Ich schau dir in die Augen ... - René Pollesch stellt die alten Fragen neu
Um Kopf und Körper
von Anne Peter
Berlin, 13. Januar 2010. Wieder möchte man den nichtexistenten Preis für den schönsten Stücktitel des Jahres am liebsten schon im Januar vergeben. Und wiederum hätte ihn René Pollesch verdient. Überschrieb er vor einem Jahr das um Spieltische arrangierte Orgasmus-Würfeln im Volksbühnen-Foyer mit Du hast mir die Pfanne versaut, du Spiegelei des Terrors!, nennt er seine erste Produktion im Jahr 2010 nun, in Anlehnung an einen im Ventil-Verlag erschienenen Sammelband mit "Texten zu Subjektkonstitution und Ideologieproduktion", "Ich schau dir in die Augen, gesellschaftlicher Verblendungszusammenhang!".
Diese Mischung aus "Casablanca"-Romantik und Adorno, bei gleichzeitiger Unerschrockenheit der Kampfansage an unsere bequeme Welt der Täuschungen! Entsprechend reißt Fabian Hinrichs, der diesen Neunzigminüter in der Berliner Volksbühne bewundernswerter Weise im Alleingang bestreitet, bei dem Wort "Verblendung" stets die Arme zur kämpferischen Hab-Acht-Stellung hoch.
Der Verblendungszusammenhang war ja schon immer das, woran der Autorregisseur mit Vorliebe zuppelte, in das er Löcher piekste und was er seinem Publikum schwungvoll vor den Augen wegzog. Der Verblendungszusammenhang, dem es hier zu begegnen gilt, besteht nach Pollesch einmal mehr darin, dass wir an Konstrukten wie "Sinn", "Seele", "Liebe", "Ursprung" festzuhalten gewillt sind, auch wenn uns die poststrukturalistische Theorie seit Jahrzehnten Anderes vorphilosophiert.
Fremdleben mit Dosengelächter?
So ist, laut Pollesch, der Sinn abwesend, die Seele nichts als "eine Außenbeziehung des Körpers mit sich selbst"; verlieben tun wir uns nur, weil wir von der Liebe gelesen haben; und was den Ursprung betrifft, so ist auch dieser eine Chimäre, schließlich wird man "aus einem Geist geboren und nicht aus einer Mutter!" Und dann wäre da noch eines von Polleschs Lieblingsbeispielen: die "weiße, männliche Hete", die natürlich nicht etwa für das Publikum in toto sprechen, geschweige denn die gesamte Menschheit repräsentieren kann. Hier liefert Jean-Luc Nancys Buch "singulär plural sein" weitere Stichworte.
Das "interpassive Theater" hat der fleißige Theorieaufgabler Pollesch jüngst bereits bei Calvinismus Klein in Zürich diskutieren lassen. Einige Textbrocken sind nach Berlin herübergeschwappt: Interpassives Theater wäre, erklärt Hinrichs die Interpassivitätstheorie des Wiener Philosophieprofessors Robert Pfaller, "der Schauspieler geht am Ende der Vorstellung mit Ihrem Partner nach Hause. Dann müssen Sie das nicht tun." Frei nach diesem Prinzip des delegierten Genießens bestellt Hinrichs denn auch immer wieder "Dosengelächter" aus der Tonabteilung, da müssten wir die Lachmuskeln eigentlich gar nicht mehr selbst betätigen.
Oder lieber mitklatschen und mitstöhnen?
Es geht hier also um Polleschs (derzeitige) Leib-und-Magen-Fragen. Und doch ist das Pollesch-Theater diesmal ganz anders. Was zum großen Teil dem famosen Präsenz-Bolzen Fabian Hinrichs zu verdanken ist. Und der Bereitschaft Polleschs, sich mit ihm auf neue Wege zu begeben. Hinrichs weiß mit seiner seltsam sehnigen Körperlichkeit und einer böse parodierenden Alleinunterhalter-Verve den leeren Volksbühnen-Raum mit dottergelbem Großvorhang (Bühne: Bert Neumann), in den immer wieder 80er-Jahre-Hits hineinschallen, stets zu füllen. Zwischendurch stimmt er Lieder zur Gitarre an und fordert zum Mitsingen auf, ebenso wie zum Mitklatschen, Mit-Arm-Schwingen, Mitstöhnen. Was ziemlich komisch ist. Allerdings kann es auch passieren, dass Hinrichs einem die elektrische Zahnbürste ins Gesicht hält... – Interaktivität at its worst.
Nachdem er mehrere Jahre, bis 2005, an Castorfs Volksbühne engagiert war und dabei auch in Pollesch-Stücken spielte, fiel Fabian Hinrichs in den letzten Jahren im Theater vor allem als Protagonist in Laurent Chétouanes eigenwilligen Körper-Sprech-Performances auf. In dessen Regie war er ein Solo-Hamlet, war Büchners Lenz, Hölderlins Empedokles und – auch das – Goethes Iphigenie.
Diesmal ist Platz für eigene Notizen
Jetzt wirft er Iphigenie-Reclam-Heftchen ins Publikum, während er jene berühmten Zeilen deklamiert: "das Land der Griechen mit der Seele suchend". Hinrichs streckt die Beine zum Riesenschritt und klagt im hohen Ton, vollführt typische Chétouane-Gestik. Denselben Ton mit derselben artifiziellen Betonung legt er jedoch auch für die Pollesch-Sätze an. Und wenn er davon spricht, dass wir nichts sind "als Erfahrungen der Körper", dann umgestet er seine nackten Glieder auf Chétouane'sche Weise, reibt an der eigenen Haut, streicht über Bauch und Beine. Hinrichs steht insofern mit seiner ganzen Schauspieler-Biographie auf der Bühne, und Pollesch lässt diesmal auch die spezifische Spielweise des Schauspielers mit in sein Theater hinein – was einen ungewohnten Kontrast ergibt, ein reizvolles Experiment.
Vielleicht lässt gerade diese Sprechweise, die nicht mehr atemlos und immer an der Grenze zur Hysterie von einem Gedanken zum nächsten springt, dem Zuschauer mehr Gelegenheit, selbst mit Fragen dazwischenzukommen? Zum Beispiel danach, ob Pollesch der interpassive Ansatz inklusive Dosengelächter tatsächlich zum bejahenswerten Modell gereicht? Und wo das abgelehnte interaktive Theater, diese "widerliche Kunstform der Geselligkeit", in schrecklichster Reinform eigentlich stattfindet? Sind das Spitzen gegen den Authentizitätskult um Jürgen Goschs Tschechow-Arbeiten, wenn es heißt "Nicht dieses russische Gebräu am Samowar, der auch nur innen warm macht. Das ist gar nichts, da drinnen"? Oder zielt Pollesch mit seiner Interaktivitätskritik vornehmlich auf den medialen Verblödungszusammenhang um Bohlen und Co.?
Wie füllt man ihn?
Früher schrieen die Pollesch-Performer in Hochgeschwindigkeit von ihren Sitzsäcken aus als Heidi-Hoh-Kollektiv gegen "die Interessen der Firma" an. Dann begannen sie hochkomisch übers Boulevard-Glatteis zu slapsticken. Und jetzt? Was ist das für ein Theater? Schwer zu sagen, möglicherweise ist es weder interaktiv noch interpassiv. Fürs erste hat man jedenfalls Lust, darüber nachzudenken.
Ich schau dir in die Augen, gesellschaftlicher Verblendungszusammenhang!
von René Pollesch
Regie: René Pollesch, Bühne und Kostüme: Bert Neumann, Dramaturgie: Aenne Quiñones.
Mit: Fabian Hinrichs.
www.volksbuehne-berlin.de
Mehr über René Pollesch und Fabian Hinrichs lesen Sie in den entsprechenden Glossareinträgen. Dort finden Sie auch eine Linkliste aller die beiden betreffenden Nachtkritiken.
Kritikenrundschau
In der Berliner Tageszeitung Der Tagesspiegel (15.01.2010) freut sich Rüdiger Schaper über ein "kleines, aber singuläres Theaterereignis", über einen Abend von "einer anrührenden Komik und verblüffenden Intelligenz". Schaper hörte: ein "anderer Pollesch-Ton und Gestus. Leise, nachdenklich, suchend und tastend …". Pollesch verzichte auch auf die "sonst so ausgiebig ventilierten ökonomischen Wirtschafts- und Entfremdungsszenarien", vertraue allein auf Fabian Hinrichs, "der seine Haut zu Markte trägt". Wenn Hinrichs singe: "Und wir sind vielleicht endlich von den Dingen befreit, die wir lieben", weht es Schaper traurig an. Denn dazu zähle wohl auch das Theater, von dem nur noch der "Phantomschmerz" übrig sei. Pollesch beschreibe "diesen Phantomschmerz so genau", er begebe sich in ein "so fein gewebtes Zwiegespräch mit seinem Patienten, dem Schauspieler", dass das Theater durch die Hintertür wieder hervorschaue. Manchmal wirke Hinrichs wie ein "verträumter Inspizient des Nachts im Theater, der zu seiner Überraschung auf Zuschauer trifft" – die "Dinge haben ein geheimes Eigenleben, sie warten auf die Rückkehr der Komödianten". Der Abend hänge an einem "einzigen Faden" – mit dem spinne Fabian Hinrichs die Zuschauer ein. "Man beobachtet ihn mit Sorge, wie er da tut und schafft und ackert. Aber immer mit Lust und Gewinn."
In der Wiener Zeitung (15.1.2010) schreibt Joachim Lange: Der Pollesch-Monolog scheine Fabian Hinrichs "in die gelenkigen Knochen gefahren zu sein". Mit einem "betont dilettantischen Anlauf" renne Hinrichs "anfangs" aus dem Publikum auf die Bühne, um sich "dort ganz übermütig auszutoben und auszuziehen". Und dann "Sein und Schein, also den Verblendungszusammenhang, so ganz im Lebens-Allgemeinen" und "bezogen auf die Bühne und den Schauspieler im Speziellen", zu seinem Thema zu machen. Dabei flüchte er vor dem Text "immer wieder von der Bühne". Doch der hole ihn immer wieder ein, schüttele ihn und kümmere sich nicht um die "mitgelieferte Infragestellung". Da gewinne der Abend seine "größte Dichte und Wirkung".
Es sei nicht auszumachen, schreibt Dirk Pilz in der Berliner Zeitung (16.1.2010), ob Pollesch die Interpassivitätstheorie Robert Pfallers "wirklich durchdrungen hat, aber sie gefällt ihm offenbar". Entscheidend sei, dass er die von ihm gepredigten Überzeugungen nun nicht mehr "in den publikumsfreundlichen Mantel des Witzigen" hülle – "Jetzt ist augenscheinlich Schluss mit lustig, denn Hinrichs mimt zwar den Entertainer, (...) spricht und gestikuliert aber so unerschütterlich ernst, als komme er eben aus einem katholischen Predigerseminar". "Pollesch erlaubt seinem grandiosen Solisten die Kanzel-Sprache, womit ironischerweise das Pollesch-Theater gleichsam zu sich selbst findet: Es gibt keinen unerschrockeneren, verbisseneren, hehreren Prediger im Gegenwartstheater als René Pollesch, außer vielleicht Peter Stein." Seinen "wesentlichen Dreh" erhalte der Abend "durch Hinrichs Spielkunst: Das, was er predigt, und die Weise, in der er seinen Körper einsetzt, driften aufs Schönste auseinander. Die Pollesch-Worte und das Hinrichs-Spiel treten folglich in einen sich gegenseitig kommentierenden Dauerwettstreit." Fazit: "eine rasante Selbstreferenz-Show, die den Pollesch-Text als das nimmt, was er auch ist: eine trubelig-verschwurbelte Theorieblödelei. Toll."
Als er "nach fast 3 jahren abstinenz" die renovierte Volksbühne besuchte, habe Bert Neumanns Raum auf ihn "überwältigend schön, beruhigend, anmachend und wahrhaftig", schreibt Christoph Schlingensief in seinem Schlingenblog (14.1.2010). Dieses Haus habe "mit seinen durchhalteparolen schon seit ewigkeiten" den "immensen druck (...) des: ich mach dich fertig" ausgeübt. "und ich dachte immer es lag an den angestellten. aber seit gestern abend weiß ich, dass das gebäude gesprochen hat. das gebäude wollte höchstleistung sehen, es wollte, dass etwas passiert, was woanders nicht möglich ist, weil der raum schon so toto und kaputt (...) alles kleinkocht und funktionalisiert. die volksbühne scheint aber tatsächlich ein lebewesen zu sein, dass es jetzt verstanden hat, dass es auch mal lieb sein muß, dass es um die liebe zu denen geht, die da auftreten. und wie der raum dann plötzlich mit fabian hinrichs verschmolzen ist, war ein großer moment". Angesichts der Kritiken, in denen "von zitaten, von auflösung von irgendwem und vorbildern, von glück, dass nicht so schnell gesprochen wurde" zu lesen ist, fragt sich Schlingensief, "warum theaterkritik so wenig chancen hat, einfach mal über die macht des raumes" zu schreiben, "über die luftballons zu schreiben, die plötzlich am boden feststanden, und dann wie von geisterhand anfingen zur gitarre ihren platz zu verlassen". Froh ist Schlingensief auch, dass "dieser funktionalisierungswahn mit text, bedeutung, einfall und verwertung endlich mal als miese absprache zwischen uns und einem die welt in keinster weise beeinflussenden medium wie theater thematisiert oder besser: erlebbar macht, glaubwürdig und zart". Beeindruckt hat Schlingensief vor allem auch Fabian Hinrichs, "fast nackt, dürr, durchtrainiert und gesundgehungert", alles sei "plötzlich reiner raum-körper ... raum/zeit/körper ...." gewesen. "danke, danke, danke! an diesem abend stimmte wirklich alles! Da habe ich richtig Lust bekommen auch mal wieder an die Volksbühne zurückzukehren, ... jetzt wo der Raum bemerkt hat, dass er seine Körper auch mal wieder lieben muß".
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aber vielleicht geht es pollesch ja eher um die zersetzung der klaren unterscheidung von interaktiv (ich muss teilnehmen) und interpassiv (ich deligiere) - um ein drittes zu denken? jedenfalls ist das interaktive spiel von hinrichs bei gleichzeitiger permanenter betonung, dass das interaktive abzulehnen sei, doch ein deutliches zeichen dafür, dass man diesen abend über die aussagenebe allein nicht zu fassen kriegt.
was für ein hinreißender text, der das polleschige so punktgenau zusammenfasst, die verschiebungen überzeugend markiert und der lust und vorfreude kitzelt, so dass man sofort in den zug nach berlin steigen möchte. moskau ist jetzt in berlin! vielen dank! paul gast
was ist das hier, Ihr insgeheimer Wettbewerb um den verquasteten Scheiß, der je auf nachtkritik geschrieben wurde??? Hat der Sonderforschungsbereich 447 - Kulturen des Performativen wieder freies Wochenende, oder was ist da los? Den Promifaktor-Verdacht als Qualitätsmerkmal des Abends muß sich Frau Peters nachtkritik schon gefallen lassen, der ist ziemlich pubertär. Dass daraus aber solche Kommentare erwachsen, zeigt nur, welche Interpretationswucherungen noch der bescheidenste Premierenabend zuläßt.
Aber was meinen Sie denn jetzt eigentlich mit dem Promifaktorverdacht als Qualitätsmerkmal des Abends? Ist doch nichts Neues, dass da in jeder Premiere immer irgendwelche Promis sitzen. Ich kann auch ohne die denken. Jeder kann das. Ohne die Stars denken, die uns, dem spektakulären Starsystem nach, immer nur diese eine Marktgesetzversion des Lebens vormachen sollen. Und ausserdem: Anne Peter schreibt doch gar nicht über die Promis.
Nach Felix Ensslin ist das Theater nicht nur dazu da, das imaginäre Symbolische zu öffnen, welches die kapitalistischen sozialen Formen erlauben [das heisst, diesen Befehl des "Genieße!" zu befolgen und damit die Regeln des Systems wiedereinzusetzen]. Zitat: "Dadurch ist die Kunst utopisch, nicht nur durch die Einschreibung einer noch ausstehenden Zukunft, sondern indem sie das radikal öffnet, was in all seinen täglich zugänglichen Optionen und normalistischen Wahlmöglichkeit, grundlegend verschlossen ist: den Raum 'Zwischen zwei Toden', aus dem heraus jeder Widerstand, jede Schöpfung, jede neue symbolische Form hervortreten muss." (Felix Ensslin, Zwischen zwei Toden: Vom Spiegel zur Wiederholung)
Um das einfacher zu beschreiben: Fabian Hinrichs verschwindet immer mal wieder hinter dem gerafften gelben Vorhang als symbolische vierte Wand. Und dann ist da eine Leere, und ich frage mich: Wie gehts denn jetzt weiter? Ja, ich bin da vielleicht wie das Kind, welches den Kasper wiedersehen will. Aber im Erwachsenentheater rufen wir den Kasper nicht mehr zurück. Wir warten. Und wenn er dann nicht wiederkommt? Dann müssen wir eben selbst ran. So funktioniert die Wieder-Holung in der Differenz.
In diesem Forum gibt es: Freude über den Pollesch-Abend (und seine Gäste), Freude über die Kritik von Frau Peter, vereinzelte Gelangweilte, zwei Gegenthesen zu Pollesch Interpassivitätsdiskurs sowie weitere vier "Versuche" zur Deutung dieser Pollesch-Arbeit. Was, um Himmels Willen, soll daran verkehrt sein?!
Wer gehoben, wer abgesetzt gehört, wer es einmal konnte und nun nicht mehr und so fort - Diese Verhinderer jeder Öffnung hin zu einer Sprache über Theater die mal jenseits dieser quälenden Selbsbespiegelung dieser untätigen Theatermaniejacks verkleben dieses Forum, diejenigen, die sich ununterbrochen an ihrem Geschwätz, in schamloser Weise allein selbst befriedigen und dieses Forum zu einem jeden Gedanken und jedes Empfinden Müllen alles zu und machen das hier zu einem Alptraumraum.
