Dennoch mutig

13. Februar 2014. Róbert Alföldi, bis Juni 2013 Intendant des Nationaltheaters in Budapest und einer der einflussreichsten Theatermacher Ungarns, inszeniert demnächst seine erste Auslandsarbeit nach seinem Ausscheiden aus dem Amt: Tschechows "Die Möwe" im bayerischen Eggenfelden am kleinen Theater an der Rott. Anlass für Christiane Lutz von der Süddeutschen Zeitung (13.2.2014) sich vor Ort umzuschauen. Es "tut mir gut, kein politisches Stück inszenieren zu müssen", sagt Alföldi der Journalistin. Daheim sei er wegen seiner als regierungskritisch lesbaren Inszenierungen und auch wegen seiner Homosexualität angefeindet worden; er gelte als "Liberaler", was im heutigen Ungarn "das schlimmste Schimpfwort" sei.

Alföldi spreche kein Wort Deutsch (außer "scheiße" und "wunderbar") und lasse sich also auf den Proben übersetzen, wenn er etwa einem Schauspieler zuruft: "Wenn du das beim nächsten Mal nicht so machst, reiß' ich dir die Eier ab." Alföldi, so die Journalistin, sei "berüchtigt für seinen fordernden Regie-Stil und einen harschen Ton". Der Zuruf habe gleichwohl "Gelächter" produziert.

Locker und humorig geht auch Eggenfeldens Intendant Karl Sibelius das prominente Gastengagement an. "Dank meiner unglaublichen erotischen Ausstrahlung ist es mir gelungen, den berühmtesten Theatermacher Ungarns nach Niederbayern zu holen", so habe der gebürtige Österreicher die Inszenierung im Programmheft angekündigt. Eggenfelden tue sich mit solcher Ironie bisweilen etwas schwer, so wie mit dem Profil des Intendanten, "der auch seine Homosexualität offen auslebt". Sibelius stehe programmatisch für "weniger Gefälligkeit, weniger Verwaltung, mehr Kunst".

Hier macht die Journalistin den auch den Schnittpunkt dieses Projekts aus: "Der Ungar und der Österreicher (...) stehen beide in ihrem Umfeld für ein Theater, das aufreibt und aufregt. Beide werden für ihre Arbeit gehasst und geliebt. Beide bleiben dennoch mutig."

(chr)

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