Antwort an die Schnellvernichter

von Uwe Eric Laufenberg

16. August 2016. Es ist ein großes Glück, dass wir in einer Demokratie leben, in der die Worte frei sind, man also so gut wie alles denken und sagen kann. Auch schnell und unbedacht. Und es ist ein Glück, dass die Kunst frei ist und sich nicht, nach welchem Wort auch immer, richten muss und ihre Unabhängigkeit behaupten kann. In Zeiten, in denen in benachbarten Demokratien dieses Recht auf Freiheit in Wort und Kunst zurückgedrängt wird, ist es wichtig, diese Grundvoraussetzung unseres Tuns zu betonen.

Nur leider wird diese Freiheit in der Kunstkritik oft nur einseitig genutzt, denn leider haben sich große Teile des etablierten Feuilletons in ein geschlossenes System begeben, das die unvoreingenommene Betrachtung eines Theater- oder Opernabends nicht mehr zulässt. Es wird nicht das Gezeigte an sich wahrgenommen, weitergedacht und kritisiert, sondern es wird nur überprüft, ob das Gesehene ebenfalls ein geschlossenes System anzubieten hat. Wenn das in Frage steht, wird mit Panik und übelsten Beleidigungen draufgehauen, wobei diese Beleidigungen geradezu grotesk ausfallen. Stadttheater gilt da als Beschimpfung, als Etikett des Billigen und Gewöhnlichen, Staatstheater würde wohl als Ort des Reaktionären gehandelt, das Festival bekommt das, was es verdient (meint dann wohl: Untergang), und Welttheater muss ausgeschlossen werden, weil das ja jedes geschlossene System ausschließen würde.

Wo "Fidelio" nicht spielen darf

Wir Macher können uns über eine sehr genau beschreibende Besprechung in der New York Times oder im Londoner Telegraph freuen. Viele deutsche Feuilletonisten natürlich nicht. Werden sie von den internationalen Kollegen eh nur belächelt, weil sie so sorgsam das einhegen, was man außerhalb Deutschlands als "German trash" bezeichnet. Das Mantra dieses Systems lautet: "Fidelio kann überall spielen, nur nicht im Gefängnis." Es fordert die Überschreibung, die, wenn möglich, vollständige Übermalung des eigentlichen Gegenstandes, ein meist nur intellektuell zu entwickelndes oder aber ästhetisch fest zu zurrendes Konzept. Das eigentliche Stück darf nur Anlass sein, nicht eigentlich vorkommen. Diese Forderung der Herangehensweise ist natürlich selbst ein Gefängnis. Mein größtes Bedürfnis ist, daraus auszubrechen.Parsifal 560 EnricoNawrath Bayreuther Festspiele uDie Feuilletons waren nicht gnädig: Szenenfoto aus dem ersten Aufzug von
Uwe Eric Laufenbergs "Parsifal"-Inszenierung © Enrico Nawrath / Bayreuther Festspiele

Im deutschen Kulturleben – wie natürlich auch auf der Bühne der Bayreuther Festspiele – gab es 1945 nach der Totalzerstörung des Landes und großer Teile der europäischen Kultur durch die nationalsozialistische Diktatur den größtmöglichen Bruch. Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, war laut Adorno barbarisch, von Stockhausen bis Zimmermann wurde an der radikalen Moderne gearbeitet, die alliierten Besatzungsmächte achteten aus gutem Grund genau darauf, dass sich nichts völkisch Vereinfachendes wieder in Kunst und Kultur schlich, nichts Wahres konnte im Falschen sein.

Die totale Entrümpelung?

Wieland Wagner hat dafür 1951 in Bayreuth die sprechende Ästhetik gefunden: nach dem verlorenen Totalen Krieg die totale Entrümpelung. Nichts wurde mehr stehengelassen, alles musste weg, ein Neuanfang mit Licht und einfachster Form, eine Art altgriechisches Oratorium. Nur war in diesem Wahren natürlich auch ein Falsches. Denn es waren ja noch die Menschen und Köpfe, die den Untergang, den Holocaust und die totale Zerstörung herbeigeführt hatten, die dort agierten und im Publikum saßen. Wieland Wagner war selbst ein Mittäter, geradezu ein Ziehsohn Hitlers. Aber das wurde nicht verarbeitet (starb er deswegen so früh, bereits 1966?) oder zu ergründen versucht, sondern entrümpelt, verdrängt. Daneben wucherte das nationalsozialistische Denken lustig weiter, Winifred Wagner empfing im Siegfried-Wagner-Haus und begrüßte zum Beispiel den Bass Karl Ridderbusch. Man unterhielt sich in einschlägigen Codes (USA stehend für: "Unser Seliger Adolf"), und Ridderbusch protzte damit, sein Auto ohne Behelligung durch die fränkische Landschaft mit lauten Hiltler-Reden und Nazimusik zu fahren.TristanWielandSchwennickeBayreutherFestspieleAlles leergefegt, und die braune Vergangenheit gleich mit: Wieland Wagners
Inszenierung von "Tristan und Isolde" (1952) © Schwennicke, BayreutherFestspiele

1976 ereignete sich dann der unglaubliche Skandal. Ein junger französischer (!) Regisseur, von dem niemand in der Festspielleitung etwas gesehen hatte – selbst der ihn vorschlagende Pierre Boulez hatte nur von seiner Schwester gehört, er sei interessant (bis heute scheint es Usus an den großen Opernhäusern und Festspielen zu sein, dass man von den Regisseuren, die man engagiert, nichts gesehen haben muss) – interpretierte wie ein Parsifal das zentrale Werk Wagners und der Deutschen, den "Ring des Nibelungen", ohne Scheuklappen mit allen theatralen, brutalen und realistischen Versätzen als kapitalistische Untergangsoper, die die Ursachen des nationalen Untergangs mit streifte (Hitler hatte als letzte Oper "Götterdämmerung" gesehen, bevor er 1939 den Weltkrieg lostrat, der 70 Millionen Menschen den Tod brachte und europäische Städte und auch alle deutschen dem Erdboden gleich machte).

Durch Verrisse zum Triumph

Der Sturm der Entrüstung war mindestens so groß wie bei Hochhuths "Stellvertreter", der die Mitschuld der katholischen Kirche am Gemetzel zur Diskussion stellte. Auch gab es 1976 nicht eine Kritik, die Chéreaus Ansatz erkennen oder beschreiben konnte, es hagelte nur Verrisse. Es erforderte einen unglaublichen Mut und bewundernswerte Standfestigkeit der damaligen Macher, dass sie unbeirrt ihre Arbeit fortsetzten, zwar Korrekturen unternahmen, aber am Grundsätzlichen festhielten. Es bedurfte aber einer ausführlichen Nacherzählung der Inszenierung durch das Team selbst und solcher Kritikerpersönlichkeiten wie Joachim Kaiser, dass sich die Wahrnehmung in den nächsten Jahren änderte und die Produktion 1980 zu einem triumphalen Abschluss führte: Die Inszenierung führt heute gar den Ehrentitel "Jahrhundert-Ring".

Seitdem hat sich das kulturelle Klima in Deutschland sehr verändert, die Nazizeit, der Holocaust sind aufgearbeitet und gründlich erforscht (wenn auch bis heute nicht in Bayreuth), die erste Welle Terrorismus, Brandt, Schmidt, Kohl, die Ostpolitik, der Mauerfall, die deutsche Wiedervereinigung, das neue Europa sind Geschichte. Erfolgsgeschichte einer freiheitlichen Grundordnung, die wirtschaftlich prosperiert und eine friedliche Zukunft versprechen konnte. Die Erosionen dringen von den Rändern ein, dem abgehängten Süden, den alleingelassen Staaten in Nahost und Afrika, den neuen Alleinherrschern in Russland, der Türkei und anderen gelenkten Staaten auf dem Weg zu einer neuen Diktatur.

Übermalung zur Unkenntlichkeit

Die Kunst bringt in diesen Zeiten Unglaubliches zustande, als ein Beispiel nur: Ai Weiwei in seinen Kampf gegen die chinesischen Machthaber und seinen daraus entstehenden Werken. Auch Christoph Schlingensief ist in der Nachfolge von Josef Beuys ("Jeder Mensch ist ein Künstler") mit der "Church of Fear" Erstaunliches auf dem Feld der Performance gelungen. Seine "Parsifal"-Aufführung traf allerdings auf große Missverständnisse sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum und wurde ein Jahr früher als geplant abgesetzt, weil man nur noch schwer Karten verkaufen konnte. Dass die Aufführung post mortem heilig gesprochen wurde, ist verständlich. Sie war eine Totalübermalung des Bühnenweihfestspiels, und nur außergewöhnliche Sängerdarsteller wie Evelyn Herlitzius, die die Kundry in den letzten zwei Jahren übernahm, schafften es, überhaupt eine Figur sichtbar zu machen.Parsifal Schlingensief 560 Jochen QuastRegie als eigenständiges Kunstwerk: Christoph Schlingensief übermalt "Parsifal" (2004)
© Jochen Quast, Bayreuther Festspiele

Und somit steht diese Aufführung stellvertretend als Denkmal für Herangehensweisen, welche die Regie nicht mehr als die Einrichtung eines Werkes sehen, um es mit heutigen Darstellern und Akteuren einem heutigen Publikum für ein heutiges Verständnis darzubieten, sondern die Regie als ein eigenständiges Kunstwerk mit einem eigenständigen System fordern, die das Originalstück als völlig neu und möglichst unkenntlich erscheinen lassen. "Fidelio kann überall spielen, nur nicht im Gefängnis." Wer da ausbrechen will, ist oberflächlich, platt und banal.

