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30. März 2014. Das Vorhaben von Regisseur Johan Simons, für seine Inszenierung von Jean Genets "Die Neger" bei den Wiener Festwochen das Stück umzubenennen, hat der Übersetzer der deutschen Fassung, Peter Stein, abgelehnt. Das berichtet Spiegel Online.

Nach Protesten gegen Titel und Werbung für seine Inszenierung habe er das Stück umbenennen wollen, erklärte Simons dem Spiegel, weil es "von einem weißen Autor für ein weißes Publikum geschrieben wurde", und "weil es um die rassistischen Klischees geht, die Weiße entwickelt haben". In Diskussionen mit seinen Mitarbeitern, habe er überlegt, seine Inszenierung eventuell mit "Die Weißen" zu übertiteln. Genets Verleger schlugen vor, auf den englischen Titel "The Blacks" auszuweichen. Peter Stein, der Übersetzer der deutschen Fassung von 1983, hat eine Umbenennung seiner Übersetzung inzwischen aber abgelehnt. Ein Ankündigungsfoto für die Inszenierung hatte bereits im Vorfeld für Proteste gesorgt, weil es mit "Blackfacing" arbeitet.

Genets Drama, uraufgeführt im Jahr 1959, heißt im Original "Les Nègres". Jean Genet selbst, schreibt Spiegel Online weiter, habe in den sechziger Jahren darauf bestanden, dass sein Drama ausschließlich mit Schwarzen besetzt wird. Allerdings habe er dem Regisseur Peter Stein 1983 erlaubt, für die Inszenierung an der Schaubühne weiße Schauspieler zu besetzen.

Diese Meldung wurde im Laufe des Tages (30.3.2014) nach Klarstellungen seitens der Münchner Kammerspiele geändert

(Spiegel Online / Münchner Kammerspiele / jnm)

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Kommentare  
Die "N..." in Wien: Bankrotterklärung
Schon damals in den 80ern wäre es relevanter gewesen, ein Stück an der Schaubühne nicht "Shakespeares memory" zu nennen sondern "Peter Stein". Das ist ihm aber bis heute nicht klar zu machen. Dass Peter Stein "Die Weißen" absurd erscheint, ist eine theatrale Bankrotterklärung.
Die "N..." in Wien: diese scheinbare Werktreue
peter stein ist leidet ein unbelehrbarer sohn seiner selbst geworden... diese scheinbare "werktreue" , die wir früger so bewundert hatten, ( kirschgarten z.b.), scheint sich als konservatives, starres gebilde und als enge um kop zu entpuppen.. enttäuschend..
Die "N..." in Wien: Persilschein 60er
Vielleicht sollte Peter Stein mal überlegen, wie er den Persilschein aus den 60zigern abzahlt, bevor er ins Gras beisst.
Die "N..." in Wien: Bankrotterklärungen
Peter Stein hat vollkommen Recht. Die vorstehenden Kommentare sind Bankrotterklärungen, so wir denn von Bankrotterklärungen sprechen.
Die "N..." in Wien: Reform des Urheberrechts
Es ist einfach ein unding, das ein übersetzer aus den 50ern einem regisseur 60 Jahre später vorschreiben kann, wie dieser seine stückbearbeitung zu nennen hat. wir brauchen dringend eine reform des sogenannten "urheberrechts".
Die "N..." in Wien: Einfühlung
Ich verstehe eines hier nicht: Der Titel eines Stücks referiert doch erstmal auf nichts anderes als auf den Inhalt dieses Stücks. Und da Genets "Les Nègres" sich inhaltlich ganz klar mit dem Thema der künstlichen bzw. über die Sprache konstruierten dualen Begriffskategorien "die Schwarzen" versus "die Weissen" aus der Perspektive "der Schwarzen" beschäftigt, müsste doch auch der Stücktitel beibehalten werden können. Warum also nicht "die Schwarzen"? Es ist doch nicht allein dieser Begriff, sondern vielmehr das, was an alltagspraktischen Handlungen daraus folgt oder eben auch nicht folgt. Das heisst, ob diese Klischees über den Prozess des Spiels dekonstruiert werden können, sowohl in der (Selbst-)Wahrnehmung der Schauspieler als auch und hier im Besonderen der Erwartungshaltung der Zuschauer.

Wie bei Peter Stein wird das Blackfacing hier auf offener Bühne als Markierung von Menschen im Sinne einer stereotypen Zuschreibung praktiziert. Die Frage ist jetzt also, ob der Schmerz der Markierung von "weissen Schauspielern" und den Zuschauern nachvollzogen werden kann. Mhmh. Ja, warum eigentlich nicht? Hier geht's doch um Einfühlung in die Rolle, oder nicht? Funktioniert das nicht genau so, wie wenn "wir alle" in unserem Alltag oftmals immer nur genau die Rollen spielen (müssen), welche von uns erwartet werden oder von denen wir glauben, dass andere sie von uns erwarten? Es gibt soviele Menschen bzw. Gruppen von Menschen, welche gleichsam unsichtbar bleiben, weil sie auf den Bühnen der Welt nicht politisch repräsentiert werden. Passt das Stück von Genet nicht genau zu dieser Thematik? Mitsamt der Frage, dass bzw. warum auf den Theaterbühnen bis heute "die Schwarzen" von "den Weissen" repräsentiert werden?
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