Erregungskünstler

27. Juni 2014. Oliver Kluck ist ein Dramatiker, der den Theaterbetrieb nicht schont. Im Porträt der Süddeutschen Zeitung (27.6.2014) zeigt sich hinter dem Revoluzzer aber auch ein offenherziger und freundlicher Mensch.

"Das Theater hat es wieder mal geschafft", Oliver Kluck habe einen neuen Auftrag angenommen, obwohl er doch eigentlich keine Illusionen mehr über den Theaterbetrieb habe, schreibt Marius Nobach in der Süddeutschen Zeitung. Als künstlerische Sackgasse habe er seine Arbeit begreifen müssen, "als Dienstleistung für eine Ausbeuterfabrik, die den Markt bedient. Und er als Autor leidet zwar unter dem schlechten Betriebsklima, ist jedoch so fest im System verankert, dass er sich nicht dagegen wehren kann. Ihm bleibt nichts außer seiner Empörung."

Im Alltag wie bei der Arbeit gelte er als ein Schriftsteller, der aufbegehrt und widerspricht, wenn er sich falsch behandelt fühlt. "Und der zur Not drastische Maßnahmen ergreift, wie im letzten Jahr zu erleben war" als der sich bereits vor der Premiere von "Was zu sagen wäre warum" dermaßen am Umgang des Theaters mit seinem Stück störte, dass er die Intendanz und das Team um die Regisseurin Alice Buddeberg mit Beschwerdebriefen bombardierte und vergeblich versuchte, seinen Text zurückzuziehen.

"Dieser zornige junge Mann gibt sich bei seinen Auftritten in der Öffentlichkeit und auch im persönlichen Gespräch allerdings ganz und gar nicht aggressiv. Ein freundlicher und offenherziger Mensch, der eher wie ein Referendar als wie ein Revoluzzer wirkt."

Seinen Widerspruchsgeist verstehe er als Ausdruck der Neugier: "Bevor ich Brandbomben schmeiße, schreibe ich erst mal und frage, was die Argumentation ist." Die Erkenntnis, dass sich das Wort als Waffe benutzen lasse, brachte Klucks Schriftstellerkarriere überhaupt in Gang. Während des Wehrdienstes machte er sich genau mit allen Vorschriften vertraut, die ihn betrafen – und begann mit dem Schreiben von Beschwerdebriefen.

Fazit: Die ironische Resignationshaltung seines jüngsten Textes sei ein Zeichen, dass Kluck sich zumindest mit dem Theater arrangiert habe, auch wenn ihm manches suspekt bleibt. "Es sei zu hoffen, dass die beiden sich auch weiterhin zusammenraufen können. Denn das Theater kann von dem Temperament eines Oliver Kluck nur profitieren: von einem ungestümen und neurotischen Provokateur, der sich in kein herrschendes System einsperren lassen will."

(sik)

 

 

 

Kommentare  
Presseschau Kluck: Wohlfühl-Rolle
Merkwürdige Kommentierung. Ist man nicht längst Teil des Systems, und von ihm geschluckt, wenn das System die Erregungen des sog. Revoluzzers immer wieder anfragt? Es ist anzunehmen, dass sich der Herr Dramatiker in dieser Rolle ganz wohl fühlt.

Den wirklichen Aufbegehrern aber verweigert sich das System und vereinnahmt sie erst, wenn sich nicht mehr wehren können.
Presseschau Kluck: nicht im Spielplan
Ganz so fest scheint Kluck nicht im System verankert zu sein. Zumindest taucht sein Name in den Spielplänen nicht mehr auf.
Presseschau Kluck: Inszenierung am Text vorbei
Ich habe die Inszenierung Buddeberg zu "Was zu sagen wäre warum" sehen können. Ich empfand sie als öde und fad. Zudem hat sie nichts von der Aussage des Textes transportiert. Für mich ist es nachvollziehbar, dass ein Autor kein Interesse daran haben kann, dass mit seinem Stück derart verfahren wird, wie am Schauspiel Frankfurt.
Presseschau Kluck: nicht unterkriegen lassen
Kluck ist im Frankfurt eine Behandlung zuteil geworden, die keinem Dramatiker zu wünschen ist. Es bleibt zu hoffen, dass er sich davon nicht unterkriegen lässt. Schreibt er noch?
Presseschau Kluck: kann nicht wahr sein
@2 Das kann doch nicht sein. Wo gibt es neue Kluck Stücke zu sehen?
Presseschau Kluck: richtig gehandelt
Kluck hat richtig gehandelt, dem Rowohlt Verlag zu kündigen. Sicherlich ist es nicht immer leicht für einen Dramatiker, zu sehen, wie das Theater mit dem Stück umgeht. Dass das Stück für die Bühne bearbeitet werden muss ist allen klar. Und auch Kluck weiß das. Er hat dem Rowohlt Verlag sicherlich nicht wegen der Inszenierung am Schauspiel Frankfurt gekündigt.
Presseschau Kluck: Originalstatement
Auf die Vorgänge in Frankfurt geht der Autor auf seiner Homepage ein. Hier ein Auszug:

"Die Produktion am Schauspiel Frankfurt war gerade nicht durch ein besonderes Interesse der Dramaturgie an einem Stoff zustande gekommen, sondern durch einen Preis, den mir der Bundesverband der deutschen Industrie nach zweieinhalb Jahren Theaterarbeit für mein Lebenswerk verliehen hatte. Wie bei allen anderen Preisen zuvor, war auch an diesen Preis eine so genannte Uraufführung gekoppelt, so dass Reese, damals Intendant in Frankfurt, davon ausging, dass ich mich erstmal bei allen bedanke und ihm, nachdem ich mich bei allen bedankt hatte, für sein Haus etwas schreiben werde, für das er überhaupt nichts bezahlen muss. Nun hatte ich, nachdem ich bereits einige Male für Scherzgagen oder wie bei Petras gleich für lau gearbeitet hatte, keine Lust, nun auch noch für den Toppverdiener Reese Frondienste zu leisten. In Anbetracht der Tatsache, dass bereits damals jeder in Frankfurt mehr verdient hatte als ich es tat, im Gegensatz zu mir niemand seinen Namen und seine Biografie („Der Wutnörgler aus dem Osten“) herzugeben hatte, empfand ich zwölftausend Euro als nicht unangemessen hoch. Gezahlt wurden schließlich achteinhalb. Monatelang bestellte ich mir kistenweise Wein, deklarierte diese Bestellungen, die ich schließlich in nächtelangen Krächen alleine aufbrauchte, der Steueraufsicht gegenüber als Geschenke an meinen damaligen Lektor Bastian Häfner, der die Verträge mit dem Schauspiel Frankfurt verhandelt hatte."

Quelle: http://www.oliverkluck.de/index.htm
Presseschau Kluck: im Ganzen lesen
Sehr interessantes Porträt in der Süddeutschen! Man sollte es im Ganzen lesen. In der Zusammenfassung fehlt leider der Hinweis auf seine beiden neuen Aufführungen- er ist also sehr wohl in den Spielplänen zu finden: Uraufführung seiner Bearbeitung von Andreas Altmanns autobiograpischem Text "Das Scheissleben meines Vaters, das Scheissleben meiner Mutter und meine eigene Scheissjugend" ist am Schauspielhaus Graz in der Regie von Christian Rast zu sehen, die Uraufführung seiner neuesten Arbeit "Der Hund des alten Mannes" kann man am Theater Rampe Stuttgart in der Regie von Marie Bues sehen.
Presseschau Kluck: falsch, falsch, wieder falsch
zu 6. Liebe Dora, was meinen Sie mit: "Dass das Stück für die Bühne bearbeitet werden muss ist allen klar." Falsch, falsch und wieder falsch. Ein Roman oder ein Film muss für die Bühne bearbeitet werden: ein/e Dramatiker/In schreibt und konzipiert Stücke für die Bühne. Sie brauchen kein weitere Bearbeitung: nur einer empathische und gekonnte Inszenierung.
Presseschau Kluck: weder noch
@8: Irene, wie nett von Ihnen. Nur finde ich in den Ankündigungen für die nächste Spielzeit unter Kluck weder eine Uraufführung. Noch einen Stückauftrag. Noch eine Hausautorenschaft. Noch sonst eine Information.
Presseschau Kluck: Zeit wird es
Meese am Gorki und Warteraum Zukunft am DT waren große Erfolge. Zeit wird es, dass Kluck endlich wieder in Berlin gespielt wird.
Presseschau Kluck: ganz einstellen
Was sollte jemanden wie Kluck dazu ermutigen, weiter für das Theater zu schreiben? Er ist, wie auch Stockmann und Löhle und all die anderen, durch den Berliner Stückemarkt auf den Markt geworfen worden. Dort hat man bereits im letzten Jahr festgestellt, dass der Autor doch nicht mehr für das Theater gebraucht werden kann. Der Autor für das Theater unbrauchbar geworden ist. Wo es Kollektive gibt und vor allem Regisseure, denen es überhaupt nicht schwer fällt, sich ihre Texte selber zu schreiben. Vielleicht sollte Kluck, statt sich weiter an den Strukturen zu reiben, vielmehr darüber nachdenken, ob es vielleicht besser wäre das Fach zu wechseln. Oder die Zusammenarbeit mit dem Theater ganz einzustellen und sich auf andere Formen einzulassen. Dass er das Talent dafür hat, hat er mehr als einmal unter Beweis gestellt.
Presseschau Kluck: Wunsch
Zumindest scheint es so, dass die Preise und Auszeichnungen, die Kluck erhalten hat, seine Haltung zu den Dingen nicht allzu sehr beeinflusst haben. Dass sich die Portraits gleichen, immer wieder darauf verwiesen wird, dass Kluck aus einer bildungsfernen Bevölkerungsschicht kommt, hat kaum noch einen Bezug zu den jüngeren Arbeiten dieses Autors. Was die Form und die Inhalte dieser Arbeiten anbelangt, ist deutlich zu sehen, dass eine Entwicklung erste Früchte trägt. Es ist Kluck zu wünschen, dass ihm gelingt, diese Entwicklung weiter voran zu treiben.
Presseschau Kluck: alte Heimat
Das Theater Vorpommern bringt in der nächsten Spielzeit Klucks "was zu sagen wäre warum" als "Uraufführung der Autorenfassung". Premiere soll am 22. Januar 2015 in Greifswald sein. Die Stralsunder Premiere folgt am 29. Januar. Damit wird der Autor endlich auch in seiner alten Heimat dem Publikum vorgestellt...
Presseschau Kluck: den Umgang reflektiert
Kluck hat auf seiner Homepage nicht gegen die Inszenierung Rast am Schauspielhaus Graz angeschrieben, sondern seinen Umgang mit dem Stoff kritisch reflektiert. Insofern ist die Behauptung Nobachs, Kluck sei mit der Inszenierung Rast unzufrieden gewesen, in keiner Weise belegt.
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