Blog - Was ist eigentlich der Herr Dercon für einer?
Anything goes
von Wolfgang Behrens
Berlin, 15. Juli 2016. Alle haben Angst vor Chris Dercon. Ob Claus Peymann, Ulrich Khuon, Jürgen Flimm, Carl Hegemann … – für sie alle steht fest: Wenn Dercon the Destroyer dereinst die Berliner Volksbühne verlassen wird, dann wird auch die Theaterkunst und mit ihr die Kulturnation in Trümmern liegen. Das Infamste daran ist, dass sich dieser Feind aller Kultur so enorm gut tarnt: Wer ahnt schon, dass Dercons Freundlichkeit in Wirklichkeit das Lächeln des Jokers ist?
Doch kennt man ihn eigentlich, den Herrn Dercon? In welchen Zusammenhängen sind ihm die Theaterleute begegnet? Pressekonferenz, Ensembleversammlung, okay, okay, aber vielleicht kann man ihn sich ja auch einmal in seiner natürlichen Umgebung anschauen – in seiner bisherigen, versteht sich –, also unter den Museumsleuten. Heute bot sich die Gelegenheit dazu, denn Chris Dercon hielt bei der hoch-höher-höchstkarätig besetzten Konferenz "Communicating the Museum", die die Kulturagentur Agenda im Deutschen Historischen Museum veranstaltet, eine Keynote. Die Theaterleute hat das allerdings nicht interessiert, denn Interdisziplinarität ist wohl nicht so ihre Sache.
Teint und Medienkompetenz: Eins plus
Nun also: Was ist der Herr Dercon für einer? Erst einmal (so etwas darf man ja heutzutage gar nicht mehr sagen) sieht er rasend gut aus in seinem anthrazitfarbenen Jeanssakko mit Stehkragen, dazu braungebrannt, als hätte er die letzten sechs Monate auf einem Kreuzfahrtschiff verbracht. Das ist schon einmal der erste Punkt, den man Dercon übelnehmen kann, denn ein deutscher Theaterintendant sollte eher blass und übernächtigt, im Optimalfall auch ein klein wenig teigig aussehen, da sind wir uns doch sicher alle einig.
Dann spricht Dercon. Er redet völlig frei, und er zieht alle Register. Er beherrscht die Mittel des guten Rhetors spielend: Er moduliert seine Sprechgeschwindigkeit, er unterstreicht einzelne Worte mit eindringlicher, manchmal fast beschwörender Gestik, dann streut er wieder eine ironische Bemerkung oder einen wohlkalkulierten Running Gag ein. Und – man glaubt es kaum! – er ist sogar medienkompetent: Seine Bildschirmpräsentation durchblättert er virtuos, auch hier mit souverän gehandhabten Tempobeschleunigungen, die der sattsam bekannten einschläfernden Powerpoint-Wirkung zuvorkommen. Wer sich noch die auf Dercon folgende Keynote angehört hat, wird all das zu schätzen wissen – da wurde nämlich eine eher gleichförmig dozierende Dame aus Montréal auch noch Opfer einer sich verselbständigenden Bildschirmpräsentation.
"Otherness" gehört ins Museum
Okay. Dercon sieht gut aus, und er redet auch gut. Aber sagt er auch etwas? Er spricht über das "Museum of exchange", und er will in seiner Keynote nicht zuletzt der Tatsache Rechnung tragen, dass das Museum keine Festung mehr sei, sondern ein "sozialer Kondensator". In Zeiten, in denen die Ideen frei zirkulieren könnten, müssten sich die Sammlungen und Museen über ihren Begriff von Eigentum neu verständigen: Mit dem einfachen besitzanzeigenden Satz "Das ist mein Kunstwerk!" sei es vorbei. Die Museen müssten vielmehr lernen zu kommunizieren, dass in ihnen alles gehe. "Anything goes", so sagt es Dercon tatsächlich. Zum Beispiel Tanz oder Theater. Und soziale Teilhabe, die über einen "Freundeskreis" hinausgehe (Dercon sagt das Wort auf Deutsch und erklärt, dass es ihm Pickel verursache).
