Tolle Abwechslung, klasse Hotelidee, jederzeit wieder

von Steffen Becker

München, 12. September 2015. Shabby Chic bezeichnet Dinge, die bewusst abgeranzt dargeboten werden. Die zusammengestöpselten Möbel, die zerrissenen Jeans sind jedoch so kunstvoll angegriffen, dass dem Betrachter klar ist: Das ist ein hippes, kostbares Produkt. Nach dem gleichen Prinzip verfahren das Büro raumlabor und die Münchner Kammerspiele bei ihrem urbanen Experiment "ShabbyShabby Apartments". Für maximal 250 Euro Materialeinsatz sollten im öffentlichen Raum temporäre Schlafplätze entstehen, über die man redet, weil sie cool und außergewöhnlich sind.

Bei der Premierenfeier mit den beteiligten Teams wird das Prinzip mustergültig umgesetzt: Zwei Abbruchcontainer funktionieren als Wasserfälle, Gartenschläuche machen Spritzspiele, die man aus einer Pressholz-Sauna beobachten kann. Münchner Schickeria-Clubs würden sich den Effekt teuer bezahlen lassen. Bei "ShabbyShabby Apartments" kostet der Cocktail drei Euro, das Essen nichts. Ein Traum von Stadtleben – abseits der eingetretenen Pfade der Konsumgesellschaft. Darum soll es bei dem Projekt gehen. "Was wäre, wenn alle ihre Wohnungen verließen und sich an den unwahrscheinlichsten Orten der Stadt Buden bauen?", fragt der Programmflyer. Darauf gibt es eine intellektuelle und eine, nun ja, emotional-wahrhaftige Antwort.

Benjamin Foerster-Baldenius von raumlabor Berlin gibt zur Auftaktführung entlang an Hochbauten auf Verkehrsinseln, Liebesnestern in der Winterverkleidung eines Brunnens und eines Schrottbootes im Autokreisel beide: Man suche nach einer größeren Vision für München, wünsche sich einen Impuls zur Mitgestaltung der Stadt durch ihre Bürger, wolle eine Lagerfeuergesellschaft von Meinungsbildung und -austausch schaffen, et cetera.

ShabbyShabby 560 SteffenBecker uDas Shabby Shabby Apartment "Yellow Submarine" auf der Schwindinsel mit erwachtem Nachtkritiker  © Steffen Becker

Das klingt gestanzt und nach Zeug, das man halt so in Anträge zur Förderung durch die Bundeszentrale für politische Bildung (die das Projekt fördert) schreibt. Die realistischere Antwort folgt aus der Exegese des Projekts. Zum Start der Intendanz von Matthias Lilienthal suchten die Kammerspiele nach einem Ur-Münchner Thema. Foerster-Baldenius erzählt, dass man hier auf keine Party gehen kann, ohne dass das Gespräch schnell darauf kommt, wer wie wohnt und wie man sich das alles in der teuersten Stadt Deutschlands überhaupt noch leisten kann.

Ohnmachtsgefühl der gebildeten Mittelschicht

Kern dieser Partygespräche ist aber nicht der Impuls, nach völlig neuen Wohnformen zu suchen. Das merkt man an sich selbst, wenn man dann im Bett liegt: im "Yellow Submarine", einer Konstruktion aus elf knallgelben Badewannen, platziert auf der Praterinsel in der Isar. Eine Nacht im öffentlichen Raum fühlt sich an wie ein Abenteuer, prickelnd, tolle Abwechslung, klasse Hotelidee, jederzeit wieder. Wir pinkeln mit Blick auf das Maximilaneum, also quasi Horst Seehofers Hilfstruppen in den Vorgarten. Coole Sache, aber dauerhaft als Künstlernomade die Grenzen zwischen privatem und öffentlichen Raum austesten? Die Vision wird sich in den Köpfen der Teilnehmer an der Shabby-Führung (junge Männer mit Bart und junge Frauen mit Dutt) eher nicht festsetzen. Fürs Leben will man das gewohnte – eine schicke Wohnung in guter Lage, nur halt für weniger perverse Preise, als sie in München aufgerufen werden.