Pollesch ist so derartig heiter und verspielt, so ohne Arg und kleinlicher Feindseligkeit, dass ich es unerträglich finde, wenn für sein Theater hier Lanzen gebrochen werden auf eine Art und Weise, die Nicht-Versteher, von den selbsternannten Spezialisten derart geschuhriegelt werden, dass einem vor jedem Nachtkritikbesuch nur noch Angst und Bange werden kann, weil es scheinbar zu allererst der Tummelplatz einer modernen Art von Volkserziehern ist, die unter dem Vorwand eines angeblichen Befreiungsdiskuses, das genaue Gegenteil davon betreiben, nämlich dreistesten Ich-Sprech, der ewig und drei Tage bemüht ist alles und jedes in die eigene Sülze zu verwandeln. Was, um es deutlich zu sagen kein Problem wäre; wäre es so unter anderem, aber es ist eine Monokultur die hier ihr Reservat eröffnet hat und eine große nervtötende Karikatur der Theaterkritik kritzelt.
Aber dass in diesen Foren nur die Miesmacher aktiv wären, ist schlichtweg falsch. In vielen Fällen konnten einseitige Beurteilungen der Kritik (insbesondere der Nachtkritiken selbst) durch Stimmen aus dem Forum relativiert werden, oft nutzen die Theater das Forum selbst, um noch einmal den einen oder anderen Gedanken der Produktion zu stärken bzw. überhaupt erst zu lancieren. Das ist oft sehr lesenswert. Man lernt mittlerweile sogar die Regeln dieses Diskurses verstehen. Wenn auf einen Verriss mal keine Abwehrschlacht im Forum folgt, kann man sich sicher sein, dass die Produktion innerhalb des Hauses auch nicht viel gilt. usw.
Jedenfalls ist das Ganze hier weitaus Bunter als es die Richter-Kritik der letzten Tage scheinen lassen will.
PS. Übrigens scheinen mir die Stimmen, die den Pollesch/Hinrichs-Abend so wie Sie als grandioses Theatererlebnis einstufen in diesem Forum zu überwiegen. Ich reihe mich hier gern ein.
Kurz ausgedrückt: hier werden die Dispute der Pollesch-Stücke in wilder Manier fortgesetzt.
Die Gespräche in "Rotkäppchen" oder "Cappuccetto Rosso" oder "Little red riding hood" - das war ein kleiner polyglotter Ausflug - erinnern an WG-Grundsatzdebatten in der Küche, vor allem die von Caroline Peters vorgetragenen Texte.
In diesem Forum wird zu viel sinnlos palavert, Sophie Rois z.B. setzt ihre Energie sinnvoll ein, auch wenn sie mal absichtlich-theatralisch einen Lautsprecher auf den Boden wirft.
Nach "Cappuccetto Rosso" lagen auf dem Tisch ein Haufen Kuscheltiere. Wenn es nicht diesen Überschuss an Stofftieren gegeben hätte, so hätte ich ihr eins geschenkt.
Wenn ich diesen Abend mit Hinrichs erlebe, kann ich überhaupt nicht auf die Idee kommen, dass der Pollesch da ein (neoliberaler) Schauspielerausbeuter ist. Wenn er so auf die Formvorstellungen seiner Schauspieler einzugehen vermag, dann ist er genau das nicht.
@ Flohbär: Sie wollen Caroline Peters ein Kuscheltier schenken? Dadurch entlarven Sie für mich nur ihr stereotypes Denken über die Geschlechter, wonach Frauen keine erwachsenene Frauen sind, sondern für immer kleine Mädchen / Lolitas bleiben. Immer schön klein halten, die schicken Mädels in den Matrosenkostümen. Und übrigens, Denken ist auch Energieverschwendung.
@ max weber: Nein. Die Seele ist keine kapitalistische Erfindung. So ein Quatsch. Es geht darum, dass dieser Begriff der "Seele" suggeriert, dass es eine unsterbliche Seele gebe, die überzeitlich existiere. Darin spiegelt sich dieses transzendentale Denkmuster, nach welchem wir uns Körper und Geist in einer Einheit vorstellen. René Pollesch und Fabian Hinrichs dagegen demonstrieren, dass Körper und Geist getrennt voneinander gedacht werden müssen. Und dass auch sie beide nicht denselben Sinn teilen. Dass Pollesch den Text schreibt und Hinrichs den beim Lesen und Sprechen schon wieder verändert. Und deswegen auch diese Pappfigur am Ende. Wir können nicht nicht re-präsentieren. Wir wiederholen Zeichen, die vorher schon als Zeichen gebraucht und gesetzt wurden. Wir können nicht zum schwarzen Loch, zur Leere des zugleich Alles und Nichts zurück. Aber deswegen ist Pollesch doch nicht gleich moralinsauer! Der ist eine intelligente Party! Und ausserdem haben Sie mich nicht verstanden. Es geht eben gerade nicht um die Katharsis, weil es nicht um geteilte Gefühle bzw. um einen geteilten Sinn geht. Das können Sie schon allein daran erkennen, dass Anne Peter diese Inszenierung anders wahr-nimmt bzw. be-schreibt und interpretiert als die Kommentatoren. Aber alle wieder-holen diese Aufführung. Auch Sie schreiben daran mit und weiter.
Aber von wem ist der Song denn?
Oder die Musik war doch von Jochen Distelmeyer?
Um meine Position deutlicher zu machen und mögliche Missverständnisse aufzuklären: Es ging mir um die hierarchisch-wertende Begriffsopposition zwischen Körper und Geist/Seele, wonach der Geist den Körper organisiere. Und dass die Seele erst nach dem Tod den Körper verlasse. Aber wir wissen alle aus Erfahrung, dass der Körper auch ein Eigenleben führt, und das kann auch der Vatikan nicht verhindern. Das führt nur zu Exzessen wie der Pädophilie von Seiten katholischer Priester, welche sich an kleinen Jungs vergehen. Kurz: Der Körper ist nicht vollends durch den Geist kontrollierbar. Das ist die alte Frage nach der Freiheit des Willens.
Ich würde daher nicht sagen (und ich bin mir auch nicht sicher, ob Pollesch das tut), dass der Geist rein biologistisch erklärt werden kann. Denn der Mensch hat immer die MÖGLICHKEIT, sich zu ent-scheiden. Ich muss mich, um menschlich zu sein, als Nicht-Mensch erkennen. Das Nicht-Menschliche wäre auf der einen Seite der totale Rationalismus. Und auf der anderen Seite der totale Biologismus.
So wie ich das verstanden habe, geht es bei Pollesch um das Aufzeigen des Paradoxes, dass es keine endgültige Lösung geben kann, sondern das der Spiel-Raum des Mensch-Seins situativ offen bleiben muss. Dass es kein Inneres ohne ein Äußeres geben kann, dass es kein Immaterielles ohne materielle Manifestation geben kann. Und dass das Ich oder das Selbst sich zwischen diesen sprachlichen Konzepten verorten muss.
Schließlich, dass die Seele weiterlebt, das ist nicht Erkenntnis oder Wissen, das ist Glauben. Und nicht jeder muss dran glauben.
@ Songsucher: Der Song ist wahrscheinlich eine Eigenkomposition von Fabian Hinrichs.
Es wäre gut, wenn Herr Pollesch etwas Deutsches Liedgut einbringen würde. Wie wäre es mit „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ von Heino?
Es ist nun einmal so. Wir müssen. Es ist, wie es ist. Nur deshalb ist es so. Das ist die Sprache von uns.
Pollesch braucht auch Roy Black. Es ist nun einmal so.
Wir sind die Stärkeren.
Wir müssen.
Im Übrigen hat die Nachtkritik eine so gehaltvolle Beschreibung gegeben, dass man nun auch in die Details dieses Pollesch einsteigen und einzelne Aspekte weiter denken kann. Genau das geschieht in den (diskursiven) Versuchen. Dass dieser Abend des Nachdenkens wert ist, das und nur das bezeugt die rege positive Aufnahme, die die Inszenierung hier findet.
Und, männeken, dass Pollesch kein "intellektueller Kopf" ist - da zieh ich meinen Hut. Sie müssen mindestens Friedrich Kittler sein, um das sagen zu können.
Ihr Seminargeschwafel, das ich sehr gut kenne, in Verbindung mit Umgangssprache ist unerträglich langweilig. Jeder halbwegs gebildete Mensch kann diese Sprache sprechen. Anscheindend verdienen Sie mit Ihrem äh Akademismus kein Geld.
Der "Hamlet" mit Chétouane war großartig, das ist wahr, aber doch ganz anders gelagert: eine auratische Textmesse, der Hinrichs mit untschwelligem Witz einen ganz eigenen Glanz verliehen hat.
Hier bei Pollesch kommt er eher vom anderen Ende her; er mimt den Conferencier und mischt dann den hohen Chétouane-Ton unter. Beides reizvoll, beides ganz eigen.
Wenn sich so viele Schattierungen unter einer "Marke Hinrichs" abspielen, dann lass ich mir das gern gefallen.
Wie bei einer Neueröffnung von Mediamarkt, können die Massen geködert werden mit Sonderangeboten von Markenware - du identifizierst dich nicht mehr mit dem Schauspieler, so heißt es, und er macht dir nichts mehr vor, wovon du annehmen willst, das es echt wäre oder so, nein, du glaubst nur, du hast jetzt das echte in echt gesehen, von dem du ja schon wusstest das es echt nicht echt war und sein wird, sondern eine abgefahrene Show, an die du nicht echt glaubst und die dir nichts echt vormacht!
Übrigens, Jochen Distelmeyer hat in seinem neuen Song "Wohin mit dem Hass" meines Erachtens nur in anderer Form thematisiert, worum es hier gehen könnte. Ein Sänger/Autor/Regisseur/Schauspieler usw. kann die Gefühle, hier den Hass, den er empfindet, selbsttätig formen und gestalten, wohingegen die Masse in der Kunst nur ein "Ventil" für die eigenen angestauten Aggressionen sucht, welche vom Künstler bereits vorgeformt sind. Letztlich aber wird die Masse vom Künstler allein gelassen. Das "Elend der Massen" ist immer wieder das, wonach in der Kunst gesucht wird, weil es das Drama garantiert, die Tragödie. Die Tragödie, die du bist. Und nicht das Elend der Anderen.
Die Kunst ist oft unfreiwilliges Vorbild für den rasenden Aufstand der Massen. "Macht kaputt, was euch kaputt macht!", ist das nicht das Motto aller blutigen revolutionären Umstürze, gepredigt durch einen Führer, mit welchem sich die Masse identifiziert? Und was kommt dann? Der König wird wieder eingesetzt. Das Chaos muss in eine neue Ordnung überführt werden. Die vielleicht noch mehr von einem Polizeistaat hat als vorher.
Entscheidend für die politische Gemeinschaft ist also jeder einzelne, das Denken jedes Einzelnen, welches sich in jeder Situation neu ent-scheiden kann und muss. Es geht darum, Texte zu gebrauchen, um alternative Möglichkeiten spielerisch zu erproben. Es geht nicht darum, Hass zu predigen. So seh ich das. Und das ist vielleicht nicht Pollesch. Aber das ist selber denken.
Und ausserdem hat Pollesch ein ganz anderes Leben. Und ausserdem kann ich selber denken. Nicht mit den Fäusten, ist nicht so mein Ding. Aber mit den Händen: "Die einen denken, sagt man, die anderen handeln. Aber die wahre Bestimmung des Menschen ist es, mit seinen Händen zu denken." (JLG) Das heisst, das Denken lebt von seiner Schöpfung. Die Lust am Text. Das bin ich.
Übrigens, schonmal über Foucault nachgedacht?: "Glauben wir nicht, daß man zur Macht nein sagt, indem man zum Sex ja sagt." Das war und ist der große Irrtum der Oldschool-Hippies im Lager der nackten Körper. Du kannst dir Liebe nicht kaufen, ist dir das eigentlich klar?
http://www.zitty.de/kultur-buehne/54348/
Computerpionier Jaron Lanier über die entwürdigenden Folgen von Internetwerbung, Mobbing im Netz und die Geburt einer unmenschlichen Digital-Religion
FRAGE: Herr Lanier, Sie behaupten, im Internet verwandelten sich normale, vernünftige Menschen in einen Mob. Meinen Sie das wirklich ernst?
Lanier: O ja, erst heute habe ich ein anonymes Forum gelesen, in dem die Leute das Ansinnen der "New York Times" kommentierten, künftig Geld für Online-Artikel zu verlangen. Die ersten Kommentare waren noch in Ordnung. Doch bald wuchs sich das Ganze zu einem teuflischen Gemetzel aus. Das ist keine Ausnahme, sondern ein typisches Muster im Netz.
FRAGE: Wie kommt es dazu?
Lanier: Die Anonymität spielt eine große Rolle. Wer anonym ist, muss keine Konsequenzen fürchten und erhält dennoch unmittelbare Genugtuung. Da wird ein biologischer Schalter umgelegt, und es entsteht eine richtige Meute. Das lässt sich auch in anderen Lebensbereichen beobachten. Wann immer sich Menschen mit einem starken gemeinsamen Glaubenssystem zusammenschließen, tritt meistens das Schlechteste zutage.
Angesichts der letzten Einlassungen zur "Anonymität", die, ungeheuer komisch, freilich selbst anonym bleiben, angesichts
einiger Überraschungen, die ich erlebte qua "Genaulesen", hat
sich mein persönlicher Wunsch nach "Klarnamen" deutlich
abgekühlt, den ich ansonsten im Laufe der vergangenen zwei
Monate in diversen Threads geäußert habe. Beides kann gut
und richtig sein: davon bin ich mittlerweile überzeugt; und "123"
und "Flohbär" sind eher Beispiele dafür (!!). Ich sehe zwar immernoch die Tendenz solcher Chats, in anonyme Gemetzel
abzudriften, sehe aber noch viel mehr mittlerweile, daß "man"
daran auch arbeiten kann, ja, daß "man" das auch in den Griff bekommen kann. Wenn "123" und "Flohbär" diejenigen sind, für die ich sie halte, wer weiß, ob ein "Gespräch" zwischen denen unter Klarnamennennung jemals so frisch, fromm, fröhlich und
frei hätte sich entspinnen können; ich wage das zu bezweifeln,
um nur diese recht häufig sich meldenden TeilnehmerInnen als
Beispiel für viele andere Teilnehmer zu nehmen: "Erich Bahr",
"Flamenfreund", "TheaterEnttäuschter" : die haben doch alle ganz sachlich und recht unübel gewirkt !!
@ Arkadij Horbowsky: Entschuldigen Sie, dass ich mich hier einmische, aber meines Erachtens ging es hier nicht um Klarnamen. Es ging darum, dass das Internet auf der einen Seite eine alternative Möglichkeit der Kommunikation und Vernetzung bietet, auf der anderen Seite aber auch Ungeheuer gebiert, insofern man sich im Internet nicht an dieselben Spielregeln wie an die einer face-to-face-Begegnung hält.
Liebe Rosa L. !
Ich bin jetzt ziemlich genau zwei Monate mit der einen oder anderen Beteiligung bei nachtkritik de. dabei: ich sehe da keine "Einmischungsprobleme" durch Sie ! Was ich derweil allerdings sehe, ist, daß sich einige TeilnehmerInnen in diversen Threads
immer wieder einige Gedanken zur "anonymen" oder "andersartigen" Kommunikationsweise machen: Wir sahen es in diversen Wendungen mal als Heckenschützenthema", mal sahen wir "Pitbulls" oder "Schmierfinken", im Chat zur Frankfurter Stockmann-Premiere können Sie das weitergeführt sehen: da steht ein Begriff wie "Restauration" neben dem,
was "Flohbär" und "123" so miteinander "bereden".
Meine - auch bereits geäußerte (ich versuchte, das Thema da zu verorten, wo ich es für sinnvoller halte als in diesem Pollesch-Thread !!, im
"Andere-über-nachtkritik de.-Chat") Befürchtung geht nunmehr einfach dahin, daß allerlei Restriktionen bei nachtkritik de. eingeführt werden könnten, meineserachtens sind auch schon einige regelungswütige Vorschläge unterbreitet worden, die
in meinem Falle, obgleich ich mich ziemlich face-to-face bewege (soweit möglich), auch eine ärgerliche Einschränkung darstellen würden, über meinen Fall hinaus aber, so fürchte ich, "das Kind mit dem Bade" ausschütten würden.
Was die Benutzung, Einschätzung, Bewertung dieses Forums angeht, sind wir, das alles hier ist jung und keineswegs einheitlich "durchgesetzt", alle LERNENDE, ÜBENDE, es bedürfte eher größeren Langmutes, eines Plädoyers fürs FALSCHMACHEN-DÜRFEN.
Ich schaute gestern einfach auf zwei Theaterzeitschriftencower und phantasierte ein wenig: Ach, wenn Sie, "Projekt Prospero", so mit "Luxuselend" kommunizieren, und ich nannte mir dann spleenig (!) dazu zwei mir aus den Chats vertraute "Nicknames", dann will ich das mit den "Klarnamen" zum Beispiel gerne überdenken, und "Face-to-Face" geht es bei "Euch" ja auch zu: also, wozu jetzt allgemein Pitbullmeuten aufmachen, wo anderenorts sehr schöne, feine, fast fröhliche Sachen vor sich gehen !!
Aber ich glaub, ich hab Sie jetzt verstanden, was Sie mit dem "rechtsoptimistischen Fantasma" meinen. Das ist eben das Problem einer gnadenlosen Kunst:
"War die angeblich alte Kunst bis ins 19. Jahrhundert und bis zum Impressionismus noch +anschaulich+, so ist die Kunst des 20. Jahrhunderts insofern zur reinen Schau geworden, als sie nach denselben Prinzipien funktioniert wie der +Verblüffungseffekt+ der Massengesellschaften, die der Meinungsmache, der Propaganda der MASSENMEDIEN gehorchen, die sich durch genau denselben Hang zum +Extremismus+ auszeichnen wie der Terrorismus oder der totale Krieg." (Paul Virilio, "Die Kunst des Schreckens")
Und wenn das alles so ungeheuer identisch wäre, wie diese ZITAT es nahelegt, heißt, einem Schicksal gleichkommt - um diesen Faden noch mal aufzunehmen - wer ist denn da nun der Kniebeuger? Wer verneigt sich hier vor einer zeitgeistimmanenten Geste der totalitären Radikalität und … soll dieser Zwang etwa auch seine Gültigkeit für das 21. Jahrhundert gewahrt haben?