Das Eigentliche eines Theater- oder Opernabends, nämlich die (singenden) Schauspieler werden denn auch völlig unabhängig vom Ganzen gelobt, getadelt oder auch oft nicht beachtet. Das, was Theater eigentlich ist, ein Momentum von Menschen, die vor Menschen spielen, die mit offenen Augen und Ohren, Herzen und Verstand zuschauen, wird von nicht wenigen Kritikern nur noch mit Blick aufs Regiesystem wahrgenommen, sie sitzen ordnend und leider nicht mehr schauend vor einer Theateraufführung. Das Schlimmstmögliche, was ihnen dabei passieren könnte, wären eigene Emotionen oder gar Kontrollverlust. Heute würden sie Chéreaus "Ring", Hand aufs Herz, als altmodisch und gestrig abtun, obwohl Chéreaus Aufführung doch nur Kenntlichmachung war.

Der Untergang des Theaters?

Da muss jetzt Stefan Herheim ran, mit seinen historischen Puppenspiel-Taschentricks, das lässt viel Eigentliches offen, ist aber ein schön geschlossenes System. Nur keine Wirklichkeiten, das wäre peinlich. Castorfs System ist zwar durch Jahrzehnte lange Anwendung hinlänglich bekannt und langweilt inzwischen, aber wenn er nach 25 Jahren nach seinem 65. Geburtstag die Leitung des Vorreitertheatermodensystemhauses Volksbühne Berlin abgeben soll, wird der Untergang des deutschen Theaters herbeigeschrieben, und der neue Intendant Chris Dercon, der wirklich neugierig machen könnte auf Neues, wird als Verräter und "neoliberaler" Nicht-Künstler denunziert.

Und der arme Hans Neuenfels, der so einen wunderbaren, leichten und witzigen, wahren und bestürzenden Ratten-"Lohengrin" auf die Bayreuther Bretter zauberte, der zwar auch für viele martialische, politische Implikationen des Werkes keine Antwort wusste, aber das Werk jederzeit erkennbar ließ, wütet und lallt am Telefon mit dem Deutschlandradio Unverständliches über den Untergang der Kunst und der Theaterkunst schlechthin und besonders in Bayreuth.

Korrekturen am Meinungskanon

Wenn man es eben nicht mehr sehen will und kann, dass alte Meisterwerke zu uns sprechen, wenn man nicht mehr akzeptieren will, dass gute Darsteller und Sänger, die sich spielerisch im heutigen Verständnis bewegen, der Mittelpunkt eines Theaterabends sein können, dass Regie ein Versuch sein könnte, die Brücke zwischen einem alten Werk und dem Heute gangbar zu machen, statt sie endgültig einzureißen, dann muss man wohl sehr laut verurteilen, abkanzeln und verachten.

Aber im Zeitalter des Internets wird man diese Stimmen nicht mehr so laut machen können, dass es im allgemeinen Meinungskanon nicht doch zu lebendigen demokratischen Korrekturen kommt und somit die einzelnen Stimmen der Siegelbewahrer des geschlossenen Kunst- und Machtsystems schwächer und irgendwann unbedeutend werden. Auch ob ein Kunstwerk oder eine Aufführung einen Wert hat, wird die Zeit entscheiden.

 

ue laufenberg 210 c lenaobst 0204© Lena ObstUwe Eric Laufenberg  geboren 1960, war zunächst als Schauspieler und Regisseur am Schauspiel Frankfurt, am Schauspiel Köln und am Schauspielhaus Zürich tätig, ehe er 1996 als Oberspielleiter ans Maxim-Gorki-Theater nach Berlin wechselte. Von 2004 bis 2009 war er Intendant des Hans Otto Theaters Potsdam, anschließend bis 2012 Intendant der Oper Köln. Seit Beginn der Spielzeit 2014/15 ist er Intendant des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden. 2016 inszenierte er bei den Bayreuther Festspielen Richard Wagners "Parsifal" und erntete mit dieser Arbeit bei den deutschsprachigen Kritikern überwiegend Verrisse.

 

Hier geht's zur Nachtkritik von Uwe Eric Laufenbergs "Parsifal" sowie zur Kritikenrundschau.

Es ist nicht das erste Mal, dass Laufenberg Kritik am Feuilleton übt. Anlässlich der Besprechungen seiner Inszenierung von "Otello" am Hesssichen Staatstheater Wiesbaden, schrieb Laufenberg seinen Kritikern im September 2015 einen offenen Brief.

 

Presseschau

Laufenbergs Text provozierte harrschen Widerspruch von Kritikern. So attestiert Detlef Brandenburg von der Deutschen Bühne (16.8.2016) Laufenberg "ein gestörtes Verhältnis zur Freiheit der Kritik". "Schon seine Formulierung, dass die Kritiker ihre Freiheit 'einseitig' benutzten, ist ja verräterisch." Wer anderen Vorschriften über Nutzung ihrer Freiheit mache, schränke diese ein. "Es gibt den schönen Satz, dass Freiheit sich vor allem als Freiheit der anders Denkenden bewährt." Die Freiheit der übereinstimmenden Meinung dagegen sei 'wohlfeil'. "Kunst ist geradezu konstitutiv definiert dadurch, dass ihre Wahrnehmung immer schon ('a priori', wie das in der Erkenntnistheorie heißt, denn es geht gar nicht anders) subjektiv gefärbt ist – so dass ich mich als Zuschauer rechtens der Illusion hingeben darf, dass ein Kunstwerk mich ganz persönlich anspricht und betrifft." Wenn nun ein Künstler wie Laufenberg vor diesem Hintergrund ausgerechnet vom Kunstkritiker erwarte, dass er ein "Gezeigtes an sich" wahrnimmt und ausschließlich dieses "weiterdenkt und kritisiert", unterstelle er der Kunst eine Wahrheit an sich, die offenbar nur der Schöpfer, Laufenberg selbst, kennt. "Dieses Kunstverständnis ist antiquiert."

"Hat Laufenberg das Eigentliche nicht kapiert, dass es bei Bayreuther Premierenrezensionen schon längst nicht mehr nur um das Gesehene geht? Das ist bei einer Produktion pro Jahr für nicht wenige doch nur der Vorwand, um der nach den obligatorischen Proben-'Skandalen' auf dem Grünen Hügel aufgeheizt sensationslüsternen Öffentlichkeit die Leitung und die Institution als Ganzes vorzuführen", schreibt Manuel Brug in seinem Die Welt-Oper-Blog (16.8.2016). Der Regisseur fungiere da nicht selten nur als "Crashtest-Dummy". "Das hätte er meinetwegen kritisieren können. Aber doch nicht, dass er als Verantwortlicher für eine unfertige, nicht wirklich ausgegorene Inszenierung wohlmöglich ein wenig zu hart rangenommen wurde."

Für Florian Zinnecker vom Nordbayrischen Kurier (17.8.2016) zeugt Laufenbers Text davon, "dass der Regisseur seine eigenen Ideen für nicht stark genug hält, für sich selbst zu sprechen, wenn er es für nötig erachtet, ihnen jetzt zu Hilfe zu eilen". Seine Verteidigungsrede sei ein Gegenangriff. "Einer, der nach allen Seiten losgeht. Und leider vor allem: nach hinten." Souveräner werde Laufenbergs Haltung auch nicht durch die Kritik an seinen Vorgängern Schlingensief, Castorf oder Herheim.

