Entsorgungsposten für unsere Eliten und Young Leaders der Deutschland AG hergeben, und es gilt dagegen zu rebellieren
Brief pro Dercon: Betätigung für investigative Journalisten
Bei der Liste der Unterstützer*innen von Dercon fallen die Archtitekten Herzog und Koolhaas besonders auf. Nicht nur, weil sie dem Theater so fern stehen, wie Jonathan Messe den Berliner Philharmonikern. Wer Müllers Tempelhofer Netzwerk kennt und die Ankündigung Renners gelesen hat, dort einen Kreativstandort installieren zu wollen, dem eröffnen sich als investigativem Journalisten ungeahnte Betätigungsfelder.

http://www.tagesspiegel.de/berlin/berlins-regierender-buergermeister-michael-muellers-tempelhofer-netzwerk/13518020.html
Brief pro Dercon: KünstlerInnenstatement
An Okwui Enwezor, Ulrich Wilmes, Hans Ulrich Obrist, Rem Koolhaas, Hortensia Völckers, Jacques Herzog, David Chipperfield, Bernd Scherer, Thomas Weski, Richard Sennett, Alexander Kluge, Adam Szymczyk, Manthia Diawara, Dirk Snauwaert, Peter Saville, Matthias Mühling, Christine Macel, Phillipe Parreno, Konstantin Grcic, Susanne Gaensheimer, Sabine Breitwieser, Friedrich Meschede, Anne Teresa de Keersmaeker, Kasper König, Carolyn Christov-Bakargiev
und an die Volksbühne

Zu Beginn des Jahres wurde Chris Dercon vom Berliner Senat als neuer Intendant der Volksbühne verpflichtet. Der Chef eines der größten und vornehmlich auf Städtetourismus ausgerichteten internationalen Ausstellunghäuser übernimmt ein Städtisches Theater, das verglichen mit der Tate nicht groß, nicht effizient ist, aber - im Gegensatz zu einem eher routinierten Ausstellungsprogramm - einen Überschuss an spezifischer Bedeutung produziert. Man hat diesen Überschuss auch oft genug "Mehrwert an symbolischen Kapital" genannt, und man weiß dann ebenso um den Appetit, den das Business auf diesen Mehrwert hat, um sich zu verlebendigen, indem es seinem Expansionszwang folgt.

Auf den letzten Protestbrief des Ensembles der Volksbühne folgte ein Brief zur Unterstützung des neuen Intendanten, größtenteils initiiert und unterzeichnet von den internationalen Kuratorenkollegen seiner Generation. Der Brief behauptet, dass die Proteste gegen Dercon sich doch hauptsächlich auf den Missbrauch von senatorischer Macht beziehen, verfasst von einer engstirnigen, nur an ihren eigenen Privilegien interessierten Gruppe. Der Brief beklagt auch "the lack of decorum in the reception of the appointment", vermisst das Minimum an Höflichkeit gegenüber dem neuen Intendanten - eine Blamage für Berlin, als globaler Standort.

Währenddessen hat sich im lokalen Berlin längst ein geflügeltes Wort verbreitet, wenn man etwas als großspurig und ignorant abtun will: "Ich mache dich weltberühmt." Es wird kollportiert, dass Chris Dercon René Pollesch dieses ungebetene Versprechen gegeben haben soll in der Kantine des Theaters. Ebenso soll er auf sein wohl ganz exzellentes internationales Adressbuch verwiesen haben. Vielleicht ist das alles Gossip, aber letztendlich ist es genau diese machtbewusste Umgangsform, die KünstlerInnen - meistens etwas dezenter - von globalen Kuratoren kennen.

Es geht uns aber nicht um Parteinahme in einer Personaldebatte, auch nicht um ein Plädoyer für eine identitäre Abgrenzung der einzelnen Künsten. Was in der bisherigen Debatte kaum erwähnt wurde, ist die Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen. In diesem Sinne erinnert es fast eine Freudsche Fehlleistung, wenn im Statement der internationalen Kuratoren “the privilege conferred by public employment to defeat an individual’s vision” besonders vorgeworfen wird.