"Strangeness" und "otherness" müssten ihren Platz im Museum trotzdem behalten, hört man und nickt es innerlich ab. Bis plötzlich der Satz fällt: "Protest is part of our brand." Hoppla! Was Dercon hier meint, ist, dass er die Tate Modern auch als Raum für Protestbewegungen geöffnet hat. Das ist schön. Aber "part of our brand"? Hier zuckt das deutsche Theatervölkchen vielleicht zu Recht zusammen. Ein Hauptschrecken der freien Marktwirtschaft ist ja nicht zuletzt der, dass jede Gegen- oder Protestbewegung einfach nach ihrem Marktwert taxiert und im Handumdrehen selbst in den marktwirtschaftlichen Kreislauf eingespeist wird. Genauso freilich hört es sich an, wenn Dercon lächelnd ausruft: "Protest is part of our brand." Wunderbar, da gibt es Protest, den erheben wir doch gleich zu unserer Marke!
Es ist vermutlich gar nicht so gemeint, was der freundliche Herr Dercon da sagt. Er will doch nur unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts das Beste für und aus Kunst und Kultur herausholen. Trotzdem kann man plötzlich ein wenig von der Angst verstehen, die alle haben. Es ist nicht Chris Dercon, der einem Angst macht. Es ist das Vokabular. Ein Vokabular, dessen "brand" neoliberal ist. Und gegen diese Art von "brand" hat eine Marke wie die Volksbühne jahrzehntelang gekämpft.
Mehr zum Berliner Theaterstreit:
-Volksbühnen-Mitarbeiter*innen schreiben Offenen Brief gegen Dercon – Meldung vom 20. Juni 2016
-Chronik des Berliner Theaterstreits
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Magere Informationspolitik, durch Dercon, sein Team, den Kulturstaatssekretär, auch durch diejenigen, die sich berufen fühlten Dercons Expertise in einem offenen Brief zu preisen.
Schade!
"Ab dem Wintersemester 2015/16 wechselt das Seminar „Wir sind unsere Modelle“ die Forschungsperspektive. Im Fokus stehen nicht mehr einzelne Akteure, sondern eine ganze Institution: Die Volksbühne Berlin. Im Frühjahr wurde der belgische Museumsleiter Chris Dercon an die Spitze des traditionsreichen Theaters berufen. Ab 2017 werden er und seine Programmdirektorin Marietta Piekenbrock die Bühne in ein internationales Raumlabor für das Theater des 21. Jahrhunderts verwandeln. „Kollaboration als Modell“ heißt ihre Arbeitshypothese. Sie verstehen sich als Moderatoren eines Prozesses, der für zeitgenössische Produktions- und Kunstformen nach neuen, institutionellen Antworten sucht. Mit der Berufung und Bekanntgabe ihrer Pläne stürzte das deutsche Theatersystem aus seinem Gleichgewicht. Wird man es in Zukunft nur noch mit Projekthäusern und temporären Zuständen zu tun haben?"
WIEDERHOLUNG:
- "die Bühne in ein internationales Raumlabor (...) VER-wandeln" - "zeitgenössische Kunst- und Produktionsformen" -
QUELLE:
http://wirsindunseremodelle.de/
P.S. (DIE ALTBEKANNTE FRAGE):
Welche Rolle wird in diesem Kontext dem Sprechtheater (Sprache: Deutsch) zugedacht?
Das Konzept des Projektes „volksbühne berlin: kollaboration als modell „wird von dem Motto eingeleitet
„Es ist wichtig, neue Modelle der Kunst- und Kulturproduktion zu entwickeln.
Wir müssen wieder festlegen, was der ‚öffentlicher Raum‘ heute bedeutet.
In diesen Fragen geht mir das Theater nicht aus dem Kopf.“
Chris Dercon
Herrgott, bitte, lass es nicht das Theater sein! Dagegen gibt’s bestimmt auch was von Ratiopharm. Und, wenn es denn ein Motto geben muss, wer zitiert sich denn selbst?
Warum versteht es der so eloquente, polyglotte Dercon nicht, die zu überzeugen, mit denen er dann arbeiten muss? Weil er keine Idee davon hat, was er da machen will. Und weil er auf ernsthafte Fragen flapsig ausweicht. Weil er nicht in Theater spricht, sondern in (Kultur)-Marketing und Pseudophilosophie. Dercon unterschätzt, dass er es bei den Volksbühnen-Leuten mit Spezialisten für Sprache und Körpersprache zu tun hat. Da spielt es weniger die Rolle, dass da einer über 1,80 groß und uneingeschränkt tageslichttauglich ist.
