Lob der Schaffenswut

Berlin, 4. Juni 2013. In der Berliner Zeitung (3.6.2013) bilanziert Theaterredakteur Ulrich Seidler die siebenjährige Intendanz von Armin Petras am Maxim Gorki Theater. Über 200 Inszenierungen habe Petras dort herausgebracht, davon 86 auf der großen Bühne. Es gab "weder Stars noch Sternstunden. Petras sucht auch nicht danach. Er ist zuerst inhaltlich an einer Sache interessiert. Für die Form fehlt ihm manchmal die Geduld." Darin lägen aber auch "die Lebendigkeit und Echtheit seiner Inszenierungen" begründet. "Manchmal kippte es ins Wurschtige − vermutlich dann, wenn Petras gedanklich schon wieder woanders war."

600.000 Besucher in 3000 Vorstellungen (eine Auslastung von 78 Auslastung) habe das Haus in den sieben Jahren vorzuweisen. Die vielen Koproduktionen, mit denen das Maxim Gorki Theater ab der zweiten Spielzeit seine chronische Unterfinanzierung abfing, sieht der scheidende Hausherr selbst auch kritisch: "Das ging auf die Knochen des Ensembles", zitiert Seidler Petras und schließt sich dieser Kritik an: "Wenn Petras nun Bilanz zieht, ist das − neben seinem gebremsten Enthusiasmus bei den Repräsentationspflichten und der Lobbyarbeit − vielleicht sein schwacher Punkt. Diese permanente Limit-Nähe ist riskant, zumal sich der Workaholic Petras selbst als Maßstab hat".

Seidler hebt aber auch Petras' "Begabung, ein Team zu motivieren", hervor. Das Haus sei spürbar durch "gute Laune und eine brummende Schaffenswut" geprägt gewesen. Die Kritik habe diese "Schaffenskraft wohlwollend, aber auch skeptisch zur Kenntnis" genommen: "Wo viel ist, ist auch viel Mist. Dass es auch massenhaft Glücksmomente gab, daran gewöhnt man sich schnell. Petras ist eben nicht der Typ, der sich künstlich rar macht."

(chr)

 

Kommentare  
Gorkiintendanz-Wechsel: in guter Erinnerung
Ich bin ein bißchen traurig, daß P. geht. Mir sind einige Inszenierungen in guter Erinnerung geblieben. Nennen möchte ich den Biberpelz, die Frau vom Meer, den Prinzen von Homburg und die Familie Schroffenstein.
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