Nicht nur deswegen finden wir es an der Zeit, dass wir von KünstlerInnenseite aus nun ebenfalls einen Brief schreiben, sondern weil dieses unfriendly Take Over etwas Exemplarisches an sich hat. Es führt uns den Paradigmenwechsel vor Augen, der beide Bereiche - bildende Kunst und Theater - betrifft, darin dem Branding von Berlin als internationaler Hub der Creative Class folgend.

Wenn wir sagen, dass seit Ende der 90er Jahre sich die bildende Kunst zum Flagship neoliberalen Kulturverständnisses entwickelt hat, dann meinen wir nicht die Frage der Finanzierung, sondern die Subjektivität der Akteure selbst. Wir haben es heute meistens nicht mehr mit einzelnen KuratorenInnen und KünstlerInnen zu tun, sondern mit Managern und Factories, beide ausgelaugt vom Soll globaler Präsens und ihrer Anforderung, die Leere internationaler Prestigearchitekturen vollzumachen. Wir haben es mit einer professionalisierten Verselbständigung von Arbeitsteilungen und Techniken zu tun. Sie treten oft an die Stelle von Inhalten. Wir haben es wie in allen Industrien mit einer universellen Existenzangst zu tun, die den Akteuren im Nacken sitzt: dieses Verschluckt werden vom globalen Rauschen, das die Verausgabung überflüssigem Anlagenkapital verursacht. Es gibt deswegen nun viele "Teams" und "Studios", die für Künstlersubjekte arbeiten, aber das nicht, um ein Kollektiv zu bilden, sondern eben angestellt, isoliert, hierarchisiert und konkurrent.

Wir haben es mit der zum Modewort gewordenen Diagnose Burnout zu tun, weil Ausbeutung bis zur Erschöpfung für alle Akteure ubiquitär geworden ist. Letztendlich zählen wir hier also all das auf, was alltäglich in jeder anderen Industrie auch los ist. Aber wir erinnern uns daran, dass dieser Bereich genau so wie Theater das Selbstverständnis hatte, andere Möglichkeiten, zu leben, zu denken und zu empfinden, als Forderung, Praxis, Konterkarierung von Macht oder Lüge aufzustellen.

In Bezug auf das Theater wollen wir erwähnen, daß theatrale, zeitbasierte, performative Arbeitsweisen im Kunstbereich exponentiell zu seiner Neoliberalisierung zugenommen haben - ja, das zentrale Ausdrucksmittel dieser Epoche geworden sind. Denn ´gute Performanz´, Liquidität der Produktion und der Umgang mit Menschen als Ressourcen gehören zum Tugendkatalog dieser Form von Ökonomie, ebenso wie die Attribute der Unmittelbarkeit, des Ephemeren, die Betonung des Ereignisses sowohl zentral für die Performance- wie von Dienstleistungsökonomie sind. Es gehört zu der eingeübten kritikalen "Ambilvalenzfunktion" von Kunst, dass Performance sich oft als Instrument einer institutionskritischen Metareflexion über immaterielle Arbeit versteht, während die eigenen Arbeitsbedingungen exakt deren Entrechtung entsprechen. Man kann von einer Industrialisierung sprechen, die auf Schichtarbeit, Outsourcing, Entqualifizierung und Wiederholung beruht. Und tatsächlich trifft man in den Ausstellungsräumen immer häufiger auf performatives Prekariat, die dem Zeit- und Objektstatus des Museums und seiner Besucher ausgeliefert sind. Dies betrifft einerseits die Löhne und Verträge, aber auch die Würde und Selbstachtung der einzelnen PerformerInnen. "Der Allgorytmus ist die Antwort darauf, dass zeitgenössische Performances immer größer dimensioniert werden, weil sie sich mit größerem Ausstellungsräumen und längeren Laufzeiten konfrontiert sehen." schreibt Claire Bishop, und sie bescheibt eine Arbeit von Tino Seghal in den Turbinenhalle der Tate, in dem die Performer - nun Bestandteil der smarten Haustechnik geworden - in ihren Bewegungsclustern sich an dem Wechsel des Lichtsystems orientieren. *Von daher wirkt die Übernahme eines Theaters sehr konsequent.