Aus diesem Ohnmachtsgefühl der kulturell gebildeten Klasse, sich das gute Leben in der gewünschten Umgebung nicht leisten zu können, speist sich die Faszination der "ShabbyShabby Apartments". Die tatsächlich sehr kreativen Ideen bieten ihren Nutzern ein Vehikel um den wirklich Reichen symbolisch einen Haufen vor die Tür zu setzen. Viele der Behausungen finden sich in der Maximiliansstraße, DER Nobel-Shopping-Meile. Foerster-Baldenius weist bei seiner Führung extra darauf hin, dass die Apartments den Nobelkarossen die Parkplätze wegnehmen (HäHä). Beim Zimmer vor dem Gucci-Store redet er über die "ästhetische Kohärenz" der beiden Objekte. Die Sachen des Apartments wurden aus der Erbmasse einer Oma zusammengestellt und sähen oft ähnlich aus wie die X-Tausend Euro Stücke in den Schaufenstern der Umgebung (Ätsch – und tatsächlich hängt im Apartment ein Leoparden-Bademantel, der einem 4.900 €-Teil von Dior sehr nahe kommt). Die Shabby-Behausungen geraten so zur künstlerischen Rache dafür, dass andere über Ressourcen verfügen, die man selbst gerne hätte.

ShabbyShabby1 280h SteffenBecker uNoch im Dienst: Nachtkritiker Steffen Becker
© Steffen Becker

Nichts für Penner

Das raumlabor irritiert den Luxus-Kosmos aus der Perspektive der Mittelschicht. Eine Auseinandersetzung mit der Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich findet weniger statt. Es gibt zwar Apartments mit einer tieferen Geschichte – etwa die Erdhütte vor der Oper. Die Arbeiter, die diese Pracht vor Jahrhunderten schufen, hausten dafür in mit Moos überzogenen Kabuffs – was das "ShabbyShabby"-Projekt wieder ins Bewusstsein ruft. Foerster-Baldenius erzählt in diesem Zusammenhang von Gesprächen aus der Jury, in der auch Vertreter der Stadt saßen. Dort ist das Phänomen von "Waldmenschen" bekannt, die arbeiten, aber ohne genug Auskommen für eine Wohnung. Sie hausen wieder so wie ihre Vorfahren, die die Residenz erschufen. Aber das bleibt Randnotiz.

So wie der Obdachlose in der Unterführung mit Apartment. Die Bewohner trinken ihr Bier und genießen die parallel stattfindende Vernissage des Maximilianforums. Der Penner schläft. Für ihn kommt das Angebot eines Shabby Apartment ohnehin nicht in Frage. Fragt man Obdachlose am Bahnhof, erfährt man, dass eine Übernachtung im städtischen Asyl nur ein Fünftel kostet. Unser Apartment auf der Praterinsel ist aus Sicht der Straßenprofis eh ungünstig gewählt. Abends ist da niemand, ergo schläft man da nicht. Dazu braucht es belebte Orte, die das Risiko minimieren, ausgeraubt zu werden (bei "ShabbyShabby Apartments" gibt es allerdings auch Vorhängeschlösser und eine Sicherheitspatrouille).

Zu dieser Wirklichkeit haben die Apartments wenig Bezug. Spaß machen sie trotzdem. Als abgefahrene Übernachtungsalternative, entworfen und gebaut mit viel Liebe und witzigen Einfällen. Einen Diskurs über Architektur, Stadtsoziologie und Lebensqualität werden sie eher nicht auslösen. Wer unbedingt dauerhaft in München leben will, wird weiterhin zahlen und nicht im Yellow Submarine den Sound der Isar genießen.

 

ShabbyShabby Apartments
von raumlabor Berlin
bis 13.10. - 35 Euro, erm. 28 Euro pro 2-Personen-Apartment pro Nacht (inkl. Frühstück), Ermäßigungen gelten für IKEA FAMILY Mitglieder sowie alle anderen Ermäßigungsberechtigten.

raumlabor.net
www.muenchner-kammerspiele.de

 

Kritikenrundschau

Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (14.9.2015) hat sich Patrick Bahners auf ein Boot begeben und reflektiert nach einer weitestgehend ungestörten Nacht: "Von der allerhöchsten Dringlichkeit, die das Thema der Notunterbringungen bekommen hat, müssen Lilienthal und seine Leute nicht sprechen. Ohne didaktische Umbauten regen die aus Europaletten zusammengenagelten Nachtquartiere die politische Phantasie an." Die kritische Einschätzung steuert ein anderer Performanceteilnehmer bei: "Ein solches Schiff müsse auf jedem Platz aufgestellt werden, fordert mit bewegter Stimme und Gestalt gegen halb acht in der Früh der letzte Gast, der sich dankbar die Tür weisen ließ; für die Flüchtlingshilfe sei es das perfekte Symbol."

