Presseschau vom 2. November 2016 – Die NZZ zitiert aus einem internen Gutachten Pläne zur Neuorganisation der Zürcher Bühnenlandschaft

Aus für das Theater am Neumarkt geplant?

Aus für das Theater am Neumarkt geplant?

2. November 2016. In der Neuen Zürcher Zeitung berichtet Daniel Fritzsche über Pläne zur Restrukturierung der Zürcher Theaterlandschaft. Der NZZ liege eine interne Studie für die Neuorganisation der Bühnenlandschaft vor, "die brisante Lösungsansätze" präsentiere.

In der Studie kämen Gutachter "zur Auffassung, dass das kulturelle Gesamtangebot in der Stadt Zürich 'zu gross‘ ist" und strebten eine "fokussierte Auswahl, Bündelung und Gewichtung" an. Während das Schauspielhaus mit seinen 38 Millionen Franken Unterstützung pro Jahr nicht angetastet werden solle, konzentrierten sich die Gutachter auf das "Theater mit den zweitmeisten Unterstützungsgeldern": das Theater am Neumarkt. "Das Gutachten schlägt vor, das kleine Stadttheater mit dem Theaterhaus Gessnerallee zu vereinigen. Der Standort in der Altstadt würde aufgehoben. Die Gessnerallee soll dann dank den freigespielten 5,4 Millionen Franken an Subventionsgeldern zu einer 'international herausragenden und selber produzierenden Plattform für freie Produktionen' werden“, zitiert Fritzsche aus der Studie.

Der Kulturdirektor rudert zurück

Das Gutachten nenne weitere "kontroverse Handlungsanweisungen", die gleichwohl nicht von allen Beteiligten unterstützt würden: "So soll sich das Theater Stadelhofen etwa nur noch auf Kindervorführungen beschränken. Die 'Winkelwiese' soll sich mehr zu Produktionsformen der freien Szene öffnen. Und das staatliche Hechtplatz-Theater könnte in eine private Trägerschaft übergeführt werden."

Auf Nachfrage der NZZ versuche Kulturdirektor Peter Haerle, die Bedeutung der Analyse "herunterzuspielen": Es handele sich um ein "sehr pointiertes Szenario", so Haerle, das eine "interne Diskussion" angeregt habe. Haerle halte gleichwohl daran fest, dass eine "umfassende Bestandesaufnahme der Tanz- und Theaterlandschaft" Zürichs "weiterhin sinnvoll sei".

Das Theater am Neumarkt ist zuletzt wiederholt in die Kritik geraten. 2014 attackierte die Weltwoche das Haus als "eine der höchstsubventionierten Bühnen der Welt" (mit 464 Franken Zuschuss pro Zuschauer). Die Aktion "Schweiz entköppeln" vom Zentrum für politische Schönheit im März 2016 brachte rechtsgerichtete Parteien gegen das Haus auf. SVP, FDP und CVP forderten den Zürcher Stadtrat auf, den Subventionsvertrag mit dem Neumarkt zu kündigen. Der Stadtrat lehnte die Initiative ab. Seit 2014 hätten sich die Zuschauerzahlen unter den Direktoren Ralf Fiedler und Peter Kastenmüller von 11.000 pro Saison auf 20.000 erhöht, berichtet die NZZ.

Update, 2. November 2016, 14:54 Uhr: Unterdessen wehrt sich die Stadt Zürich in einer Pressemitteilung gegen den Eindruck, den der NZZ-Bericht insbesondere mit der Überschrift "Neumarkt-Theater soll geopfert werden" vermittele: "Die Kulturförderung der Stadt Zürich bedauert den falschen Eindruck, der durch die Berichterstattung der NZZ entstanden ist. Es ist der Kulturförderung ein Anliegen, die geplante Bestandsaufnahme der Tanz- und Theaterlandschaft transparent, ergebnisoffen und unter Einbezug der Beteiligten durchzuführen. "

(chr)

 

Kommentare  
NZZ über Zürcher Theaterstruktur: alter Hut
Das "brisante" Papier aus der Schublade taucht nicht zum ersten Mal in der Öffentlichkeit auf. Puh, NZZ, einen alten Hut hervorzuzaubern und dann von Abwiegeln sprechen, wenn die Kulturverwaltung der Stadt sagt, eine Abwicklung stehe nicht zur Debatte. Im Wirtschaftsteil könnte sich das niemand leisten, in der Kultur ist nach wie vor alles möglich, wie es scheint.
Kommentar schreiben