Nathan der Weise - Die Eröffnung von Sewan Latchinians zweiter Spielzeit am Volkstheater Rostock
Getränkedosenringparabel
von Hartmut Krug
Rostock, 26. September 2015. Das Motto der zweiten Spielzeit von Sewan Latchinian lautet "Toleranz in religiösen und kulturellen Fragen". Auftakt war der "2. Stapellauf Toleranz", ein ursprünglich siebenteilig geplantes Spektakel, das wegen der zeitweiligen Amtsenthebung des Intendanten nur dreiteilig geriet. Lessings "Nathan", Strawinskys "Le Sacre Du Printemps" und "Liebeslieder", das ganze mit langen Pausen von siebzehn bis ein Uhr morgens.
Wenn "Nathan der Weise" beginnt, ist es dunkel auf der Bühne. Ein Sternenhimmel flimmert über Baumwipfeln, und in einer fernen Geräuschkulisse sind auch Schüsse zu hören. Leer ist die Szene, doch dann fällt Nathan in einer Qualmwolke durch die Tür hinein in den offenen Spielraum, als habe er sich gerettet aus der schlimmen Welt draußen. Aber in der Helligkeit seiner Wohnung präsentiert ihm Daja einen Benzinkanister (gab es etwa einen Brandanschlag?), und seine Tochter Recha humpelt barfuß, ein Bein bandagiert, am Stock herbei. Der schmale, konzentrierte Bernd Färber trägt zwar als Nathan die Kippa auf dem Kopf, wirkt aber sonst in schwarzer Kleidung und mit seiner unaufgeregt nüchternen Art wie ein Allerweltskaufmann. Er spielt keinen weisen Helden, sondern einen lebendigen, nachdenklichen Menschen. Daja bringt ihm eine Getränkedose, dann umarmt und küsst sie ihn. Die beiden kommen sich auch später immer wieder körperlich sehr nahe, als seien sie ein verliebtes Paar.
Nehmt Leben an, ihr Schemata!
Sewan Latchinian inszeniert Lessings Stück nicht als hehres Ideendrama, sondern betont als realistische Geschichte mit lebendigen, emotionalen Menschen. Das macht den Abend durchaus unterhaltsam, doch werden manche Figurenbeziehungen, auch durch dramaturgisch ungeschickte Kürzungen, unlogisch. Warum Daja (Juschka Spitzer gibt sie als lebenslustig sprühende Frau) offen legt, dass Recha nicht die leibliche und damit jüdische Tochter ihres Nathans, sondern von christlicher Geburt sei, erschließt sich so nicht recht. Noch weniger, warum der Tempelherr hier eine Templerin ist. Zwar gibt Sabrina Frank im Freizeit-Kampfanzug mit Patronentaschen eine äußerst lebensvolle, energische Templerin, die mit kraftvollem Witz und aggressivem Trotz agiert, aber für die Beziehung zur ebenfalls sehr selbstwussten und lebhaften Recha (Cornelia Wöß) ergibt sich aus ihrem Frausein nichts. Sodass man darauf tippt, die Besetzung sei aus einem Engpass im Ensemble entstanden.
Beim heftigen Versuch, Lessings Parabel mehr direkten Realismus und ihren oft mehr aus dem Gedanken geborenen Figuren mehr individuelle Lebendigkeit zu geben, findet Regisseur Latchinian allerdings manch schöne Effekte. Wenn der Klosterbruder Nathan eröffnet, er sei der Reitknecht gewesen, der ihm einst Recha übergeben habe, und ihm auch die Beweise für Rechas Abstammung schafft, dann muss er vielerlei komödiantisch effektvolle Versuche unternehmen, bis Nathan kapiert und reagiert: Ah, der will ja eine Belohnung! Und immer wieder werden Getränkedosen geöffnet. Wobei der Aufreißring einer Dose Nathan wohl die Anregung zu seiner Ringparabel gibt. Aber es gibt auch einige nur bühnenwirksam auftrumpfende, unlogische Einfälle.
