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Frisches Blut

Mülheim, 10. März 2011. Die Auswahl für den Wettbewerb um den Mülheimer Dramatikerpreis 2011 steht fest. Folgende Autoren und Stücke wurden nominiert:


Nurkan Erpulat, Jens Hillje:
Verrücktes Blut
Ballhaus Naunynstraße Berlin / Ruhrtriennale (Regie: Nurkan Erpulat, UA)

Lutz Hübner
Die Firma dankt
Staatsschauspiel Dresden (Regie: Susanne Lietzow, UA)

Elfriede Jelinek
Winterreise
Münchner Kammerspiele (Regie: Johan Simons, UA)

Fritz Kater
we are blood
Schauspiel Leipzig (Regie: Sascha Hawemann)

Oliver Kluck
Warteraum Zukunft
Nationaltheater Weimar (Regie: Daniela Kranz)
(Nachtkritik zur Uraufführung bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen, Regie: Alice Buddeberg)

Kevin Rittberger
Kassandra oder die Welt als Ende der Vorstellung
Schauspielhaus Wien (Regie: Felicitas Brucker, UA)

Felicia Zeller
Gespräche mit Astronauten
Nationaltheater Mannheim (Regie: Burkhard C. Kosminski, UA)

Die Jury besteht aus Till Briegleb (Süddeutsche Zeitung), Barbara Burckhardt (Theater heute), Christine Dössel (Süddeutsche Zeitung), Wolfgang Kralicek (Falter) und Peter Michalzik (Frankfurter Rundschau). Mit Erpulat/Hillje, Kluck und Rittberger hat sie sich für drei neue Namen entschieden, mit der 15. Einladung an Elfriede Jelinek für Kontinuität. Ebenfalls bemerkenswert: Anders als in den vergangenen Jahren handelt es sich bei zwei der eingeladenen Inszenierungen nicht um die Uraufführung, sondern eine Nachinszenierung des Stückes (Kluck und Kater).  

Um den Mülheimer KinderStückePreis 2011 konkurrieren diese Autoren und Stücke:

Rudolf Herfurtner
Das Geschenk des weißen Pferdchens
Schauburg München

Jörg Isermeyer
Ohne Moos nix los
GRIPS Theater, Berlin

Michael Müller
Über die Grenze ist es nur ein Schritt
Junges Schauspielhaus Hamburg

Yoko Tawada
Mein kleiner Zeh war ein Wort
Theaterwerkstatt Pilkentafel, Flensburg

Ingeborg von Zadow
Über Lang oder Kurz
Theater Junge Generation, Dresden

Dem Auswahlgremium gehörten Thomas Irmer, Werner Mink und Nina Peters an.

(www.stuecke.de / geka)