Ich war erstaunt, in der Welt vom 16. 6. 2016 folgendes über die Post-Dercon-Entwicklungen in London zu lesen: „ …Gerade hier hatte man erwartet, die Antwort auf wichtige Fragen zu bekommen: Wie sehen die Museen der Zukunft aus? Welche Anforderungen müssen sie erfüllen? Wenige Tage vor der Eröffnung dieses Mammuts hatte man nicht damit gerechnet, Floskeln zu hören zu bekommen wie, dass die "digitale Welt das eigentliche Museumsabenteuer der Zukunft bieten" werde.
Je länger man Frances Morris zuhört, umso deutlicher wird, dass auch die Tate Modern mit ihren mehr als 500 Mitarbeitern um ihre Rolle bangt in einer Welt, in der es zunehmend wieder um existenzielle Fragen geht. Dann nämlich, wenn sie über ihren Vorgänger Chris Dercon spricht.
Er sei immer unterwegs gewesen, ‚meeting and greeting and talking‘ – ein großer Netzwerker. ‚Aber die Zeit, die jetzt auf uns wartet, braucht etwas anderes‘, sagt Morris. ‚Ich werde eine Stay-home-Direktorin sein, wir müssen hier in London, in unserer Stadt, dringend einiges auf den Weg bringen, die Menschen um uns herum erreichen.‘
Auch das kommt einem bekannt vor. Marion Ackermann, die neue Direktorin der Kunstsammlungen in Dresden, sagte vor wenigen Wochen in einem Gespräch, wie entscheidend Arbeit vor Ort in diesen politisch so wackeligen Zeiten sei. Internationale Vernetzung sei im Vergleich nachrangig.“
Aha! Da stellt man jetzt also die Weichen anders. Weg von den Superlativen, hin zum Konkreten (Unverwechselbaren?).
Wie gelingt es Müller und Renner, diese Zweifler nicht ernst zu nehmen, Leute, die sich durchaus höflich ausdrücken wie Ulrich Khuon vom Deutschen Theater, der sagt, er würde den Hamburger Bahnhof nicht übernehmen, wenn er ihm angeboten würde, da er keine Erfahrungen in dem Metier habe. Auch Klaus Siebenhaar, auch kein Polterer wie Claus Peymann, gab der Deutschen Welle zu Protokoll: „Der Berliner Senat opfere ‚ohne Not eine Institution, wie sie kein zweites Mal auf der Welt existiert - zugunsten eines bestimmt attraktiven Konzepts, das man überall auf der Welt machen kann‘, fasst Klaus Siebenhaar die Kritik zusammen.
Wie schaffen sie es also, sich gegen Zweifel zu immunisieren? Da ist zum einen die Behauptung, die jetzt eingeleiteten Veränderungen seien alternativlos, die Personalie Dercon sei alternativlos. Und zum anderen die Manipulation, alles als alt und überholt zu apostrophieren, das Neue dagegen als das Erfolgreiche, Strahlende. Sie ignorieren, dass die Strahlkraft eines Theaters aus seiner Substanz erwächst.
Ich für meinen Teil habe manchmal auch Visionen, ich trinke dann starken grünen Tee und ich sehe nach den Abgeordnetenhauswahlen im Herbst endlich wieder einen richtigen Kultursenator und einen richtigen Kulturstaatssekretär. Dann hat es ein Ende mit der Kulturverwaltung als Erbhof.
http://www.deutschlandradiokultur.de/streit-um-leitung-der-berliner-volksbuehne-protest-is-a.2156.de.html?dram:article_id=360225
Auch ich bedaure, dass Castorf und Co. sich nun einen anderen Platz suchen müssen, aber den werden sie finden und wir werden neue, vielleicht viel bessere Produktionen sehen von ihm und Pollesch und Fritsch.
Aber, dass sich die Kritik so sehr an Dercon reibt, dass Kritiker so unterschwellig aggressives Vokabular nutzen ist ärgerlich.
Eine Brand, eine Marke, war ja nun die Volksbühne zuallererst. Sie hat doch das Stadttheater als Marke gefasst und wieder erfunden - sonst wäre es vielleicht längst gestorben.