Die Konstruiertheit der Erklärungen
Die religiösen Konflikte werden mal leicht unterspielt, mal kitschig ausgemalt. Auffällig dabei, wie stark der Applaus des Rostocker Publikums bei Sätzen ist, mit denen die christliche Kirche kritisiert wird. Der Patriarch tritt unterm von Nonnen getragenen Baldachin als schmallippiger Eiferer auf (hilft nichts, der Jude wird verbrannt), seine Kriegs- und Mordpläne aber spielen kaum eine Rolle. Während der Sultan Saladin bei der Befragung Nathans, die in der Ringparabel mündet, beständig mit seiner Pistole hantiert. Zuvor hatte er mit halbnackten, blutbeschmierten und mit auf dem Rücken gefesselten Figuren Schach gespielt. Die Figuren, die rausgeworfen wurden, gingen freiwillig ab, worauf der Hinrichtungsschuss ertönte. Warum später, als Recha von Sittah zu sich geholt worden war, die beiden unter schwarzer Vollverschleierung der Burkas nur mit knappen Bikinis bekleidet sind, die sie beim Abgang ohne Burka präsentieren: eine eher entbehrliche Idee.
Doch der Inszenierung gelingt eine schöne, von Beifall umtoste Schlussszene, wenn von Nathan Licht ins Dunkel der Abstammungen gebracht wird. Das Licht im Zuschauerraum geht an, und Lessings meist in eher traurige Unsicherheit der Figuren aufgelöste Szene wird in Rostock fast zu Komödie, indem die verzwickte Unwirklichkeit und Konstruiertheit der Erklärungen ausgestellt wird. Herrlich, wie Sabrina Franks Templerin auf ihre immer neuen Familiennamen reagiert, wie sie genervt und schwach protestierend resigniert. Da muss der Darsteller des Klosterbruders, "Ulf, komm doch mal", zum Beweis noch einmal auf die Bühne gerufen werden, und als man gar nicht mehr weiter weiß, zücken alle das gelbe Reclam-Heftchen mit Lessings Text und lesen die Schlussszene vor. So bekommt eine Inszenierung, die zwischen Meriten und Schwächen schwankt, schließlich klatschmarschartigen Applaus.
Nathan der Weise
von Gotthold Ephraim Lessing
Regie: Sewan Latchinian, Ausstattung: Tobias Wartenberg, Dramaturgie: Martin Stefke.
Mit: Ulrich K. Müller, Inga Wolff, Bernd Färber, Cornelia Wöß, Juschka Spitzer, Sabrina Frank, Steffen Schreier, Ulf Perthel, Till Demuth.
Dauer: 2 Stunden 10 Minuten, keine Pause
www.volkstheater-rostock.de
Sewan Latchinian zeige Lessings "Nathan" "hochaktuell, schärft hier und da nach, wird dadurch brutaler, menschlicher, direkter", schreibt Juliane Hinz in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten (28.9.15). Den Pathos verwerfe er, führe ihn als poetische Utopie vor. "Bernd Färber überzeugt als menschlicher Nathan, dessen Weisheit mehr Klugheit ist als Großdenkertum. Sabrina Frank gibt eine jugendliche, energiegeladene und ungeduldige Templerin." Mit Ulrich Müller werde Saladin zum skrupellosen Diktator, so Hinz: "Starke Darsteller und ein rundes Inszenierungskonzept – ein vielversprechender Auftakt."
"So deutlich wie in Sewan Latchinians Inszenierung sah man das Stück selten aufgeführt“, schreiben Dietrich Pätzold und Heinz-Jürgen Staszak in ihrem Resümee des gesamten "Stapellaufs" für die Ostsee-Zeitung (28.9.15) über den "Nathan". Zwar gerate Lessings Konstruktion durch Latchinians direkte Annäherung zwischendurch "arg ins Wackeln", aber der Schluss sei "geschickt gelöst" und vermittle Toleranz "auch gegenüber dem zu schön konstruierten (…) Text".
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Aber diesmal mache ich mir doch sorgen um Augenlicht und Kondition.
Da sind keine Baumwipfel unterm Sternenhimmel zu sehen gewesen, sondern eindeutig ein abgebrannter Himmel; auch kommen sich nicht Recha und Nathan körperlich nahe, als wären sie ein verliebtes Paar, sondern Daja und Nathan. Auch bringt nicht Recha Nathan eine Getränkedose, sondern eben Daja - und es sind nicht irgendwelche Getränkedosen, sondern Coladosen, was deshalb genau beschrieben werden sollte, weil es sich als Leitmotiv genauso durch die Inszenierung zieht, eben besonders bis zur Ringparabel, wie dass alle Figuren aus dem selben, grauen Stoff "gemacht sind": alle Feinde sind somit eigentlich gleich, und trinken auch das gleiche, trotz aller Feindschaft - so hab ich das zumindest gedeutet.
