Vom mühsamen Bewahren der Ordnung
von Anne Peter
Berlin, 10. Juni 2009. Einmarsch Gefangenenchor. Nicht Verdi, nein, Berlin Tegel, Justizvollzugsanstalt. Der Chor von Gefangenen singt ein Soldatenlied, nicht auf Deutsch. Dann sind sie fertig aufmarschiert, in ihren graugrünen Capes und formieren sich zum Lagebericht: "Nach sieben Tagen Schlacht um Moskau war / Mein Bataillon noch eine Kompanie stark / Zersprengt die Division der Stab werweißwo / Die Deutschen überall und nirgends".
Die Freiheit in der Zwangsgemeinschaft
von Simone Kaempf
Berlin, 16. November 2007. Eine Ziege. Ausgerechnet mit einer Ziege zogen die Theatermacher durch die Gefängnisgänge, um die Insassen für ihr Theaterprojekt zu gewinnen. Es sollte um das Mittelalter gehen – aber wie das Interesse dafür wecken? So kam das Tier für wenige Stunden ins Gefängnis, und wer es dort sah, scheint es nicht vergessen zu haben. An die Ziege erinnert sich auch ein Gefängnismitarbeiter: "Als die kam, dachte ich erst, dass Vollzug und Theater nicht kompatibel sind." Sie waren es doch. Deswegen ist auch er jetzt in den Mehrzwecksaal der JVA Tegel gekommen und hält nach der Premiere der "Atriden" eine der kleinen Reden anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Gefangenentheaterprojekts.