Es geht uns nicht um das Ausmalen weitere Horrorszenarien über das künftige Programm der Volksbühne oder eines Lean Managment Theater, wie erfolgreich im HAU vollzogen. Und wir können auch nicht die "Reform" der Volksbühne als so oft zitierte "schöpferische Zerstörung" sozialer Zusammenhänge abtun. Warum - so fragen wir uns - wirkt die bevorstehende Reform so exemplarisch wie eine Exekution?

Die Volksbühne ist nicht nur eines der wenigen glücklichen Beispiele für die gegenseitige Inspiration von ost- und westdeutscher Kultur in einer ansonsten binnenkolonialistischen Politik. Sie führt definitiv ein geschichtliches Wissen fort als Handwerk, Gemeingut und als politische Arena einer linken Intellektualität, und das seit ihrer Gründung. Sie ist der Ort der langfristigen Ensembles, die mit ihrer Kollektivität eben nicht nur Starregisseure kreierten, sondern heterogene Gebilde von ganz unterschiedlichen Charakteren und Attitüden. Es ist diese Kultur der langfristigen, gemeinschaftlichen - und geistreichen - Produktion, es ist diese soziale und intellektuelle Rhizomatik als gesellschaftliches Programm und als geschichtliches Gedächtnis, das zerstört werden soll.

Der Kunstbereichs der letzten Jahrzehnte zeigt zu dieser Exekution seine effizienten Instrumente.

Berlin, im Juli 2016
Brief pro Dercon: So anonym eher keine Wirkung
Mich würde interessieren, von wem der Brief, den Adrienne Goehler auf Facebook gestellt hat, tatsächlich ist. So anonym hat das ja eher keine Wirkung. Auch scheint man hier Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wenn auch einiges sicher zutreffend ist, wie die generelle Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen im Kunstbereich. Chris Dercon wird mit seinen Erfahrungen aus der bildenden Kunst und der Kenntnis der Strukturen des internationalen Kunstmarktes sicher billiger und effizienter arbeiten können. Wie viele Künstlerverträge nach NV Bühne es dann noch geben wird, kann man sich sicher jetzt schon fragen. Regisseure wird das sicher nicht betreffen.

Dafür sind Schlagworte wie Performance- und Dienstleistungsökonomie sicher mal ganz hilfreich als Denkanstoß, ob man das fürs Theater will, oder nicht. In Hinsicht auf die Qualität des Gezeigten beim gerade zu Ende gegangenen Festival Foreign Affairs kann man der Volksbühne nur wünschen, dass ökonomische Gesichtspunkte nicht zum Entscheidungskriterium für Theaterkunst werden. Wenn der Kurator mit einem festen Budget am internationalen Markt einkaufen gehen muss, dann brauch er ein gutes Händchen und das besagte Adressbuch. Dercon täte sich gut daran, sich auch lokal zu vernetzen, also Kunst aus der und für die Stadt zu zeigen. Wie man in München und Stuttgart sieht, lässt sich ohne lokales Publikum auf Dauer kein Stadttheater machen. Ein festes, in der Stadt gut verankertes Ensemble ist immer noch eine wichtige Ressource der Theaterarbeit. Überhaupt dreht es sich erster Linie ja immer um Menschen.