Von einem "möglicherweisen nutzlosen, tollkühnen, mindestens aber revolutionären" Experiment berichtet Gerhard Matzig in der Süddeutschen Zeitung (14.9.2015). Mit der Einmietung in eines der Appartements werde man zum "Teil einer Inszenierung, die man als Theaterkritiker vielleicht verreißen müsste; als Stadtmensch muss man sie sich wünschen. Zumal in München." In einem Brunnen nächtigend hat der Kritiker "in die Stadt hineingehört" wie "in einen Dschungel voller wilder Tiere. Sonst ist die Welt einem ja nicht so nah, sonst bleibt sie hinter dem Zaun in der Vorstadt weggesperrt." Konsequenz der Erfahrung: "Man kann sich die Welt auch anders vorstellen."

Für den Bayerischen Rundfunkt BR2 (14.9.2015, hier im Podcast) übernachteten Katharina Altemeier und Joana Ortmann im Fortuna-Brunnen und berichten im Gespräch mit Knut Cordsen von einer überraschend gemütlichen Behausung: "Die Stadt rückt einem auch akustisch ganz nah auf den Pelz." Viele Besucher*innen hätten sie in dieser Nacht am Brunnen getroffen. Die Journalistinnen stufen die Arbeit mithin als gelungenes soziales Experiment ein. 

In der Münchner TZ (13.9.2015) stellt Matthias Bieber eine ganze Reihe der ShabbyShabby Apartments vor und urteilt im Anreißer zu seinem Bericht (dem auch ein Interview mit Matthias Lilienthal beigestellt ist): Das Projekt sei ein "Paukenschlag" und weise "ebenso witzig wie nachdenklich auf den Miet-Wahnsinn hin."

K. Erik Franzen erlebte einen "krassen Fall von Diskurswohnen", er berichtet darüber in der Frankfurter Rundschau (15.9.2015): wegen eines als Kunst getarnten Hammer-Spiels nebenan heißt seine Qual "Ich wache immer wieder auf, schlafe ein, wache auf". Die meisten Shabbyshabby Apartments orientierten sich an einer "prekären Paar-Struktur: zwei Matratzen auf engem Raum, kein Wasser, keine Toilette, kein Strom". Kein Komfort, aber "Erlebnisse". "Fremde und befreundete Menschen kommen", klopfen oder rufen, "möchten sich die Unterkunft ansehen". Ein "wenig abenteuerlich" sei das, manchmal beängstigend. Franzens Apartment ist vergleichsweise luxuriös, abschließbar, mit Strom, Stühlen und Besen. Die Anweisung der Kammerspiele laute, man solle Gäste empfangen, das geschieht. Vor der Türe mache sich derweil ein "Tango-Flashmob für die einsamen Stadtseelen" breit, "geredet wird hauptsächlich über zwei Themen: über bezahlbares Wohnen in München, das für viele immer schwieriger wird, und über die in München am Hauptbahnhof ankommenden Flüchtlinge". Die Kraft der Aktion liege in "ihrer kommunikativen Positionierung". Lilienthals Einstieg mit "Shabbyshabby" sei ein Eindringen in das "soziale Gewebe der Stadt". "Listig" habe er "die Münchner mit ins Boot gezogen".

"'Shabby Shabby Apartments' ist eine absurd-liebenswert-anarchische Aktion, eine gelungene Mischung aus DIY-Kunst, Weltverbesserungs­idealismus, Zeltlager und Selbsterfahrung", schreibt Annette Walter zum Schluss ihrer Reportage über das "Stadtraumexperiment" in der taz (30.9.15). An den horrenden Mieten in Deutschlands teuerster Stadt und der häufig monatelangen Suche nach einer Wohnung werde das leider nichts ändern. Was "ShabbyShabby" aber wohl bewirke: "Wildfremde kommen miteinander ins Gespräch, Jung und Alt, Reich und Arm, Konservativ und Alternativ."

