Presseschau vom 16. April 2018 – Die Süddeutsche Zeitung interviewt den Geschäftsführer und Interimsintendanten der Berliner Volksbühne Klaus Dörr

Zu groß für einen Intendanten?

Zu groß für einen Intendanten?

16. April 2018. "Man kann am Theater mit einer schwierigen finanziellen Situation umgehen, wenn man konkrete Lösungsansätze, mögliche Perspektiven hat. Die hatten Herr Dercon und seine Programmverantwortlichen nicht", sagt Klaus Dörr, Geschäftsführer und seit vergangenem Wochenende nach Chris Dercons Rücktritt Interims-Intendant der Berliner Volksbühne, im Interview mit Peter Laudenbach von der Süddeutschen Zeitung. Schon bald nach seiner Berufung im März sei ihm klar geworden: "Es wird nicht nachhaltig produziert. Die Produktionen sind zu teuer und laufen zu selten."

Aus der jetzigen Situation heraus könne die Volksbühne "bis Jahresende bei einer schwarzen Null landen, aber nur, wenn man zwei geplante Produktionen für die große Bühne auf 2019 verschiebt. Aber dann kann das Theater im Jahr 2018 nicht genug Vorstellungen spielen", so Dörr. "Ganz ohne zusätzliche Mittel" könne das Haus nicht wieder arbeitsfähig gemacht werden.

Er versuche nun, repertoirefähige Neuproduktionen für die große Bühne zu initiieren. Dabei gehe er auch auf "befreundete Theater" zu und frage, "ob sie Möglichkeiten der solidarischen Unterstützung sehen", so Dörr: "Wir müssen nach und nach ein Repertoire aufbauen und die Voraussetzungen für den Neuaufbau des Ensembles schaffen." Er spreche mit mehreren Regisseurinnen und Regisseuren. "Ich kann mir vorstellen, dass man in Osteuropa, wo bedeutende Regisseure aus politischen Gründen Probleme mit ihrer Arbeit haben, wichtige Künstler für die Volksbühne finden kann."

Was die Neubesetzung der Intendanz angehe, richteten Schnellschüsse nur Schaden an. "Für die qualifizierte Vorbereitung einer Intendanz braucht man anderthalb bis zwei Jahre." Der Kultursenator müsse entscheiden, ob die Aufgabe von einer oder von mehreren Personen übernommen werden soll. "Ich halte es angesichts der Bedeutung der Ära Frank Castorfs fast für ausgeschlossen, dass ein einzelner Intendant das schaffen kann", so Dörr. "Vielleicht ist eine Struktur mit mehreren prägenden Regisseurinnen und Regisseuren sinnvoll, denen man das Haus zur Verfügung stellt."

Eine angeblich für Mai geplante erneute Besetzung der Volksbühne werde man "nicht tolerieren".

(Süddeutsche Zeitung / sd)

 

Hier unser Kommentar zu Chris Dercons Rücktritt (von Esther Slevogt)

Und hier die Presseschau mit den Reaktionen der Medien

 

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