Vielen Dank für den Hinweis auf den Sprachspielbegriff beim späten Wittgenstein , - der war ziemlich zentral bei meinem
Philosophiestudium, insofern kann ich an dieser Stelle die Biographie Wittgensteins von Ray Monk wärmstens empfehlen:
Da Sie, wie "Flohbär" gelegentlich schreibt, wohl wirklich qualitativ und numerisch identisch mit "George Sand" sind, werden Sie die Passagen über Wittgensteins Weiningerlektüre gewiß brennend interessieren ... . Daß sag ich Ihnen aufs Gesicht zu, die eine oder andere Teilnehmerin hier, der eine oder andere Teilnehmer, versteht sehr
gut, was ich da hin und wieder von mir gebe, manches bleibt sogar gewollt im Halbdunkel, warum denn nicht ?, manches wird sich auf Ewigkeiten dem Zugriff des Verstehens entziehen, und es greift dann vielleicht das, was bei dem Philosophen Hermann Schmitz "Logik der unendlichen Unentschiedenheit" heißt, so what, Rosa, ??, versuchen Sie, mit Ihren Verständnislücken zu leben, tue ich auch: punten Sie sich noch ein bißchen an Cambridge heran: ... ein Besuch
da lohnt (ich selbst war zu Besuch am Woolfson College). Ihr von Ihnen dauerhaft Unverstandener
Schließlich, Hinrichs spielt hier doch ohne Zweifel mit den Zuschauern, und zwar indem er offenlässt, was er eigentlich von mir als Zuschauer will. Für mich verweist er mich hier auch auf meine Verantwortung als zum reinen Zuschauen Verdammte und damit auf die Notwendigkeit des eigenständigen Mitdenkens gegenüber dem reinen Konsum von Bildern. Hier wird keine platte Einbahnstraßen-Propaganda serviert, sondern eher eine Form von praktisch-experimenteller Analyse.
Zählt also die Empfindung die ich habe oder zählt das weshalb und wodurch ich sie habe und muss es da gewisse Entsprechungen geben - wenn ja warum?
Oder wie funktioniert das?
Interpassivität ist ja ein uraltes Ding und eines der fruchtbarsten und Interaktivität stabilisierendsten Dinger überhaupt - bloß nannten sie es lange lange nicht so.
Ne, empfinde ich nicht als "faschistoid", was "muck" da schreibt. Frau "L.(!) - S.(?) - D.(??)" gibt nur sehr merkwürdige Statements ab: "Elite als Hohlform" ??? Tur mir leid, aber Frau L. kommt doch mit dergleichen: Von "Elite" war nicht die Rede, und "Hohlform" als Assoziation zum Punting-Nachen (der mir nur in den Sinn kam, weil mir mein damaliger englischer Gastgeber den Weg zum Lieblingscafe Wittgensteins zeigte und mir die englische Punting-Tradition näher brachte, da der Weg entlang eines Punting-Gewässers führt) würde ich andererseits wieder garnicht übel finden. Nur Rosa L. will mir doch erklären - mit Wittgenstein -, daß wir den Sinn nicht teilen, was auch ohne Wittgenstein gut und gerne ginge; so sieht es immerhin beinahe so aus, als könnte ich via Wittgenstein plötzlich doch noch zum gemeinsamen Sinn vordringen, oder wieso ansonsten die Mühe ??
Von meinen "Verständigungsproblemen" mit Frau L. aber mal ganz abgesehen: Ich kann das Befremden über die genannte Beinahe-Trauer Frau Ls. aus sehr verwandten Gründen wie die von "muck" genannten sehr gut verstehen: ich trauere dergleichen Revolutionen mitnichten nach. Gewerkschaften zum Beispiel wurden einst einmal unter recht revolutionären Vorzeichen durchgesetzt: heute gibt es in einem Theater wie Lübeck alleine vier beteiligte Gewerkschaften, wenn irgendetwas entschieden werden soll; anderenorts - wie bei LIDL - werden notorisch Betriebsratsbildungen verweigert: Dagegen kann sich eine jedwede Frau L.,S.,D. auflehnen, dagegen anarbeiten, und das wäre auch eine sinnvolle Aktivität: Wer dergleichen Aktivitäten entfaltet, ganz ohne Revolution, der trauert auch nicht gar so fix, wenn nur der "Begriff" fällt: glauben Sie mir !
Und dann dieses "Schließlich, Hinrichs spielt mit dem Publikum, indem er offen läßt, was er von ihm will ... ." Was will denn so einer ? So'n Schauspieler ?? Nehmen wir an, der Herr Hinrichs verfiele in der nächsten Vorstellung auf das Beiseitesprechen, weil auch er in dieser Zeit nur den einen Sinn mit Rosa L. teilt: er interessiert sich jetzt buchstäblich, in meinem Gedankenexperiment, für Rosa L., nur für sie, und spricht beiseite in etwa: "Rosa, bist Du mal wieder in der Vorstellung ?? Ich möchte jetzt, daß Du den Raum verläßt !" Hätte Herr Hinrichs jetzt aufgehört zu spielen, weil er plötzlich nicht mehr offen läßt, was er so vom Publikum will ? Wäre es jetzt das reine "Musikantenstadl", wenn Rosa L. jetzt wirklich daraufhin den Raum verließe ?? Oder hätte es eine Wirkung von "Musikantenstadl", wenn irgendeine andere Person, garnicht Rosa L., fast wie "daraufhin" den Raum verließe ??? Ach ja, was so ein Schauspieler nur so alles will, wollen muß ? und vom Publikum ??.
Frage mich andererseits, ob diese ganze Interpassivitätsdiskussion sonderlich sinnvoll abläuft: Was macht "man" dann mit älteren Theaterformen wie dem "Forumtheater" nach Augusto Boal (hat ja auch mit Revolution zu schaffen ...) oder mit jenem legendären Peymann-Abend, der mit einem klingelnden Telefon auf der Bühne begann ... : Theoretisch hätte jemand wie Fabian Hinrichs einen solchen Abend komplett parallelläufig zu dem jetzigen Polleschabend damals schon umsetzen können. Und: das ist auch ein "Rockkonzert": never ever. Das Volk der Mäuse sagt zu Josephine: "Dein Gesang ist nur das übliche Pfeifen der Mäuse" - Josephine: "Ich pfeif drauf !" / Rosa L. sagt: "Fabian, das ist ein Rockkonzert !" Ich sage: "Gott sei`s getrommelt !!"
Danke der Nachfrage, 123, warum sollte ich mir auf diese Weise depressive Episoden vertreiben wollen, denken Sie denn, daß jemand das so oder so ähnlich, im Stile des "de profundis at te clamavi", mit Aussicht auf Erfolg versuchen sollte oder Verwandtes ?? Wenn das nicht der Fall sein sollte, was ich vermute, warum von mir wiederum vermuten, ich befreite mich an dieser Stelle in ziemlich hoffnungsloser, dummer Weise ?!
Sie sprachen auch bei Dea Loher von mittleren Depressionen, und es stimmt, die Medizin hat bei der Entwicklung von Wirkstoffen gerade in diesem Bereich allemal erwähnenswerte und erfreuliche Fortschritte gemacht. Nun mag es sein, daß statistisch einmal als "mittlere Depression" diagnostizierte Krankheitsverläufe selten selbstmörderisch enden: das Problem nur: draußen tobt die Dunkelziffer ... . Ich bin gläubig, und ich komme durchaus auch als "Depressionskandidat" in Betracht, aber mit meinen Einträgen hier hat das, soweit ich das sehe, weniger zu schaffen.
Rosa L., Ihre Antwort überzeugt mich keineswegs: Es hätte dem "Experiment der Erprobung bzw. Dekonstruktion von
Interaktivität", warum bestreiten im übrigen, Laura, daß Carl Hegemann hier eine fruchtbare Linie aufgetan hat, die beispielsweise in diesen Abend um einen "Einzelnen" mündet,
von dem mir meine "Pollesch-Freundin" , eine Schauspielerin,
nur Gutes berichtete (sie saß unten auf einem Sack), und der wohl auch einiges Spannendes mit dem Volksbühnenraum
gemacht hat, denke ich, nicht geschadet, es um eine "Beiseitesprechepisode" zu erweitern, wo immer "man" dann überhaupt ansetzt in so einem Raum, beiseite zu sprechen; das wäre ja schon eine Aufgabe für einen Schauspieler, und Herr Hinrichs würde da auch eine ordentliche "Lösung" finden,
würde bei dieser Findung aber gerade wohl auch nicht mehr sonderlich viel Anderes vom Publikum wollen (außer das, was sehr schön und wichtig ist und von Herrn Michalzik in seiner Theaterverführung vollkommen zurecht hervorgehoben wird: das
Glänzen in den Augen der Zuschauerinnen und Zuschauer ...), und es wäre dann halt schon komisch, wenn gerade das dann sein Spiel wäre, irgendwie nichts vom Publikum zu wollen; den Eindruck mag sein Spiel mit sich bringen, sogar annährend gesetzmäßig, wenn er so oder ähnlich wirklich rückhaltlos
spielt; und Fabian Hinrichs kann so spielen, keine Frage, kann sich aber kurzerhand in einem Beiseitesprechen z.B. auch fragen, was das ist "rückhaltlos" und hiernach wieder Publikum auf die Bühne bitten etc. . Warum soll sich diese Interaktivitäts-Interpassivitätsbefragung derlei Offenheit nicht zutrauen ?
Sehe da immernoch keine besonders guten Argumente. Und, Laura, wie gesagt, es gab da in der Theatergeschichte schon zahlreiche verwandte Ansätze wie die des Herrn Hegemann, was seine Arbeit nicht schmälert. Ich habe da auch ganz konkret zwei Beispiele genannt, stegreifartig, und dazu gefragt.
Antwort habe ich darauf noch nicht erhalten !
Depressiv werde ich über diesen Gegenstand, jetzt ohne weiteres Getrommel, wohl nicht.
Gleichwohl funktioniert diese Form des Beiseitesprechens meines Erachtens im Fall Hinrichs nicht, weil die Aufführung im Grunde ein einziges Beiseitesprechen ist. Sie funktioniert nur über die dialogische Beziehung zwischen einerseits Hinrichs und sich selbst bzw. Polleschs Text und andererseits zwischen Hinrichs und jedem einzelnen Zuschauer. Menschliche Subjekte können sich nur über den Dialog mit dem Anderen (Texten und/oder menschlichen Subjekten) formen. Sowohl der Akteur als auch jeder einzelne Zuschauer können die Dialogizität des Theaters dazu gebrauchen, das eigene Leben zu bearbeiten. Wesentlich dabei ist das "mit den Händen denken", das heisst, dass in Bezug auf Realität und Alltagspraxis gedacht werden muss. Ansonsten wärs tatsächlich ne Nullnummer.
Und Schauspielerei wurde natürlich schon immer gerne auch abfällig als Drecksarbeit nahe der Prostitution und Kriminalität
betrachtet, klar - gerade weil dieses sogenannte Ausleben, ja eben immer ein fake ist und deshalb ja auch gerne verachtet wird… (bewundert natürlich auch) echt schlecht Schlagzeug spielen und dabei dennoch cool eingrooven das hat wohl schon so manch einer ausgelebt - ich kenne mindesten 35 von ihnen. Das schmälert nichts, ich sag's bloß. Ich meine wie kann man überhaupt vor einem Schlagzeug stehen und nicht seiner Natur freien Lauf lassen?
In Bezug auf den Begriff der "Drecksarbeit" im Theater geht es - um mich zu korrigieren - natürlich nicht um "Drecksarbeit" als zu bewundernden Selbstzweck, sondern darum, dass darüber das Mensch-Sein erprobt werden kann. Und zwar indem das politisch Korrekte über eine "Ästhetik des Risikos" (Hans-Thies Lehman) unterbrochen wird. Denn wir alle sind fasziniert vom Bösen, dass in jedem/r von uns schlummert. Exemplarisch dazu lässt sich bei Jean-Luc Godard ("Histoire(s) du cinéma") eine Aussage finden, welche sich mit Hinrichs Akrobatiknummer an der "Venussonde" in Verbindung bringen lässt. Zitat:
"Während der Akrobat sich in den Fängen eines höchst instabilen Gleichgewichts befindet, formulieren wir einen Wunsch. Und dieser Wunsch ist seltsam zwiespältig und nichtig. Wir wünschen uns, dass er stürzt. Und wir wünschen uns, dass er sich hält. Und dieser Wunsch ist notwendig. Wir können nicht umhin, ihn zu formulieren, in aller Widerprüchlichkeit und Aufrichtigkeit. Er bildet in naiver Weise unsere Seele in diesem Augenblick ab."
Also: Vielleicht können wir uns erst darüber bewusst werden, was es heisst, ein Mensch zu sein, indem wir uns zunächst als Nicht-Mensch erkennen. Die Hoffnung zeigt sich im radikalen Zweifel.
"Josephines Pfeifen", Säcken, Volksbühnenraum, Drumeinlagen mit einem Menschen als Mittelpunkt." (frei nach Musil "Die Schwärmer")
Natürlich "Alltag", Frau L., natürlich die Befragung der Üblichkeiten in unseren Selbst-, Welt- und Fremdverhältnissen:
nur, warum reite ich nun tatsächlich ein wenig auf meinen Musil- und Kafkazitaten herum (das Beiseitesprechen ist eine Konvention, verwandt dem Chor, dem Monolog, die wahrlich älter ist als Bert Brecht, obschon der Hinweis auf seine Verfremdungstheorie an dieser Stelle nicht übel ist, "Beiseitesprechen in einem einzigen Beiseitesprechen und dennoch kenntlich, ein Kunststück doch, also reizvoll, oder ?") ?
Das ist nicht neu; das wird auf der Bühne immer schon getan; an dieser Stelle, durch die Pollesch-Inszenierung, wird diese
Bühnenüblichkeit, die Frage nach der menschlichen Person, der Person, den Personen"vor"..., auf der Bühne, der praktischen Reflexion des Menschen seiner selbst (Schlegel, Frühromantik !!) auf erfrischende Weise konzentriert neuartig ,
theaterabendtauglich (!) ins Visier genommen.
Es scheint mir zu diesem Zwecke ein guter Schritt gewesen
zu sein, daß Pollesch an dieser Stelle ein Solo spielen läßt,
denn tatsächlich wird das theamatisiert, was auch bei Musil
so schön in den Raum gestellt wird:
"Einer ist ein Narr, zwei sind eine neue Menschheit."
Die Neigung, Dritte oder Drittes auszuschließen, wäre für so einen Ansatz, denke ich, eher letal: insofern bleibe ich dabei:
mein "Gedankenexperiment" (die Beiseitesprache in den
"leeren Raum", irgendwo zu Rosa L. hin möglicherweise) ist für den Theaterabend nicht verpflichtend, er lief und läuft auch ohne es; es ist aber wohl auch so abwegig nicht, wie es allenthalben
bei Ihnen, Frau L., den Anschein erweckt. Vielleicht meldet sich Laura noch mal und kann mehr über Carl Hegemann, den
ua. Leipziger Dozenten und Berliner Dramaturgen und TdZ-
Artikelschreiber, schreiben und seinen Begriff der "Interpassivität".
Üben Sie Nachsicht mit meinen "Bandwurmsätzen", ich übe ja auch Nachsicht mit Ihren Verweisen auf Ranciere, Foucault,
Agamben, Lehmann oder Godard.
Kommen Sie meinem "bulgarischen Hintergrund" doch ein wenig entgegen, zitieren Sie JULIA KRISTEVA !!
"Praktiken der Kunst im außerästhetischen Bereich zu etablieren aber ist - wie Schiller sagt - keine Kunst, sondern 'Betrug'." Und weiter: "Die Kunst kann als Kunst ihr Reich oder ihren Bereich nicht verlassen, sie verwandelt sich beim Überschreiten der Grenze in Kriminalität oder Wahnsinn." Kurz: Sie sind der Ausnahmezustand, stupid! Und kommen Sie mir jetzt nicht mit Julia Kristeva, (...)
Ich hatte Augusto Boal und eine "Inszenierung" Herrn Peymanns, die, glaube ich, "Das gibt` s nur einmal" oder so ähnlich hieß, an dieser Stelle ins Spiel gebracht, mit konkreter Fragestellung
verbunden: Sie haben das keineswegs auch nur annährend aufgegriffen, sondern schlichtweg ignoriert, so wie sie schon desöfteren den Kern von Aussagen und Fragen Ihrer diversen Threadgegenüber entweder auf diese Weise ignoriert oder sich zu einem Feindobjekt zurechtgestutzt haben, angeblich Ironie bzw. Humor übend. Ich darf Frau Laura erwähnen, wann immer ich lustig bin: Sie hat sich hier gemeldet und Herrn Hegemann profiliert: Da ich davon ausgehe, daß mein jeweiliges Gegenüber dergleichen nicht ohne Grund oder aus bloßem Getue und Gehabe heraus tut, denke ich, Frau Laura könnte noch das Eine oder das Andere dazu schreiben, mich tät das interessieren; ich habe zwar einige Sachen von Carl Hegemann gelesen, aber ich bin da kein Fachmann, insofern ist das einfach nur als Ermutigung zu lesen für Personen, die an dieser Stelle, zu diesem Threadthema etwas von Herrn Hegemann beisteuern können. Ich werde auch Julia Kristeva zitieren, wenn ich es für geeignet halte, ob Sie das nun von vornherein abwehren oder nicht: - der Zusammenhang "Körper-Körpersprache-Lalllaute- Spracherwerb" ist bei Julia Kristeva wirklich zentral, insofern ist es in der Tat nicht auszuschließen, daß etwas von ihr gerade hinsichtlich diverser Polleschstücke
produktiv werden könnte-.
Entschuldigen Sie, aber daß Sie sich zutrauen, so in die "Retorte" von Familiengeschichten zu greifen, sich hier nicht entblöden, von
"Sauvätern" und dergleichen zu schreiben, das bespricht allerdings Bände über Sie, selbst wenn Sie jene Tochter selbst wären. Was hat persönliche "schmutzige Wäsche" hier verloren, Rosa L. ?? Haben Sie die vergangenen Wochen verschlafen, wo hier über derlei Beschimpfungen diese wunderbare Einrichtung der diversen nachtkritik de-Stränge
immer wieder drohte in Mißkredit zu geraten ???
Sie können mich noch so sehr als "Ausnahmezustand" beschimpfen, es ist Ihr gutes Recht, zu vermuten, ich sei Ihnen irgendwie nicht gewachsen oder dergleichen mehr, seien Sie versichert: Ich versuche mein Bestes und werde es wohl auch dann noch tun, wenn Sie wieder aufhören zu "antworten" und meine Beiträge einfach überlesen, was Ihnen und allen freisteht-.