 

Presseschau vom 14. Oktober 2015

Scheitern an den eigenen Ansprüchen

München, 14. Oktober 2015. Künstlerisch sei das Projekt ShabbyShabby Apartments "genial", indem es "den Finger in die Wunde der Münchner Selbstgefälligkeit" lege, leitet Antonia Goldhammer ihren Beitrag für den Bayerischen Rundfunk (Bayern 2, 12.10.2015) ein. Damit habe sich der neu gestartete Kammerspiel-Intendant Matthias Lilienthal gleich zu Beginn "als sozial und gesellschaftskritisch" positioniert. Leider scheitere allerdings "an der Erfüllung seiner eigenen politischen Ansprüche". So wären die 120 Künstler, die die Apartments bei dem Projekt "ShabbyShabby Apartments" entworfen und gebaut haben, "unbezahlt beschäftigt" gewesen. Sie seien "als Ehrenamtliche verpflichtet" worden und hätten weder Aufwandsentschädigung noch Fahrtkosten erhalten.

Bedauerlicherweise sei außerdem der Sponsor Ikea "in der öffentlichen Darstellung" präsenter gewesen als diejenigen, die die Apartments geschaffen haben. "Künstlern, die notgedrungen dauernd unbezahlte Jobs annehmen, drohen Verarmung, soziale Selektion und letztlich Altersarmut. Übrigens alles Probleme, um die sich 'ShabbyShabby' dreht. An den Systemfehler 'Nichtbezahlung' aber, der im Kulturbetrieb gern 'Praktikum' oder 'Ehrenamt' genannt wird, hat man sich an fast allen Häusern gewöhnt." Und auch Medien und Publikum fragten nicht nach den Produktionsbedingungen.

Das Künstlercamp, in dem die "ShabbyShabby"-Künstler während der Aufbauzeit untergebracht waren, habe aus einem "Massenlager" aus "Europaletten und Matratzen" bestanden, das, auf einem Baugerüst befindlich und lediglich von einer Folie umgeben, keinen Schutz vor Kälte geboten hätte –"Davon wurden Künstler krank." Das sei vor allem "inkonsequent": "Die sozialen Missstände, die Lilienthal anprangert, führt er selbst mit herbei." Dabei könnte er es anders machen, "zum Beispiel, sich nicht mit unfinanzierbaren, nur durch Ausbeutung zu realisierenden Projekten zu übernehmen, sondern kleinere zu machen, die aber fair." Weniger "öffentlichkeitswirksam, aber dafür wirklich sozial" wäre es, "in einem Kulturbetrieb (...) Leistung, die erbracht wird, zu bezahlen."

(ape)

 

Twitter MueKa Shabby"Ist das richtig: Künstler arbeiten an @M_Kammerspiele unbezahlt, keine Reisen, keine Unterkunft?", fragte @PavelKrok1 am 15. Oktober via Twitter. Hier die Antwort-Tweets der Kammerspiele.

Antwort von Benjamin Foerster-Baldenius und Matthias Lilienthal

Wir haben für eine Atmosphäre gesorgt, in der es Spaß macht ...

München, 15. Oktober 2015. "Das Projekt Shabbyshabby Apartments spricht Studenten und junge Kollektive an, die nach einer Möglichkeit suchen, ihre Ideen umzusetzen und damit unzufrieden sind, wie Wohnarchitektur in der Öffentlichkeit und in der Fachwelt diskutiert und praktiziert wird. Ein Ideenwettbewerb sammelte Vorschläge, wie man in der Stadt München Wohnen anders verstehen kann. Im Anschluss boten raumlaborberlin und die Münchner Kammerspiele an, die Umsetzung in der Stadt möglich zu machen. Wir füllen so eine Lücke, die es in der Ausbildung zum Designer, Architekten oder Künstler gibt: das direkte Experimentieren in der Stadt. Die Leute vom raumlabor sind zudem selbst Architekten und wissen, wie schwer es ist, erste Arbeiten so zu platzieren, dass diese und die Haltung dahinter wahrgenommen werden.

