Zuviele Dramasseure

6. April 2014. Es gibt "einen großen Konflikt zwischen Regisseuren, die auf sich aufmerksam machen müssen, und Gegenwartsdramatikern, die auf Schauspieler, auf Mimesis, auf Menschenkunst, auf Geschichten setzen", sagt Moritz Rinke im Interview mit Matthias Heine von der Welt.

Für Regisseure sei heute die einfachste Arbeitsweise, um aufzufallen: "Sie wenden sich klassischen Texten zu, 'Hamlet', 'Kirschgarten' etc. Stücke, die natürlich bekannt sind und bei denen die Regie durch ihre radikale Bearbeitung als Brückenarchitekt in die Gegenwart auffallen kann." Das gehe einher mit dem Eingreifen des Regisseurs in die Dramatik, "also ist ein neuer Beruf entstanden: der 'Dramasseur'."

Und weiter, natürlich aus der Perspektive des Dramatikers: "Ein Regisseur, der also nicht ganz für die Geschichte des Stückes brennt und sie unbedingt erzählen will, der wird sich bei Gegenwartstexten seltsam arbeitslos fühlen, als Sekundärkünstler, als Repräsentationsgehilfe." Und dann werde er ein selbstreferenzielles Paralleluniversum zum Text errichten, "weil er denkt, Regie würde sonst nicht stattfinden". "Nicolas Stemann zum Beispiel ist darin Weltmeister."

Was ist sonst noch misslich? "Das deutsche Theaterleben findet meist in Kantinen unter der Erde statt." "Je größer das Theater in Deutschland, desto unentspannter die Regisseure. Und je größer die Theater, umso größer die provinzielle Selbstreferenz."

Und dann noch Rinkes Senf zur Burgtheaterkrise: "Das Tragischste daran ist, dass es hier jemanden trifft, der eigentlich großzügig verschiedene Ästhetiken an seinen Häusern zulassen konnte und durchaus ein Publikumsfänger war." Da sei Hartmann wie Peymann. "Peymann wird ja deshalb immer unterschätzt, weil er sich immer zu viel selbst lobt. Wenn der sich selber weniger loben würde und erkennen würde, dass er nicht nur von Feinden umgeben ist, könnte er eigentlich ganz zufrieden sein."

(sd)

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