Der Geist der Exklusion

14. Mai 2010. In einer Erklärung haben fünf der für den diesjährigen Preis des Heidelberger Stückemarkts nominierten Autoren die Entscheidung der Jury scharf kritisiert, in diesem Jahr keinen der Preise des renomierten Festivals für Dramatikernachwuchs zu vergeben, sondern stattdessen die Preissumme gleichmäßig auf alle teilnehmenden Autoren zu verteilen. Auch die eingeladenen Dramatiker des Gastlandes Israel, Kandidaten für den ebenfalls nicht vergebenen Europäischen Autorenpreis, übten in einem offenen Brief scharfe Kritik.

Das Verhalten der Jury verstoße nicht nur gegen die Richtlinien des Festivals, sondern beschädige sie auch als Künstler, so die israelischen Dramatiker Yaron Edelstein, Roni Kuban und Oded Liphshitz. Die deutschsprachigen Teilnehmer Markus Bauer, Johan Heß, Ursina Höhn, Azar Mortazavi und Eva Rottman kritisieren die Nichtentscheidung als unangemessene Verknüpfung des Wettbewerbs mit der aktuell geführten Debatte um Nachwuchsförderung. Diese Debatte könne nicht auf dem Rücken der Dramatiker geführt werden.

Der Sinn einer Nachwuchsförderung könne nicht darin bestehen, "pauschale Qualitätsurteile zu fällen", sondern an den eingereichten Texten Besonderheiten, Chancen und Stärken aufzuspüren, "um Entwicklung durch Zuspruch, fundierte Kritik und interessierte Auseinandersetzung zu gewährleisten". So bleibe der Eindruck, dass diese Jury gar nichts entdecken wollte. "Unter dem Mantel von Nachhaltigkeit und Qualität atmet ihr Urteil den Geist der Exklusion." Auch sei eine inhaltliche Begründung ausgeblieben.

Die diesjährige Jury setzte sich aus der SZ-Kritikerin Christine Dössel, dem Dramaturgen Erik Altorfer und Vorjahrespreisträger Nis-Momme Stockmann zusammen. Altorfer gehörte auch der Jury an, die im vergangenen Herbst die Entscheidung traf, die Werkstatttheatertage des Wiener Burgtheaters mangels qualifizierter Bewerbungen auszusetzen.

(sle)

 

Hier die Erklärung der deutschsprachigen Dramatiker, der Offene Brief der Dramatiker des Gastlandes Israel, sowie die Jurybegründung im Wortlaut.

 

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