Theater
Freitag 12. März 2021, 20.00 Uhr Online-Premiere

Info: Stream on demand bis 14.3. 2021, 23.50 Uhr verfügbar

Ur-Heidi, Copyright Björn Stork | polynice

Hier geht's zum Stream.

Hier geht's nach der Performance zum Get Together via Zoom. (Meeting-ID: 990 3802 6984 | Kenncode: 464169)

Wie reicht das Schweigen über den Nationalsozialismus in Täter*innen-Familien bis in unsere Gegenwart hinein? Heidi muss zum Großvater. In Johanna Spyris Bergroman gibt Tante Dete ihre verwaiste Nichte wortlos beim Alten ab, der als gefährlich gilt. In der Begegnung mit der Enkelin verliert er nach und nach die Aggressionen aus einer im Nebel liegenden Vergangenheit. Diese Erlösungsgeschichte ist eine der bekanntesten Heimaterzählungen des deutschsprachigen Raums aus dem 19. Jahrhundert.

KGI machen einen Zeitsprung und konfrontieren sie mit dokumentarischen Selbstauseinandersetzungen. Sie thematisieren die Mittäter*innenschaft der eigenen Familien im Nationalsozialismus und rekonstruieren die eigene Großeltern-Eltern-Kind-Beziehung: Können wir den*die Täter*in in uns erkennen? Als Heim-Suchung bringt der Theaterabend Ausschnitte aus dem Roman Heidi, Fragmente aus Gesprächen mit den eigenen Eltern, persönliche und politische Reflexionen und popkulturelle Reminiszenzen an die Nachkriegsgeneration zusammen. Eine theatrale Suche (nach) der Gefühlserbschaft der dritten Generation.

Ringlok Kgi, Copyright Storkfoto
Über KGI

Das interdisziplinäre Büro für nicht übertragbare Angelegenheiten KGI gründete sich 2013 aus Absolvent*innen der Angewandten Theaterwissenschaften in Gießen, des Regiezweigs der HfS Ernst-Busch Berlin und der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Das Theaterkollektiv KGI ist bekannt für seine Produktionen, die mit ungewöhnlichen Ensembles sinnliche, effektvolle und berührenden Ereignisse schaffen und neue Perspektiven auf Themen unserer Lebenswelt entwickeln. Die Gruppe versucht, unterschiedliche emanzipatorisch-politische und ästhetische Positionen auszuhandeln und für ein egalitäres Theater der kommenden Gemeinschaft fruchtbar zu machen.

KGI vereint solides Bühnenhandwerk und fundierte Theorie mit klarer politischer Haltung. Im Zentrum der Arbeit steht die Aneignung und Transformation unterschiedlicher darstellender und performativer Kunstformate von Theater, Film, Tanz bis hin zur Oper. Dies geschieht meist in längerfristiger Zusammenarbeit mit Menschen aus hochkulturfernen Schichten und Sozialisationen. Dabei verfolgt die Gruppe in ihrer Methodik das Ziel, politisch und ästhetisch Komplexes durch Kunst für Partizipierende und Publikum unterhaltsam und kommensurabel zu machen. KGI Projekte verstehen sich weniger als Pädagogikprojekte: Herzstück bleibt die Kunst durch die Schaffung neuer Hör- und Sehgewohnheiten und der Verweis auf Leerstellen in Kulturbetrieb und Gesellschaft.

2016 erweiterte sich KGI um die Gruppe der Transformers eine Gruppe prekarisierter Menschen unterschiedlichen Alters, Geschlechts, Bildungshintergrund und Herkunft aus dem Ruhrgebiet. Gemeinsam forschen sie an einer Idee und Praxis von „Theater als Commune“, dass in einem solidarischen Miteinander um eine Transgression ideologischer, ästhetischer und gesellschaftlicher Einhegungen bemüht ist.Seit 2012 kollaborierte das KGI u.a. mit Ringlokschuppen Ruhr in Mülheim, Theater Oberhausen, Maxim Gorki Theater Berlin, Mainfrankentheater Würzburg, Staatstheater Darmstadt, dem Theaterfestival Favoriten und dem Performing Arts Festival Berlin.

Seit 2018 wird KGI unter dem Motto „Das Symptom der Oper“ von der Bundeskulturstiftung im Rahmen des Fonds Doppelpass Plus gefördert.

Hintergrund & Making Of

Im Dezember 2020 stellten KGI erste Recherche-Ergebnisse für die neue Theater-Produktion in einer Online-Lectureperformance vor.

Wie reicht das Schweigen über den Nationalsozialismus in Täter*innen-Familien bis in unsere Gegenwart hinein? Wie strukturiert es unser Fühlen und Handeln? Und wie korrespondiert es mit der offiziellen Erinnerungskultur und dem enthemmten völkischen Nationalismus dieser Tage?

Mit ihren eigenen verdrängten und unbewussten nationalsozialistischen Gefühlserbschaften beschäftigen sich KGI anhand von Interviews mit ihren Familien. Ihre intensive Auseinandersetzung führte KGI zu den Sozialpsycholog*innen Prof. Dr. Angela Moré und Dr. Markus Brunner, die in zwei Vorträgen ihre Arbeit zu transgenerationalen Verstrickungen in Folge des Nationalsozialismus vorstellen:

Besetzung

Von und mit: Albert Bork, Stefanie Dörr, Jan Ehlen, Laura Hansen, Johanna-Yasirra Kluhs, Simon Kubisch, Eva Lochner, Dominik Meder, Marcel Nascimento, Maria Vogt, Mike Vojnar, Christiane Holtschulte

Konzept, Text, Regie: KGI (Simon Kubisch, Dominik Meder, Maria Vogt)
Performance: Albert Bork, Mike Vojnar, Simon Kubisch, Dominik Meder, Maria Vogt
Feedback: Johanna-Yasirra Kluhs
Bühne und Kostüm: Eva Lochner
Kamera/Bildgestaltung: Laura Hansen, Jan Ehlen
Regieassistenz + Videosetting: Marcel Nascimento
Regiehospitanz: Stefanie Dörr
Produktionsleitung: Christiane Holtschulte

mit freundlicher Unterstützung von

Eintritt frei wählbar ab 1€

Ort Ringlokschuppen | Am Schloß Broich 38 | 45479 Mülheim an der Ruhr

Eine Koproduktion von

Gefördert durch