Sie sprachen ein wenig weiter oben vom Nicht-Menschen: auch hier ist der "Schwärmer"-Zusammenhang greifbar: Der "Mit-Nicht-
Mensch", der ist in diesem Drama einfach explizit. Wollte jemand eine Dissertation über "Motivforschung" betreiben im Wandel der (frühromantischen Wellen ...) Zeiten, so wäre die Trias Schlegel-Musil-Pollesch bestimmt nicht die übelste Quelle. Anstatt weitere Bandwurmsätze zu produzieren, habe ich diesen Denkansatz hier in den Raum gestellt: das hat freilich etwas Unbefriedigendes, das ich auch empfinde, aber,
was hat das mit der Etablierung von Praktiken der Kunst im außerästhetischen Bereich zu tun (frei nach: "Ich verzeihe dem Schauspieler alle Fehler des Menschen, dem Menschen keinen des Schauspielers" ): Sie, Frau L., Sie sind es, die hier von Sauvätern und dergleichen spricht, Sie
schlagen über die Stränge, also belehren Sie mich nicht, der ich das nicht tue, es sei denn Sie wollen mir das "entblöden" vorrechnen, ich weiß, daß Kunst, Philosophie und Lebenswelt von Eigengesetzlichkeiten geprägt sind und sich nicht einfach ineinander überführen lassen, also noch einmal: belehren Sie andere, oder noch besser: Fangen Sie wirklich bei sich an, dann werden Sie möglicherweise persönliche Diffamierungen demnächst unterlassen.
Das Hegemann-Zitat von den "Praktiken der Kunst im außerästhetischen Bereich" ist ganz einfach zu verstehen. Es geht dabei aber nicht um das generelle "Fehler verzeihen", sondern um den situativen Kontext. Denken Sie zum Beispiel an Marcel Duchamps Pissoir, welches nur im Kontext der Ausstellung im Museum zu "Kunst" wird. Und auch die Aktion des Schauspielers, welcher seine Kollegin auf der Bühne mit Matsch beschmiert, ist nur im Rahmen der Theaterraums Kunst. Ausserhalb des Theaterraums ist das vielleicht ne Fangopackung. Oder einfach nur widerlich. Zitat Pollesch: "Was für eine katastrophale Form der Gemeinschaft! Was für eine widerliche Kunstform der Geselligkeit, die glaubt, einen Sinn zu teilen!"
Musik, bitte.
Liebe Rosa !
Vielen Dank für die "Fangopackung": Ob Sie es mir nun glauben oder nicht, Ihr "Rockkonzert" ist auf ebendiese Weise keines: das habe ich auch geschrieben ! Ich kenne auch "Readymades" und weiß sehr wohl, daß diese den Augangspunkt der Kunstphilosophie A. C. Dantos darstellen (was Sie also sahen demnach, hörten, spürten war eben allenfalls "über" ("aboutness" bei Danto) "Rockkonzert(e)", und genau damit arbeiten schon diverse Kafkatexte (ua. "Josephine ...", Sie können aber gut und gerne zur Zuschauersituation noch
"Auf der Galerie", quasi zum "Ekeltheater" noch "Forschungen eines Hundes" (Musikerepisode, Aufstellen der Vorderbeine, quasi ein "Die sind ja nackt ...!") hinzunehmen)), seines Buches "The transfiguration of the commonplace" (bei Suhrkamp als
"Die Verklärung des Gewöhnlichen").
Auch im "Kunstforum" nimmt Danto "Guernica" zum Ausgangspunkt (das Pissoir wird in diesem Zusammenhang "zitiert", d.h. auch abgebildet) für einen streitbaren Artikel über die "Philosophische Entmündigung der Kunst", lesenswert, wenngleich ich die Position nicht teile (was hier ebensowenig in den Polleschthread gehört wie - seien Sie bekannt oder unbekannt noch und nöcher, offenbar ist es ja wohlfeil für Sie, Herrn Hegemann an dieser Stelle, wie war noch Ihr Begriff dazu ?, zu bashen - Ihre Auslassungen zu Carl Hegemann oder Ihre beleidigenen Worte an mich ("Ausnahmezustand, stupid" vor der Folie von Verbrechen und Wahnsinn, wollen mich wieder als "Bandido", für Sie ließe sich das einrichten ...)).
Gut, Sie kennen also doch den einen oder anderen
Faßbinderfilm, "Berlin Alexanderplatz" schon nachgeholt ???
Und natürlich ist Fabian Hinrichs kein Rockkonzert. Nein. Da zeigt sich eher der ungeformte Todestrieb, dem Fabian Hinrichs auf seinem Schlagzeug freien Lauf lässt. Oder weniger schmerzvoll formuliert: "Die Empfindung, die ich von der Existenz habe, ist noch kein Ich. Es ist eine gedankenlose Empfindung. Sie entsteht in mir, aber ohne mich." (JLG)
Ergo: Ich bin nicht nur Körper, sondern ein MENSCH, der sich erst über das Denken und die Sprache ALS MENSCH hervorbringen kann. Alles andere ist Auschwitz und Lager.
Und um Ihre dualistische Weltsicht ein wenig abzumildern, empfehle ich Ihnen, unter dem Begriff "soziale Plastik" (Beuys) zu recherchieren. Es geht um Lebens-Kunst. Nicht um das Einander-Ausspielen bzw. um das Getrennt-Denken von Kunst und Sozialem. Gerade das wäre ja das Fatale. Denken Sie doch mal weiter als nur bis zum nächsten Vorgartenzaun. Dieses Pollesch-Zitat von der "katastrophalen Form der Gemeinschaft" macht doch was auf, das öffnet doch was, wenn auch ex negativo. Jedenfalls versteh ich das so. Denken wir doch mal an die Lagerpolitik, die von Auschwitz über Guantanamo bis hin zum Asylantenheim reicht. Geht es da wirklich darum, dass ein Sinn von Gemeinschaft geteilt wird? Wie widerlich ist das denn? Zeigt sich darin wirklich eine politische Gemeinschaft, die von Kommunikation und Konfrontation getragen ist? Oder gehts hier nicht vielmehr schon oder nur noch um die Macht des Souveräns? Ja. Es ist alles nicht so einfach, aber ein Pollesch-Abend hinterlässt mich persönlich gerade nicht resignativ. Und es gibt nicht nur Pollesch, das dürfte auch allen klar sein.
von zizek stammt die these, dass hollywood immer schon schneller und präziser als jede ideologie und ihre kritik ist, weil es selbst maßgeblich dazu beiträgt sie zu schaffen.
mir ist aufgefallen das es in neueren erfolgreichen holywoodfilmen (gamer, surrogates und avatar) ganz maßgebliche beziehungen zur interpassivitätstheorie und der frage des dezentierten ichs gibt und bin daher geneigt mich "Adam Smith sagt Dankeschön" in dem sinne anzuschließen als es ein neoliberales geschäft gibt solidarität oder wie immer man es nennen darf zu zerschlagen. ist es nicht ebenso ein theama der neoliberalen ideologie geworden, sich dem körper/seeleprinzip abzuwenden und den körper als leiche zu denken und somit zu tranzendieren (zombie, avatar etc.) und letztendlich eine noch endpolitisiertere und noch individuellere denkweise der einzelnen individuen befördert als es unter dem postulat von seele und individuellem gefühl ohnehin schon der fall war um so noch erfolgreicher zu werden?
@ mucki: Ja. Genau. Und dieser Holocaust, diese KZ-Mechanik, die hatte ja auch echt ne tolle Wirkung. Kleiner Tipp: Mit den Händen denken, das heisst nicht Manipulation, sondern vielleicht sowas wie Sorge oder Fürsorge.
"Alles andere ist Auschwitz und Lager" ...: puh, war das jetzt mehr Ihre Ironie oder Ihr Humor ?
Alles andere ist zum Beispiel auch Hund, Katze, Maus, Grünling, Blaumeise und Rotkehlchen.
Im Danto-Artikel, der bei "Guernica" anhebt, Sie können sich das vermutlich schon denken, wird freilich eben jenes Zitat gebracht: "Sie haben das gemacht !"
Spannend schon, was die Drumeinlage so auslöst: Bei "muck" las ich eher so etwas wie: "Da muß man doch einfach lostrommeln, so wie jetzt bei Schnee die Schlitten ("Rosebud") herauskommen", las geradezu "Lebenshunger" mit, und bei Ihnen, Rosa, lese ich "Todestrieb". Tatsächlich scheint der Dostojewskij-Terminus der "Rückhaltlosigkeit" diese beiden (extremen) Enden anzusprechen, und Raskolnikow ist schon eine Gefahr spezieller Art: der liebe, nette Mörder von nebenan ... .
Warum meinen Sie wohl, warum Gorkij sich mit Händen und Füßen gegen die Dramatisierung der "Dämonen" und "Die Brüder Karamasow" an Ssurows bzw. Stanislawskijs Bühne wehrte (im übrigen ist das wohl immer gut, das im Hinterkopf zu behalten: Romandramatisierungen in Rußland vor etwa 100 Jahren; mitunter tut man hier ja, als sei dergleichen jetzt und hier die neueste Regietheaterunart): Gorkij, ein überaus verletzlicher-sensitiver Mann, fürchtete um die Selbstmordquote in Moskau ...; davon dürfte der Hinrichs-Abend dann allerdings, ob das eher für oder gegen ihn spricht, egal zunächst, doch noch ne Elle weit entfernt sein, aber wohlgemerkt: die Spannweite durch das Drumming, erstaunlich. Ja, fast sogar noch erstaunlicher, daß keiner auf die Bühne kam für eine Einlage, wenn da auch ein Drum stand: dann hat das die Aktivitäts-Passivitäts-Spannung tatsächlich weiter erhöht !!
Und wenn Sie jetzt immer noch meinen, dass ich übers Ziel hinausgeschossen bin, dann hab ich statt des Holocausts noch ein anderes Beispiel. Den guten alten Josef Ackermann auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Der tut auch immer so, als ob alle einen Sinn teilen würden, indem er sagt: "Alle in unserer Branche müssen einsehen, dass die Gesellschaft gewisse Übertreibungen nicht mehr akzeptiert." Aber hintenrum meint er damit wohl eigentlich diesen Satz aus Falk Richters "TRUST": "Lass uns einfach alles so lassen, wie es ist. Es ist zu kompliziert, das jetzt alles zu ändern. Lass uns nicht alles durcheinander bringen." Das heisst bei Ackermann dann wohl im Klartext: Moralische Reue ja, aber die Regulierung des Bankensystems, das wäre jetzt echt zuviel verlangt.
Übrigens, ich empfinde Ihre gedanklichen Kurzschlüsse als ebenso faszinierend, Pollesch endet also rechts? Na sowas aber auch. (...)
Und bei Ihrer Begeisterung fürs hirnlose Trommeln sollten Sie nicht vergessen, dass eine politische Gemeinschaft sich wohl kaum über das hirnlose Trommeln herausbildet. Darüber formieren sich bloß Marschordnungen. Dieses Trommeln ist sowas wie das Reale, welches in die symbolische Realitätskonstruktion des sensiblen Gitarrenspiels mit dem Lied für alle von Fabian Hinrichs einbricht. Aber wo ES war, soll ICH sich über den Geist immer wieder neu hervorbringen. Nothing but drums, that ain't enough, boy! Und vielleicht ist auch deswegen keiner auf die Bühne gekommen, weil man zum Trommeln, Klavier- oder auch Schauspielen vielleicht eben doch ein gewisses Maß an Talent braucht.
Und was meinen Sie jetzt eigentlich damit, dass bei Pollesch die Masse von 400 Leuten den gleichen Sinn teilt? Oh Gott, ist das jetzt diese Rede von der autopoietischen Feedbackschleife? Ist denn eine Gemeinschaft wirklich von vornherein bzw. allein aufgrund dieser Interaktivitätsprämisse zwischen Akteur und Zuschauer gegeben? Oder kann das Verständnis nicht auch scheitern? Sie sagen ja selbst, dass das Verstehen vor allem von einem Verstehen-Wollen abhängt. Wer Pollesch verstehen will, der muss mit- und weiterdenken. Man kann aber natürlich auch nur so tun als ob man ihn versteht. Ich würde also sagen: Pollesch wird von jedem einzelnen anders verstanden. Und das ist wunderbar.
Wir waren eigentlich bei den Gefühlen, und die Frage war, inwieweit ist der Auslöser für Theatergenuss austauschbar und soll der Theatergenuss sich an bestimmten Standarts orientieren, oder nicht. Ist die Trauer :och, wir können nicht mehr sagen, bald kommt die schöne Revolution, zu ersetzen mit der Trauer : och, wir können nicht mehr sagen Soll ich sagen in dieses sterbliche Leben oder in dieses lebendige Sterben?
Ich würde daher weniger davon ausgehen, dass alle Zuschauer einen Gedankenraum teilen, denn das hieße ja, dass alle dasselbe denken müssten. Ist dagegen nicht eher anzunehmen, dass jeder etwas anderes denkt? Natürlich immer bezogen auf und mobilisiert über die Inszenierung. Jeder übersetzt auf seine Weise, was er gesehen und gehört hat. Zitat Rancière: "Intellectual emancipation [...] means the awareness and the enactment of that equal power of translation and countertranslation." Für mich liegt demnach in der Kommunikation nach der Aufführung die Möglichkeit des politischen Moments, und zwar indem man sich darüber austauscht, wie etwas zu verstehen sein könnte.
Und seit wann ist Biopolitik progressiv? Sind Sie etwa ein "rechtsdrehender" Carl Schmitt-Leser?
Zur Nacktheit, Pollesch hat in einem Interview mal gesagt, dass ein Schauspieler sich bei ihm durchaus ausziehen dürfe (und ist Hinrichs etwa nicht nackt?), insofern er es selbst auch wolle. Aber nicht, weil der Regisseur es will oder weil der Voyeurismus oder die Skandallust des Publikums dies gebieten würden. Es sei denn, es ginge um genau diese Themen.
@ mucki: Wenn das Theater standardisiert wäre, dann wäre es komplett langweilig. Pollesch ist eine Form unter vielen anderen ästhetischen Formen. Diese Offenheit der Formen macht für mich das Besondere des zeitgenössischen Theaters aus.
Schließlich, dieser Begriff "Theresienstadt" soll mitnichten den drohenden Holocaust thematisieren, sondern vielmehr ein Geschichtsbewusstsein eröffnen, welches bis in die heutigen politischen Strukturen hineinreicht. Die einer politischen Gemeinschaft inhärente Gefahr liegt darin, dass der Souverän über den Ausnahmezustand entscheidet, nach welchem das nackte Leben aus der Ordnung des Rechts ausgeschlossen wird. Das ist die fatale Trennung von Körper und Geist. Und wer möchte schon rechtlos gefoltert werden?
Sie sind schon komisch: Habe ich da irgendeinen Piep gesagt, daß ich auf "hirnloses Trommeln" stehe, oder habe ich nicht vielmehr angedeutet, wie offensichtlich schon dieses Trommelelement zu allerlei Spannung Anlaß gab ?? Und ging dieser Thread nicht sogar so los,
daß es da so ungefähr hieß: "Distelmeyer gesichtet,
Schlingensief war auch da etc.". Das steht jetzt aber plötzlich wieder in einem merkwürdigen Gegensatz-Verhältnis zu Ihren Annahmen über fehlendes Talent
im (Premieren-) Publikum. Wer weiß, vielleicht trommelt ja jemand bei der nächsten Vorstellung, oder wird es keine mehr geben ? Und dann sitzt da vielleicht auch einer mit Laptop auf so nem Sack und postet ein Abendprotokoll 1:1 von dem Abend her ins Forum ... !
Ein hirnloser Vorschlag ?? Naja, auf diese Rolle haben Sie mich nun irgendwie abonniert; vielleicht nicht zu unrecht: ich fürchte selbst, daß die Entgegnungen auf Sie immer blöder und unfruchtbarer ausfallen könnten,
insofern: Beim nächsten Thread wird es vielleicht besser, "Mädchen in Uniform" startet ja am 25.2. im
Deutschen Schauspielhaus Hamburg ..., spätestens wohl da, so long..
"Meiner Meinung nach ek-sisitiert Kunst aufgrund der IN-SECURITAS, die sie zum Ausdruck bringt. Sie ist nichts anderes als die Selbstoffenbarung, das sich-Sehenlassen einer Macht, die der Ordnung (dem Nomos, dem Logos) überlegen ist, mittels derer wir bislang unser Dasein bestimmt haben, - und die uns verpflichtet, für noch nicht gedachte Probleme und niemals versuchte Wege CURA zu tragen SORGfältig zu werden."
@ Arkadij Horbowsky: Es ist einerlei, ob da nun potentielle Talente im Publikum saßen oder nicht. Es geht doch allein darum, ob die nun aktiv werden oder eben doch passiv bleiben. Und das ist vielleicht das generelle Problem der Freiheit der Kunst. Sie kann immer nur (Denk-)Anstöße geben, mehr aber auch nicht. Der Künstler ist nicht der Schuldige bzw. Verantwortliche, weil er entweder zu wenig oder zuviel Aufklärungsarbeit im gesellschaftlichen Kontext leisten würde. Zwischen Anarchie und Fortführung der Tradition geht es immer nur um den Künstler im Zentrum. Aber stimmt denn das? Jeder kann Künstler sein, indem er seinen Alltag bewusster gestaltet.
Und nicht vergessen, die Rede von der kathartischen Reinigung ist auch nur Verblendungszusammenhang. Um wirklich zu erfahren, worum es hier geht, sollte jeder mal die Klos putzen. Und dann wollen wir mal sehen, ob ihn diese "Drecksarbeit" wirklich befreit, wovon er sonst immer nur in einem vermeintlich geteilten Sinn redet.
Meine frage: wenn hinrichs die fette bücherkiste anschleppt und bücher in die menge schmeißt, kriegt man gottfried benn zu fassen. Was macht pollesch, wenn er selber texte anreißt, mitten im satz aufhört zu fragen und was neues im eigenen kopf blühen läßt? Gottfried Benn in die luft schmeißen? Auf mich wirkt das mit den büchern als entwertung benns. Die gelben bücher, mit denen die scheiß lehrer einen in der schule gequält haben. Schinken macbeth, das zwar nur 100 seiten hatte, aber so schwer zu lesen war, dass dieses gelb der bücher entsprechende assoziation hervorruft, wann hinrichs ne ganze kiste davon nach vorne schleppt. trotzdem sind das immerhin alte fragen in den büchern. Denkt pollesch, benn schreibt dogmen? Stigamta? Ist euch das wurscht, was pollesch denkt, sagt mir, was ihr mit den büchern anfangt, wenn ihr eins fangt. Wie fass ich denn dieses gelbe buch an? Als trophähe? Von dem schönen abend?
