Liebe vor Karriere

München, 18. Mai 2013. In der Süddeutschen Zeitung (18.5.2013) befragt Christine Dössel den Kammerspiel-Intendanten Johan Simons dazu, warum er "eines der attraktivsten Theater überhaupt" verlässt. Er habe sich die Entscheidung "nicht leicht gemacht", aber die Kammerspiele seien "einfach zu weit weg von meinem Zuhause. Das ist wirklich der einzige Grund, warum ich gehe: Mir fehlt meine Frau. Ich möchte gerne mit ihr in unserem schönen Haus leben."

Dössel wundert sich vernehmlich darüber, dass Simons (erst recht als Mann) aus Heimweh und Liebe tatsächlich eine solche "Top-Position" verlassen will. Für Simons sind dies allerdings triftige Gründe. Auch seiner künstlerischen Verantwortung werde er gerecht. "Ich habe eine Verantwortung für fünf Jahre übernommen und die erfülle ich. Insofern fühle ich mich jetzt nicht schuldig. Wenn ich abends nach Hause komme, dann hatte ich vielleicht einen tollen Arbeitstag, aber dann bin ich doch viele Stunden alleine".

Die Schauspieler hätten auf seine Entscheidung "traurig, aber respektvoll" reagiert. Man müsse "für die Kammerspiele jetzt einfach einen Guardiola suchen". Natürlich habe er "Namen im Kopf, aber wenn ich die jetzt sage, fängt so ein Schwingen an in der Theaterszene, was nicht sein muss". Simons wünscht sich als Nachfolger jemanden, "mit einer großen Wärme und Offenheit, (...) der sich sehr gut auskennt, national und international" und die von ihm geschaffene "Internationalität" weiterführen könne.
Simons bestreitet, mit München nicht warm geworden zu sein. Er habe sich "sehr bemüht und auf die Stadt eingelassen", aber es sei "einfach nicht mein Dorf. Hier ist nicht mein Haus, hier sind nicht meine Frau und meine Kinder." Mit dem Arrangement, mehrmals im Monat für ein langes Wochenende nach Hause zu fahren, habe er sich "nicht gut gefühlt", dafür sei er "viel zu protestantisch". Intendant-Sein sei "einfach kein Halbjob, der fordert einen ganz".

Dass er Jobangebote aus Gent und anderswo bekommen hat, habe nichts mit seiner Entscheidung gegen eine Vertragsverlängerung zu tun, versichert Simons. "Meine Zweifel, ob ich verlängere, waren schon im Dezember da." Am NT Gent reize ihn, dass dort viele Schauspieler gerne mit ihm arbeiten würden und er mit seiner Frau arbeiten könne. "Man geht zurück, auch wenn es der kleinere Verein ist." Für die Kammerspiele hat er sich vorgenommen, sie so zu verlassen, "dass es das beste Theater Deutschlands ist".

(ape)

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