Ich hab schon mehrere NATHANe gesehen, aber noch nie einen so klaren, berührenden und ohne Effekthascherei auskommenden. Endlich hab ich erlebt, wie Nathan um sein Leben redend die alte Ringparabel aktualisiert, und die Lebensgefahr war daher so glaubwürdig und bedrückend, wegen vorher dem Menschenschachspiel mit den Erschießungen.
Die darstellerische Leistung Bernd Färbers war singulär, nicht nur als jüngster Nathan, den ich sah, sondern wegen der zahllosen Facetten die dieser bemerkenswerte Publikumsliebling glaubwürdigst zu spielen vermochte, in seinen Entwicklungen und Situationen.
Zurecht Riesenjubel der nicht immer begeisterungsfähigen Rostocker und vieler Auswärtiger im ausverkauften Großen Haus.
Schade, dass Herr Krug nicht auch die anderen beiden Teile dieser famosen Theaternacht geschafft hat zu beschreiben oder zu erleben ...
Genau.Auch Sabrina Frank und Cornelia Wöss waren für mich echte Neuentdeckungen, Mich hat die einseitige Verknallt - u. Durchgeknallt- Story die da zwischen Recha u. Templerin erzählt wurde echt überzeugt, auch weil man fremder schaut als bei heterosexuellen Beziehungen, Toleranz auch schwerer fällt, auch wegen der landläufigen Rezeptionsgewohnheit. Das wurde dann mega weitererzählt mit dem 2. Tanztheaterteil Sacre.Solch eine Tanztruppe ist ein Geschenk u. kein Kostenproblem.
Absoluter Höhepunkt aber waren für mich die Liebeslieder allerSparten mit Orchester u. Band WALLAHALLA im 3. Teil bis kurz vor Mitternacht. So lange standing Ovations aller hab ich noch nie erlebt, gefühlt 20 Minuten. Toll wars.
Ich verstehe Ihre Neugier. Aber Sie liegen falsch.
Abgesehen davon, dass die Spielregeln bei nachtkritik.de nicht beinhalten, dass man sich zu erkennen gibt - was würde das an den objektiven Fakten oder sachlichen Argumenten ändern?
aber: schauspieler auf der bühne lesen aus dem reclam-heftchen? schauspieler auf der bühne sprechen sich mit ihren "klarnamen" an? echt jetzt??? [ironoie-modus an] das ist ja nun mal wirklich waaaahnsinnig originell! klingt so dermaßen innovativ, dass die theater der zentren sich davon mal echt ne scheibe abschneiden könnten [ironie-modus aus].
come on, rostock - das geht doch bestimmt noch ne spur zeitgenössischer.
oder war das ein/mit bewusstes/m augenzwinkern, herr krug?
Ach, lieber Stefan, was machen wir denn jetzt? Diese augenscheinlichen Details kann man nun wirklich beim 1. Mal erkennen, natürlich kann man auch mal verwechseln oder übersehen, auch dazu kann unser Forum hilfreich sein, das wieder zu korrigieren. Schließlich hätte die Verwechslung, dass Nathan mit seiner "Tochter" körperliche Nähe zu haben scheint inszenatorisch andere Konsequenzen, als mit Daja usw.
Ich schlage vor, wir atmen weiter locker durch die Hose, denn von Kränkung wäre mir nichts bewußt. Es war eine sehr gelungene Inszenierung, ein insgesamt sehr gelungenes Spektakel, daran ändern positive oder kritische Beschreibungen nix - und es war sehr dankenswert, dass Herr Krug da war. Aber es bleibt nur einfach schade, dass er über den Rest des Spektakels nichts berichten konnte, denn da gibt es ja komplexe Zusammenhänge bei solchen Themenspektakeln ...
So ging bei meinem Redigieren meines Textes am Morgen nach der Nathan-Premiere irgendwie das Adjektiv "verkohlt" vor den von mir deutlich als verbrannt angesehenen Baumwipfeln verloren. Und dass ich zwar nie die Figuren und ihre Darstellerinnen verwechselt, aber leider ein Mal versehentlich die Haushälterin Daja als Recha bezeichnet habe, ist ärgerlich. Mehr aber auch nicht. Der Rest ist Interpretation.