Andere frage: wie geht denn hinrichs (er redet langsam) mit dem text um, und sogar bert neumann im bühnenbild (gelb im vorhang, riesenufo… bilder bilder Verzichte darauf ein schlagzeug zu verdräschen, weils fabian hinrichs kurz mal vormacht). Das würde mich sehr interessieren, ob es ein charisma gibt, dem man sich nicht entziehen kann, das pollesch ausströmt und hinrichs und neumann gefangennimmt, oder inspiriert: entweder man entwertet seine arbeit oder man himmelt ihr nach und kriecht seiner belesenheit und intelligenz in den po
Bei Benn könnte die Problematik möglicherweise darin liegen, dass er seine eigene Verstrickung in den Nationalsozialismus und die Unfassbarkeit des Holocausts aus seinen expressiven Gedichten ausblendete. Da wird in einem durchaus zu hinterfragenden Dualismus die Kunst von der empirischen Wirklichkeit getrennt und nicht mehr zusammengedacht. Ein solcher Rückzug aus einer abgelehnten Realität ist für den Nachkriegskontext der 50er Jahre vielleicht psychologisch verständlich, wenn nicht sogar prototypisch, weil viele in dieser Zeit wohl nur noch vergessen wollten, was geschehen war. Eine Verarbeitung bzw. kritische Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erfolgte erst eine Generation später. Und hier verdeutlichte das Montageprinzip vielleicht am Deutlichsten, dass die reine Abbildung von Welt immer schon eine (Selbst-)Täuschung ist. Von nun an wurde der Schnitt (mit der Vergangenheit) nicht mehr unsichtbar gemacht, sondern er ging direkt durch die Körper hindurch.
Das Schöne am Theater von Pollesch ist, dass es mir kein schlechtes Gewissen macht, dass es - bei all diesen ernsten Themen, die da möglicherweise immer auch mitschwingen - einen un-heimlichen Spaß macht. Es ist die anarchische Spielfreude der Akteure, nicht der pathetische Ernst des Predigers, den Hinrichs hier dekonstruiert.
Und was verstehen Sie unter diesem Diktum "Die Psychologie nehmen"? Besitzen wir denn eine ganzheitliche Identität? Oder bringen wir uns nicht vielmehr immer wieder neu hervor, im Wechselspiel zwischen changierenden Selbst- und Fremdbildern, in der Auseinandersetzung mit Texten, die wir lesen, mit Personen, denen wir begegnen? Ist dieses zentrierte Subjektmodell der Psychologie nicht mittlerweile veraltet? Ist diese Vorstellung einer individuellen Identität nicht im Grunde Konformität?
Warum schmeißt fabian hinrichs nicht mit spiegelausgaben von heute, schmeißt mir das zeitgeschehen um die ohren, vor die füße, sondern den alten schinken, der ja dann wohl nicht mehr aktuell ist. Bücher. Es müssen bücher sein. Zeitungen sind zu lang, zu groß zu knittrig, wetten?
Trotzdem: schmeißen von büchern wirft einen auch ne assoziation an den kopf. Genau das wenn er mit surrender zahnbürste auf einen zuschreitet. Was macht pollesch mit den assoziationen. Die kommen ja auf mich zu. Alte mechanismen. Was kann ich dafür wenn die schneller sind, als mein kühler verstand? Das passiert ja nicht durch seinen text, sondern durch die art v fabian Hinrichs schreiten. Kontexte entstehen, gegen die kann sich quasi weder regisseur, noch acteur usw wehren - leider hat das dieses schwer entsagbare charisma, wenn mir jemand auf elegante weise den kopf öffnet, dass ich den groupiweise anhimmle. Was macht pollesch in dem fall? Man findet den wie‘n gott mit zahnzange (ärzte sind auch götter. Denen sag ich das auch, wenn die mich von schmerzen befreien)
@162: Verkauft pollesch seine stücke? Ich hab nur eins gefunden und das ist schon ewig alt. Internet war da thema. Ich will ein neues kaufen. Wo hast du die denn gesehen?
@165 das ist hirnwohl: konfirmität. Dualität. Ich empfinde die gegenwart ist darauf bedacht, individual zu verfeinern. Den unterschied zwischen hetero und intersexuell, homoseuell ins gesetz zu fügen – die arbeit daran setzt sich in gang. Das konfirm-dings schießt darüber hinweg. Ist schneller als die entwicklung mit den gesetzen. Funktioniert im moment nur theoretisch. Nenn mir ein beispiel, wo das außerhalb von polleschs arbeiten keine theorie bildet.
Ich frage Rosa L. und die neugierigen anderen: was ist wenn man alle grenzen sprengt. Chaos? Ist in polleschs aufführungen chaos? Geordnetes chaos? Es sind gedankenströme. Und ich hefte meine eigenen gedanken dazwischen. ich kann abschweifen wann u wie lange ich will. Das ist der moment, der mir gehört, wenn ich mit meinem Blick dem Hinrichs seine Luftballons verfolge. UND trotzdem: dieses guruhafte. Pollesch ist ein guru. Ein guru in gelben reklamheften der zukunft? Das guruding funktioniert, wenn ich ja sage: „ja zu dem gedankensurf auf meiner welle in kombi mit polleschthoughts“. Wie komm ich weg von dem guru! Ich will konfirm sein, ne struktur. Ich kann ja ohne den boden unter meinen füßen nicht laufen und ein vogel kann ja ohne luftwiderstand nicht fliegen. Was ist schweben? Treiben? Das ist ja bei pollesch nicht: schweben. Es ist nicht egal, was da vorn passiert. Nicht willkürlich. Ist pollesch eine struktur?
Zum Thema individuelle Identität als Konf-o-rmität, nicht Konf-i-rmität: Damit war gemeint, dass du dich gar nicht ausserhalb von diskursiven Codes und Markierungen bewegen, aber situativ damit spielen kannst. Wer von einer unverrückbaren Identität ausgeht, der verhält sich insofern konform, als dass er meint, sich in jeder Situation gleich verhalten zu können. Aber stimmt denn das?
Und ich würde auch nicht davon ausgehen, dass Pollesch das reine Chaos ist. Denn dann könntest du das gar nicht mehr als Chaos identifizieren, wenn sich das Chaos nicht von einer symbolisch konstruierten Realität bzw. Ordung der Dinge abheben würde. Zitat Agamben: "Die Norm wendet sich auf die Ausnahme an, indem sie sich von ihr abwendet, sich von ihr zurückzieht. Der Ausnahmezustand ist also nicht das der Ordnung vorausgehende Chaos, sondern die Situation, die aus ihrer Aufhebung hervorgeht."
Schließlich, ob Pollesch eine Struktur ist? Klar, irgendwie strukturiert muss der wohl sein, sonst könnte er nicht schreiben. Aber mit Sicherheit ist der keine Tapetenstruktur.
müßte "Ich kann mich in jeder Situation gleich verhalten". Wie baut sich bei einem solchen Philosophen "Situation" überhaupt auf ?, was ist da in etwa der Sinn eines Gleichverhaltens, wenn es doch läuft und läuft und läuft ??, oder wie sonst das verstehen ???
Ich bin dann für Sie vermutlich immerhin auch kein "Chaos" mehr, welch eine Erkenntnis, dazu müssen Sie "Iphigenie" nicht knicken, da ist schon "Mila Superstar" weiter: Pollesch, kein Chaos: Bravo !! Ich war nämlich auch schon auf dem Level eines Ausnahmezustandes, wenngleich des "stupiden", was für ein vorausgehendes Chaos spricht, dessen Auflösung gewissermaßen das Stupide begünstigt hat irgendwie, oder ??
Der Begriff "Funktion" und "Kantscher Imperativ" spricht Bände über das, was Sie so an Textzurichtung zustande bringen,
nahezu unausgesetzt. Das Einzige, was Sie zunächst vor bösen Überraschungen an "Leseerkenntnis" schützt, ist, daß sich hier ganz zu Recht keiner hergibt, Ihnen kostenlos die nötigen Kapitel Philosophie zu lehren. Also: Diskursen Sie munter weiter drauflos, fahren Sie nach Weimar, besuchen Sie meinethalben Buchenwald, da Sie Auschwitz ja so inflationär gebrauchen (!!), stellen Sie sich vor die SS-Reithalle und erleichtern Sie sich sprachlich: Alles nur Konstruktion. Amen..
Ich sehe mich als Vertreterin der "Dritten Generation" (schauen Sie sich dazu die unbedingt sehenswerte Produktion an der Schaubühne an!), das heisst, ich blicke mit Schrecken auf das unfassbare Verbrechen des Holocausts, aber ich möchte doch weiterleben können und nicht an der Trauer über die ungelösten Fragen, was Menschen (ja. genau. bis heute!) Menschen antun können, zu Grunde gehen. Fragen, die sich damit beschäftigen, was passiert, wenn das Denken nicht mehr mit dem Handeln verbunden wird. Was passiert, wenn die Tötung von Menschen plötzlich in einer mechanischen Rationalität vollzogen wird, welche das Ideal der Aufklärung im Sinne eines linearen Fortschrittsgedankens ins Gegenteil verkehren muss.
Aber wir können nicht auf ewig Grenzen der Schuld ziehen, wir müssen weitermachen, auch wenn es schmerzt. Der Holocaust wird nicht weitervererbt, jede Generation muss sich dazu neu ins Verhältnis setzen. Und dabei geht es nicht um vermeintlich allgemeingültige moralische Fragen, sondern darum, die Fähigkeit zum Handeln aufrechtzuerhalten. Die Identifikation mit den Toten der Vergangenheit darf nach Peter Weiss' "Ästhetik des Widerstands" nicht zu einer emotionalen Lähmung führen. Stattdessen kann eine illusionslose Klarsicht über die geschichtlichen Ereignisse im Sinne einer reflexiv-wieder-holenden Vergegenwärtigung die Möglichkeit zu einer schöpferisch tätigen Neugestaltung einer politischen Gemeinschaft eröffnen. Über das Spiel kann gerade die Fixierung auf den ewigen Opfer- bzw. Täterstatus der nachfolgenden Generationen produktiv hinterfragt werden. Indem man den Zuschauern immer nur ein schlechtes Gewissen bereitet, verhindert man dagegen meines Erachtens gerade den Denkprozess und damit eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema des Holocausts.
Schließlich, es geht nicht darum, jemanden etwas zu lehren, sondern Denkprozesse in Gang zu setzen, nochmal: das eigenständige Denken zu ermöglichen. Schüler, die sich nicht gemeint fühlen, weil sie immer nur das lernen sollen, was Andere wollen, geraten bisweilen in paradoxe Ausnahmezustände, welche die erzwungenen Wahl rächen sollen. Mein Rachegefühl dagegen speist sich aus ungeklärten Fragen bezüglich einer ganz bestimmten konkreten Situation, nicht aus vermeintlich universellen Schuldzuschreibungen.
Liegt mir kaum etwas ferner, als auf nachtkritik de. in irgendeiner Weise irgendetwas zu fordern: ich habe nichts zu fordern, das ist mir sonnenklar; und selbst wenn ich etwas zu fordern hätte, dann wäre das ganz sicher nicht die Aufgabe des Träumens/von Träumen. Und es ist für mich zweierlei bedenklich: die Verlinkung quasi von "Traum und Geben/Nehmen" sowie das Fürchterliche, das tatsächlich mit dem einhergeht, was einander Menschen recht unausgesetzt bis heute antun, daß ich noch nicht einmal abwehren kann, daß "man" einander sogar die Träume nehmen kann, indem "man" irgendwie einander zynisch getönt ein Stück weit "Leben" läßt.
Freilich sind die Alltagssituationen zum Glück gewohnheitsfähiger, wenngleich so komplex, daß auf philosophische Zitate in einem Internetchat nur schwerlich adäquat zu reagieren ist, wenn "man" sie mindestens für revisionsbedürftig hält -wie es mir bei Ihren Posts, ... die ich begrüße, selbst wenn ich sie meist nicht recht gut verstehe, und sie mich schon aus "unserer" gemeinsamen Ferne so wenig "mögen", geht-. Mit Beliebigkeit und der Reflexion über "Unsinn" (siehe Hitlerine-Chat) kann ich umgehen bzw. sogar mir dazu das eine oder andere denken, entwickeln, so wie Kunst "ganz allgemein öffnend" wirkt; ich mag allerdings eine gehörige Schwäche haben, dergleichen gleichmütiger aufzu-
fassen, wenn ich den Eindruck nicht mehr abwehren kann, daß hier mit einem konkreten, lehrhaften Anspruch an mich herangetreten wird, irgendwie sogar aus so einer Art "höherer Warte".
Diesen Eindruck machen viele Ihrer Äußerungen, wobei meineserachtens der sachlich-fachliche Gehalt, zugegeben aus eher "philosphisch-verengter" Warte heraus (aber Sie zitieren vornehmlich Philosophen, aus der Philosophie, oder solche, die in einem "Grenzbereich" agieren, wo Soziologie, Psychologie,
Philosophie und Lebenswelt mitunter auf eigentümliche Weise zu halbwertzeitsgefährdeten Amalganen werden), nicht ganz
mithält, worauf Sie dann meist nur (!!) posten: Ist Ironie, Humor,
Schmerz, Leidenschaft, offene Kunstwelt !!
Das ist mir weder fremd noch unsympathisch, auch ist es im Grunde sogar recht schön, sich Wesen vorzustellen, die sich so fleißig umtun wie Sie es getan haben müssen und hoffentlich auch weiter tun werden: Ich denke, Sie üben letztlich nicht weniger als ich; und auf nachtkritik de. mehr als "Übungsfeld" als denn als "Erzengel-Schlachtfeld" werden selbst wir beide uns noch verständigen können, denke, hoffe ich.
Ich befragte im vorhergehenden Zug lediglich die von Ihnen gewählten Termini, so wie es im philosophischen Diskurs nicht unüblich ist. Ich kann mir zur dezentrierten Person so mancherlei denken, mich auf Rortys Kontingenzphilosohie beziehen; ich komme jedoch aus einer anderen Schule und glaube, daß auch einigermaßen gut begründen zu können bzw. begründet gefunden zu haben -siehe "Philosophie der Person"
von Dieter Sturma-. Bei Sturma stoße ich mich dann allerdings wieder am Konzept der moralischen Selbsterweiterungen, das recht eng mit jenem linearen Aufstiegsideal der Aufklärung
verknüpft ist: die moralischen Selbsterweiterungen sind in meiner persönlichen Sichtweise schon in ihrer Möglichkeit wirksam quasi im Schmitzschen Rahmen des Bewußtseins
als "instabiles Mannigfaltiges" und der damit einhergehenden
"Logik der unendlichen Unentscheidbarkeit". Sie könnten etwas vereinfacht meine Position auch so fassen: Wir wirken moralisch nur aufeinander: romantisch !!
Wenn ja, dann frage ich Sie: Zeigt sich in diesem Internet-"Dialog" zwischen mir und Ihnen nicht unmittelbar, dass wir eben nicht von vornherein einen gemeinsamen Sinn teilen? Dass das Verstehen-Wollen des Anderen auch scheitern kann? Wie zum Beispiel kommen Sie auf diesen abstrusen Begriff des "Erzengel-Schlachtfelds"? Und wo genau sehen Sie die Romantik? Ich empfinde unseren Dialog jedenfalls mitnichten als romantisch. Eher unfreiwillig komisch.
romantisch halte, sondern umriß eine, nenne ich jetzt einmal so, weltanschauliche Haltung. Von einem generell von vornherein geteilten Sinn, wie immer Sie sich den auch denken mögen ..., war bei mir mitnichten die Rede, soweit ich sehe, eher nur bei Ihnen. Unfreiwillig komisch mag sein, aber auf ein beleidigendes Niveau werde ich mich durch Sie gewiß nicht begeben und wünsche fernerhin fortgesetzt alles Gute !!
Und von welchen "befremdlichen Erwartungshaltungen" in Bezug auf Inszenierungen oder Threads sprechen Sie eigentlich? Sie bleiben da doch sehr abstrakt.
Schließlich, ich habe Ihren Kommentar tatsächlich so verstanden, dass Sie den "Dialog" zwischen mir und Ihnen als romantisch bezeichnen wollten. Wenn dem nicht so war, dann sind wir uns ja einig. Und diese Rede vom geteilten Sinn, die stammte ja ursprünglich von Pollesch, nochmal für alle: "Was für eine widerliche Kunstform der Geselligkeit, die glaubt, einen Sinn zu teilen!" Da Sie die Inszenierung nicht gesehen haben, haben Sie diese Anspielung möglicherweise nicht erkannt. Zudem empfinde ich es als paradox, dass Sie nun von "Romantik als Weltanschauung" sprechen. Ein solch universell-idealistisches Denken wird bei Pollesch doch gerade dekonstruiert. Na ja. Das Verstehen, das Verstehen.
manchmal muß man sich auch in gefahr begeben um herausfinden zu können.
ich war heute abend nach längerer zeit mal wieder im theater und schaute diesen soloabend mit fabian hinrichs an.
ich las jetzt auch einige kritiken dazu... bei weitem nicht alle, aber viele. nur wenige kritiken diskutieren meiner meinung nach den tieferen sinn dieses abends. nämlich den zerfall der gemeinschaft. "es gibt keine gesellschaft, es gibt nur individuen"; das sagte einmal margaret thatcher, eine politikerin, die sich dem neoliberalismus verbunden fühlte. der schauspieler auf der bühne schien diesen satz 2 stunden lang jederzeit unterschreiben zu können. ich komme nur darauf, weil er sich einer gemeinsamen geschichte (oder noch schwammiger, einer gemeinsamen kultur) nicht zugehörig fühlen konnte... wollte. er stellte auch die abwesenheit von politik oder religion fest. unsere gefühle, die wir in einer gemeinschaft erfahren sind seiner ansicht nach nur noch nachgeahmte symbolische reflexe oder etwas ähnliches.... und spätestens an diesem punkt fühle ich mich doch etwas beleidigt. was ich fühle ist also.... ja auf jeden fall immer lächerlich, vor allem wenn es über meinen körper hinausgeht. sehnsucht nach etwas wie heimat, kulturelle heimat, früher mal empfunden in einem song wie yesterday, als ich zum ersten mal verliebt war...... laut diesem abend lächerlich, weil es in der deutschen übersetzung vorgesungen beim hiesigen publikum zu einer lachnummer verkam. sollte ich mich nun für meine gefühle schämen, mich für meine heimat schämen, mich für meine sehnsucht nach einer gemeinschaftlichen aktion schämen, die mich und viele andere aus meiner gefühlten einsamkeit befreit? am ende wurde mir nicht einmal mein applaus an den sich verausgabenden schauspieler gestattet, weil ich ihn, so war es gemeint, ja gar nicht meinte, sondern nur den akt an sich. das ist nicht schlecht gedacht. (traf bei mir vielleicht den falschen, weil, wenn ich fühle, fühl ich halt und da möchte ich mir nix einreden oder ausreden lassen). es fiel mir allerdings schon schwer genug jemanden zu applaudieren, der offensichtlich ent-täuschen wollte.
nur: warum diese enttäuschung, die letztendlich eine fortführung des neoliberalen mainstreams bedeutet ?
die negierung, ja gar verweigerung einer gemeinschaft, deren kitt aus geimeinsamen gefühlen besteht, gefühlen die hochkommen beim unkommentierten hören, lesen, sehen historischer texte, bücher, aufnahmen.... diese gefühle für null und nichtig zu erklären, das bedeutet gemeinschaftlichen kitt zu lösen und individualität zu erzwingen, die dem neoliberalen zeitgeist am meisten entspricht.
diesen abend verstand ich also am ende als anschlag auf alles gemeinschaftliche.... und somit war es kein abend der mich glücklich werden ließ oder gar lachen ließ. er war brutal und enttäuschend... nicht schön, sondern ernüchternd. es war nichts gut an diesem abend.... aber vielleicht nahm ichs auch einfach zu ernst.