Was mir an Ihrem Beitrag gut gefällt, Herr Behrens, Chapeau, einen Theaterleiter aufs Korn zu nehmen. Machen Sie das bitte auch mit den anderen Theaterdirektoren (es sind ja fast nur Männer) - über die Hälfte von ihnen reist im besten Anzug und gebräunt zur Jahrestagung des Bühnenvereins, als handelte es sich um eine Versammlung von Sonnen-Studio-Direktoren. Alles Sonnenkönige, natürlich.
Setzen Sie sich mit der Macht der Intendanten auseinander. und mit der beängstigend prekären Situation der Schauspieler, Sänger, Tänzer, Assistenten, das würde ich mir wünschen. Mehr dazu. Und andauernd. Bis es endlich kracht im morschen Gebälk der Theaterhierarchien, bis endlich die nötigen Reformen kommen.
Und bitteschön, was genau heisst die abgedroschene Vokabel vom Neoliberalismus denn nun hier genau? Die meisten in den Diskussionen verwechseln das mit Imperialismus, rechtem Staatskapitalismus, Radikaler Marktwirtschaft. Da gibt es Unterschiede, wenn auch gelegentlich sehr feine. Immerhin ist die soziale Marktwirtschaft ursprünglich neoliberal, also zwischen sozialistischen und frei marktwirtschaftlichen Kriterien angeordnet. Das dürfte hier sicher nicht gemeint sein. Die Vokabel neoliberal wird leider falsch verwendet.
Dercon ist kein Feind. Feinde sind all die, die den Theatern die Geldhähne zudrehen. Kommunalpolitiker, die nicht verstehen, was sie tun. Und denen geholfen werden muss, mit ständiger Kritik ihrer Kulturpolitik. Und das können nur die Medien.
Merci, vielmals.
Teigig ! Ha ! Teigig ist super ! Das trifft es ziemlich genau . Das deutsche Theater negiert das Äußere. Das Äußere ist flach , platt , blöd . Aber leider ist es das , was man von unten sieht . Intellekt
ist toll , aber wenn man scheisse aussieht , hat man trotzdem keine Chance .
ich empfehle ihnen dringend zu einer Redaktion eines Lifestyle Blattes zu wechseln. Dort interessiert man sich ganz sicher für das neuste Jackett und den Teint designierter Intendanten, und dort wäre ihr Artikel gut aufgehoben. Hier aber wirkt er deplatziert.
Ich bitte sie, sie reden über einen Menschen, den man seit Monaten mit Anschuldigungen überzieht, ohne wirkliche Beweise. Jemanden, der ihnen seit langer Zeit verdächtig gemacht wurde, und man spürt ihrem Artikel nur allzu sehr an, wie sie auf einen Moment lauern, in dem sich ihre Vermutungen bestätigen. Sie führen uns von Anfang an einen Tartuffe vor und warten nur darauf, dass er den einen Satz sagt, der ihn endgültig entlarvt.
Nur ist es so: Wenn eine Bühne den Begriff „Protest“ für seine Marke bis zur Unkenntlichkeit destilliert hat, dann es ist die Volksbühne des Herrn Castorf. Dort wurde der politische Widerstand von all seinen Zielen abgeschnitten und zu einem allgemeinen Fluidum der Permanenz verdünnt, ohne auch noch den Hauch seiner Ursache in sich selber zu erkennen. Soviel Protest, ohne erkennbaren Grund, war nie. Selten taumelte die Rebellion so in Unschärferelation über die Bühne, wie dort in den letzten Jahren. Gegen alles, ist gleichviel mit „alle gegen nichts“.
Von der Rebellion blieb nur die Pose, von der Haltung nur die Hülle, und in dieses trojanische Pferd hatten längst andere Denkungen sich eingeschlichen, die nur ein Ziel hatten, Hauptsache Protest, wofür egal, aber wogegen klar, gegen alles, was nicht Volksbühne war und ist. Was aber die Volksbühne mehr ist, als eine Marke, die den Protest als Abstraktum lebt, kann auch die Volksbühne kaum noch sagen, denn Protest ist ihre Marke, und der allein, ist schon lange kein Inhalt mehr, zumindest nicht am Rosa Luxemburg Platz.
Sie beanspruchen für sich eine eigene Meinung, dann lassen Sie auch die Meinung von Herrn Behrens stehen.
Das wäre die erste Form von Kommunikation und Öffnung, die Sie sich ja wünschen.