WENN DAS KEIN QUALITÄTSMERKMAL IST FÜR EINE INSZENIERUNG DIE SOLCHE VIELFÄLTIGEN DISKUSSIONEN AUSLÖST?
EIN SULTAN DER HINRICHTEN LÄSST UND AUSNAHMSWEISE DIE TEMPLERIN BEGNADIGT STEHT GENAUSO BEI LESSING,WIE AUCH EINE SULTANINEN, DIE IHREN HAREM GERADE MIT EINER NEUGEKAUFTEN SÄNGERIN VERGRÖßERT HAT. DAS DIES SO DEUTLICH RÜBERKOMMT IST EIN VERDIENST DER INSZENIERUNG, UND KEIN NACHTEIL. UND JEDE RELIGION WIRD KRITISCH HINTERFRAGT, ABER AUCH DIE POTENZIALE JEDER RELIGION WERDEN DEUTLICH.
WEIL MOMENTAL VIELE MUSLIMISCHE FLÜCHTLINGE ZU UNS KOMMEN, WÄRE SCHÖNFÄRBEREI DAS FALSCHESTE. TOLERANZ IST OHNE KONFLIKTE NICHT NÖTIG.
#19 fragt sanft und höflich, ob die plumpen Klischees nicht kontraproduktiv zum Inhalt des Stückes und zum Umgang mit realen Menschen, sein könnten.
#20 brüllt diese zarte Reflektion nieder.
Quod erat demonstrandum.
Vielleicht muß man so sei , laut und reflexartig, um in Klischees Qualität zu erkennen.
Es wäre interessanter herauszufinden, warum die Menschen fliehen. Vielleicht wurden sie, von der selbsternannten Achse des Guten, zwangsbeglückt.
"Toleranz ist ohne Konflikt nicht nötig"
Überlegen Sie intoleranter Mensch erst einmal, was Sie da schreiben?
Natürlich ist Toleranz auch ein Zeichen jenseits aller Konflikte.
Das hieße ja im Umkehrschluß, Toleranz würde es ohne Konflikt nicht geben?
Ich kann nur sagen, das mich das Niveau dieser Inszenierung bedrückt hat. Nach all den Nebelkerzen der letzten Wochen, in denen diese Inszenierung zum Erweckungserlebnis des Deutschen Theaters stilisiert worden ist, war ich dumm genug nach Rostock zu fahren.
Die nicht gespielten Anschlüsse, die Tristesse, die vom Kernstück, der Ringparabel ausgeht, der Kitsch, die völlig unsinnigen Kleinen Sticheleien gegen die Kirche, die Kampfanzüge, die in keiner Inszenierung mehr fehlen dürfen, dieser Versuch, alles noch realistischer und bekömmlicher zu machen - wie sehr muß man sich denn noch ans Publikum heranschmeissen. Alles leider nicht der Rede Wert. Zumindest aber habe ich eine ehemalige Kollegin wieder getroffen.
BRAVO dem Intendanten und Regisseur Latchinian, der Tanzchefin Taranu, dem Dirigenten Lehner, allen Beteiligten, auch der Gastronomie und den Vorplatzgestaltern.
Ich höre auch einiges andere über den Abend, das hier aber permanent weg gelobhudelt wird.
Ein schales Gefühl hab ich bei Ihren Kommentaren. Bei Ihrer Mieshudelei.Ich lasse mir meine Begeisterung nicht nehmen.Falls Sie wirklich 3 sind, dann Ihnen zur Besinnung:
Was ich selber denk und tu
trau ich andern Menschen zu.
Ich beschreibe nur etwas, dass mir seit längerem auffällt und mich irritiert. Und was die Leute am Volkstheater vielleicht gar nicht nötig hätten, wenn sie nicht so unter Druck stehen würden. Aber sich selbst ständig Gutreden wird nicht funktionieren. Es wirkt wie Verteidigung. Denn: Nicht alle irren sich, die anderer Meinung sind. Sicher würde es dem Volkstheater auch innerhalb des Hauses helfen, andere persönliche Haltungen offener zu zulassen, souveräner wäre es auf jeden Fall.