Volker Milch vom Wiesbadener Kurier (20.8.2016) vermutet: "Hinter Laufenbergs Texten steht die schiere Fassungslosigkeit darüber, dass Rezensenten seine wahren Qualitäten partout nicht erkennen wollen." Solchermaßen abgewertete Arbeit versuche der Regisseur aufzuwerten, indem er sie als Gegenstand einer großen Grundsatzdiskussion anbiete. Für deren Gewicht sei sie im Fall seines 'Parsifal' aber "nicht tragfähig genug".

mehr debatten

Kommentare  
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Gletscher
Wow. Da hat mal jemand das Bullshitbingo sorgsam umschifft und trotzdem lauern überall die Begriffe "Regietheater", "Theaterzertrümmerer" und "Werktreue" hässlich ihre Zähne Gletscher zwischen den Zeilen. Chapeau!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Aussage?
Was ist denn nun die Aussage dieses Artikels? Das wurde mir trotz 1,5 fachem Lesens nicht ganz klar. Mir erscheint es eher als ein gewaltiges Dramatugen-Bla-Bla, das die eigene intellektuelle Hoheit wieder herstellen soll, nachdem einige Kritiker seine Inszenierung recht unfair zerissen haben. Ich fande sie übrigens garnicht schlecht, habe schon schon größeren Mist gesehen, aber auch deutlich besseres.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: systemangeschlossen
Nicht, wer da ausbrechen will, ist platt und banal, sondern jemand, der denkt, er kann da mit einer selbstverfassten öffentlichen Polemik als Antwort auf Kritikerschelte zu e i g e n e r Arbeit ausbrechen. Es ist, mit Verlaub, verehrter Uwe-Eric Laufenberg, auch eine freiwillige Teilhabe an einem scheinbar geschlossenen System, wenn man so eine Arbeit in einem Betrieb übernimmt, in dem es nach eigener Ansicht normal geworden ist, Arbeiten der engagierten Regiesseure nicht vorher andernorts anzuschauen. Wenn man das weiß, dass das "normal" geworden ist, verhält man sich dann vor allem wie ein Profiteur des Systems und nicht wie jemand, der aus ihm ausbrechen will. Ich bin überzeugt davon, dass auch für die anspruchsvollsten, systemangeschlossensten Kritiker, die sich erdreisten, Ihre Inszenierung zu kritisieren, ein Fidelio im Gefängnis spielen dürfte, wenn das, was heute Gefängnis ist, richtig erfühlt/erkannt und überzeugend gezielt, d.i. erfühlbar/erkennbar gezeigt würde. Versuchen Sie es doch einfach weiter. Alles Gute dafür - und:
Ich entbiete Ihnen meinen Gruß. :) - D. Rust
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Schweigerisierung
Au weia... jetzt schlägt die Til-Schweigerisierung auch im Theater zu und beleidigte Regisseure verteidigen im Nachhinein (vor allem gegen die böse Presse), was sich eigentlich alles aus ihrer Arbeit auf der Bühne von selbst erklären sollte...

Hoffentlich bläst das jetzt nicht die nächste Sommerloch-Debatte auf, denn der Fall liegt viel einfacher. In einem Radio-Podcast hatte ich zuvor Herrn Laufenberg über Wagner, "Parsifal" und seine Inszenierungsideen sehr elopquent reden hören, was mich wirklich neugierig gemacht hat. Die tatsächliche Aufführung dann, empfand ich - wie in vielen negativen und eben nicht (nur) polemisierenden Rezensionen sehr treffend beschrieben - u.a. von einer handwerklichen und ästhetischen Stümperhaftigkeit geprägt, wie auch der (scheinbare) Realismus, der hier der regieliche Hauptzugriff war, auf einer Opernbühne eben nun mal genau das Gegenteil seines ursprünglichen Zwecks bewirkt. Keinen der schönen Gedanken des Podcast-Interviews fand ich auf diese Weise einleuchend umgesetzt.

Böse Presse, die es zweifellos gibt, also hin und her: Theater und Oper löst sich am Abend der Aufführung ein - nicht in Vorgesprächen, bösen Kritiken oder beleidigten Verteidigungen danach.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: dazu nicht dagegen
Würde man, Herr Lauffenberg, den Schlingensiefschen Parsifal, tatsächlich und sogar unvoreingenommen gesehen haben, würde man - trotzdem, und auch gerade weil es dort auf den ersten Blick nach viel "German trash" aussah - dringend einräumen müssen, dass gerade dort ein Meisterwerk zu "uns" sprach, und dass dort nichts geschah, was nicht daraus entstand, dass ein wirklich autonomer Künstler das Werk zu sich hat sprechen lassen, und daran Teilhabe ermöglichte. Und dem dann natürlich eine Menge DAZU einfiel, nicht DAGEGEN.
Und wo ich als Komponist auf meiner Bayreuther Wolke namens Wahnfried 2.0 endlich mal wieder das Gefühl hatte, dass dieser Parsifal eben doch nicht mehrere Viertelstunden zu lang ist, wie ich inzwischen selbst schon oft dachte. Eigentlich fast immer, seit der Uraufführung natürlich, als ich noch selbst dafür sorgen konnte, dass das Ding etwa eine Stunde kürzer war als heutzutage. Ohne Striche wohlgemerkt, wo kämen wir denn da hin?
Laufenbergs Kritik an der Kritik: alles so alt
"Das eigentliche Stück darf nur Anlass sein, nicht eigentlich vorkommen." Aber das ist doch das alte Problem, seit es Theater gibt. Wenn Herr Laufenberg "das eigentliche Stück" sehn will, dann muss er die Stücke, die er inszeniert, selbst schreiben. Wir haben z.B. gerade "Das Rheingold" erarbeitet und dabei nach hermeneutischer Methode unter Hinzuziehung von Stück und Selbstäußerungen Wagners dazu festgestellt, dass Wagner mit den Riesen und Zwergen "eigentlich" gar nicht Riesen und Zwerge "meinte", sondern Arbeiter und Unternehmer. Was ist nun des "eigentliche Stück"? Die Metapher oder ihr Sinn?
Aber das ist alles so alt. Auch die erwartbare Erwiderung, dass man das ja gar nicht so "eigentlich" gemeint habe, sondern bloß mit "vernünftigem Augenmaß" gegen allgemein verspürte Exzesse anrede. Aber dann soll man daraus bitte keine Regel machen.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Selbstkritik
So viel böse Presse kann es gar nicht geben, dass eine eigentlich gute Inszenierung gnadenlos durchfällt. Gerade wenn man, wie in Bayreuth, die maximale Aufmerksamkeit auf sich vereint, ist in der Vielzahl der Besprechungen gewiss ein Stück Wahrheit zu finden. Gefährlich wird es in der Tat, wenn es nur eine Besprechung gibt, zum Beispiel von einer lokalen Zeitung, aber von zuwenig Meinungsvielfalt kann in Bayreuth nun wirklich nicht die Rede sein. Da hilft nur eins: Selbstkritik und beim nächsten Mal neu denken!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: das stimmt
Ich möchte mal einen Punkt in Laufenbergs Text stark machen: Er sagt, dass die Kritiker geschlossene Systeme lieben, und das stimmt einfach mal. Arbeiten wie die von Susanne Kennedy oder Ersan Mondtag werden von den Kritikern gefeiert, weil oder obwohl man nach fünf Minuten verstanden hat, wie es weitergehen wird. Die Konzepte sind so offensichtlich, dass es daraus kein Ausbrechen geben kann. Die Kritiker sagen dann: radikal und Zumutung.

