Presseschau vom 10. März 2017 – Der Zürcher Tages-Anzeiger spricht mit AfD-Vordenker Marc Jongen über die Absage einer Diskussion in Zürich und die politischen Positionen der AfD

"Die Festung Europa muss errichtet werden"

"Die Festung Europa muss errichtet werden"

10. März 2017. Für den Zürcher Tages Anzeiger unterhielt sich Andreas Tobler mit dem Sprecher der baden-württembergischen AfD, dessen Auftritt in der Zürcher Gessnerallee im Rahmen einer Podiumsdiskussion nach Protesten von den Veranstaltern abgesagt wurde.

Marc Jongen sagte unter anderem:

Demokratische Systeme in Europa funktionieren teilweise nicht

"Rein PR-technisch betrachtet" könnte er froh sei über die Absage der Diskussion. "Aber als Demokraten muss es uns doch alle besorgt stimmen", wenn eine Diskussion "von legitimen Positionen" wegen Erpressung abgesagt werde. Die "Gegner" seines Auftrittes in Zürich hätten sich als das demaskiert, was sie in ihm sehen wollten: als Antidemokraten.

Die Erpressung, die zur Absage der Diskussion geführt habe, zeige, dass die demokatischen System in Europa zum Teil nicht mehr funktionierten. Ähnliche Vorfälle gebe es in Deutschland zuhauf.

Nichts "gegen Meinungsäusserungen gegen die AfD" oder ihn selbst. Bei Gewaltandrohungen höre der Spass aber auf. Die Proteste seien motiviert "von einem Kampf gegen einen phantomartigen Rechtsradikalismus, dessen Bild man aus Deutschlands düsterer –Vergangenheit" ziehe – und der "nun auf gegenwärtige Bewegungen wie die AfD projiziert" werde. Dabei legten gerade "unsere Gegner" jene "Charakterzüge an den Tag", die "während des Faschismus für Deutschland typisch waren".

Das Hässliche der Vergangenheit nicht leugnen

Herr Höcke habe wiederholt "unglückliche Äusserungen gemacht, die massgebliche AfD-Vertreter verurteilt haben". Auch er, Jongen, habe Höcke kritisiert, halte aber "das Parteiausschlussverfahren für überzogen". Es fehle in Höckes Rede allerdings " ein sichtbares Zeichen der unmissverständlichen Verurteilung" der "dunkelsten Zeit deutscher Geschichte". Dadurch entstehe ein "schiefes Bild", als ob die AfD daran etwas beschönigen wolle. Das Programm der AfD bestehe jedoch nicht darin, "das Hässliche zu leugnen". Vielmehr wollte sie "das Schöne deutlicher hervorheben", das es in anderen Perioden der deutschen Geschichte gegeben habe und das "nicht überstrahlt werden" dürfe von "den berüchtigten zwölf Jahren". Selbstverständlich verurteile die AfD "alles Unrecht des Hitler-Regimes" (Tobler).

Gehört der Islam zu Deutschland?

Leider seien "im Islam die Übergänge zwischen Traditionalisten und radikalen Fundamentalisten oft fliessend". Es müsse daher "beobachtet" werden, ob "radikale Kräfte die Moscheen als konspirative Versammlungsorte für ihre Machenschaften" nutzten. Es sei völlig klar, dass es "gutwillige Muslime" gebe, die in Deutschland friedlich leben wollten. "Gerade auch um derentwillen muss der deutsche Staat sehr scharf darauf achten, dass die Radikalen keinen Fuss in die Tür bekommen."

Abschottung, ja bitte

"Die Festung Europa muss errichtet werden." Sonst seien wir einem Diktator wie Erdogan ausgeliefert, der "für uns die Drecksarbeit erledigt". Abschottung sei gefragt, nicht "Verbunkerung gegenüber der Not der Welt". Zunächst müsse "der Grenzschutz funktionieren". Danach müsse alles getan werden, "damit die Flüchtlinge dort bleiben und in Frieden leben können, wo sie eigentlich zu Hause sind".

Europa

"Wir sind nicht gegen Europa als Wertegemeinschaft." Die AfD sei jedoch "gegen eine Schleifung der nationalen Souveränität zugunsten einer technokratischen, hyperbürokratischen Behörde in Brüssel", die "zu vielen schädlichen Entwicklungen geführt" habe. "Allen voran zur Fehlkonstruktion des Euros, der Griechenland und andere südliche Ländern in Armut und Depression gestürzt hat."

Flüchtlinge

"Was Angela Merkel mit ihrer Willkommenskultur propagiert hat, ist ja eine Kampfansage: Die Bundeskanzlerin wurde gewählt, das Wohl des deutschen Volkes zu mehren. Und nicht, um das Heil der ganzen Welt zu befördern auf Kosten Deutschlands. Darauf reagiere ich eigentlich sehr moderat."
Mit dem Bild der «irren Psychiaterin» habe er Jongen "einer Stimmung Ausdruck gegeben", die er wahrnehme. "Ich empfinde das nicht als Diffamierung, sondern als Analyse."

(jnm)

 

Mehr dazu:

Meldung vom 7. März 2017 - Gessnerallee Zürich sagt umstrittene Diskussions-Veranstaltung ab

Meldung vom 22./27. Februar 2017 - UPDATE: Kritik an geplanter Diskussionsveranstaltung mit AfD-Chefideologen in Zürich

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