Presseschau vom 2. Dezember 2016 – Die Berliner Zeitung spricht mit Ulrich Khuon, dem Intendanten des Deutschen Theaters in Berlin

Mehr Mut zum Leisesein

Mehr Mut zum Leisesein

2. Dezember 2016. Für die Berliner Zeitung haben Ulrich Seidler und Dirk Pilz mit dem Intendanten des Deutschen Theaters Ulrich Khuon gesprochen. Über Chris Dercon und die Volksbühne, über die Aufgabe des Theaters in konfrontativen Zeiten, über die Macht der Intendanten.

Über Chris Dercon und die Volksbühne

Wie es mit dem vom designierten Kultursenator Klaus Lederer in Frage gestellten Chris Dercon in Berlin weitergeht, habe der selber in der Hand, sagt Khuon. Dercon müsse den Politikern erklären, mit welchen Leuten er welche Pläne habe. Was genau in welchen Räumen passieren solle, müsse man "zumindest seinem Senator erzählen können".

Schon einmal habe sich ein Intendanten-Anwärter zurückgezogen. "Christoph Hein sollte 2004 Intendant des Deutschen Theaters werden, und er zog sich nach vielen Debatten und aus verschiedenen Gründen dann selbst zurück." Aber alles in allem wäre es eben die Frage, was mit der Volksbühne eigentlich geschehen solle. "Die alte merkwürdige tolle Volksbühne kann man nicht wiederbeleben ... Im Grunde ist ein Paradigmenwechsel, wie er mit Dercon versucht wird, gar nicht schlecht." Aber das seien Entscheidungen, die 250 Mitarbeiter beträfen. Er, Khuon, glaube, Dercon habe "keine klare Vorstellung" was er mit dem Haus anfangen wolle.

Theater in der offenen Gesellschaft

Im Stadttheater den Ensemble- und Repertoirebetrieb generell aufzullösen, wäre ein großer Fehler, erklärt Khuzon. In den kleineren Städten würden die Häuser als identifikationsstiftender Ort abgerissen. Aber er sehe gar nicht, dass so etwas gewollt werde. Man müsse halt die Auseinandersetzung mit den Politikern suchen auch mit der AfD. Der "inhaltliche wie ästhetische und politische Kampf" sei ein "normaler Zustand für die Kunst".

Es reiche nicht aus, gegen etwas zu sein, man müsse für die offene Gesellschaft, für die Demokratie kämpfen. Und das Theater zu einem Ort machen, "an dem man die Angst bearbeiten kann, der einem hilft, die Angst auszuhalten". Dabei müsse das Theater hin und wieder "mehr Mut zum Leisesein" haben. Müsse ein Ort sein, an dem zugehört wird.

(jnm)

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