Dagegen gibt es sowas wie eine Weigerung vieler Kritiker den Reichtum einer "konventionellen" Inszenierung zu beschreiben. Nehmen wir ruhig mal Laufenbergs 'Parzifal'. Kaum ein Kritiker überlegt, warum Schwan und Flüchtlingskind im selben Moment sterben, kaum einer überlegt, warum da in der Kuppel der Kirche ein gefesselter Mann sitzt. Das sind Bilder, die nicht in das Konzept, das man aufgefunden zu haben glaubt, passen. Die Störung wird ausgeblendet um umso saftiger verreißen zu können. Ich glaube jetzt auch nicht dass wir mit Laufenberg den Jahrhundert-Parzifal gesehen haben, aber ein Teil seines Befundes ist richtig, sogar wichtig.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: anders gesehen
In der Kuppel der Kirche ein gefesselter Mann? Das hab ich gar nicht gesehen, dass der gefesselt war. Ich dachte, es sei eine Schaufensterpuppe, die Christian Thielemann symbolisiert.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: sinnfällig
#8: Weil Kritiker nicht überlegen können? Oder Vorgang bzw. gefesselt Sitzender nicht sinn-fällig geworden sind? Ob passend oder nichtpassend in ein erkanntes oder vermutetes Konzept wird doch erst befunden, wenn etwas von der Bühne her für igrendeinen der SINNE auffällig geworden ist. Sonst rauscht das eben durch und bildet sich durch Nicht-Beachtung ab auch in professioneller Kritik. Vielleicht?
Nun kann man nicht behaupten, dass ein in einer Kirchenkuppel gefesselt sitzender Mann nicht ins Auge, also den Sehsinn beanspruchend, fiele. In einer echten Kirchenkuppel fiel der sofort auf und man wäre tage- bis lebenslang mit diesem Tatsachen-Rätsel beschäftigt, wenn man sich sicher sein könnte, dass in der Kirche Kirche und nicht gerade eben Kunst stattgefunden hätte... Nun kann man das heute, wie es aussieht, nicht mehr sein. Jeder, wirklich jedes Kind, weiß heute, dass Kunst überall vorkommen kann. Man kann heute Gefängniszellen für einen Urlaub buchen und Kirchen für eine Performance und jeder hat das schon erlebt, gleich, wohin er gereist ist. Deshalb muss man wahrscheinlich sehr vorsichtig sein damit, im Theater ausgerechnet eine Kirche realisieren zu wollen, wenn man religionskritisch und gleichzeitig religionsanhänglich sein will... Das ist eine wirklich extrem schwere Aufgabe. An der man besonders leicht scheitern kann.
Das Schwanen-Problem ist ein wieder anderes. Jeder Interpret von Wagner muss echt mit dem Schwan gegen zumindest Tschaikowski kämpfen: Sobald der Schwan eine Rolle spielt, ist in jedem, wirklich jedem Kopf, sofort der Sterbende Schwan aus dem Schwanensee präsent und zerrt an Wagner und dessen religös-mystifizierender Metaphorik herum... Und da hat jeder Wsagner-Regisseur noch Glück, dass das Publikum heute nicht mehr so gebildet ist wie einst! - wäre es dies, müsste jeder Wagner-Schwan nämlich nicht mit Tschaikowski, sondern mit Zeus kämpfen, sie wissen schon, diese Geschichte mit der Leda - deshalb ist man eventuell nicht gut beraten, wenn man 2016 im Sommertheater von Bayreuth mit dem Schwan gleichzeitig ein Flüchtlingskind sterben lässt und sollte froher Dinge sein, wenn da kein Kritiker auf die Idee kommt, einmal genauer darüber nachzudenken. Genauer noch als laienhaft ich, meine ich...
Dazu kömmt(:)):
Es ist eine Art von Radikalität und Zumutung für Publikum, wenn es Inszenierungen beiwohnen sollkanndarf, bei denen die Konzepte von beinahe Beginn an feststehen und ebenso feststeht, dass der Ausbruch aus ihnen nicht zum Konzept gehört. Es steht trotzdem zu vermuten, dass Kennedy und Mondtag nicht generell wegen der Radikalität ihrer Konzepte oder der Zumutung, dass trotz ihrer schnellen Offenbarung, diese ohne Ausbruch einem Publikum gezeigt werden, gefeiert werden. Was man auch dahingestellt sein lassen kann... Sondern vielmehr für andere ästhetische Konsequenzen, die sich aus ihren Konzepten (ihrer letzten Arbeiten) ergeben haben. Für ihre Räume, für ihre dramaturgisch bestimmte wesentlich stumme Szenerie, für das Finden von sinnfälligen Bildern für das Marionettenhafte am Menschen UND am Schauspiel. Z.B.
Das kann man selbst gut oder schlecht finden, aber man kann eher nicht behaupten, sie würden von der Kritik lediglich für ihre Konzepte gefeiert, die sie einem Publikum zumuten...
Laufenbergs Kritik an der Kritik: unverzeihlich
Es ist so, als schreie jemand hinaus, die bösen Kritiker sollen nun endlich das Geniale an der eigenen Mittelmäßigkeit erkennen und beschreiben. Dabei war vom ersten Moment an, als Laufenberg Meeses Regie übernahm klar, dass dies böses Blut geben würde. Nun, wo man die Rechnung für seine Untat erhält, beginnt man zu greinen. Fast ist man geneigt zu sagen : Heul doch! Wäre da nicht der innovative Moment, dass ein Regisseur endlich mal seine Arbeit offen auf nachtkritik verteidigt. Das er dabei das selbe Geschäft betreibt wie viele Kritiker, nämlich für die Dominanz eines Stiles zu streiten, möge man ihm verzeihen. Es ist eben ein zu langer Weg für ihn hin zu einem Pluralismus der Stile. Das er das Mediokre gegen die Avantgarde durchsetzen möchte, bleibt jedoch unverzeihlich. Es lebe Jonathan Meese.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Unsinn
Auch einmal polemisch: Herr Laufenberg soll sich Wagner zuwenden, wenn er 'dass' und 'das' richtig anwenden kann. Und auch die anderen Fehler in seinem Text findet.

Aber im Ernst: Ich finde schon die Grundannahme falsch, sie zeugt von großer Unkenntnis. Fidelio darf überall spielen, nur nicht im Gefängnis? Also das böse Überschreiben, das einzig und allein vom Feuilleton geliebt wird? Das ist doch Unsinn. Gerade in letzter Zeit wurde etwa Barrie Kosky für seinen Onegin in Berlin euphorisch gefeiert, der das Stück ganz behutsam, aus den SängerInnen, den Figuren heraus erzählt hat. Und da gibt es viele andere Beispiele, wie eine neue Art des Erzählens nicht nur bei Publikum, sondern auch im Feuilleton Zuspruch findet. Natürlich kann Fidelio im Gefängnis spielen - Chereaus gefeiertes 'Totenhaus' spielte auch im Gulag, weil er hier erwähnt wurde, und wurde ebenso gefeiert, sogar vom bösen Feuilleton - Man muss es nur können!

Ich werden den Verdacht nicht los, dass hier jemand eine schlechte Inszenierung abgeliefert hat und das nicht akzeptieren kann, also ein 'Motto' dahinter entdecken will, das aber hinten und vorne nicht aufgeht...zum Fremdschämen!

(Lieber Jürgen Bauer, Fehler wie ein fälschlich stehengebliebenes "das" statt "dass" - mittlerweile korrigiert - lasten Sie bitte der Redaktion und nicht dem Autor an. Dazu ist eine Redaktion ja da, dass (!) sie solche Flüchtigkeitsfehler korrigiert. Es grüßt wb für die Red.)
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Respekt
Gratulation, verehrter Herr Laufenberg zu Ihren mutigen Auslassungen!

Sie reihen sich damit ein in eine große Anzahl anderer Künstler.
Seien Sie dessen gewiss, dass auch die meisten Opernbesucher Ihrer Meinung sind. Die Aktualisierung eines Werkes im Sinne des Aufzeigens der Relevanz des Stückes wird jeder, der bereit ist, sich mit dem Kunstwerk über das Maß des Kulinarischen hinuas auseinanderzusetzen, gerne auf der Bühne sehen. Dabei muss es sich aber um die erkenntbare Darstellung zumindest des Kerns des Stückes handeln, statt um eigenmächtige und selbstgefällige werkfremde Selbstinszenierungen von Regisseuren, denen sich leider wohl immer auch noch viele deutsche Opernkritiker verpflichtet fühlen, gibt ihnen das doch den Nimbus des Intellektuellen, der freilich oft nur ein Schein bleibt, hinter dem häufig genug in Wahrheit Pseudointellektualität steht. Ermutigend ist, dass es mit Ihnen und anderen Regisseuren immer mehr deutlich vernehmbare Stimmen aus dem Regiefach zu hören gibt, die hoffen lassen, dass in absehbarer Zeit (und diese Zeit hat schon begonnen) der Respekt vor dem Werk und den Zuhörern und -schauern, wieder wachsen wird.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Nötig?
Dass ein künstler bzw. Regisseur sich durch negative Kritik nicht auf den Schlips getreten betrachtet ist ein Ding der unmöglichkeit. Aber muss man denn deshalb sofort gegen neuenfels gelungenen lohengrin und sein unglückliches telefoninterview anstänkern ?
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Oh Gott ...
Oh Gott, was für eine entsetzliche Backlash Debatte .
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Pseudo?
#13: Interessanter Begriff: "Pseudointellektualität". Ist es nicht eine ziemlich intellektuelle Leistung, Intellektualität nur vorzutäuschen? An welcher Stelle konkret unterscheiden sich Intellektualität und Pseudointellektualiät? Und wieviel Intellektualität gehörte dazu, beispielsweise geistige Minderbemittelung vorzuspielen? - Das ist nun nicht neu, schon Shakespeare spielte mit diesen Fragen durch sein gesamtes Werk durch und die Fragestellung nach der Potenz des Geistes reicht noch viel weiter zurück. Nur bemerke ich, dass sie auch heute offenbar aktuell ist - danke, dass Sie daran erinnern.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: katholisch
Lieber Herr Laufenberg, wer so schreibt wie sie, der muss sich wohl in jenem Zustand befinden, der in der Katholischen Kirche mit dem Stand der Gnade umschrieben wird.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Gefühlsgehalt
Ja, es stimmt schon, das Bayreuther Publikum hat sich bei der Parsifal - Premiere dieser äußerst mediokren Inszenierung nur deshalb mit Buhrufen zurück gehalten, weil es hier von allzu heftigen Auswüchsen des Regietheaters à la Baumgarten oder Castorff verschont blieb. Immerhin war das schon irgendwie der Parsifal von R.W.. Das Problem des Regietheaters beim Musikdrama ist, bei allem inhaltlichen Interpretationsspielraum - gerade beim Parsifal! -, dass man nur sehr schwer gegen die Wirkungsmacht der Musik und ihren Gefühlsgehalt aninszenieren kann.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: kritikförmig
@10 mapanne

Es ist ja ganz schön, dass Sie Konzepttheater à la Kennedy oder Mondtag verteidigen, und es mag auch was dran sein daran, dass "das Marionettenhafte am Menschen UND am Schauspiel" in solchen Inszenierungen sinnfällig wird, obwohl mir das als Pointe recht schmal ist.