Da stört mich im Zusammenhang mit Theater- und Kunstproduktion generell etwas das Attribut „binnenkolonialistisch“. Das ist sicher für die Besetzung vieler Leitungspositionen nach der Wende zutreffend gewesen. Castorf war ein positives Gegenbeispiel. Dercon wird hier sicher nicht ein Roll back einläuten. Auch sehe ich nicht zwingend die Herausbildung einer neoliberalen Art-Factory. Eher wird man sich aus dem Pool solcher bereits bestehender Strukturen bedienen. Das wäre wesentlich effizienter. Auch eine geschickte Querförderung der freien Szene. Nur ob das der lokalen Szene zugutekommt, ist eine andere Frage. Hierauf zielt sicher der Vorwurf des Briefs.

Wie gesagt, einiges ist sicher wert, darüber nachzudenken. Allerdings ist mir der Ton insgesamt etwas zu didaktisch. Daher: Wer schreibt da? Und bevor man so etwas in die Öffentlichkeit schießt, sollte man ruhig nochmal jemanden Korrekturlesen lassen. Was soll z.B. der letzte Satz bedeuten?
Brief pro Dercon: ein trotziger Funke
@Stefan B.
ich verstehe Ihre Neugierde. Die Anonymität mag entweder damit zu tun haben, dass diese Gruppe das Wort vor ihren wohl oder nicht bekannten Namen walten lassen möchten. Die andere Denkpiste wäre, was ich bereits in #30 angeschnitten hatte: es ist ein absolutes Tabu in der Kunstwelt, Kritik zu äussern. Das geht wenn überhaupt nur über zehn Ecken. So traurig ist es bestellt.
Wer jetzt aus den eigenen Reihen die Wahl für Dercon öffentlich hinterfragt oder die Vorgehensweise anzweifelt, muss damit rechnen ausgeschlossen zu werden.
Ihnen mag es nicht aufgefallen sein, aber ich finde es unangenehm ruhig aus der besagten Ecke. Auf dem Höhepunkt des Karussels mit Castorf und Co. befreundet sein- da zeigt man sich gerne, aber jetzt, nein, lieber den Mund halten.

Deswegen freue ich mich über den obigen Brief, von wem er auch sein mag. Es mag Ihnen wie Äpfel und Birnen vorkommen, aber da hängt schon das Eine oder Andere zusammen.

Wenn schon die Kunst in die Volksbühne "eingreift", dann ist es doch schön, dass umgekehrt auch ein trotziger Funke zurückspringt. Vielleicht muss man den Protest noch ein wenig üben, und vielleicht muss man sich erst finden bevor man mit seinem Namen unterschreibt.
Brief pro Dercon: an den Argumenten messen
Lieber Stefan B.,

uns hat es auch interssiert, wer für diesen Brief verantwortlich ist bzw. wer ihn mitträgt. Da wir vorerst keine Antworten bekommen haben, haben wir von einer Meldung abgesehen: Denn einen solchen Brief kann erst einmal jede*r verfassen und dann die Position der Künstler*innen für sich reklamieren. Als anonyme Äußerung ist er deshalb von uns in die Kommentarspalte eingespeist worden, wobei der Nickname "machmichweltberühmt" aus der Mailadresse stammt, von der uns der Brief erreichte.

Was Grammatik und Orthographie angeht, geht der Redakteursreflex natürlich sofort dahin, korrigierend einzugreifen. Wir haben es aber in diesem Fall nicht getan, da der Brief ja - so wie er ist - dokumentiert werden soll. Und man kann ihn in jedem Fall an seinen Argumenten messen.
Brief pro Dercon: Link zu e-flux
Unabhängig davon: bei Interesse ist hier ein nicht allzu langer thread- einer der wenigen- aus der internationalen Plattform eflux nach der Veröffentlichung der Briefe