(Sehr geehrte Diskutant*innen, es scheint, alle Vermutungen und Verdächtigungen sind hinreichend zur Sprache gekommen, sodass jetzt die konkreten Diskussionen dieses Theaterabends wieder aufgenommen werden könnten. Mit freundlichen Grüßen aus der Redaktion, Christian Rakow)
Mit Ihrer Anregung, jüngere Regisseure zu verpflichten rennen Sie bereits offene Türen ein. Wie schon in den letzten Monaten Liz Rech, Amina Gusner, Lars Francke, Sonja Hillberger, so werden auch in den nächsten Monaten die jüngeren Regisseure Tanja Richter, Nicole Oder, Martin Stefke, Babette Bartz, Yvonne Groneberg an unserem Hause inszenieren. Vielleicht schauen Sie auch hier genauer in unsere Spielplanpublikationen?
Ich sehe einen Spielplan im Schauspiel der nur von einer Handschrift, der des Intendanten, geprägt ist. Norway today, in 14 Tagen, wobei man sich fragt wie der Mann das seriöserweise schafft, nachdem er gerade eine Arbeit abgeliefert hat. Dann den Volksfeind, und schließlich noch Die Tochter des Ganovenkönigs, womit nahezu die Hälfte der Neuproduktionen im Schauspiel von einem Regisseur, dem Intendanten bestritten werden, dessen vordringliche Aufgabe es ist, im Gespräch mit der Politik das Theater zu sichern. Ich nenne das Monokultur.
Außerdem verwundert schon, dass Sie meinen, dass Vertragsprofil eines inszenierenden Intendanten auf Gespräche mit der Politik beschränken zu dürfen. Wer auch immer sie sind, da überheben Sie sich.
Wir erleben täglich, wie unser Intendant durch seine künstlerische Arbeit u n d durch seinen Umgang mit der Politik und auch der Öffentlichkeit bemüht ist unser Theater zu sichern, mit allen Sparten, und sind froh darüber. Sollte Ihnen das bisher entgangen sein, dann informieren Sie sich bitte umfassender. Ihr Halbwissen ist ärgerlich.
bitte antworten Sie doch auf meine Fragen. Wie ein Intendant es schafft, vier Inszenierungen in einer Spielzeit vorzubereiten und zu stemmen, und seriöserweise nebenher noch ein Haus zu leiten?
Es sind Fragen einer Rostocker Bürgerin und Steuerzahlerin, die sich Sorgen macht über die Aufstellung des Theaters in unserer Stadt, das bedroht ist von Spartenabbau und Fusionsbestrebungen.
Würden Sie, wenn wir hier schon im Dialog stehen, einfach meine Fragen beantworten, ob es Vielfalt ist, wenn der Intendant über die Hälfte der größeren Produktionen im Schauspiel übernimmt. Gibt es überhaupt einen Intendanten an deutschen Häusern, der mehr als zwei Inszenierungen an seinem eigenen Theater schafft? Ich frage mich inzwischen viel mehr, wer ihm das zugesichert hat?
Zudem werden die anderen Sparten extrem vernachlässigt. Rostock ist nicht Senftenberg.
Es ist doch hochinteressant, dass Herr Krug bestimmte Dinge anders gesehen hat. Weniger interessant sind die hilflosen Erkärungs-, Beschönigungs- und Verschwörungsversuche auf der anderen Seite der Kommentatoren. Noch etwas zur Monokultur: Es ist ja nicht nur so, dass der Intendant meint, vieles selbst machen zu müssen, er bedient sich sogar alter Mittel und Einfälle aus seinen alten Inszenierungen bzw. kopiert andere. Das ist nachvollziehbar bei dem Pensum (Ganz toll, wie er das alles macht!), den unkritischen Selbstlobgesängen, einer kaum vorhandenen kritischen Regionalpresse und der permanten Arbeit an der Selbstinszenierung. Da hätte ich dann auch keine Ideen mehr.
Dass hier andere Sparten extrem vernachlässigt werden, ist auch wieder so eine unsachliche Behauptung von Ihnen, die mit unserer Realität nichts zu tun hat.
Hören Sie bitte auf uns schlecht zu machen. Es ist nicht produktiv und wird langsam albern. Da hier zu Wenige zu viel zu tun haben, wozu der Intendant aber auch ich zähle, bitte ich um Verständnis, dass ich mich jetzt ausklinke und wieder um das Wesentliche, nämlich die eigentliche Arbeit hier vor Ort kümmern muß. Tschüß.