Ich bleibe aber dabei dass Laufenberg einen Punkt trifft. Es gibt Aufführungen, die sind gewissermaßen kritikförmig, das heisst sie sind in ihrer Konzeptlastigkeit leicht zu entschlüsseln und durch ihre Konsequenz gewissermaßen radikal. Aber sie sind eben auch arm in dem Sinne dass sie schnell durchschaut sind. Solche Arbeiten lassen sich aber leicht loben. Gleichzeitig befriedigen sie vor allem Insider, die sich auf der Höhe einer ästhetischen Debatte wähnen.

Theater ist aber nicht zuletzt eine Veranstaltung für ein breites Publikum - es ist tatsächlich durch seine Veranstaltungsform eine zutiefst bürgerliche Angelegenheit. Vom breiten Publikum entfernen sich diese Insider-Aufführungen - während die Kritik sie, mit druchaus berechtigten Argumenten, lobt.

Ich glaube auch dass heutigen Kritikern, auch gerade den Nachtkritikern, gar kein Vokabular zur Verfügung stehen würde, eine Aufführung wie zb Zadeks Kirschgarten zu loben. Man würde da heute nur Konvention sehen wollen.

Genau hier hat Laufenbergs Text für mich seine Berechtigung: in einer Bevorzugung "kritikförmiger" Aufführungen durch die Kritik. Dagegen darf man ruhig einmal angehen!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: kulturelle Geschmacksmafia
Ein Regisseur wehrt sich, und das zurecht.
Der kritisierte Parsifal ist ein Regiewerk, dass eben nicht wie so oft gesehen das Ergebnis grüblerischer Selbstfindungsprozesse wie bei vielen anderen Regisseuren darstellt, sondern das Werk vor allem plausibel und heutig zeigt. Allein die Darstellung des Gralsrituals, bei der man im Publikum eine Nadel hätte fallen hören können, die Idee, Amfortas im 2. Akt mit auf die Bühne zu holen, um noch mal zu verdeutlichen, worin die Problematik der Verführbarkeit im Konflikt zu einer von außen verordneten Moral besteht (erleben wir gerade nicht Tendenzen der Rückentwicklung der Gesellschaft in schlimmste Vergangenheiten und das Zusammentreffen von Menschen komplett anderer Sozialisierung und Moralvorstellung - von Islamwahn bis AFD), oder allein die oskarverdächtige Darstellung der Kundry im 3. Akt, das alles zeigt doch, dass gutes Handwerk in der Regie nicht mehr gefragt zu sein scheint, und das vor allem an der humorfreien deutschen Kritik, die scheinbar Bestandteil einer kulturellen Geschmacksmafia ist und mit ihren Einschätzungen deutlich mitbestimmen möchten, wer nun in der obersten Theater-Liga spielen darf und wer nicht.
Aber Sänger zu so hohen schauspielerischen Leistungen zu bringen, bedarf eines
Handwerks! Und dies hat Laufenberg bewiesen. Mit seiner Personenführung und mit seiner Interpretation. Und das man da über Geschmackliches diskutieren kann und soll, wie vielleicht über die Bauchtanzromantik zeigenden Kostüme im 2. Akt, versteht sich ja von selbst.
Aber das grundsätzliche Problem liegt doch viel tiefer. Wenn wir uns in der Kultur nicht langsam um die Menschen kümmern, sondern die Macher größtenteils nur um sich selbst kreisen, wird die Kultur und das Theater eines Tages für überflüssig erklärt werden. Das Theater verpaßt den Anschluß an die Gesellschaft. Und da nutzt leider auch kein theaterpädagogisches Händchenhalten mit betroffenen Randgruppen unserer Gesellschaft, das gehört, so menschlich das auch sein mag, in die Schublade des Helfersyndroms, bei dem die Macher sich scheinbar am wohlsten fühlen, dabei aber oft viele Bedürfnisse der Betroffenen übersehen (wir erleben gerade dazu eine heftige Diskussion in Wiesbaden).
Wir leben in einer Zeit, wo das Theater endlich seiner gesellschaftsrelevanten Aufgabe gerecht werden müsste. Die Zeiten der Selbstfindungsprozesse der 60er Jahre, das Grübeln am Sinn des eigenen Seins, war sicher nach den Erfahrungen des Dritten Reichs
eine sehr wichtige. Aber diese Zeiten sind doch nun eigentlich vorbei. Wir stehen doch vor komplett anderen Herausforderungen. Wir haben in unserer Gesellschaft mit viel Blut und Schmerzen Werte erreicht, die es doch nun zu vermitteln und zu verteidigen gilt. Allem voran die Freiheit der Kunst und die Gedankenfreiheit des Individuums.
Die Welt und vor allem die deutsche Gesellschaft steht in der Gefahr, wieder in einen rechten Muff abzurutschen. Da muss es doch die vornehmliche Aufgabe der Kultur sein,
den Menschen Argumente an die Hand zu geben, weiterhin eine offene Gesellschaft zu gestalten und zu leben, so dass wir ohne Vorurteile Menschen mit offenen Armen empfangen und ihnen nach Flucht und Krieg wieder eine Chance geben, weiterhin Toleranz gegenüber Randgruppen zeigen und vor allem auch unsere Gesellschaft noch offener machen. Die Menschen sehnen sich nach Antworten und argumentatorischen Hilfestellungen. Wenn wir alle in der Gesellschaft, und insbesondere in der Kultur weiterhin nur die Arbeiten adeln, die beim Publikum aufsteigende Fragezeichen produzieren und nur einem kleinen Club Intellektueller zugänglich machen (samt den erwähnten Kritikern) wenn wir weiter spätpubertären Selbstfindungsprozessen zuschauen, dann reitet die Kultur Hand in Hand mit der Gesellschaft immer tiefer in eine Krise, die kaum noch zu bewältigen sein dürfte.
Und dazu gehört auch, dass man Stücke ehrlich kritisiert und nicht die Menschen dahinter wertet und denunziert.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: wenig souverän
#19 - Ich habe nicht das Konzepttheater der genannten verteidigt. Da haben wir uns missverstanden. ich schau da nicht einmal, weil mir das schon von der ankündigung her als Konzept ersichtlich und viel zu wenig ist. Ich habe verteidigt, dass es a) auch dieses geben und gefallen darf. Und dass es b) auch eine Krtik geben darf, der eben dieses gefällt, wenn auch aus sehr eigenen und doch gewiss unterschiedlichen Gründen. Z.B. weil sie nicht genug alltäglichen Platz hat, sich über breiter angelegte Pointen prägnant zu äußern.
Ansonsten gebe ich Ihnen vollkommen recht in allen Punkten. Als vernunftbegabtes Tier. Aber als weniger vernunftbegabtes Tier ist mir der Laufenberg-Text überaus unangenehm. Ich glaube, es hat seinen - wirklich guten - Sinn, wenn man als Künstler auf öffentliche Angriffe zur eigenen Arbeit nicht im gleichen Medium öffentlich reagiert. Ganz unabhängig davon, ob das nun eine gute oder weniger gute oder ein berechtigter oder eher nicht berechtigter Angriff durch Kritikerstimmen war... Wenn Laufenberg diesen Punkt nicht durch seine inszenatorische Arbeit und nur durch sie getroffen hat, hat er eben noch nicht fertig. Es geht jetzt nur mehr um seine medial moderierten Ansichten zu den Ansichten seiner Arbeit, das ist doch künstlerisch eigentlich eine Bankrotterklärung, oder?
Irgendwer hat von dem Podcast vorab gesprochen - ich fand das vorher Gesagte auch wirklich gut. Aber eigentlich ist das sehr schlecht, das so etwas gemacht wird. So entsteht ja der vorprogrammierte, professionalisierte Zuschauer, zu dem ein Kunstwerk gar nicht mehr vordringen kann in seiner Ursprünglichkeit. Und dann ist daran auch einer mit schuld, der das vorab medial bedient. Solche zeitnahen Nachbereitungen durch Macher finde ich auch nicht gut außerhalb des Macher-Kreises. Wenn einer nach Jahren zu einer zurückliegenden eigenen Arbeit was schreibt, finde ich das beinahe immer wertvoll. Zeitnah nicht. Da finde ich das ärgerlich und sogar wenig souverän.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Widerspruch
Lieber Herr Bettinger,

wie kommen sie nur auf die Idee, dass ihr bürgerlicher Blick, die Inhalte der Kunst bestimmen könnte? Das geschieht genauso wenig, wie ihre männliche Sichtweise, die Kleiderordnung der Frauen dominieren wird.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Ofen aus
Was eine müde Polemik. Eigentlich ist da der Ofen schon nach dem zweiten Absatz aus: wenn man als Künstler ausgerechnet Zuflucht sucht beim intellektuell eher schwachbrüstigen Feuilleton der New York Times und, noch schlimmer, beim erzreaktionären Daily Telegraph, dessen Theaterkritiker dafür berüchtigt sind, nur allerkonventionellste Kost loben zu können, sagt das doch mehr oder weniger alles.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Selbstvergleiche
@20 Werter Herr Bettinger,

