Kreativität macht nicht alles wett

19. Juni 2014. Für die Frankfurter Rundschau (18.6.2014) hat Judith von Sternburg mit Ann-Marie Arioli, der Festivalmanagerin der ebenfalls heute startenden Wiesbadener Biennale "Neue Stücke aus Europa" gesprochen. Thema sei diesmal "Rebellisches Theater", viele Produktionen befassten sich "mit den gegenwärtigen Umbrüchen befassen", mit Fragen nach Bürgerreichten und "konkret gelebter Demokratie". Auf der formalen Ebene gehe der Trend zum dokumentarischen Theater, "die Arbeit mit recherchierten Materialien ist wichtiger geworden", während die Wirtschaftslage "oft zu sehr ausstattungsarmen Produktionen" führte. Für die Biennale Wiesbaden bleibe angesichts der zunehmend offenen Formen "das Textbasierte einer Produktion (...) ein wichtiges Kriterium".

Positiv sei, dass die Theater international immer besser zusammenarbeiteten, "im kulturellen Bereich findet dieser Austausch, diese Osmose, die man sich für Europa wünscht, statt." Ariolis Eindruck ist außerdem, dass "in den von der Wirtschaftskrise besonders gebeutelten Ländern (...) besonders viel" geschehe – "Der Schockstarre über die Krise folgt eine erhöhte Produktion. Es gibt im Publikum sowohl das Bedürfnis nach Ablenkung als auch nach Reflexion. Man kann feststellen, dass Theater da doch noch eine große Rolle spielt." Natürlich schlüge die Finanzkrise auch "auf die Qualität der Produktionen": "Man kann nicht alles durch Kreativität wettmachen." Es gebe starke Abwanderungstendenzen nach Berlin, London, Paris.

Zum bevorstehenden Ende der Wiesbadener Biennale stellt Arioli etwas vage und mit Bezug auf den einstigen Wechsel von Bonn nach Wiesbaden in Aussicht, dass das Festival in Zukunft eventuell auch woanders stattfinden können. "Es wäre schade, einfach aufzuhören."

(ape)

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