http://conversations.e-flux.com/t/volksbuhne-staff-on-chris-dercon-we-fear-job-cuts-and-liquidation/3911
Brief pro Dercon: Bitte üben
Man sollte nicht nur Korrektur lesen, sondern auch korrigieren bzw. korrigieren lassen. Das ist man auch dann in öffentlichen Belangen Lesern schuldig, wenn diese "nur" in sozialen Netzwerken veröffentlichtes Material lesen. Das würde auch das Niveau von über soziale Netzwerke verbreiteten Nachrichten und Kommentaren verbessern. Es ist ein Unterschied, ob man so einen Brief an einen oder zwei Freunde schickt, um vorab deren Meinung zu der geplanten Meinungsäußerung einzuholen, oder an z.B. die Herrschaften, die in der Anrede aufgeführt sind. - Alles in allem zeigt der Semi-Brief, dass es wohl aktuell eine große Unsicherheit gibt im Schreiben von Briefen. Eine Unsicherheit in den Anreden, im Adressieren, im abschließenden Formulieren usw. Auch die vielen Versuche, über diverse Medien zunehmend "Öffentliche Briefe" zu plazieren, sprechen für eine solche Unsicherheit in der direkt plazierten schriftlichen Kommunikation. - Da hilft nur, erst einmal generell für die Offenheit zu danken eventuell nachzufragen und um Korrekturen zu bitten einerseits und andererseits: ÜBEN.
Brief pro Dercon: Bitte üben II
Lieber Herr Behrens, das ist das Problem bei diesen Dingen: man kann nur dann ein öffentliches Schreiben an seinen Argumenten messen, wenn denn auch Orthographie und Grammatik stimmen. Das sind nicht einfach Zutaten der Sprache, sondern ihre regelrechte Anwendung, oder - besonders im Falle der Grammatik - sehr bewusst eingesetzte Anwendung ersetzen das Gespräch. Das bei diesem Inhalt und seiner politischen Brisanz doch ein kultiviertes, auf der Ebene weit gestreuter Leserkreise geführtes sein sollte. Wenn in dem Fall Orthographie und Grammatik nicht stimmen, wie Sie es vollkommen korrekt dokumentieren, zeigt das eben auch eine noch unvollkommen vorhandene geistige Durchdringung der Probleme. Es zeigt auch, dass es soziale Defizite gibt bei den Schreibern! Dass unter ihren Unterstützern offenbar niemand ist, der auf die Defizite freundschaftlich verweist und Korrekturen zu veranlassen in der Lage ist. Vor allem nicht in der Lage ist, dies SCHNELL in aller Freundschaft zu tun. - Mit Grüßen d.o.
Brief pro Dercon: anonym ohne Wert
@56: Dieser öffentliche Brief eines Künstlers an die Verfasser des Pro-Dercon-Briefes wäre ja diskussionswürdig. Aber nicht anonym verfasst. Anonym hat dieser Brief keinen Wert und initiert auch nichts, ausser weiteres Geschwätz
Brief pro Dercon: Video
Es wird immer grotesker: Dercon spielt den Kobold im Museumsfernsehen! Was klingt wie eine Realsatire, die sich ein sehr guter Dercon-Darsteller ausgedacht hat, ist die traurige Realität: http://museumsfernsehen.de/chris-dercon-der-kobold-und-die-deutsche-geschichte-nach-1945/