Natürlich ist Theater in erster Linie interpassiv, aber durch die Reaktion die es beim Zuschauer auslöst, wird dieser zwangsweise aus seiner Passivität herausgerissen. Oder warum gehen Sie ins Theater, um sich bespaßen zu lassen? Dann reicht Fernsehen oder eben wichsen. Sie haben alles, was Fabian Hinrichs vorgeführt hat, wortwörtlich genommen, ohne zu reflektieren, also bleiben Sie passiv. Aber manchem muss man die Bücher schon direkt vor den Kopf werfen.
Was an Polleschs Theater neoliberal sein soll, müssen Sie erst noch erklären.
Für mich denken Sie hier nicht weit genug. Schon zu Beginn Ihres Kommentars beziehen Sie sich auf Thatchers neoliberales Diktum. Bloß, mit welcher Begründung gehen Sie davon aus, dass Pollesch das Individuum gegen die Gemeinschaft ausspielen will? Vielleicht kann man das ja auch so sehen, dass hier erst erprobt wird, inwiefern das Individuum auf den Dialog angewiesen ist, um sich selbst als Individuum wahrnehmen zu können. Gerade die Abwesenheit eines Dialogpartners auf der Bühne könnte ja auf mich als Zuschauerin als notwendige Dialogpartnerin verweisen. Nur, dass mir hier nichts vorgeführt, sondern demonstriert wird, dass das Theater im Grunde darüber funktioniert, dass jeder einzelne Zuschauer sich eine Gemeinschaft mit dem Akteur und/oder anderen Zuschauern imaginiert.
Die praktische Umsetzung schwebt dagegen nur als Möglichkeit im Raum. So stellt Hinrichs am Ende auch die Frage "Und jetzt?" oder auch "Was machen Sie jetzt?" Könnte das nicht heissen, dass das "mit den Händen denken" erst jetzt beginnen müsste? Dass die Herausforderung einer politischen Gemeinschaft erst jetzt, also nach dem Theaterabend, beginnen müsste?
Hier stellt sich die Frage, ob es eine politische Gemeinschaft von vornherein gibt, indem man sich auf eine abstrakte "gemeinsame Geschichte und Kultur" oder einen abstrakten "Heimat"-Begriff beruft. Entsteht eine Gemeinschaft dagegen nicht vielmehr allein über das wechselseitige Vertrauen, das heisst über den Prozess ihrer Herstellung?
Wenn Sie ent-täuscht sind (und ich würde sagen, nicht Hinrichs hat sie ent-täuscht, nein, Sie sind ent-täuscht), könnte das dann nicht heissen, dass Sie vom Theater etwas erwarten, was erst durch Sie mobilisiert werden kann? Kann es nicht sein, dass erst aus diesem Gefühl des Mangels heraus etwas entsteht? Sei es nun das Begehren des Anderen, das politische Handeln oder der religiösen Glaube. Wenn wir von der Idee her so tun, als sei das alles schon da, dann erst werden wir doch so richtig ent-täuscht, weil die Realität ausserhalb des Theaterraums ganz anders aussieht. Im "Tal der fliegenden Messer" heisst es dazu folgendermaßen:
"Die lieben sich doch alle, die Typen, die man eigentlich töten müsste, die lieben doch auch ihre Kinder und ihre Mütter. Das kann doch nicht im Ernst das sein, was uns alle verbindet, dieser Dreck. Die Mutterliebe kann doch nicht das sein, was uns verbindet, nein, die Arbeit, die schwer ist, unheimlich schwer!"
Das heisst, eine politische Gemeinschaft besteht nicht aus Gefühlen, wie Sie es so gern hätten. Nein, es geht nicht bloß um das Predigen des Humanismus, ohne die Strukturen zu verändern. Damit ist tatsächlich niemandem geholfen, ausser vielleicht irgendwelchen religiösen Sekten, die sich ausserhalb der Gesellschaft stehend wähnen. Wenn Sie diese Inszenierung als "Anschlag" aufs Gemeinschaftliche sehen, dann möchte ich Ihnen wie dem kleinen Kind sagen: Na, hör mal, das ist doch "nur" Kunst. Ist dagegen zum Beispiel die Nicht-Einführung einer Finanztransaktionssteuer nicht viel eher ein Anschlag auf das Gemeinschaftliche?
@ Stefan:
Ja. Das Tischtennisspielen ist ein gutes Beispiel. Da spielen Hinrichs und Minke sich die Bälle zu, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Dadurch, dass Minke ein Richt-Mikrofon über den Kopf von Hinrichs hält, soll ein Kommentar von dessen Seite regelrecht provoziert/herausgefordert werden. Vielleicht ein Bild dafür, dass jeder einzelne Zuschauer auf dieselbe Weise herausgefordert wird - zum Mitdenken herausgefordert wird. Die Aktion kommt später oder gar nicht. Zum wiederholten Male zitiert: "Der Widerstand des Werkes ist nicht die Rettung der Politik durch die Kunst. Er ist nicht die Imitation oder Antizipation der Politik durch die Kunst. Er ist genau ihre Einheit. Die Kunst IST die Politik." (Jacques Rancière)
Sehr geehrter Herr Ferdinand, sie fragten nach meinem "Status" als Philosoph. Richtig ist, daß ich diesen Studiengang belegt habe; ob ich dadurch automatisch als Philosoph angesprochen werden müßte, treibt mich zwar nicht so sehr um, aber das gilt gemeinhin als strittig: Irgendwie ist der Arzt oder Volljurist zumeist irgendwie anders Arzt oder Volljurist als der Philophieabsolvent dann Philosph wäre, vielleicht ahnen Sie, worauf ich hier hindeute. Ich publiziere auch nicht als Philosoph oder philosophischer Kommentator etc., ich habe noch nicht einmal einen Publikationsversuch unternommen, sondern "wirke" beruflich recht fernab meiner universitären Ausbildung als Sortierer in einem Briefzentrum der Deutschen Post AG.
Ich bin in den Genuß verschiedener philosophischer Lehrer sowohl in Deutschland als auch in Bulgarien gekommen: Zu ihnen zählen Wolfgang Kersting, Dieter Sturma, Ingolf Ebel, Triphon Szilianowsky und mein Onkel Alexander Horbowsky, der allerdings ein philosphisch interessierter Konzertpianist war.
Mein Schwerpunkt war auch weniger die in diesem Thread zitierte "Philosophie der Person" als vielmehr die russische Religionsphilosophie in der "Dostojewskijfolgezeit": das bezieht sich auf N. Berdjajew, V. Nesmelow, L. P. Karsavin, um nur drei hinauszugreifen. Ich bin nicht neidisch: auf wen und warum auch, wie kommen Sie darauf, würde mich ernsthaft interessieren ???
@ Rosa L.
Sie lesen halt irgendwie anders, ich kann mir das wirklich ganz schwer zusammenreimen. Jetzt schieben Sie mir, auch vollkommen undeutlich, warum ?, den Sloterdijk unter, mit dem ick nischt am Hut hab, janz ehrlick !
Und wieder das bekannte Phänomen: "Romantik als Weltanschauung" - Sie richten zu: Es gäbe zwar keinen Grund, von einer solchen Anschauung, wenn man sie hätte, runterzugehen, nur weil Rene Pollesch sie an einem Theaterabend angeblich wirksam und überzeugend dekonstruiert hätte, nur sprach ich halt von einer weltanschaulichen Haltung, bei der wir moralisch auf andere Personen lediglich in einen "offenen Raum" hinein wirken können, moralisch nur "romantisch" wirken können, schon garnicht zwingend, ... wobei mein Fokus hier vor allem das Sprachliche berührte (und eben das Sturma-Thema der moralischen Selbsterweiterungen, denen ich mit Skepsis begegne !, da dürfte ich Rene Pollesch aber im Grunde wieder näher sein, als Sie, Rosa L., es vermuten, wenngleich die Skepsis Rene Polleschs offenbar weiter geht als meine ...), denn es gibt zu der angedeuteten "romantisch-moralischen" Konvergenz (Begegnungen/Vereinigungen !!) freilich noch das Gegenstück aus Handlungen heraus, die gewissermaßen unser moralisches Selbstverständnis erschüttert, was dann eher in die Richtung von Erich Kästner geht: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es !
jaja... nach weiterem nachdenken kam ich schließlich auch dazu... dass eben erstmal etwas geschaffen wird, was uns erstmal nicht verbindet. das sagte ja hinrichs auch zu beginn.
ich muss schon zugeben, soetwas noch nie gesehen zu haben. und weiß bis heute nicht, ob es mir gefallen hat oder nicht.
ich glaube, das wäre zu trivial... dieser abend ist nicht so einfach verpackbar. er brachte mich auf jeden fall zum nachdenken. er provozierte ja eine oppositionelle haltung, die eben darauf hinausläuft sich zu finden.
Ausserdem hab ich mich gefragt, ob man Hamlet gegenüber der vergeistigten Intellektuellen-Version nicht auch mal als einen sich körperlich Verschwendenden im Sinne von Slavoj Zizeks "Liebe dein Symptom wie dich selbst!" darstellen könnte.
Und weil es mit Pollesch ja nicht um Liebe, sondern um Geld geht: Wenn Sie mir die Zug- und Theaterkarte spendieren, dann komm ich natürlich immer gern nach Hamburg! "Mädchen in Uniform", das erinnert mich übrigens sofort an dieses Video vom "alten litauischen Regieassistenten im grauen Kittel", der nichts ausdrückt, weil es nicht um Selbstverwirklichung geht, sondern ums Dienen. Und das ist vielleicht die Freiheit: Liebe ist nur was für Dienstboten. Gibts hier irgendwo Torte? Aber bitte mit dialektischer Sahne. Weiterhin denk ich da gleich an Foucault und den Beichtzwang der katholischen Kirche (siehe Canisius-Kolleg): "Die modernen Gesellschaften zeichnen sich nicht dadurch aus, daß sie den Sex ins Dunkel verbannen, sondern daß sie unablässig von ihm sprechen und ihn als DAS Geheimnis geltend machen." Wie pervers ist das denn?
Zudem tut es mir wirklich Leid, aber anders als bei Polleschs Texten bleiben mir Ihre Ausführungen weiterhin leider total fremd. Umgekehrt geht es Ihnen ja genauso. Da ist nicht viel mit Romantik. Offener Raum hin oder her. Und auf diese komische Form der Romantik als Exorzismus des Kapitalismus steh ich nicht. Die Kraft Jesu bezwingt mich nicht!
@ never trust a guru: ich vergaß 'donna haraway', die r.p. mehrmals erwähnte. mein vorschlag, als premierengeschenk ein hündchen als mehrwert und lebendiges kapital zum kosen und lieb haben, es wird ihm gut tun und er kann damit an alster und spree spazieren gehen, die denkerstirn auslüften, statt auf zerschlissenen theatersofas zu sitzen.
Fällt Ihnen das wirklich nicht auf, was da tagein, tagaus an Forderungshaltungen ganz und gar körperlich und ziemlich verroht, Pose und Haltung einnehmend, wie dem verhaltenspsychologischen Almanach entlehnt,
landauf, landab als Bürgerin oder Bürger so durch
die Straßen zieht? Sind Sie so selten auf Bürgersteigen??
Aber Sie sind ganz unzweifelhaft häufig in der Kastanienallee, bin ich auch, dann, wenn ich mal in Berlin weile, und noch unzweifelhafter hier in den Threads !!
Nun gut, und da ist Ihnen zum Beispiel das mit dem
"Khoun-Bashing" nicht aufgefallen: Forderungshaltungen
pur, und Ihnen ist das nämliche Gerede zum BE nicht
aufgefallen: Forderungshaltungen pur; und so geht es zumeist mit Bochum, mit Leipzig.
Forderungshaltungen aber schon dort, wo der eine vom anderen Teilnehmer z.B. Kürze und Fokus einfordert, Ärgeres als nur Forderung, wenn offen beleidigt wird (wie Sie das oben getan haben, wie auch Sebi und Michal Zyk es in anderen Threads getan
haben..., um dann unterzutauchen !!), wenn schmutzige Wäsche gewaschen wird, was Sie hier bedauerlicherweise auch schon taten.
Richtig, das ist nicht romantisch, Rosa L., da stimme ich doch voll zu!
"Exorzismus des Kapitalismus": konstruieren Sie, warum muß meine Haltung hier zu einer Position gestutzt werden, von der Sie ja andererseits behaupten, Sie nicht zu verstehen, die dann ganz eindeutig in das mündet, was Sie jetzt "Exorzismus des Kapitalismus"
nennen.
Nehmen Sie Erich Mielkes Ausruf: "Ich liebe Euch doch
alle, alle Menschen": Da sage ich mir auch irgendwie,
"Liebe ist kälter als das Kapital", aber hiernach gehe ich dann dieser "Liebe" nach: wie verwickelt der "Doubletalk" so ausfallen kann, linke Hand dreht Wagner ein bißchen leiser, rechte Hand signalisiert: Erschieße! Das ist jedoch bei weitem komplexer, als dieses ständige Gekreise um Repräsentation, Neoliberalismus, Kapital, "Dritten Weg": Pollesch tut einiges, und er tut es wirksam: dennoch geht der Effekt kaum weiter als jene "Beunruhigung" z.B. durch
Mielke. Und so eine "Beunruhigung", aber eben nicht
nur die, liefert z.B. auch "Heimkehrer/Heimwerker" in Weimar: Schauspieler spielen da nämlich auch, gerade eingedenk des großen Abstandes zu Personen wie Johannes R. Becher; SchauspielerInnen und Schauspieler besinnen sich auf genuine Theatermittel: dagegen sind die meisten Pollesch-Produktionen dann doch wieder eher blutleer, wobei sie eine große Leichtigkeit ausstrahlen können wie "Tod eines Praktikanten" , atmossphärisch ungeheuer dicht und stark sein wie eben in "Im Tal der fliegenden Messer", einem durch und durch phantastisch durchkomponierten Abend (und natürlich weiß ich, wieviel Können dazugehört, gerade diese ganzen Pollesch-Texte so zu platzieren, wie es die Pollesch-SpielerInnen und Spieler
großartig beherrschen,...sind in konventionelleren Produktionen wie Bondys "Zofen" dann ja auch wieder
sehr gute SpielerInnen, da Frau Rois und Frau Peters).
@ Arkadij Horbowsky: Ich versteh Sie einfach nicht! Natürlich empfinde ich ein argumentfreies Bashing neuer oder uralter Intendanzen und/oder einzelner Produktionen ebenfalls als unangemessen. Aber warum hängen Sie sich da denn jetzt so rein?
Ich nannte die Beispiele, die in Richtung "Geplärre nach großen Würfen" gehen (Stichwort: Erwartungshaltung) einerseits, weil Sie in §178 ausdrücklich danach fragten, andererseits habe ich im Thread zu Kimmigs "Kabale und Liebe" noch einige Sätze zum sogenannten "Khoun-Bashing" fallengelassen, obschon das mißlicherweise wieder einmal in einem Thread zu einer Aufführung geschah, die ich noch nicht sah: sehe die möglicherweise im April, wenn ich nach Berlin komme. Ich nehme dort auch einen Bezug auf Sie und diesen Thread, und es ist ja nur fair, das zu erwähnen: allerdings, auch ich stelle Ihnen nicht nach ... und werde mich vermutlich mit Ihren Aussagen erst wieder zu "Mädchen in Uniform" auseinandersetzen, eine Inszenierung, die dann quasi vor meiner Haustür stattfinden wird, Premiere: 25.2. (da bin ich allerdings in Chemnitz ..., was Sie kaum interessieren dürfte,
Wo wir dann doch einmal eines Sinnes ..., aber: egal), kann die dann z.B. mit der Kieler Inszenierung von "Kabale und Liebe" vergleichen, die ich sah (es gab in Kiel sogar zwei Inszenierungen, parallel zueinander, die andere im Sechseckbau, dem Kieler Studententheater,
beide setzten so ganz auf Liebe, die Kabale war einge-
dampft). Noch schönes Diskursen in den Artikeln 200plus ... !
@ Arkadij Horbowsky: was meinen Sie mit "verrohter" Forderungshaltungen? was verroht denn Ihrer Meinung nach auf den Straßen als Bürgerin und Bürger? die kastanienallee hat diese Repräsentanten von "Verrohung" nicht zu bieten?
wie kommen Sie darauf, dass pollesch komponiert? das ist doch das einlinken, von dem hier mal die rede war. da ist doch nichts hermetisch.
