Presseschau vom 4. Oktober 2018 – Schweizer Medien über einen Eklat in Chur bei einem Podiumsgespräch mit Claus Peymann

"Du A****loch!"

"Du A****loch!"

4. Oktober 2018. Schweizer Zeitungen, darunter die Südostschweiz, berichten von einem Eklat am Theater Chur. Im Rahmen des zweitägigen Camps der Zukunft entgleiste kurz nach Beginn ein Podiumsgespräch zwischen "der deutschen Theaterlegende" Claus Peymann und dem Schweizer Regisseur Samuel Schwarz. Schwarz und die von ihm mitgegründete Digitalbühne Zürich hatten das Camp kuratiert, bei dem laut Webseite des Theaters Chur "die Aktualität von Brechts epischem Theater und seine Radiotheorie in unterschiedlichsten Veranstaltungen" im Zentrum stehen sollte.

Das "Camp der Zukunft" ist Teil des in Zürich, Bern und Chur stattfindenden Festivals Brecht!/BB18. Im Kontext des 70. Jahrestags der Inszenierung "Antigone", die der gerade aus der US-Emigration zurückgekehrte Bertolt Brecht 1948 am Theater Chur erarbeitete, soll Brecht hier einer Gegenwartsüberprüfung unterzogen werden. Im Rahmen des Camps waren zuvor unter anderem auch die Brechtforscher Werner Wüthrich und Jan Knopf aufgetreten, um über Brechts Wunsch nach Öffnung des Gegensprechkanals in Hinsicht auf soziale Netzwerke zu diskutieren, wie in der NZZ nachzulesen ist.

Im Rahmen des Podiumsgesprächs wollte Schwarz Peymann offenbar zum Thema Regie- und Intendantenpatriarchentum befagen. Das Gespräch war vor einer Version der Digitalbühne von Brechts Despoten-Studie "Das Verhör des Lukullus" angesetzt. So fragte Schwarz Peymann dem Protokoll der "Südostschweiz" zufolge: "Wie sieht es aus mit Ihrer eigenen Gewalt, die Sie ausüben gegen Ihre Schauspieler?" Als Peymann sich darauf nicht einlassen wollte, sei Schwarz ausfallend geworden. Peymann habe mit Abbruch des Gesprächs gedroht, Schwarz ihn darauf mit "Du A***loch!" beschimpft. Mit den Worten "Das ist doch pubertär," habe Peymann das Podium verlassen, wie auch das Boulevardblatt Blick zu berichten weiß. "Du bist ein dummes, blödes, chauvinistisches F***-A***! Verpiss dich!" habe Schwarz ihm nachgerufen.

Die Churer Intendantin Ute Haferburg hat das Verhalten von Samuel Schwarz in einer Stellungnahme scharf kritisiert und Schwarz im Theater Chur ab sofort Hausverbot erteilt. "Samuel Schwarz wird unter meiner Direktion das Theater Chur nicht mehr betreten" wird Haferburg unter anderem in der 'Südostschweiz' zitiert. Der Regisseur sei leider genau in jene Tyrannenfigur gekippt, die er habe denunzieren wollen, heißt es im Tagesanzeiger.

Der Süddeutschen Zeitung gegenüber erklärt Schwarz, es habe ihn "gereizt, den als Machtmenschen bekannten Peymann 'anzuschreien und zu demütigen'", sein Verbalausbruch sei ein "Re-enactment des Übergriffs" gewesen. Peymann wiederum wertete der SZ zufolge den Wutausbruch seines Kollegen als "die Enttäuschung eines provinziell gebliebenen Regisseurs" und bekräftigte: "Ich war in meinem Leben nie gewalttätig." Im Interview mit dem Tagesanzeiger hat Samuel Schwarz eine Entschuldigung bei Peymann angekündigt.

(Südostschweiz / Der Blick / Bündener Zeitung / NZZ / Tagesanzeiger / sle)

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