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Kommentare  
Auswahl Mülheim: ganz frisch der Rest
Merkwürdige Entscheidungen, ist man denn tatsächlich erst jetzt auf Fritz Katers „we are blood“ gestoßen oder wollte man das Stück in der Eigenregie von Petras im letzten Jahr nicht haben, das würdigt doch den Autor/Regisseur schon etwas ab. Und kann denn eine Filmadaption als eigenständiges Stück zu einem Dramatikerpreis eingeladen werden, etwas zu viel der Ehre für Erpulat/Hilje. Ansonsten ganz frisch der Rest, wenn man mal von der Mühlheim-Abonnentin Jelinek absieht. Die üblichen Schwergewichte der deutschsprachigen Dramatik haben ja auch nicht viel Neues gezeigt in letzter Zeit.
Auswahl Mülheim: Vorfreude auf Kassandra und Hübner
Ohne "h" heiße ich, aber so weiß ich wenigstens, wer hier geschrieben hat, hi; also, auf die Kassandra und den Hübner freue ich mich schon sehr. Mir geht es mit Stadelmaier immer so, wahrscheinlich habe ich den jetzt wieder anders geschrieben..
Auswahl Mülheim: Kater im Auswahl-Zeitraum
Lieber Mühlstein,
die Uraufführung von Fritz Katers "we are blood" durch Armin Petras am Berliner Maxim Gorki Theater fand am 5. Mai 2010 statt. Insofern hätte das Stück bei den Mülheimer Theatertagen 2010 noch gar nicht dabei sein können (Auswahlzeitraum bis Mitte März 2010).
Interessant aber, dass die Jury sich für die Leipziger Version des Stücks entschieden hat.
Schöne Grüße,
Anne Peter
Auswahl Mülheim: Trauerspiele der Mittelmäßigkeit
was für erbärmliche trauerspiele der mittelmäßigkeit. ist die deutschsprachige dramatik tatsächlich so schlecht wie diese auswahl ?
Auswahl Mülheim: da trifft es keine Falsche
Nee, aber die Theaterpolitik und das Hintergrundgeschiebe sind wie immer so schlecht wie diese Auswahl.... Herzlichen Glückwunsch jetzt schon mal an Elfriede Jelinek für einen weiteren Preis in Mülheim, da trifft es wenigstens keine Falsche!
Auswahl Mülheim: nur zwei sind unter 40
@ Anne Peter
Danke, ist mir zwischenzeitlich auch schon aufgefallen. Das macht die Sache aber nicht besser, sondern eher noch fragwürdiger, wenn man z.B. die Kritiken nachliest.
@ kostja
Ich fürchte ja. Etwas Besseres ist zur Zeit nicht zu haben, wenn man mal so die Namen runterspult, die sich da anbieten und sogar schon Filmadaptionen eingeladen werden müssen.
Das ist tatsächlich ein Überblick über das junge, zeitgenössische deutschsprachige Drama. Nur zwei Autoren sind unter 40, ein Drama halt.
Auswahl Mülheim: eher junger Jahrgang
Lieber Mühlstein,
ich möchte doch bezweifeln, dass Jung-Sein / Unter-40-Sein per se eine Qualität ist. Außerdem widersprechen die Fakten Ihrem Vorwurf. So alt sieht dieser Jahrgang wirklich nicht aus: Nurkan Erpulat (Jahrgang 1974), Kevin Rittberger (Jahrgang 1977), Oliver Kluck (Jahrgang 1980). Drei von acht, kein schlechter Schnitt, wenn man denn aufs Alter schauen möchte. Und alle drei waren noch nicht nach Mülheim eingeladen.
Noch mal schöne Grüße,
Anne Peter
Auswahl Mülheim: was denn sonst?
@kostja: gibt's denn gegenvorschläge? ist dann da in letzter zeit irgendwas besseres passiert?
Auswahl Mülheim: Präzedenzfall
"Feuergesicht" von Mayenburg war 1998 auch nicht die Uraufführung aus München. Die Inszenierung kam damals aus Frankfurt/Oder. Ist also nicht zum ersten Mal anders als in den vergangenen Jahren.
Auswahl Mülheim: im Umfeld von Fritz Kater
Liebe Anne Peter, warum die Aufregung? Da rutscht mir ja glatt vor Schreck der Mühlstein in die Hose. Ich bemerkte doch nur und das ganz in Ruhe, dass es einige Ungereimtheiten in der Auswahl gibt, die bis jetzt noch nicht ganz geklärt wurden. Jung sein ist natürlich noch kein Gütesiegel, aber die Preisstifter schreiben sich doch auch die Förderung des jungen zeitgenössischen Dramas auf die Fahne. Aber vielleicht haben Sie recht und Elfriede Jelinek und Fritz Kater sowieso, sind im Herzen jünger als so manch abgerockter Jungdramatiker. Und warum muss Nurkan Erpulat schon wieder als Alibi jung, postmigrantisch u.s.w. herhalten, und der eigentliche Autor Jens Hilje ist auch schon über 40.
Es gäbe m.E. durchaus noch andere Alternativen. Wo man Fitz Kater schon endlich mal wieder entdeckt hat, hätte man sich auch in seinem Umfeld mal näher umsehen können. Da gab es in der letzten Spielzeit eine kleine feine Reihe im Studio des Gorki Theaters mit Stücken von Philipp Löhle, Thomas Freyer und Juliane Kann. Mindestens Philipp Löhle mit seinen „Überflüssigen“ hätte es durchaus auch verdient gehabt. Aber man hat sich für den Headliner entschieden, nur eben im falschen Theater.
Auswahl Mülheim: ein Paar Titel
löhle: supernova
stockmann: die ängstlichen und die brutalen
nußbaumeder: die kunst des fallens
röggla: die unvermeidlichen
bukowski: wenn Ihr euch totschlagt, ist es ein versehen
usw...
Auswahl Mülheim: Rögglas Unvermeidliche fehlen
Rögglas "Unvermeindliche" hätte ich auch gerne noch auf der Liste gesehen. Zumal Lobbes Inszenierung in Mannheim/Frankfurt wirklich sehr schön geworden ist.
Auswahl Mülheim: Hinweis
Hinweis: Interessantes Interview zur Auswahl mit Christine Dössel bei der Konkurenz:
http://www.kultiversum.de/Schauspiel-Muelheimer-Theatertage/Auswahl-Christine-Doessel-Interview-.html?print=1
Mülheim-Auswahl: erfreulicher Trend
@ 13