Sie übersehen, dass sogar und gerade nach den Ihrigen Beschreibungen der hier fraglichen Inszenierung selbige eben auch nur jene Art von das Original verdeckende Regiekonzeptübermalung darstellt, die hier anderweitig angeprangert wird. (Und zwar zum großen Teil zu Unrecht, bei Schlingensief war Original unangetastet präsent, wenn man es nur sehen wollte). Herr Lauterbach rühmt sich also, wenn man zwei und zwei zusammenzählt, und seine Selbstvergleiche mit den erwähnten Kollegen mal so stehen lässt, lediglich seiner Halbherzigkeit, von der er sich anscheinend Leichtverdaulichkeit erhofft. Gegen letztere wäre ja per se nichts einzuwenden, doch wozu spiele/sehe ich dann Parsifal überhaupt?
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Heutig
und überhaupt, ein derart epochal zeitenlos, besser zeitenübergreifend angelegtes Werk wie Parsifal, wozu um Himmels willen soll so etwas "heutig" oder "modern" oder was weiß ich aufgeführt werden? Weil das Stück vor 130 Jahren ach so "heutig" oder "modern" gewesen wäre? Wohl kaum! Weil man den heutigen Zuschauer für zu blöd hält, sich in einer Theateraufführung wiederzufinden, wenn das Kolorit nicht 100% seinem Alltag entspricht? Hoffentlich nicht!
Dann spielen wir doch bitte La Traviata in der Bahnhofsapotheke und Kinovorführungen von Ben Hur werden verboten, solange das nicht auf Skateboards nachgedreht wird.
Alternative gerne auf Segways.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Weg damit!
Kann man nicht diesen todlangweiligen Bla-Strang hier mit Endknoten versehen und in die Schublade zu den auf Urenkel hoffenden, sinnlos gehorteten Freundschaftsarmbändern legen??? - Danke für die Denk-Berücksichtigung.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Hure
Danke für die Verlinkung, werte Redaktion - ich wäre nie auf die Idee gekommen auf die Seite zu gehen und hätte so die Offene Antwort von 2015 Laufenberg vs. Kritiker nicht gefunden. An der finde ich besonders interessant, dass der Verfasser sich zugute hält, Verdi dergestalt umentschieden zu haben, dass er die von Verdi gestrichene und in die narrative Ebene der gesungenen Figuren zurückgestellte Hure auf die Bühne in die Rolle zerrt, weil er offenbar unbedingt eine anwesende Hure braucht, die einem rechtschaffenen, benachteiligten Mann inlove verfallen ist wie blöde. Vermutlich gehts nicht anders, wenn man einen durchschnittlich rechtschaffenen Mann, rechtschaffener machen will, als er eigentlich ist. Und dessen Chef zumindest beruflich weniger rechtschaffen und kompetent, als der eigentlich ist. Und eine als Hure verschrieene Frau heiliger machen will als sie ist. Und eine als Heilige angebetete Frau zur Märtyrein, wenigstens!... Nun ging es schon Verdi möglicherweise um einen anderen Sturm als dem Shakespeare in seinem Othello, weshalb er gewiss die kompositorischen Mühen auf sich nahm. Und das eben ist für sämtliche Krtiker ziemlich interessant, darüber nachzudenken, weshalb und wie genau der Verdi-Sturm ein anderer als der Shakespeare-Sturm gewesen ist. Und da erwarten die halt einen Sturm, der sich entfesselt zwischen diesen beiden Geistern. Wenigstens. Und da stört die vielleicht ein laues Lüftchen, dass sich sogleich für einen Sturm hält, obwohl es nur mal an der Gardine gezurrt hat, um den Faltenwurf für das hessische Ordentlichkeitsempfinden und den zuständigen Erzbischof richtig zu sortieren. Der Geister-Sturm interessiert diese Kritiker allgemein vermutlich eher, als dass sie dem lauen Lüftchen breit öffentlich bestätigen, dass es ja eigentlich stürmischer als ein Sturm sei! (nein, dis is nur zu Eurer Freude - liebe Redaktion, wir wollen dem Herrn Laufenberg bitte keinen Nervenzusammenbruch bescheren, das wäre gemeiner Vorsatz unter Theatermenschen-Kollegen)
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Zitat
Ich mach euch keine Freude meer
und kein Vergnügen, was immer ich auch toe
kann nimmer euch genügen. - Faust!!!!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Mafia
Ich bin froh, dass Laufenberg das Problem unserer meinungsfaschistischen Feuilleton-Mafia mit ihren vorgefertigten Schablonen beim Namen nennt: Gute Regie im Bereich von Oper und Sprechtheater wird deutschlandweit verrissen oder ignoriert, - wie es peinlicher nicht mehr geht. Allein was am Parsifal-Premierenabend an unqualifizierten Kritikerkommentaren über den Äther ging (Bayern 4 und Deutschlandradio "Fazit"), war bezeichnend genug. Denn natürlich war in der Neuinszenierung das Original noch erkennbar, - und natürlich war sie auch wesentlich besser als so mancher Schwachsinn eines Schlingensief, Guth oder Bieito. Abgesehen vielleicht von Gerhard Stadelmaier gibt es in der heutigen Kulturkritik doch niemand mehr, der die Missstände offen beim Namen nennt und ein Mindestniveau von einer Inszenierung erwartet. Wartet der Regisseur dagegen mit einer eigenen Ästhetik auf, einer völlig vom Werk unabhängigen anderen Geschichte oder dergleichen, - erfolgt sofortiges Lob und Anerkennung als geradezu Pawlowscher Automatismus durch den Meinungsfaschismus unserer Kulturkritik und das angebliche Expertenwesen der großen Medien. -
Es geht nicht darum, ob Laufenbergs Parsifal-Inzenierung nun das Gelbe vom Ei ist, aber sie interpretiert immerhin erkennbar Wagners Original. Für die meinungsfaschistische Kritiker-Mafia ist dieser Stil aber von vornherein zu "altmodisch", "konservativ", "konventionell". - Genauso werden etwa im Sprechtheaterbereich wirklich herausragende Arbeiten von Dieter Dorn und Peter Stein abqualifiziert. Als Zuschauer kann ich nur sagen, dass ich den inzwischen etablierten Trash-Stil (z.B. Calixto Bieito, Christopher Alden, Christiane Pohle, Katharina Wagner, Claus Guth, Susanne Kennedy, Sebastian Baumgarten, Karin Henkel) rundum verabscheue, im Vorhinein meide oder aber konsequent mit Buhrufen im Saal bekämpfe. Laufenberg als Intendant hat gottlob immerhin die Möglichkeit, Pseudo-Regisseure dieses Schlages nicht zu engagieren und somit der Steuergeldverschwendung durch eitle Selbstdarsteller Einhalt zu gebieten.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Nummer kleiner?
@29
Dass man in zwei Absätzen dreimal das Wort Meinungsfaschismus und zweimal Mafia unterbringen kann, ist schon stark. Fehlt nur noch die Forderung nach geistiger Hygiene in der Kritik. Das ist schlimmer als jede Pegida-Demo, was hier im Moment so abgesondert wird. Geht's auch mal ne Nummer kleiner? Übrigens, Stadelmaier ist in Rente. Lasst dem Mann seinen wohlverdienten Ruhestand.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Regiemafia
Bevor sie hier alles und jeden als Mafia diffamieren, fragen Sie sich doch mal, ob hier nicht viel eher eine kunstgewerbliche Regiemafia am Werke ist, die denkt sie könnte Gut und Schlecht als unumstößliche Maßstäbe einfach oktroyieren. Und jetzt jammert sie hilflos vor sich hin, weil nicht nur der Normalzuschauer das nicht sehen will, sondern sogar Kritiker nicht drauf reinfallen. Das ist allerdings auch peinlich!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Würde und Intoleranz
Herr Laufenberg hat anlässlich seiner Wiesbadener "Otello"- Inszenierung, die von der Kritik seiner Meinung nach nicht richtig gewürdigt wurde, in einem "Offenen Brief an meine Kritiker" in der hauseigenen Theaterzeitung diesen umfänglich erklärt, wie sie seine Inszenierung hätten verstehen sollen. Ich fand dieses unkünstlerische Verhalten so unglaublich peinlich, dass ich ihm das geschrieben habe mit dem Hinweis, dass einem Künstler, der mit Kritik nicht umzugehen in der Lage ist, jede künsterische Glaubwürdigkeit und künstlerische Würde fehlt. Er hat mir sogar geantwortet und gesagt, dass er ohne künstlerische Würde sehr wohl leben könne, nicht jedoch mit Intoleranz.
Ich habe in dem Brief an ihn die Hoffnung ausgedrückt, dass er die zu erwartenden Verrisse seiner sommerlichen "Parsifal"-Inszenierung mit etwas mehr Würde hin nehmen solle. Diese Hoffnung hat sich jetzt leider nicht erfüllt, er scheint, was Umgang mit Kritik betrifft, völlig überfordert zu sein. Vielleicht versucht er es mit einem Wechsel in die Politik.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: phantasiert?
#32- Ist das wahr, Herr Gröner? - Das kann ich Ihnen nicht glauben. Wenn einer mit Intoleranz wirklich nicht leben kann, kann der gar nicht wirklich leben, denn Intoleranz ist, realistisch betrachtet doch an der Tagesordnung soweit das weltliche auge reicht... - Logisch haben Sie sich das dann alles nur ausgedacht. Und: bewahre die Poltik vor einem Mann mehr, der schon mit un-öffentlich an ihn gerichteter Kritik nicht umgehen kann - mit öffentlicher kann der das dann ja gar nicht - na und dann: Maulkorbverteilung ohne Ende... Ich hoffe, Sie haben nur phantasiert. Ich hoffe, ich habe nur phantasiert, dass ich den Kommentar gelesen und ihm Aufmerksamkeit sowie theaterbetriebsaffine Zuwendung habe angedeihen lassen - falls nicht, grüße ich Sie vorsichtshalber in echt, und zwar sehr freundlich

