Keine Defensivaufstellung

17. August 2012. Nach Jahren tiefer Krise übernimmt Michael Börgerding das einst bühnenkunstprägende Bremer Theater, eine Geburtsstätte des deutschen Regietheaters unter Intendant Kurt Hübner. Pünktlich zum Saisonstart steckt der neue Intendant im Interview mit Stefan Grund und Matthias Heine von der Welt (17.8.2012) seine Ziele ab. Mehr als die fünf Prozent der Bevölkerung Bremens, die derzeit hier ins Theater gingen, wolle er mit seinem Haus durchaus erreichen und den Anteil an migrantisch geprägten Zuschauern deutlich erhöhen.

Das Musical-Theater, das sein Vorgänger Hans-Joachim Frey in Bremen etablieren wollte, werde nicht weiterverfolgt. Man wolle wieder mehr Schauspiel im Großen Haus zeigen und zudem das Schauspielhaus als "Kleines Haus", als "Raumbühne" für Schauspiel, Tanz und Musiktheater, einrichten. Das alles geschehe mit dem im Vergleich mit Hannover kleinen Etat von 26 Millionen Euro, bei einem übernommenen Defizit von 6 Millionen Euro. "Niemand verlangt, dass wir den Schuldenberg abbauen – aber die Zinsen der Vergangenheit sind zu tragen", so Börgerding über die Rahmenbedingungen für sein Vier-Sparten-Haus.

Mit einem Zitat des Hübner-Logos aus den 1960ern will Börgerding symbolisch an die große Regietheatertradition des Bremer Theaters, an dem u.a. Peter Stein, Peter Zadek und Frank-Patrick Steckel arbeiteten, anknüpfen. Man werde auf "große Titel, große Stücke und Relevanz", wie etwa die Bühnenadaption der "Buddenbrooks", setzen und nicht vordergründig auf "Uraufführungen und Projekte fürs überregionale Feuilleton".

Ob man damit auch weiter den Anspruch aufrecht erhalte, in der Theater-Bundesliga mitzuspielen, wollen die Interviewer wissen: "Ich glaube auch, dass wir in allen Sparten die Möglichkeiten dazu haben, ob's klappt, weiß ich nicht", sagt Börgerding und verweist auf seinen Saisonauftakt mit Dea Lohers "Das Leben auf der Praça Roosevelt" im Großen Haus (Regie: Alize Zandwijk) sowie Felix Rothenhäuslers Umsetzung des Thomas-Melle-Romans "Sickster" im Kleinen Haus. "Beides zusammen nicht unbedingt eine Defensivaufstellung", so Börgerding.

(chr)

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