Presseschau vom 14. April 2013 – Andrea Breth im Video-Interview mit 3sat.online über ihre Frankfurter Inszenierung "John Gabriel Borkman"
Grenzenloser Egoismus
14. April 2013. Gerade hatte in Frankfurt am Main Andrea Breths Inszenierung von John Gabriel BorkmanPremiere. Im Video-Interview mit 3sat.online, sagt sie, dass sie Ibsens Stück nicht vorrangig als Banker- und Krisenstück lese. "Ich bin ein Feind davon, dass man alles immer tagespolitisch sehen möchte." Das Stück sei ja "keine Erhellung, was das Problem der Wirtschaftskrise angeht."
Es interessiere sie daran vor allem der "grenzenlose Egoismus" der Figuren. Es komme kein Mensch auf die Bühne, "der nicht ausschließlich seine eigenen Interessen vertritt, rücksichtslos". Auch der heutigen Gesellschaft bescheinigt sie die "Zunahme von Egoismus". Es sei eine "vereiste Gesellschaft", die nicht wisse, "wo's hingeht", die Utopie hätten wir selbst abgeschafft. "Im Moment haben wir nur noch die Utopie, dass wir hoffentlich unser Geld nicht verlieren, oder die Utopie, dass es zu keinem Dritten Weltkrieg kommt."
Das Theater sei nicht der Ort, um die Gesellschaft zu verändern. Es könne aber "Anregungen stiften". Deswegen sei sie strikt "gegen ausschließliches Unterhaltungstheater", schließlich sei "die Zeit sehr ernst und sehr bedenklich": Wir lebten in einer "altersfeindlichen Gesellschaft". Zudem sei auch "immer mehr Angst da. Angst vor Entlassung, Angst, nicht zu genügen, Angst, im Internet so verglast zu werden, dass man nur noch Abscheulichkeiten über andere Menschen lesen kann, katastrophales Facebook, finde ich alles ganz schauerlich, Respektlosigkeit, Unhöflichkeit." Mittlerweile sei der Skandal im Theater, wenn man auf der Bühne mal "etwas Schönes" sehe, "wenn man nicht auf dieselben Klamotten blickt wie auf der Straße".
(ape)
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"Einer der gewichtigsten Einwände gegen das Ziel, Habsucht und Neid zu überwinden, nämlich der Einwand, daß diese in der menschlichen Natur verwurzelt seien, verliert bei näherer Betrachtung stark an Bedeutung: Habsucht und Neid sind nicht von Natur aus so stark, sondern infolge des allgemeinen Drucks, ein Wolf unter Wölfen zu sein. Sobald sich das gesellschaftliche Klima, die allgemeinverbindlichen Wertmaßstäbe geändert haben, wird auch der Übergang von der Selbsucht zum Altruismus um vieles leichter sein."
(Erich Fromm, "Haben oder Sein")