"Die Blume der Hausfrau…", a very, very beautiful film. Direktvertrieb? Ist das also das Volksbühnenkonzept? Und ist Herr Dercon der Kobold, "introducing a new area"? Der Herr scheint ein übergroßes Sendungsbewußtsein zu haben. Dagegen sind die Volksbühnen-Narzissten alle schüchtern, verschämt und bedacht. Und: die Musealisierung ist schon jetzt im vollen Gange! Museumsfernsehen eben!
Brief pro Dercon: Flugblatt
#63: Das ist ebenso korrekt wie nicht: Er (der "öffentliche Brief") tut keine direkte Wirkung, weil er dem Addressaten, der namentlich angesprochen ist, unhöflich nicht auf gleicher Ebene begegnet - Person(en) gegenüber Person(en).
Eine indirekte Wirkung tut er schon. Durch das Geschwätz, das er, wie Sie richtig erkannt haben m.E., initiiert. Und durch auch die Geste der Öffentlichmachung. Warum sollte er auch nicht? Schließlich haben die Dercon-Unterstützer auch nicht an Dercon geschrieben: 'lieber Freund, überlege einmal, ob das eine gute Kommunikationsstrategie ist, die Du da im Moment in Berlin mit dieser VB fährst - wir wollen uns nicht einmischen, aber vielleicht bist Du als unser Freund und Kollege froh, unsere Meinung dazu zu hören'. Und sie haben auch nicht direkt an die Mitarbeiter der VB geschriebn: 'He, Leute, bleibt cool, wir kennen den schon so lange. In unserer Branche, die er gern theatral erweitert, war der wirklich immer fair und ideenreich, er meldet sich bestimmt zur richtigen Zeit bei Euch! Wir verstehen zwar auch im Moment nicht, warum er das nicht so richtig bisher mit Euch gemacht hat, aber wir sind überzeugt davon, dass er das zur genau richtigen Zeit machen wird.' - Nö - die haben einfach an den Vorgesetzten geschrieben, der über die Mitarbeiter der VB Weisungsbefugnis hat. Deshalb haben die - klüger wie sie eigentlich sein müssten, wenn Dercon wirklich das leuchtende Beispiel aus ihren Reihen ist, als das er gehandelt wird, auch absolut verdient, genauso unhöflich behandelt zu werden!! Anonym. Mit einem "Brief", der eigentlich gar kein Brief ist. Sondern eher ein Flugblatt... Ein Flugblatt als Antwort auf eine Anscheisser- wenn nicht sogar Hetz-Schrift hinein in einen Machtapparat, die von bekannten gegen vollkommen unbekannte Leute gerichtet war. Und Sanktionen gegen sie gefordert hat von einem frei gewählten Politiker. So sieht das aus. Möge dieses Geschwätz sich also auswalzen bis nach Bilbao von mir aus!
Brief pro Dercon: Übrigens ...
Herr Dercon hat ein Detail unterschlagen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Penisverletzungen_bei_Masturbation_mit_Staubsaugern
Brief pro Dercon: Risiko
Niemand bezweifelt, dass Dercon gute Arbeit leisten kann und niemand, dass Kunst und Interdisziplinäres auch wichtig sind. Aber einige anscheinend, dass das gleiche für Theater gilt und insbesondere für so eine wichtige und einmalige "Institution Ost", die gleichzeitig für sehr viele, auch für mich, auch eine Institution "wichtigstes Theater im deutschsprachigen Raum" ist. Man darf sicher der (auch meiner) Ansicht sein, dass es auch dort für einen grundlegenden Wechsel Zeit wäre - anders heißt ja weder dass es vorher, noch nachher schlechter sein muss - aber das widerspricht sich nicht damit, diese beiden Institutionen zu erhalten, Dercons erklärte (!) Ziele schon.

Dass in diesem offenen Gegenbrief nur in der Kunst Tätige unterschrieben haben und Menschen, die selbst erfreulicherweise dem Bereich der Internationalisierung und/oder Interdisziplinarität zuzuordnen sind, aber zu Unrecht reflexhaft Feindlichkeit wittern sowie von Dercon bereits Eingeplante und nicht seit langem in Berlin lebende (also mit einem Gefühl dafür) Theaterschaffende, spricht für sich.

Dass man vorverurteilt trifft auch nicht zu, im Gegenteil, man hat sehr lange gewartet und dabei riskiert evtl. schon zu lange zu warten, bis Dercon (viel zu spät!) selbst mit den Menschen in der Volksbühne spricht, um von ihm persönlich zu erfahren, was er dort vor hat. Und nur darauf beruft sich der offene Brief der Mitarbeiter/-innen der Volksbühne. Dafür bedarf es kein detailliertes Programmheft, wie Renner und der Gegenbrief behaupten. Wenn das mal steht, ist es bereits zu spät.

Dies ist ein Theater, vielleicht das wichtigste!
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