Presseschau vom 15. Oktober 2014 – Die Berliner Zeitung über Ärger um ein Helmi-Video im Berliner Humboldt-Lab

Mit allen zeittypischen Vorurteilen

Mit allen zeittypischen Vorurteilen

15. Oktober 2014. Ein Ausstellungsbeitrag der Puppentheater-Combo Das Helmi für das Berliner Humboldt-Lab ist beim ehemaligen Leiter der Nordamerika-Abteilung des Ethnologischen Museums in Dahlem, Peter Bolz, auf vehemente Kritik gestoßen. Das berichtet Harald Jähner in der Berliner Zeitung (14.10.2014). Das Humboldt-Lab dient als Experimentierstätte für neue Präsentationsformen, die die Ausstellungen im künftigen Humboldt-Forum im Stadtschloss inspirieren sollen.

Das Helmi hatte für das Humboldt-Lab einen Videofilm auf Grundlage der Tagebücher des Forschungsreisenden Adrian Jakobsen, der u.a. bei nordamerikanischen Indianern Exponate für das Berliner Völkerkundemuseum erwarb. Im Auftrag von Museumsleiterin Viola König sollte Das Helmi diesen Teil der Museumsgeschichte "auf unterhaltsame Weise anschaulich machen", schreibt Jähner. Aber: "Das Helmi wäre nicht das Helmi, wenn es dabei nicht schräg in jeder Hinsicht zuginge, derb, anarchisch, selbstironisch, absurd."

Orgie nackter Wilder

Im Ausstellungsvideo der Gruppe seien die Puppen wie immer "provozierend schlampig gefertigt, wie immer treten die Puppenspieler selbst ins Bild neben ihre Puppen, aber diesmal sind sie provozierend nackt". Der Ethnologe Peter Bolz stoße sich nun vor allem an der "Darstellung eines indianischen Potlatch-Festes als Orgie nackter Wilder". So äußert sich Bolz in Jähners Bericht: "Man stelle sich vor, dass Vertreter von Indigenen von der Nordwestküste im Saal anwesend gewesen wären. Die hätten sofort unter Protest Berlin verlassen und wären nie wiedergekommen!"

Laut Jähner komme es hier im Museum zu einem "exemplarischen Clash of Civilizations" zwischen den Künstlern und dem Enthnologen: "Die Verletzbarkeit traditioneller indianischer Kulturen, stellvertretend vertreten vom Völkerkundler, trifft auf den anarchischen Humor des Berliner Puppentheaters, zu dessen Markenkern gehört, dass ihm nichts heilig ist." Museumdirektorin Viola König habe das Helmi mit dem Hinweis verteidigt, die Gruppe habe ihren Auftrag umgesetzt, "nämlich die Tagebücher des Kapitän Jakobsen spielerisch umzusetzen mit allen zeittypischen Vorurteilen."

(chr)

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