Presseschau vom 27. Dezember 2014 – Der Pianist András Schiff fragt in der NZZ "Was ist mit dem deutschen Theater los?"

"In New York nennt man das 'Eurotrash'."

27. Dezember 2014

"In New York nennt man das 'Eurotrash'."

Zwei Monate weilte der ungarische Starpianist András Schiff (der normaleweise in Florenz und London lebt) in Berlin. Dort hätten seine Frau und er, wie er stilbllütenreich in der heutigen Neuen Zürcher Zeitung zu Protokoll gibt, ausgiebig vom Kulturangebot Gebrauch gemacht. "Wir hörten herrliche Konzerte, erlebten Opernaufführungen, besichtigten wunderschöne Museen und sahen einige gelungene und aussagekräftige Filme. Unsere Theaterbesuche hinterliessen hingegen äusserst zwiespältige oder gar negative und verstörende Eindrücke."

Besonders "drei schreckliche Theatererlebnisse in einer Woche, notabene in der Kulturweltstadt Berlin" waren für Schiff alarmierend ("Besuch der alten Dame" im Deutschen Theater ("gerann zum lächerlichen, vulgären Pseudomusical", sowie "Woyzeck" ("zur Schilderung der fürchterlichen Inszenierung von Georg Büchners genialem 'Woyzeck' fehlen mir die Worte") und "Kabale und Liebe" ("zur Unkenntlichkeit und daher Ungeniessbarkeit ad absurdum inszeniert") im Berliner Ensemble).

Zwischen den Szenen in der Berliner 'Woyzeck'-Aufführung wurde Schiff gar "mit gesungenen (gebrüllten) Songs von Apples in Space, The Doors, Canned Heat, Dion & The Belmonts, Melanie, Dolly Parton und anderen Berühmtheiten traktiert. Dürrenmatts alte Dame wurde gezwungen, Lieder von Lady Gaga zu singen."

Bei aller Verschiedenheit der aktuellen Inszenierungen schälen sich für Schiff einige gemeinsame Nenner und Tendenzen heraus, die für das zeitgenössische deutschsprachige Theater aus seiner Sicht symptomatisch sind. "In New York nennt man diese Strömung mit Recht 'Eurotrash' – Ramsch aus Europa. Im seltsamen Reich der Bühne von heute herrscht als thronender König der Regisseur." Zum ganzen Text geht es hier.

(sle)

 

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