Vollkommen richtig meineserachtens, Pink Lara, eigentlich steht der Begriff der Komposition eher im Widerspruch zu dem Konzept, das ich bei Pollesch zu finden vermeine, und dennoch sehe ich gerade auch hierin einen Teil seiner Kunst, daß das speziell im "Tal der fliegenden Messer" so maßvoll, so lebendig, so voller Zirkusgeruch geradezu vor sich geht, maßvoll, musikalisch: komponiert, sehe also einen Teil seiner Kunst tatsächlich gerade darin, irgendwie aus freien Stücken gegen das Konzept an zu spielen, an spielen zu lassen (!), eine Regiearbeit, die Bewegliches birgt !
Dies voran. Auch richtig, nicht nur meines Erachtens: Mein Geld verdiene ich in der Nacht:"Nachtschicht" heißt soetwas !
Staatliche Studienhilfen ? Nie erhalten. Von Sloterdijk ??
Wenn ja, dann ohne mein Wissen und ohne mein willentliches Zutun (beispielsweise qua auffallend häufiger Nennung seines
Namens ...).
Beispiele für das, was ich "Verrohung" nenne, gibt es in jeder Stadt, die ich kenne, zuhauf: Ich will da nicht auf Rosa Ls.
Beleidigungen und das Schmutzigewäschewaschen herumreiten, aber die gehören freilich auch dahin: Cool sein, einschüchtern, keine Blöße geben, drängeln, im Weg stehen, schneiden, auf der falschen Gehwegseite entgegenkommen,
Zuschnellfahren als Kavaliersdelikt, Schwarzarbeit, quängeln, fordern, beleidigte Leberwurst sein, austeilen und nicht einstecken können, Steuern hinterziehen, sich ärmer reden als man ist, aber drei Videorecorder, fünf Handyverträge ..., fehlender Blick für Situationen, in denen Hilfe zu leisten wäre oder etwas gesagt werden müßte (zB. wenn ein Busfahrer so anfährt, das einem die älteren Herrschaften, denen man keinen Platz angeboten hat, zumal ja die Musik laut läuft auf den Ohren, in die Arme segeln ...: und warum stehen solche älteren Herrschaften oftmals zu früh im Bus auf, naja, weil da dann die Leutchen einsteigen, bevor sie aussteigen lassen haben; das mag dann recht "irrational" von solch älteren Herrschaften sein, produziert hat das jene Verrohung und hat in Einzelfällen, die Sie möglicherweise nicht interessieren, fatale Folgen ..., habe
solch Anfahren ja schon erlebt direkt vor einer Kieler Privatklinik, da waren die Personen noch nicht einmal richtig eingestiegen:
Als ich nach vorne ging, dem Busfahrer meine Meinung zu sagen, Gestöhne aus dem "Passantenraum", so sieht es hier-
zulande überwiegend aus, und ich würde liebend gerne andere Erfahrungen gemacht haben, aber das ist für mich nun einmal der Stand der Dinge, und so ein "Totenkult" in Hannover paßt
da ganz genau ins Bild...; ich schätze es schon so ein, die Leute schüchtern einander immer mehr ein, sie kaufen und reden über Gekauftes, andere Gegenstände sind selten und durchaus erfreulich zumeist), auch am Arbeitsplatz: Mäuschen spielen, beliebt sein, nett, lächeln, von Gewerkschaftsarbeit sprechen, den Kollegen die schwereren Arbeiten gewissermaßen zuschieben ... . Und die Politik: Stadttheater schließen !! Das ist beileibe mit "Neoliberalismus" meilenweit zu kurz gesprungen diagnostiziert. Andererseits: Es stimmt
schon, die Kastanienallee gefällt mir nicht übel, auch das kleine Kino, "Lichtblick" glaube ich, ein Zimmerkino, einfach großartig:
Sah bei meinem letzten Berlinaufenthalt dort Teile eines Bunuel-Schwerpunktes, im Prater "Tod eines Praktikanten", "Tal der fliegenden Messer", "Cinecitta aperta", und wäre gewiß nicht ein zweites oder drittes Mal zu Pollesch gegangen, wenn ich das so doof, so fürchterlich "neoliberal", aber auch wenn ich es so "unromantisch" gefunden hätte.
Sie bezogen sich oben natürlich auf Sloterdijk und seine Eltern und seine !! möglichen Nachtschichten ..., insofern habe ich da wirklich ein bißchen durcheinandergebracht, was mir übrigens leicht geschieht: Da ist schnell mal ein Relativsatz vergeigt oder ein k beim Namen verschluckt, ein Komma zuviel oder ein t: alles schon auf nachtkritik de.; und auch verlesen habe ich mich schon mehrere Male ! Ihr Einwand stimmt vollkommen,
bei mir zum Beispiel haben die Eltern sehr lange nachgeholfen, freilich eben die meinigen.
Daß in Deutschland sich die meisten Menschen für den Nabel der Welt halten, ja, den Eindruck habe ich, auch in der Kastanienallee ...; jedenfalls halten sie den Nabel vor !
Schon Dostojewskij hat das Prahlerische im Deutschland seiner Zeit deutlich hervorgehoben - keine Spur vom Begriff "Neoliberalismus" nebenbei, obschon dieser Einschub auch nichts Zwingendes sagt, denn wir haben einander als Menschen wohl auch schon länger als Personen geachtet und betrachtet und verstanden und behandelt als wir über einen Begriff "Person" gehaltvoll verfügen- und das gewissermaßen Doppelzüngige des praktizierten Protestantismus: Da heißt es
"Sola fide", und stolz rechnet man sich aufs Haupt: seine Arbeitsethik. Da andernorts der "Katholizismus" allenthalben aufs Haupt bekommt, sei hier "gerechtigkeitshalber" einmal die "zweite Kirche" bemüht.
Dieses "Prahlerische" und "Kampagnenhafte" kann dann wiederum anders beäugt werden, wenn unter dem "Deutschen Einigungsprozeß" ein weiterer historischer Rahmen aufgemacht
wird als üblich, wenn heute von "Einigungsprozeß" die Rede ist: Schiller mag ja gerade da laut sein, wo Tschechow eher leise ist, um nur ein Beispiel zu nennen, das in diese Spielzeit paßt, denn jedes Schillerjubiläum fällt in eine Spielzeit mit
jedem Tschechowjubiläum, und Schiller gehört ja bekanntlich auch zur ersten Lektüre Tschechows ..., aber als "Prahler"ist er ja auch nicht verworfen worden (bei Dostojewskij stand Schiller auch ganz vorne im "Leselehrplan" und oftmals wird geradezu von einer Person gesagt "Ein Schiller": was dann zwar zwiespältig ist, aber gewiß anders und eben gerechter als ein Prahlhansvorwurf ...)... . Entschuldigen Sie also bitte mein ungenaues Lesen !
@ pink lara: Recherche. Laut Jens Jessens ZEIT-Artikel vom 24.1.2010 stammt Sloterdijk nach eigener Aussage aus "bescheidenen Verhältnissen". Daher schloss ich auf BAföG bzw. dessen Vorläufer. Siehe auch hier:
http://www.zeit.de/2010/04/Sozialstaat?page=1.
Was war denn jetzt abstrakt an meiner aussage?
Warum dieser bemitleidende ton?
Wieso Mafiaclub?
Wovon reden sie eigentlich?!
Was ist das für eine Debatte, um Reich und Arm? Kann man das verstehen? Das Bild muss man sich komplexer und komplexer machen, auch auf der Basis vorangegangener Gedanken der anderen. Das hat jetzt nicht mehr mit Herrn Polleschs Stück zu tun, aber es gibt immer das Schimpfen auf die Reichen und auch Erfolg-reichen. Herr Sloterdijk wollte sich als unabhängiger Philosoph behaupten und ist in die Falle getappt, sich als Honk zu outen? Das ist vertrackt! Ich verstehe Herrn Sloterdijk nicht und auch mich selber nicht. Ich bin ja auch die Geizige, wenn ich zu faul bin, auf der Straße anzuhalten, und 50cent aus meiner Handtasche zu wühlen, noch dazu wenn mein Portmonnaie ganz unten davon liegt, um sie brav, und mit Mitleid in die offenen Hände eines Obdachlosen zu legen, dessen Kapital ja seine Demut auf der Straße ja ist. Das ist Faulheit. Irgend so einen Grund hat Herr Sloterdijk, um so peinlich öffentlich zu denken.ja.
Das ist doch von außen immer das, mit dem Finger auf einen zu zeigen, der gerade in seine eigene falle getappt ist. Aber man selber tappt ja in Fallen ständig!
Das schlechte Gewissen, und die Moral, die sind es möglicherweise, die auch hier ihre Strukturen zeigen, mit denen Sie Sloterdijks Ansichten gegen Zwangssteuern betrachten.
@ Arkadij Horbowsky aber woher nehmen Sie die Sicherheit, die Leute als diejenigen zu bezeichnen, die ihren Bauchnabel ganz vorn tragen. Warum bewerten Sie das so? Laufen Sie doch selber mal so rum, vielleicht erspart Ihnen das die Mühe bestimmte Straßen zu meiden, wenn Sie das in Berlin anscheinend so nervt. Damit finden Sie die praktischen Aspekte des Ich-bezogenen Denkens heraus. Des Spaßes wegen.
Und ich wunderte mich lediglich ein wenig darüber, daß Ihnen der in An- und Abführungszeichen gesetzte Ausdruck "Erzengelschlachtfeld" so abstrus daherkam:
Da gab es, noch nicht lange ist das her, allerlei:
Pitbulls, Schmierfinken, Herrenmenschengerede, Bürgerkrieg auf nachtkritik de., gab des einen Gehype - des anderen Gebashe, Neidvorwurf, Karrieristen, gab Ausnahmezustand, stupid, zu Pollesch immer wieder diesen -zumeist- sehr vage bleibenden, "Stefan" bemerkt es weiter oben treffend, Neoliberalitätsvorhalt, der freilich dazu angetan ist, den Begriff "neoliberal" gänzlich zu verwässern.
Ich deutete auf Vorzüge, die ich bei Pollesch sah,ja, sehe und auf eine gewisse "Schleife" in seinen Inszenierungen, die gewissermaßen auf dem Niveau zB. der Beunruhigung durch "Ich liebe Euch doch alle, alle Menschen" oder "Linke Hand:Wagner leiser / Rechte Hand signalisiert (befiehlt ??- Handlungstheorie (auch hier siehe Danto)): Erschieße !" verharrt: Verweile doch !
Doch: Ich habe nichts gegen "Verweile doch", schon garnicht im Umfeld der überall lauten Rufe nach großen Würfen oder großer Aufmerksamkeit (und sollten Sie mit "George Sand" wirklich identisch sein, so haben Sie durchaus im Wuppertal-I-Strang eher den Strom der Forderung nach großen Würfen bedient ..., wenn ich mich recht erinnere): "Verheile doch" - "Verkeile doch" - "Verpeile doch" - "Verheile doch" , Variationen, zu
denen sich jeder seine Dramolette zaubern mag ... .
Quer-durchs-Land-Ticket: 34 Euro.
Hotel "Terminus" für zwei Personen: ca. 50 Euro.
Zwei gute Karten für "Mädchen in Uniform": ca. 40 Euro.
Quer-durchs-Land-Ticket zurück: 34 Euro.
Möglicherweise Einladung zu Pasta und Wein zB. im
"Casa Nostra" (sehr guter Italiener , etwa 200 m Fußweg vom Schauspielhaus entfernt): 30 Euro.
Knapp 200 Euro, absetzbar ?, wer weiß ??, ja, ja: die Macht des großen Pan, Christus kommt da möglicherweise nicht mit ... .
Endlich doch Romantik ! Wenn auch nicht zwischen uns !!
4. Variation natürlich: "Verteile doch"
@ Arkadij Horbowsky: Nein. Auch als George Sand habe ich sicherlich nicht nach "großen Würfen" gerufen. Oh Gott, ich bin doch nicht der Übermensch. Höchstwahrscheinlich haben Sie mich missverstanden. Und auch, wenn ich nicht weiss, wer "Pan" eigentlich ist, ich nehme Ihn tausendmal lieber als irgendwelche durchgeknallten Jesus-Doppelgänger.
Ich mag Berlin ausdrücklich, und ich meide in Berlin und auch in Hamburg keine (!) Straße, noch nicht einmal die drei sprichwörtlichen Strich- und Stichstraßen in direkter Nachbarschaft zum Deutschen Schauspielhaus in Hamburg
(mein Onkel wohnte ja sogar zuletzt in der Brennerstraße, in
der auch Schlingensiefs Chance 2000 ihr Büro hatte), siehe "Hotel Terminus" (was ja auch ein Filmtitel ist, ist ja Berlinale jetzt). Ich bin mir dessen schon bewußt, daß sich meine Ausführungen dann gelegentlich so anhören wie "Einer gegen
Alle" (gab mal ne Spielshow, die so hieß, bei der eine Einzelperson einer Stadt Aufgaben stellte ...), das hat immer ein wenig eine lächerliche Note: "Klingt falsch", habe ich mir als Ausdruck von Blixa Bargeld gemerkt, erwähnte ich auch schon mal, ich finde, der paßt ganz gut. Dennoch erspare ich mir den Selbsterfahrungstrip, jetzt auch im Weg zu stehen, zu schneiden, zu drängeln ; mir fallen diese Dinge ja auch wieder anders und "neu gesehen" auf, wenn ich beschäftigter, fokussierter bin: insofern ist das schon auch ein wenig ein "Luxusproblem" bei mir: dennoch halte ich die jeweils individuellen Muxmäuschenstill-Biographie-Entwicklungen
für ein ernsthaftes Problem, dem auf der Bühne auch wieder mehr mit Spiel und Mut zu Situation, zur Kleinteiligkeit, auch zur Peinlichkeit begegnen werden sollte: dazu muß aber, wie 123 häufig bemerkt, die neuere Dramatik wieder stärker berücksichtigt werden: in Spielplangestaltung, dem Fach "Darstellendes Spiel", dem Abiturthema im Fach "Deutsch".
Ich erhebe mich doch hier gar nicht ernsthaft über die "Masse" und ihre (fragliche - n) Dynamik (-en): ich sitze nicht nur mitten drin, ich habe auch schon ihre Hilfe in Anspruch genommen,
gehöre dazu: Fleisch von meinem Fleische !! Vielleicht glauben Sie mir, daß ich kein durchgeknallter Jesus-Doppelgänger bin,
... Rosa L. hat das so freilich -diesmal nicht- auch nicht gesagt.
Ach, und sollte die Hektik mir bei einem Berlinaufenthalt dann doch einmal zu weit gehen: gibt den Wuhletalwanderweg, den Barnimer Dörferweg, den Pankewanderweg, schöne Strecken gen Potsdam (Havel) bzw. am Müggelsee (Spree) entlang und
natürlich nicht zuletzt den Grunewald.
@ Rosa L.
Sie haben Recht, das mit den "großen Würfen" kann ich Ihnen auch als "George Sand" nicht nachsagen, bitte das zu entschuldigen ! Habe das noch einmal lesend nachvollzogen !!
Was ist Armut? Armut hat bestimmte Ursachen – handelt es sich in jedem Fall um bestimmbare Ursachen? Wenn man die Ursachen kennt, könnte man Präventionen starten. Alkoholismus beispielsweise ist eine Krankheit und bildet meiner Überlegung nach eine sehr häufige Ursache von Armut: Vernachlässigung v Kindern, wenn ich als Mama zu krank bin, um mein Kind vor lauter Alkoholsucht noch zu sehen. Das Loch im Herzen meines Kindes wächst, mit Fortschreitung seines Alters, seiner Entwicklung und wenn es nichts anderes kennenlernt, als die als Mama fehlfunktionierende Bezugsperson Alkoholikerin, wird es selbst zum Alkoholiker - ein Kreis schon wieder. Seit Generationen? Wer weiß das schon. Wenn Alkohol so schwer zu kaufen kriegen würde, wie ne Perlenkette aus den Tiefen der Weltmeere, vielleicht wäre genau das sinnvoller als eine Weltfinanzsteuer?
Eine andere Ursachenbekämpfung vielleicht: Einem Obdachlosen ins Gesicht zu gucken, wie in mein Eigenes, oder in das meines Geliebten, meines Kindes, meiner Gesundheit. Die Krankheit des Einzelnen, als „Gesundheit“ aller. Ob das eine Frage von Geld ist, ist auch eine formale Betrachtungsweise, nehm ich an. Die Überlegung von Tobin ist von 1972, damit recht alt und zudem für was wird die Steuer genutzt? Wie soll man sich einigen?
Wenns nach mir ginge, würde ich nicht wollen, dass das Kind eines Hartz IV-Empfänger betteln geht. Lieber stell ich mich hin, und arbeite als ehrenamtliche Helferin http://berlin.familienschutzwerk.de/freiwillige-helfer/
Wenn man über die Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer nachdenkt, ja, muss man ja gleichfalls überlegen, wer die verwalten soll. Verwaltung unterliegt doch auch einem Wertesystem. Wie soll man all die differenten Ansichten von Australiern, Amerikanern, Asiaten etc in EIN globales Wertesystem, eine Verwaltung bekommen? Ich sag nur Demokratie und Afghanistan.
So, ich tanze jetzt den Moonwalk von Michael Jackson. Das hält mich fit und macht mich glücklicher, als über Sozialstaatenmodelle nachzudenken. Körperbewegung ist was sinnvolles fürs Ego, Wohlbefinden.
Deutsches Sozialsystem: ich sage nur Beamtenrente. Das empfinde ich als Ungerechtigkeit, aber finde mich mit den Argumenten dagegen nicht zurecht, warum Beamte nicht in die Altersvorsorge einzahlen, aber einen beträchtlichen Mehrbetrag als Pension bekommen als ich, die über Moralisches Verhalten nachdenkt.
@Arkadij Horbowsky: ich stimme Ihnen zu und gebe ehrlich zu, dass es mir um jeden lieber ist, der sich nicht so aufführt wie Sie weiter oben beschrieben haben. Ich meide das prenzlauer Viertel um Kastanienallee tatsächlich, mach die aber gern nach, die mamas und papas, mit ihren frisuren und ihrem kollektiven anspruch nach ökoware. Aber das nützt nichts: sie sind leider unabhängig von meiner gestischen übertreibung. vielleicht muss ich mir ne andere Taktik zulegen. Man muss die doch eher an sich angepasst kriegen, als dass man seine alten Cafés meidet.
Das Geld regiert die Welt. Deshalb muss das gut verwaltet werden.