(Noch eine Frage an die Redaktion: Weiß bei Ihnen jemand, wer die Schlüsselgewalt für die "Antikorruptionsabtei" hat und wo man die zeitweilige Überlassung dafür beantragt, die Familie ist mein Zeuge: ich wollte schon immer ins Kloster so irgendwie?)

(Antwort der Redaktion: Nein, da können wir Ihnen nicht helfen, aber nur zu: Get thee to a nunnery! All the best, wb für die Red.)
Laufenbergs Kritik an der Kritik: ein Schlusswort von Laufenberg
Anscheinend bin ich mit dem Text zur Debatte "Regietheater und seine Zeitumstände" in vielem verstanden, aber in manchem auch missverstanden worden. Aber sei es drum, die Antworten der Kritikerkollegen in Welt, Deutsche Bühne und Nordbayerischer Kurier haben doch auch Folgendes erhellt:

Regie wird von Teilen der Kritik eh nicht ernst genommen, der Regisseur ist der Dummy, um die Festspiele als Ganzes anzugreifen (Die Welt): In Bayreuth hat das eine 140-jährige Tradition!

Vorurteile und Voreingenommenheit sind das Recht und die Freiheit der Kritik, woran soll man sich sonst halten? (Die deutsche Bühne)

Und Marken zählen, und da geht nur: großer Name (und Meese ist eben ein großer Name mit ausgestrecktem Arm) oder Jungregiegenie, was anderes gehört hier nicht hin (Nordbayerischer Kurier).

Das klärt nicht viel, aber doch einiges.

Wie ich im Eingangsabsatz meines Textes betont habe, sind mir die Freiheit und Unabhängigkeit jeder Meinung wichtig und Grundvoraussetzung unserer Gesellschaft. Die sollten in keiner Weise angegriffen werden, die Angriffe auf die Presse aus der rechtskonservativen Szene waren und sind unerträglich, und ich stehe an der Seite auch der Leute, die mich übel beschimpfen, um sie zu verteidigen.

Nur: Beleidigend im Ton und dümmlich in der Sache reicht eben nicht, obwohl man mit der Haltung ja anscheinend auch amerikanischer Präsident werden könnte. Aber ich appelliere, unsere notwendigen Debatten an der Sache entlang zu führen (im Theater, am Stück entlang, an den Aufführungen entlang), wenn eine Regie schlecht oder medioker ist (medioker ist anscheinend schlimmer als schlecht) bleibt ja gerade bei Stücken wie "Parsifal" das Stück, um darüber Erhellendes zu berichten.

Wenn wir uns nur beschimpfen und als Idioten abtun (was ich definitiv nicht tun möchte), wird das Theater an Bedeutung verlieren.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: schlecht paraphrasiert?
Na ja, die Paraphrase aus meiner Erwiderung im Nordbayerischen Kurier stimmt jetzt aber auch nicht so ganz.

Der ganze Text steht hier

(€) http://www.nordbayerischer-kurier.de/nachrichten/laufenberg-kritik-der-kritiker-antwortet_504320

(Lieber Herr Zinnecker, besteht eventuell die Möglichkeit, in diesem Fall, der eine überregionale Öffentlichkeit interessieren könnte, die Paywall außer Kraft zu setzen? Herzlich Wolfgang Behrens für die Red.)
Laufenbergs Kritik an der Kritik: beschämende Bilanz
Herr Laufenberg,

jetzt schlägt es aber Dreizehn: Das Theater hat doch schon längst an Bedeutung verloren! In welchem Elfenbeinturm leben Sie denn? Schauen Sie sich mal um, wieviel Prozent der Bevölkerung regelmäßig ins Theater geht? Und wie die soziodemographische Verteilung Ihres Publikums aussieht: Alter, Einkommen, Bildungsstand, Migrationshintergund usw. Wen bitte erreichen Sie denn über das (im Sterben begriffene) Bildungsbürgertum hinaus überhaupt regelmäßig? Das ist eine beschämende Bilanz. Das zeigt bei weitem keine Perspektive auf, die in irgendeiner Art und Weise zu Optimismus verleitet. Aber kümmern Sie sich ruhig weiter um Ihr Ego und um die bösen Kritiker, die nicht mehr mit Ihnen spielen wollen. Ich bin fassunglos! More Art, less matter!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Zustimmung
Lieber Uwe Eric Laufenberg, Sie haben vollkommen Recht. Ich habe die Dinge lange nicht so gut formuliert gesehen. Dankeschön.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Theater ist die Zukunft
Lieber Doniel! Das war wohl ihr Schulhofgeschwätz Mitte der 80er. Jetzt leben Sie aber hinterm Mond. Die Theater sind voll. Kunst spielt sich nur noch hier ab, was den Neid der Bildenden Kunst auf sich zieht. Theater ist die Zukunft.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: die Gedanken greifen nicht
Barfuß oder Lackschuh, Herr Laufenberg?! Meese spielt einfach in seiner ganz eigenen Liga und das man ihm dafür Lackschuhe verpasst hat , macht ihn noch nicht zur Marke. Solch Kritik finde ich etwas kleinbürgerlich. Sie spielen eben auch die einen gegen die anderen aus. Das ist ehrenrührig . Das sie die Kritik hinterfragen und ihre Arbeit verteidigen , hat meinen vollen Respekt. Kritik ist ja keine Züchtigung , bei der man Bitteschön still zu halten hat. Aber das "wie"! Das ist der Punkt. Sie stellen das genauso mittelmäßig an, wie sie ihre Arbeiten exekutieren. Da ist nicht eine gewagte These in ihrem Denken. Alles geht in einem zustimmenden oder ablehnenden lautem Gemurmel unter. Ihre Gedanken greifen einfach nicht wirklich.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: mehr Optimismus
# 36: Unk, unk! Hauptsache Dampf ablassen! - Stimmt nicht. Jedenfalls vielerorts nicht. Ein Blick in die Hörsäle der Unis zeigt: Das Bildungsniveau steigt in der Breite. Auch Migranten finden in den Theatern statt, es gibt Theater wie das Gorki, die dafür ein Bewusstsein bilden und prägende Impulse setzen. Theaterfestivals sind oft schon lange im voraus ausverkauft. Deutsche Theaterproduktionen werden weltweit gezeigt. etc. pp - Alles eine Frage der Optik. Man könnte ebenso gut die These aufstellen, dass das Deutsche Theater - ausser zu DDR- und Nazizeiten - noch nie so bedeutend war wie jetzt. Wann hat denn jemals das breite Publikum den Weg in die Stadttheater gefunden? Das geht zu "König der Löwen" und ins Blockbuster-Kino - Kleist, Tschechow, Jelinek & Co, das waren immer Minderheitenprogramme. - Lass dich zu Optimismus verleiten. In welchem Loch lebst du denn?
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Liebt Euer Theater!
Was mich an dieser Debatte wirklich berührt, ist nur Eines: Eric Uwe Laufenberg scheint durch alle seine Intendanzen hindurch ein verletzlicher , leidenschaftlicher und engagierter Theatermann geblieben zu sein, der nach wie vor öffentlich für unsere Kunstform brennt und einsteht. Niedermachen kann man schnell alles, für einige Kritiker geht das oft mit einem schnellen Federstreich einher. Aber mit Herzblut gemeinsam mit anderen Menschen an einer Inszenierung zu arbeiten , erfordert Verstand,Einfühlungsvermögen mentale Kraft, Handwerk, Kenntnis, Menschenliebe und das Wissen um einen gesellschaftlichen Auftrag. Schade, dass in Deutschland immer alles so schnell abgeurteilt wird. Liebt Euer Theater , mit auch kritischer, aber bitte differenzierter Betrachtung. Wir besitzen hier einen kolossalen kulturellen Reichtum und Menschen, die sich immer noch dafür verkämpfen. Und ja: die meisten Theater sind voll.
Es grüßt aus Prag Susanne Schulz, Intendantin Theater Ansbach
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Seitenbemerkung
nur eine kleine Seitenbemerkung an die Redaktion:
Finde es schon sehr bemerkenswert, um das Vokabular mal vorsichtig zu halten, dass Sie darum bitten, der Nordbayerische Kurier möge seine Paywall außer Kraft setzen.

