Verwüstungen durch Ordnungshüter

Moskau, 2. Januar 2015. Die Moskauer Polizei hat am 30. Dezember 2014 eine Filmvorführung im Theaterkeller des Teatr.doc gesprengt. So berichtet Herweg C. Höller im Standard (2.1.2015). "Etwa 20 Ordnungshüter, die gemeinsam mit Beamten des Kulturministeriums anmarschiert waren, gaben zunächst vor, nach einer Bombe zu suchen", berichtet Höller. "Anschließend konzentrierten sie sich auf vermeintlichen 'Extremismus' im vorgeführten ukrainischen Dokumentarfilm, verwüsteten die Räumlichkeiten und zerstörten Requisiten." Einen Augenzeugenbericht von den Ereignissen veröffentlicht das New Yorker Internetfeuilleton culturebot.org.

berlusputin 280 polina korolewa theatr docSzenenfoto aus der Produktion "Berlusputin"
von Teatr.doc   © Polina Korolewa
Das 2002 gegründete freie Teatr.doc hat sich mit dokumentarischen und satirisch regierungskritischen Theaterarbeiten über die Grenzen Russlands hinaus einen Ruf erworben. Im Oktober 2014 wurde bekannt, dass die Stadt dem Theater den Mietvertrag für seine kleine Spielstätte (rund 70 Plätze) zum Januar 2015 gekündigt hat. Die jetzt kurz vor der Schließung des Hauses durchgeführte Polizeiaktion sei ein "Novum", so Höller im Standard, denn "in diesem Stil waren Behörden seit dem Zusammenbruch der UdSSR nie gegen Kulturinstitutionen vorgegangen". (chr)

 

Mehr zum Teatr.doc schrieb der Moskauer Theaterkritker Pavel Rudnev im Juli 2014 in seinem Theaterbrief zum aktuellen Stand des politischen Theaters in Russland.

 

mehr meldungen

Kommentare  
Teatr.doc in Moskau: keine Infos zum Film
Nirgends sind Informationen zum Film zu finden. Irgendwie scheint es um das Thema "Ukraine" zu gehen. "Off"-Theater ist Theater und nicht Kino. Es macht keinen Sinn die Störung einer Kinoveranstaltung mit der theatralen Aufführungspraxis am Haus zu kritisieren. Sollte nachtkritik.de nicht etwas kritischer mit Meldungen umgehen, somal sie aus dem "Standard" kommen?
Besonnenheit wäre auch in der Übertitelwahl angebracht: "sprengen" das Verb ist durch seine mehrfachsetzung im Titel nicht nur doppeldeutig, sondern damit auch noch tendenziös wie die Springer-Presse. Hat nachtkritik.de das nötig?

(Sehr geehrter IM Lustig, etwas detaillierte Berichte von den Ereignissen und auch von Inhalt und Machart des Films finden sich auf culturebot.org. Der Artikel ist im Text jetzt verlinkt worden. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Teatr.doc in Moskaus: mehr erwartet
Danke.
Ansonsten sach ick ma: oh backe!

In der Verlinkung heisst es: "On December 30, Teatr.doc was host to a screening of a documentary about the ongoing conflict in Eastern Ukraine–which Russia has been accused of exacerbating through material (and potentially personnel) support of pro-Russian separatists revolting against the government in Kiev. I am still working on finding out more details about the film, but ... "

Also wirklich ergiebig find ich das nicht-

Und nachdem selbst das Haus von Ivan Katchanovski beschlagnahmt wurde, weil er nachweist, dass das Massaker vom 20. Februar 2014 auf dem Maidan vom Rechten Sektor ausgeht [http://www.heise.de/tp/artikel/43/43649/1.html] - und die Rolle Deutschlands [Warum macht Steinmeier den Ludendorf?], der Nationalgarde die Ausrüstung zu schicken?

Und kulturpolitisch läd Steinmeier in der vorletzten Ausgabe von Politik und Kultur [http://www.kulturrat.de/dokumente/puk/puk2014/puk05-14.pdf] die Kulturschaffenden zur Zusammenarbeit mit der Ukraine ein. Hier hat sich ein Theaternethwerk daran gehalten:

"Focus: Ukraine
Project: European Theatre Networking with Ukrainian theatre makers and theatres"
Quelle: http://etc-cte.org/base.php?code=979

Warum erfahre ich nichts über diese "Sprengung" der Kinoveranstaltung und werde mit Tendenzen und Vermutungen zugetackert, während über die "progressive" Rolle deutsche Kulturgrossmachtpolitik eisern geschwiegen wird?

Dies fragt, auf jeden Fall kein Fan von Putin,
aber in fester Überzeugung, dass nicht ein Projektantrag über ein kritisches Theater- oder Filmprojekt über diese ukrainischen Faschisten eine Förderung bekommt.

Also ich bin nicht glücklich mit dieser einseitigen Meldung. Dies hätte ich nicht von nachtkritik.de erwartet, da es unabhängig ist-
Teatr.doc in Moskau: Selbstzensur verweigert
@IM Lustig,
Unterhalten Sie sich mal mit Theatermachern in Moskau und sie erfahren, daß es da gerade kein Zuckerschlecken ist Theater zu machen. Es herrscht ein Klima der Angst, und der zuvorkommenden Zensur, d.h. man zensiert sich selbst, da man fürchtet sonst Schwierigkeiten zu bekommen. Das Teatr.doc war soviel ich weiß, eines der wenigen Theater, die sich dieser Selbstzensur verweigert haben. Das Resultat können Sie hier lesen.
Teatr.doc in Moskau: Erläuterung
@peter
Ja, aber es ist ein spezielles Theater, in dem ein Film gezeigt wurde. Und in diesem Theater wird sonst auch Theater gespielt. Und wie sie lesen können, wurde bereits im Oktober der Mietvertrag für seine kleine Spielstätte gekündigt - nicht wegen Filmvorführungen. Es soll übrigens auch in Deutschland Theater geben, in denen manchmal Filme gezeigt werden. Oftmals um eigene Sichtweisen und Projekte dramaturgisch weiter zu ergründen und darzustellen. Seltener kommen hier allerdings Ordnungshüter dazu.
Theater.doc in Moskau: Angst vor Marktkonformem
@Jonässen: ein theater is ein theater kein kino. Nochmal auf deutsch: ein lichtspielhaus ist ein lichtspielhaus kein schauspielhaus, denn ein schauspielhaus ist ein schauspielhaus.
und angst bei sachbeschädigung? hallo?
angst hab ich eher, wenn so supergute regieschüler wie die von andrea breth alle verhindert worden durch marktkonformes theater!

aufgewacht!
Theater.doc in Moskau: Angst vor Konsequenzen
@Peter
Guten Morgen, ja ich bin shon aufgewacht.
Tut mir leid, aber ich verstehe leider überhaupt nicht wofür sie argumentieren.
Ich, im übrigen, hätte auch bei Sachbeschädigung im Theater Angst. In Moskau ist es aber eine Angst vor den uneinschätzbaren Konsequenzen für das Theater oder den Einzelnen durch den Staat, z.B. die Schließung einer Spielstätte.
zu den Regieschülern: Wer verhindert denn? Die Zuschauer?
Theater.doc in Moskau: Wer denn?
@Peter
Supergute Regieschüler Breth?
Ja wer denn? Gut vielleicht, aber supergut?
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