Vielen Dank für (mindestens !) diesen Hinweis.
Frau Dössel sieht in diesem Interview einen erfreulichen Trend, daß es verstärkt zu Stücknachspielen bzw. Mehrfachinszenierungen eines neuen Stückes innerhalb einer Spielzeit kommt, und nur auf zumindestens verwandtem Wege läßt es sich erklären, daß an dieser Stelle zB. zu "we are blood" auch diskutiert werden kann, warum nicht die MGT-Version ausgewählt wurde.
Ich kann dem nur hinzufügen, für alle, die aus dem Norden, nicht jeder schafft es im Mai nach Mülheim oder im November nach Cottbus, wohl aber zB. nach Hamburg oder Lübeck (Nordische Filmtage, meine ich jetzt), daß die Inszenierung von Frau Popp am Schauspielhaus Hamburg von "Kassandra - oder die Welt als Ende der Vorstellung" keinen Vergleich scheuen muß, unbedingt sehenswert ist und fraglos ebensogut hätte geladen werden können,
schön, diesen "Luxus" gelegentlich zu haben, aus dem Vollen schöpfen und vergleichen zu können bei jüngeren Stücken !!
Mit Sören Wunderlich entdeckte ich an diesem Abend (für meine Begriffe) zudem einen ziemlichen Ausnahmeschauspieler; er erinnerte mich an das, was ich in Dr. Ole Hruschkas Buch "Magie und Handwerk" (das Schauspiel im Spiegel des Theaterpraktikerdiskurses) von Rolf Boysen (in Kortner-Nachfolge) las, daß wir fälschlicherweise von einem ausdruckstarken Gesicht reden; was wir so nennen, ist ein Gesicht (hiernach) das bereit und offen ist neuen Ausdruck anzunehmen, also ein von Ausdruck gerade befreites Gesicht ("Machen Sie Ihr Gesicht frei für den Ausdruck", so die Kortner-Anweisung dazu). Diese Kunst beherrscht Sören Wunderlich vortrefflich, ich konnte mich mittlerweile mehrfach davon überzeugen !, am Kassandra-Abend ist das geradezu aus allernähester Nähe erfahrbar, da im Rangfoyer gespielt wird !
Man erlaube mir diese Schauspieler-Schwärmerei, aber ich las im Parallelthread gerade etwas zu in der Kritik zu kurz kommenden Schauspielern: im "Probenprozeß danach" können Kommentare hier und da auch Abhilfe schaffen - die Übersetzungsarbeit geht darin weiter..
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