Also erst vor der eigenen Tür kehren, bevor man andere vereinnahmt.
In diesem Sinne auf einen offenen Diskurs!!!!
ich berwerte den blog beitrag von herrn behrens nicht, weder die kommentare von den ewiggestrigen, die immer noch nicht verstanden haben, es kommt keine neue alte zeit, da hat die zeit ein schnäppchen den dauerblinden geschlagen.
obwohl:
@ 13
lieber herr baucks,
ich möchte mich hier äußert erfreulich anschließen.
die warten immer auf den richtigen moment.
hellsichtiger kann man es gar nicht,
wie von ihnen so häufig, so wortgewandt und beeindruckend klug beschrieben erklären:
eure zeit ist zum glück um !!!
es ist zum teil nur noch peinlich, wie über dercon hergezogen wird.
"von einem bürgermeister, der von theater nichts versteht,
bekommt die volksbühne,
aufgrund einer "tollen" idee
seines staatssekretärs für kulturelle angelegenheiten,
der allerdings auch keine ahnung von theater hat,
einen intendanten für ein theater,
der wiederrum keine ahnung von theater hat "
es ist zum kopfschütteln, wie die zukunft mit füssen getreten wird.
Gut, behandeln wir es also als eine Meinung, dass Herr Dercon zu fein gekleidet ist, einen zu guten Teint hat, sehr gut zu sprechen vermag und über einen brillanten Vortrag verfügt, mit dem er allerdings „nichts“ sagt.
Und doch hat dieses „Nichtssagende“ offensichtlich soviel inhaltliche Sprengkraft, dass es die Gemüter erhitzt. Denn, tatsächlich, der eine Satz aus dem Zusammenhang gerissen, er lässt sich kaum widerlegen. „Der Protest ist Teil der Marke.“ Wie wahr. Durch nichts kann man eine Marke besser kreieren, als durch eine ihr zugeordnete Protesthaltung. Erst der Protest definiert eine Marke und verleiht ihr einen Charakter. Oder anders gesagt, was immer auch am Rosa Luxemburg Platz angefasst wurde, sofort wurde der Stoff enteignet, und am Ende kam immer nur „Volksbühne“ bei heraus.
Dercon sagt mit dem einem Satz, es gibt keinen Protest, der sich der Teilhabe an dem, was er kritisiert, entheben kann. Die Volksbühne ist das beste Beispiel für diese Arbeitsthese. Mit seinem Protest ist Castorf in Bayreuth angekommen, und nun für immer tief verankert in der Teilhabe an dem, was er meint zu bekämpfen, und dem er schlussendlich nur zuarbeitet.
Schön und angenehm aber wäre, wenn ein Journalist einen solchen Satz in seinem Kontext belässt und darstellen kann, in welcher Kausalität er geäußert wurde. So, auf der Lauer, bleibt dem Jäger nur der finale Schuss auf sein Opfer. Und selbst der kann Dercon nicht „erlegen“. Denn über den Schuss hinaus, bleibt der Satz inhaltlich kraftvoll stehen. Für die einen eine Drohung, für die anderen eine Arbeitsthese.
Ich habe nicht vor als Schäfer ins Brandenburgische zu ziehen, um dort einzig und allein von meinen Tieren und dem was sie produzieren zu leben. Und selbst dann müsste ich wahrscheinlich immer noch Produkte in den Markt einbringen, und wäre sofort wieder in Teilhabe mit jenem, dem ich mich als Schäfer entziehen wollte.
Es geht um eine Produktion von guter Kunst. Und die vermag sich immer über ihr Label, ihre Marke zu erheben, sonst ist sie keine. Das ich dabei auch Teil dessen bin, an dem ich mich widerständig abarbeite, kann mich nicht mehr Schrecken, noch mir Angst einflößen.
Aber nehmen wir einmal den schlimmsten Fall an, Dercon sei tatsächlich der „neoliberalste Unmensch“ auf Gottes weiter Welt. Ja und?! Können Neoliberale keine Kunst produzieren oder managen?! Selbstverständlich können sie das. Gerade bei Castorf haben wir gelernt, dass die Grenzgänger am rechten Rand große Kunst hervorbringen können. Man könnte eine ganze Liste von Namen hier anführen, mit denen der Hausherr protestierend auf der Rechten Flanke kokettierte.
So what?! Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig.
Kunst ist keine Domäne der Linken.