Verhalten optimistisch

Rostock, 2. Oktober 2014. Die Rostocker Bürgerschaft hat in ihrer gestrigen Sitzung nicht nur, wie erwartet, mit einer knappen Mehrheit für die Annahme der Zielvereinbarung zum Volkstheater zwischen der Stadt Rostock und dem Land Mecklenburg-Vorpommern gestimmt, sondern mit absoluter Mehrheit auch für einen von der Theaterleitung auf den Weg gebrachten neuen Haustarifvertrag für das Orchester (siehe dazu auch den aktuellen Bericht auf der Internetseite der Ostseezeitung).

Die Zielvereinbarung zwischen Stadt und Land sieht das Einfrieren der Fördersumme für das Theater auf "maximal" 16,6 Millionen Euro bis 2020 vor (das entspricht dem aktuellen Niveau) und fordert vom Volkstheater "Strukturbeschlüsse" zur künftigen finanziellen Absicherung des Hauses. Im Gegenzug offeriert das Land die Beteiligung am dringend notwendigen Theaterneubau. Von Beobachtern wird der Passus zu den "Strukturbeschlüssen" als Vorbereitung von Spartenschließungen am Vier-Sparten-Haus gedeutet. Zumal Oberbürgermeister Roland Methling keinen Hehl daraus macht, dass er bis 2016 die Zuschüsse zum Volkstheater auf 12 bis 14 Millionen Euro reduzieren will. Zur Disposition stehen die Sparten Musiktheater und Tanz. Es blieben Schauspiel und Konzert als Produktionssparten.

Der Haustarifvertrag für das Orchester (der gegen den erklärten Wunsch von Oberbürgermeister Methling angenommen wurde) offeriert einen alternativen Finanzierungsweg gegenüber der Spartenkürzung. Mit dem Haustarifvertrag verzichten die Musiker bei Arbeitsplatzgarantie bis 2020 auf rund 12 Millionen Euro.

Intendant Sewan Latchinian: "Wir kriegen zwei Spielzeiten Luft"

Im Gespräch mit nachtkritik.de bewertet der neue Intendant des Volkstheaters Sewan Latchinian das Diskussionsklima in der Bürgerschaft positiv und nimmt die Ergebnisse der Sitzung "mit Optimismus" auf. Durch die Entscheidung für den Haustarifvertrag sei es "in der Tat schwerer" geworden, "die Strukturen des Theaters zu verändern". Ausgeschlossen sei eine Spartenschließung damit nicht. Aber: "Es sind keine Kündigungen bis Sommer 2016 möglich. Damit haben wir zwei Spielzeiten Luft, um der Bürgerschaft und dem Publikum das neue Volkstheater so nahe zu bringen, dass die Schließungsszenarios von Sparten obsolet werden."

(chr)

Nachtrag

Rostock, 17. Oktober 2014. Am 16. Oktober 2014 hat das Rostocker Volkstheater den geplanten Haustarifvertrag für die Norddeutsche Philharmonie mit der Deutschen Orchestervereinigung abgeschlossen, meldet u.a. die Schweringer Volkszeitung – und damit möglicherweise einen Modellfall geschaffen.

(sd)

 

Hier der Offene Brief von nachtkritik.de-Redakteur Nikolaus Merck an Rostocks Oberbürgermeister Roland Methling vom 24. September 2014. Er forderte: Rückenwind für das Theater.

Mehr zur Rostocker Lage:

Meldung vom 15./17. September 2014 – Drohende Schließung von Sparten in Rostock

Presseschau vom 6. September 2014 – Über die Zielvereinbarung für das Volkstheater

Presseschau vom 25. August 2014 – Gespräch mit dem VT-Geschäftsführer Stefan Rosinski

Meldung vom 11. April 2014 – Zwei neue Sparten am Volkstheater Rostock

Videoaufzeichnung des Podiumsgesprächs "Was darf die Kunst kosten?" vom 6. Februar 2014

Rostocker Signal – Statement anlässlich des Bühnenverein-Austritts des Volkstheaters

Meldung vom 22. Januar 2014 – Stellungnahme des Bühnenvereins zum Austritt Latchinians

Meldung vom 20. Januar 2014 – Intendant Sewan Latchinian legt Bühnenvereins-Ämter nieder

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