Ihr Geschäftsmodell mag ja funktionieren, nicht zuletzt übrigens durch das Zitieren der Zeitungen, was deren Lektüre zuweilen überflüssig macht, aber dann auch noch diesen vorzuwerfen, dass sie von Lesern 39 Cent (!!!) verlangen - das geht mir zu weit.

Bitte respektieren Sie, dass der Nordbayerische Kurier halt irgendwie auch seine Journalisten bezahlen muss - auch wenn Sie es anders machen.

(Notabene scheint mir der Verweis auf die Überregionale Bedeutung wie eine Klatsche. Die Berichterstattung des Nordbayerischen Kuriers über die Bayreuther Festspiele ist sehr häufig überregional extrem relevant und richtig gut. Außerdem ist das doch gerade der Witz des Internets, dass auch solche Quellen zugänglich sind, die vor 20 Jahren völlig aus der Reichweite gewesen wären.)

Sie müssen diesen Post nicht veröffentlichen in diesem Strang, das ist ja eher eine interne Kritik, das mögen Sie frei entscheiden. Ich fände es aber gut, wenn wb (den ich schätze!) den Satz zurücknähme und stattdessen schriebe: "Liebe Leserinnen und Leser, investieren Sie doch einmal 0,39 € in guten Journalismus."

(Liebe*r TwoPence, dank für Ihren nachvollziehbaren Einwand. Dazu aber doch: wir machen es nicht anders, auch wir bezahlen unsere Mitarbeiter*innen. Herzliche Grüsse aus der Redaktion, Esther Slevogt)
Laufenbergs Kritik an der Kritik: nk als Feuilleton-Extrakt
Schatz, lass uns über Geld reden: Sehr geehrter TwoPence - ich finde Ihren Einwand einwandfrei -außer: WENN ich mein Argusauge durch den WeltWald schicke und - sagen wir - die überregional extrem bedeutsamen Feuilleton-Beiträge des z.B. Nordbayrischen Kuriers mit woanders von mir selbst geklauten 39 Cent bezahlen wollen würde, möchte ich bitte garantiert haben, dass der NBK meine strafbaren 39 Cent dafür einsetzt, dass auch seine anderweitigen, etwa die politischen, regionalenen oder wirtschaftspolitischen Site- wie Blatt-Beiträge so gut werden, dass die überregional extrem wichtig sein KÖNNTEN. Wenigstens das will ich dann garantiert haben. Und solange mir das der NBK nicht garantieren kann, das kann der nicht, wenn ich das andere um das Feuilleton herum gelagerte von Regionalzeitungen, also gewiss auch des NBK, betrachte, halte ich mich an die auch andere Blätter zitierfreudige nk als Feuilleton-Extrakt. Der erfreulicherweise aus seinen Bestrebungen bisher noch nicht auf die vollkommen hinterweltlerische Idee gekommen ist, etwa ein neues Theatermagazin in Konkurrenz zu Theater der Zeit oder Theater heute zu machen. Das schätze ich an der nachtkritik.de am allermeisten! -
Was lernt uns das? - Dass das Kerngeschäft der Tageszeitungen und Wochen-Zeitungen (einschließlich Digitalableger) durchaus nicht in der Be-Nachrichtigung und Be-Werbung seiner Leser besteht, sondern durch ein hochqualitatives Feuilleton gesichert wird. Und da können die Redaktionen WELT-weit sich ja nun drehen und wenden wie sie wollen, und gute Journalisten outsourcen wie sie wollen und den Anteil ihrer billig zu erwerbenden Agentur-Meldungen hochtreiben wie sie wollen und die Werbeflächen vergrößern wie sie wollen - an dieser Einsicht wird sie auf Dauer KEIN Weg vorbeiführen. - (Was hast Du gesagt, Schatz?) - Außerdem: Ich bin sehr beruhigt, dass nk seine MitarbeiterInnen auch bezahlt und trotzdem noch nicht für Inkontinenzvorlagen oder Gendertourismus oder Treppenlifte oder einsitzende, den Staat um Millionen betrügende Betrüger wirbt. VIELEN DANK an alle ihre Macher - im Moment ist diese Site meine intellektuelle Rettung vor diesem Bergwanderpfdad über die grüne spanische Grenze, Sie wissen schon...
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Essenz des Buddhismus
Lieber Herr Laufenberg, hätten Sie doch Ihre Muster, welcher Art auch immer, lieber auch in Titurels Kiste geworfen und sich auf einen Neuanfang eingelassen,so wie es Ihre Protagonisten am Ende des dritten Parsifal Aktes ja ganz offensichtlich tun.Vielleicht merken Zuschauer intuitiv, dass es nicht so ist, und fühlen sich so wie ich in Ihrem dritten Parsifal Akt nicht wohl, nicht so sehr vom Kopf als viel mehr vom Bauch her.Die Essenz des Buddhismus, sie zitieren ja den Dalei Lama im Programmheft, ist: Kein ICH, keine Probleme. Das trifft für Sie ebenso zu, wie für die zu Recht gescholten Kritiker.
Laufenbergs Kritik an der Kritik: mutig, richtig, sinnlos
Ich stimme Herrn Laufenberg voll und ganz zu und finde seine Kritik mutig und richtig wenn auch wahrscheinlich leider sinnlos!
Als Zuschauer und Wagner Begeisterter finde ich völlig subjektiv:

Kritiker sind eigentlich arme Menschen, denn sie sind selbst keine Künstler und schaffen nicht wirklich "...Neues"
müssen sich jedoch als besonders wissend/kunstverständig ausgeben
Sie haben eine grosse mediale Macht
Kritiker müssen kritisieren denn Kritiker verdienen ihr Geld damit - "je kritischer desto besser ihr Posten?"
vielleicht haben sie durch die reine Menge ihres bezahlten Kunstkonsums den Zugang zu ihren Gefühle und den Spass an ihrer Arbeit verloren?
Kritiker erscheinen mir oft zynisch, weltfremd und dem jeweiligen Zeitgeist angepasst
Kritiker schreiben meist voneinander ab
Kritiker geben oft nur die Meinung der Zuschauer wieder, die sich keine Eigene bilden können/wollen

Daher... liebe Kritiker: mehr Beschreibung weniger Wertung wäre hilfreich...
ich lese Kritiken übrigens immer NACH meinem Theaterbesuch und bin mittlerweile sehr gut darin vorherzusagen was in der Kritik stehen dürfte (Zeitgeist) !!!
Laufenbergs Kritik an der Kritik: Zeitgeist
Könnte es sein, dass Kritiker sich häufiger als "arme" Menschen empfinden, weil sie selbst keine Künstler sind, obwohl sie Kunst verehren und lieben? Zumindest häufiger als Menschen mit anderen Berufen? Könnte es sein, dass solches Empfinden auf Dauer sehr frustrierend ist und allein deshalb ein Gefühls-Kontakt zu eigenen Gefühlen von Kritikern selbst gesperrt wird? Wenn dem so wäre, könnten sie auch selbst ent-sperren... Ich kenne den Konflikt bisher nur bei Musikern, die Kompositionen anderer widergeben und bei allem instrumentalen oder gesanglichem Spielraum trotzdem nicht das Gefühl loswerden, sie selbst würden nichts "Neues" schaffen... Auch mir erscheinen Kritiker oft zynisch, aber nur insofern dem Zeitgeist angepasst, als der Zeitgeist momentan (seit etwa 1 1/5 Jahrzehnten) Zynismus als angemessene Ausdrucksform zu bevorzugen scheint. Kritik unbedingt in der gängigen zeitgeistigen Ausdrucksform zu formulieren, scheint mir allerdings mitunter weltfremd. Ob die Kritiker jetzt voneinander abschreiben, würde ich nicht unbedingt zu behaupten wagen, weil man das durch Belege annähernd beweisen können müsste - Wer will schon Kritiken so wissenschaftlich behandeln wie literarische Werke???
Ich lese Kritiken STATT meines Theaterbesuches und bin mittlerweile sehr gut darin vorherzusagen, was so alles demnächst wo und manchmal sogar von wem wie inszeniert werden dürfte (Zeitgeist)!!!
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