Statement Kammerspiele ShabbyFür die elf Tage der Umsetzung in München haben wir den Teams sowohl alles Material und Werkzeug zur Verfügung gestellt, als auch professionelle Unterstützung, beste Arbeitsbedingungen und Genehmigungen für alle Bauten. Uns war wichtig, dass man bei Shabbyshabby Apartments dazulernt: so gab es Vorträge zu Statik, Stadt und Produktionsbedingungen im öffentlichen Raum sowie künstlerische und szenische Beratung für alle Teilnehmer. Wir haben für eine Atmosphäre gesorgt, in der es Spaß machte zu arbeiten, in der sich Gleichdenkende kennenlernen konnten und neue Netzwerke entstanden. Deshalb gab es die Bar, tolles kostenloses veganes Essen und eine super lustige kostenlose Unterkunft. Eine Unterkunft, wie eine riesige Almhütte, mit Spaßbad und kollektivem Zähneputzen. Das war kein Hotel Vier Jahreszeiten, kein Motel One, keine Jugendherberge oder sonst eine sterile, lustlose Bettenburg, sondern ein Camp mitten in der Stadt neben der teuersten Straße Deutschlands. Und das in einer zwar nicht perfekten und gegen jedes Wetter gewappneten aber einzigartigen Architektur, gestaltet und gebaut von Architekturstudenten der TU München.

Dass die Künstler nicht genannt werden stimmt übrigens nicht, sowohl an den Apartments als auch auf unseren Websites, in den Videos von Arte creative und auch unter allen Fotos finden sich die Namen der Entwurfskollektive. Jeder Übernachtende bekam außerdem eine Informationsbroschüre mit den Namen überreicht."

 

Presseschau vom 17. Oktober 2015

Robin Hood als Sheriff von Nottingham?

"Hören sich so Geschundene an?" springt Gerhard Matzig für die Süddeutsche Zeitung  (16.10.2015) Kammerspiel-Chef Matthias Lilienthal und Raumlabor-Macher Benjamin Förster-Baldenius zur Seite, und präsentiert einige O-Töne der "Elenden", also der unbezahlten Architekt*innen, die bei der Realisierung der ShabbyShabby-Apartments mitgewirkt haben: "Völlig lächerlich, absurd", findet einer die Vorürfe. Ein anderer sagt: "Alles war total okay." Sei  "großartig" gewesen.

Auch aus der Ausschreibung wird zitiert, in der folgende Warnung schon enthalten gewesen sei: "im Fall, dass Ihr den Wettbewerb gewinnt, übernehmen Raumlabor und die Kammerspiele München Eure Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Werkzeuge und Baumaterialien, aber keine Reisekosten." Hernach macht der SZ-Text eine Rechnung auf: Weil Matthias Lilienthal "sich gern (und gut auch im PR-Sinn) als Rächer der Entrechteten" inszeniere, als "Utopist einer besseren Welt", müsse der BR auf eine interessante Idee gekommen sein: "Was wäre, wenn sich Robin Hood als Sheriff von Nottingham entlarven ließe? Als jemand, der genau jenes Prekariat schafft, dem er im Theater eine Stimme gibt? Das wäre ja ein Skandal!" Im Bayrischen Rundfunk hatte Antonia Goldhammer vor einigen Tagen in einem Beitrag zuerst auf die Widersprüche des Projekts aufmerksam gemacht.

Matzig sieht ein großes Missverständnis sowie "die virtuelle Empörungsbereitschaft und Prangerkultur der Gegenwart" am Werk. Tatsache sei, so Matzig weiter: "Lilienthal arbeitet schon lange mit einem partizipativen, öffentlichen Format, dessen ausdrückliche Lowbudgethaftigkeit konstitutiv ist." Den Teilnehmern sei das bekannt gewesen, "sie willigen ein, sie sind ein Teil dieser Verabredung. Benjamin Foerster-Baldenius von Raumlabor sagt: 'Niemand hat sich je darüber beschwert. Niemand.'"

(sle)

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