Mit meinem Moonwalk lös ich in meinem Körper das angestaute Zeug, von dem Sie reden. Die alte Struktur in MIR, verstehen Sie. Probieren Sie das doch mal: als Edith Clever in Michael Jackson Dress auf dem Teppich abzuhotten. Just for fun, ohne humor kannst du auch diese Bücher da vor dir nicht bearbeiten, liebe Rosa. Das wollt ich dir damit sagen. (ich stell Sie mir irgendwie als eine Edith Clever vor, warum auch immer. Irgendwas zwischen Donna Harraway u Edith Clever)
„Man müsste sich doch eher fragen, warum die Politik nicht endlich daran anknüpft.“ – ja! Das ist, was ich versucht hab, Ihnen nahezulegen. Gelang mir nicht. Ich empfinde diese Frage als sehr kernig, tatsächlich.
Ich finde ja, man soll das Leben lieben, mit seiner ganzen Seele, mit aller Kraft und von ganzem Herzen.
Wer all Gläubigen auf dem Pflaster erschlagen wollte, der richtete ein Blutbad an. Weiter nichts. Und wiederum wäre niemandem geholfen und es gäbe nur ein paar Mörder mehr.
Und dieses ganze: Glotz nicht so romantisch.
Ist auch eine Farce.
Sicherlich, noch eine Steuer: Eine Finanztransaktionssteuer.
Warum nicht ?
Aber wenn diese Steuer innerhalb dieses Systems angewandt wird ? Auf was machen Sie sich da Hoffnungen ?
Und wie wollen Sie einen Strukturwandel herbeiführen, ohne, dass die Bürger an etwas glauben ?
Neben der Ratio braucht es eine gehöriges Mass an Spiritualität und Utopiefähigkeit, um eine Veränderung herbei zu führen.
Und dann bleibt immer noch die Frage: Veränderung hin auf was ?
Dass es jemand geben muss, der die Kinder und Jugendlichen an Bildung und Kultur heranführt, das ist doch klar. Diesbezüglich geht das Gerücht, dass es dafür professionell ausgebildete Erzieher, Lehrer und Theaterpädagogen gebe, die sogar für Ihre Arbeit bezahlt werden sollen.
Warum der Vergleich mit Edith Clever? Ich bin doch nicht Edith Clever! Den Moonwalk zu tanzen, das ist mir zu kommerziell repräsentativ. Und Donna Harraway bin ich auch nicht. Nee. Die sagt doch immer, dass auch die Grenze zwischen Tier und Mensch eine kulturell markierte sei, oder? Aber das heisst dann ja noch lange nicht, dass ich ein Tier bin. Ich bin höchstens offen für die Tierheit, nämlich dann, wenn ich mich nicht mehr als Mensch denke(n) und erkenne(n) (kann). Literaturvorschlag: Giorgio Agamben: "Das Offene. Der Mensch und das Tier".
@ 123.: Wer sagt denn, dass es in Brechts "Heiliger Johanna der Schlachthöfe" darum geht, "alle Gläubigen auf dem Pflaster zu erschlagen". Es geht um das dialektische Denken. Und darum, in Bezug auf Realität zu denken. Zitat Jean-Luc Godard: "Es ist höchste Zeit, dass das Denken wieder das wird, was es in Wirklichkeit ist: für den Denkenden gefährlich und die Realität verändernd."
Ich lasse Ihnen gern Ihre Spiritualität. Aber Glauben meint nicht Wissen und Erkenntnis. Blind zu glauben, dass führt nicht selten zum Gegenteil dessen, was man ursprünglich erreichen wollte.
Und natürlich muss die Finanztransaktionsteuer IM Kapitalismus angewandt werden. Es sei denn, der Kommunismus fälllt demnächst vom Himmel. Woran ich nicht so recht glauben mag. Utopiefähigkeit IM Kapitalismus heisst dagegen, den einfachen Gedanken zuzulassen, dass diese Steuer dazu beitragen kann, die Finanzmärkte zu stabilisieren, die öffentlichen Haushalte zu sanieren sowie globale Aufgaben (zum Beispiel die Entwicklungszusammenarbeit) zu finanzieren.
Ich sagte lediglich "neben der Ratio", mehr nicht, und auf der Stelle erhalte ich unaufgeforderte Lebensberatung in Sachen: Wie Denken funktioniert. Auch hierfür bedanke ich mich.
"Denken, heißt überschreiten." So steht es bei Bloch, im Prinzip Hoffnung, und dies meint etwas mehr als mit godarschem gefährlichem Denken in die Realität einzugreifen, der man sich auch anders, als durch Denken nähern kann.
gleich krempeln Sie wieder alles um "was hab ich?" "wovon reden Sie?" ich mein ja nicht Sie sind donna harraway, sondern in meiner vorstellung sehen Sie so aus. mir klar, das das nie im Leben der Fall sein wird.
Sie sind ein 1,90m Kerl, der sich wie Marylin Manson benimmt, geben Sie es zu. das ändert sich immer, das Bild, dass ich von Ihnen habe. Humor haben Sie. Call Me An Ambulance
jaja, so called "professionell", die Lehrer, Pädagogen. das versteh ich leicht, mir bedeutet schule nichts. aber Pollesch! und mein Welensittich, deren Sprache kann ich verwerten und neu nachaußen kommunizieren.
das was wir sehen ist eh nur was wir wissen wollen. das andere können wir nicht fassen. seele, tod und leben.. sicher fällt dir dazu die gescheitere version ein, wie mans nennen will. donna harraway nutzt ein beispiel mit ihren zwei Hunden (wieviele auch immer sie hatte), dass der Mensch sich all das um sich herum mit seinen Augen erklärt, mit seiner "Sicht" auf die Dinge, D. Haraways Hunde aber durch die Nase denken. diese beiden beispielsichtweisen unterschiedlich sind. aber in den büchern die ewig eindimensionale Erklärung des Menschen schläft und reproduziert wird. ist doch klar. Mensch und Tier gibt es genauso wenig wie all das andere. es sind alles nur Markierungen, keine greifbaren ... als was man es ohne Markierung nicht benennen kann? wenn pollesch nach der Unterhaltung mit der Kakerlake fragt. das ist das. ob wir mit kakerlaken ins gespräch kommen "ja mach doch mal, aber ich bin nur die Haushälterin"
dann geh halt als kakerlake zur olympia nach Vancouver und erfinde dich neu. ich intergriere derweil das Strickmützen werfen als internationale Disziplin bei Olympia, wenn Ihnen der Moonwalk zu kommerziell ist. aber dazu müssen Sie nicht nach Vancouver. es reicht auch ein neu zu entdeckendes Badezimmer unter der Volksbühne, zu keinem anderen Zweck errichtet als kakerlaken akustisch zu imitieren und deren Sichtweise auf mich zu definieren.
@ pink lara: Alles nur Markierungen? Nein. Erstmal hab ich einen Körper von Gewicht. Und zudem gelingt es mir eher selten, durch die Nase denken. Das könnte womöglich daran liegen, dass ich diese Stufe der Evolution bereits hinter mir gelassen habe. Gleichwohl, meine Nase hat einen untrüglichen Instinkt für Anziehung und/oder Abstoßung. Manche Menschen kann ich einfach nicht riechen. Und das ist auch eine Metapher. Tiere können keine Metaphern verwenden, weil sie nicht diese exzentrische Position einnehmen können, diese Sicht von aussen auf das Selbst und die Welt. Also, was sind Sie denn nun? Ein Tier oder ein Mensch? Reagieren Sie nur? Oder denken Sie schon?
Antwort: Nichts.
Ich habe aber in meinem kurzen und ebenso heftigem Philosophiestudium gelernt, dass wer andauernd zitiert, seinen eigenen Gedanken misstraut.
"ein Lesen mit anderem Verstand"
Sie lesen hier halt ewig im halböffentlichem Raum ihr eigenes Gehirn aus, anstatt es wirklich einzusetzen, kreativ nach einer eigenen Sprache zu suchen, die sich nicht ewig in Zitaten kontrastiert oder in ihnen Bestätigung sucht.
Man fühlt sich eventuell belehrt und ist hier und da leicht verstimmt. Mehr nicht.
Aber machen sie es ruhig so, wie es ihnen gefällt.
R.L.
"Ich denke schon seit langem mit dem Knie." J.B.
Und zum besseren Verständnis des "Lesens mit anderem Verstand". Das war natürlich ebenso geklaut. Ich gebrauche dieses Zitat gern und oft. Sie dagegen haben es nicht erkannt. "Sing Sing":
"Jedes Bild ist wie ein Messer / Ein Gebrauchsgegenstand / Und 'Lesen' meint hier 'Denken' / Mit anderem Verstand / Indem/in dem man liest, Gedanken sucht und findet / Die dann zitiert und verbindet, das ist Technik / Und wer sie nutzt macht sich verdächtig / Wird unberechtigt Ladendieb genannt. / So wird ein Zeichensprecher zum Schwerverbrecher / So wird Gebrauchsgegenstand / Zwingend Mordinstrument." (Blumfeld, "Die Welt ist schön")
Auch projiziere ich nicht auf sie. Sondern reflektiere Ihr hier nachweißbares Verhalten.
Ich denke auch nicht mit Beuys. Hier offenbaren sich nur ihre eigenen Ängste. Ich habe ein Zitat von J.Beuys einem Satz gegenüber gestellt, den sie selber zitiert haben. Diese Methodik dürfte Ihnen bekannt sein.
Jedoch ist es auch so, wer sich in einem so großspurigen Ton über den Künstler Beuys hinwegsetzen möchte, in dem er ihn unter der Kategorie Heilsbringer und Guru einordnet,ist nicht unbedingt mein Gesprächspartner.
Also lassen wir das doch lieber. Ich werde Ihnen in Zukunft aus dem Weg gehen.
Sie sind mir zu sehr auf der Suche nach Verdachtsmomenten. Zu schnell und leichtfertig mit Ihren Urteilen über User hier. All dies ist mir hier auch schon widerfahren, aber ich habe doch immer wieder versucht auf den Pfad der Tugend zurückzukehren, so gut es mir eben gelang.
Und wissen Sie, Sie würden nicht einmal das Schema Israel erkennen, gescweige denn seinen Sinn, wenn man es Ihnen in abgewandelter Form vor die Nase hielt.
Ich möchte mich Ihnen gegenüber nicht weiter verletzbar machen. Ich kann damit leben, wenn Sie in mir für einen bescheuerten Gläubigen sehen, der nicht dialektisch denken kann.
Gehen wir uns also bitte aus dem Weg.
@ 123: Examinieren? Wie geht das denn? Oh Gott, ich weiss gar nicht, wie das geht. Examinieren. Klingt wie exekutieren. Und ich dachte immer, dass es auch an der Uni und mit Schiller gesprochen immer nur darum gehen kann, Gedankenfreiheit zu geben. Oder etwa nicht?
Vielen Dank, aber Sie müssen mein Verhalten nicht reflektieren. Zumal Sie unglücklicherweise irgendwie total an mir vorbei reflektieren. Das bin ich gar nicht, diese Frau, die Sie mir da zurückspiegeln wollen. Ist das vielleicht nur "die Frau" in Ihrer Vorstellung? Wie kommen Sie bloß darauf, dass wir einen Sinn teilen? Und vielleicht teile ich ja eher mit anderen Frauen einen Sinn als mit Ihnen. Jedenfalls habe ich gerade den Berlinale-Forum-Film "Eine flexible Frau" von Tatjana Turanskyj und mit Mira Partecke in der Hauptrolle gesehen. Da dachte ich komischerweise sofort: Wow, scheisse, die sind ja super, diese Frauen! In diesen Film kann ich mich irgendwie reinprojizieren.
Zudem, warum sollte ich vor Beuys Angst haben? Für seine Zeitgenossen war Beuys sicher prägend und wichtig. Und den Begriff der "soziale Plastik" sollte man meines Erachtens bis heute im Auge behalten, gerade im Kontext der Theatertod- bzw. Sparzwang-Debatte in Folge der Finanzkrise. Nach Beuys ist Kunst nicht Selbstzweck, sondern muss immer als Lebens-Kunst verstanden werden, als notwendige und selbstverständliche Grundlage einer politisch lebendigen Kultur und Gesellschaft.
Schließlich, warum Sie mir vorwerfen, das Schema Israels nicht erkennen zu können, das entbehrt nun wirklich jeder Grundlage. Wie kommen Sie zu solchen Unterstellungen? Reines Ressentiment?
Widerstand ist immer verbunden mit der Suche nach Formen des Widerstands. Eine Ästhetik des Widerstands vermittelt das Politische und das Künstlerische. Die Präsenz des Ausnahmezustands (Anarchie, Chaos) ist immer nur vorübergehend. Ohne Repräsentation gehts nicht.
Ausserdem, in Zeiten der sogenannten "Selbstverwirklichung" in unterbezahlten und unterfordernden Dienstleistungsjobs ist das Theater vielleicht auch eine Chance. Eine Chance für den Schauspieler. Und erst dadurch auch eine Herausforderung für den Zuschauer. Dazu ein wunderbarer Satz von Pollesch: "Wenn wir jetzt dagegen beginnen, etwas zu akkumulieren, was gar nicht im Dienst dieser Selbstakkumulation steht, ergibt sich womöglich eine Chance, diesen Selbstverwertungszusammnehang zu verlassen. Das zu leben, was nicht das Eigene ist, wäre also eine Befreiung. Insofern ist das Manuskript eine Chance. Also die Rolle weder als Befehl noch als das Eigene begriffen, sondern als das Andere, denn wir brauchen eine Vermittlung." Und damit wären wir dann beim Paradox der Interpassivität des Zuschauers.
Und doch bin ich für selbstbewußte Zuschauer, die den Mut haben hin und wieder einfach nicht hinzugehen und sich selber den Pollesch oder Castorf geben.
"In Ovids 'Metamorphosen' hat Narziss das Problem, dass er sich in etwas verliebt, das dann eben kein anderer ist, sondern das eigene Selbst. Das heißt, wir brauchen Hilfsmittel, damit wir uns selbst lieben können. Wir brauchen einen anderen. Wenn ich jemanden begehre, ist das mein Problem: Ich habe den anderen ja nicht, der will ja gar nicht zu mir, während Narziss sich sein eigenes Herz herausreißen muss. Es geht genau darum, aus diesem narzisstischen Paradox herauszukommen. Damit zu spielen. Was heißt es denn, sich selbst dauernd als 'man selbst' zu Erfahrung zu machen? Das macht man vielleicht nur, weil es auf eine Selbstakkumulation hinausläuft, also auf Wertsteigerung." Und deswegen das Manuskript als das Andere.
Ich finde ja einen Sinn darin Ihre Kommentare zu lesen. Ganz ähnlich dem Sinn, den ich in Schlingensief verdächtige. Die Metastasen in seiner Lunge machen für ihn keinen Sinn, weil er sich nicht erklären kann, wieso er jetzt in so einer Lebensphase Lungenkrebs haben muss. Aber der Sinn positioniert sich auch, wenn wir nicht hingucken.
Wenn quasi eine von uns beiden in dem Mitteilen ein Sinn sieht, geb ich dir ne Hälfte Sinn ab, auch wenn dir das über schwarze Löcher reden absurd vorkommt.
Ich steh nicht, wenn du mich stehen läßt.
"Und wenn ich an dich denke, denke ich nur an das Projekt der kommunistischen Partei, die Arbeit am kommunistischen Projekt aufzugeben und sich an den Aufbau des Kapitalismus zu machen, du Arsch, du!" (René Pollesch, "JFK")
heute steht ja schon der näxte Pollesch hier im Netz. Wollen wir jetzt mal mit dem Gespräch anlässlich des "Verblendungszusammenhanges" aufhören und drüben in Hamburg weitermachen? Wenn kein vehementer Widerspruch kommt, schließen wir hier den Faden.
Gruß
nikolaus merck
.....Und Schramm sieht sein Publikum, ist vorher schon darüber verzweifelt, hört wie es bei Kalauern lacht, wie es sich bei billigen Witzen wegschmeißt, mit denen er eigentlich die Dummheit der Leute zeigen wollte… Und was macht er? Nach dem Applaus, kurz bevor alle saturiert nach Hause gehen wollen und ihr Restgewissen zum Schweigen gebracht haben. Lässt er folgenden Text von Thomas Bernhard einspielen (übrigens von Dieter Hildebrandt gelesen):
“Ein eigenwilliger Autor
Ein Autor, der nur ein einziges Theaterstück geschrieben hat, das nur ein einziges Mal auf dem, seiner Meinung nach besten Theater der Welt und genauso seiner Meinung nach nur von dem besten Inszenator auf der Welt und genauso seiner Meinung nach nur von den besten Schauspielern auf der Welt aufgeführt werden durfte, hatte sich schon bevor der Vorhang zur Premiere aufgegangen war, auf dem dafür am besten geeigneten, aber vom Publikum überhaupt nicht einsehbaren Platz auf der Galerie postiert uns sein eigens für dessen Zweck von der Schweizer Firma Vetterli konstruiertes Maschinengewehr in Anschlag gebracht und nachdem der Vorhang aufgegangen war, immer jedem Zuschauer einen tödlichen Schuss in den Kopf gejagt, welcher seiner Meinung nach, an der falschen Stelle gelacht hat. Am Ende der Vorstellung waren nur noch von ihm erschossene und also tote Zuschauer im Theater gesessen. Die Schauspieler und der Direktor des Theaters, hatten sich während der ganzen Vorstellung von dem eigenwilligen Autor und von dem von ihm verursachten Geschehen, nicht einen Augenblick stören lassen.”
Einfach toll! Selten habe ich mich so gefreut und selten habe ich so verdutzte Gesichter im Kabarett gesehen. Und auch, wenn ich auch im Publikum saß und manchmal bestimmt auch eine Kugel verdient hätte, hätte ich dafür Georg Schramm fest drücken wollen. Denn er hat mir wieder einmal aus der Seele gesprochen.
Nun ist auch klar, auf wen Thomas Bernhard geschossen hätte. Nicht nur auf die blöden Avatare da oben an der Macht, sondern auch auf uns, weil wir uns berieseln lassen und ständig in Kämpfen untereinander Gesagtes wieder- und wiederkäuen. Schramm ist nicht radikal, Schramm sagt die Wahrheit! Auch, wenn ihr sie nicht hören wollt. Er ist nicht zynisch, die Realität ist zynisch. In seinem Humor fasst er unser ganzes krankes Gefüge zusammen.
Danke Georg Schramm! Irgendwo muss es noch Hoffnung geben…