Meine Eltern waren am WE im Stapellauf und waren entsetzt, wie sich hier Theater an das Publikum ranschmeisst. Ist das die Lösung für unser Rostock? Muss Theater nicht Fragen stellen, sperrig sein, aufregen, neue Perspektiven zeigen usw? Anstatt vor allem gefallen zu wollen? Ich bin ratlos, was unser Theater betrifft. Und nicht nur ich offensichtlich. Aber am meisten irritiert mich und andere, diese selbstgerechte Art der Macher. Warum?
Auch ich war über den Nathan sehr enttäuscht, weil ich mir in dieser Zeit eine differenziertere Auseinandersetzung mit diesem Text gewünscht hätte. Vielleicht wäre es spannend gewesen, wenn eine Regisseurin mit einem anderen Hintergrund sich dieses Textes und der Inszenierung angenommen hätte. Wir müssen uns für neue Lesarten öffnen, auch in Rostock.
Gerade in Rostock.
Nichts von dem, was er versprochen hat, wird eingehalten, das Publikum erfährt nichts. Und auch über die Zukunft des Hauses schweigt die Intendanz sich aus. Wie soll es weitergehen mit dem Volkstheater? Oder hat L. Sich bereit erklärt, doch Sparten abzuwickeln? Liebe Mitarbeiterin, klärt uns auf! Bitte.
Warum sollte er jetzt Sparten kürzen wollen? Diese Unterstellung basiert entweder auf Unwissenheit oder Gemeinheit. Wie ich gelesen habe, hat er sogar ein Konzept vorgelegt, dass das Theater mit seinen 4 Sparten erhalten würde.
Wer das Theater ein bisschen mag, müsste ihm dafür die Daumen drücken, anstatt ihn hier öffentlich und kleinkariert so anzugreifen.
Fair ist was anderes. Lasst ihn einfach jetzt arbeiten! Ich als Theaterfan jedenfalls bin gespannt, was er macht.
Wir wollen, dass unser Rostocker Volkstheater wieder auf die Beine und raus aus der Kritik kommt. Uns irritiert, dass es offensichtlich ein Papier der Theaterleitung gibt, in dem Einsparpotentiale aufgezeigt werden. Und wir Fragen uns gerade, wo das Volkstheater noch sparen soll.
Zudem bleibt die Frage nach künstlerischer Vielfalt am Schauspiel. Noch immer ist nicht geklärt, warum Frau Gusner nicht mehr am Theater interessiert.
Wir sind mobilisiert worden, als das Theater vor einigen Monaten in der Krise steckte, und jetzt werden wir abgehängt. Das ist nicht in Ordnung.
Sicher geht der Kampf da weiter, nur etwas weniger öffentlich.
Selbst in Latchinians eigenen Regieen gibt es eine Vielfalt an Stilen oder Formen, dass ich manchmal überrascht war, dass das von Latchinian ist. in seinen Neuinszenierungen z. B. BABENDERERDE, WIE IM HIMMEL, der Oper TITANIC, BALLADENBRAUEREI, ZERBROCHNER KRUG ebenso, wie bei seinen Adaptionen von früheren Senftenberger Inszenierungen. Das war auch so bei "seinen aus Senftenberg mitgebrachten Hausregisseurinnen", bei Amina Gusners neuer Produktion MINNETRONICS, wie bei der adaptierten Senftenberger STELLA. Oder bei Nicole Oders neuem GLÜCKSKIND oder der Adaption KIND UNSERER ZEIT im Bunker. Ich empfand und empfinde das als Aufschwung im Schauspiel nach mauen Jahren. Und wie mir geht es sehr vielen. ich könnte hier noch vieles würdigen, statt herumzukritteln. Auch die Oper ist viel jünger und aktueller geworden. Auch das Tanztheater, und da stört mich auch nicht, dass die Chefin Katja Taranu fast alles selber macht, im Gegenteil. Das hat sicherlich viel mit Nöten zu tun.
Dass sich Arbeitsbeziehungen zwischen Partnern ändern ist doch ganz normal, verdichten, lockern, pausieren, enden. Amina Gusners Inszenierungen, höre ich, bleiben weiter im Spielplan. Schön. Warum müssen wir hier spekulieren über Zusammenhänge, die die Akteure offensichtlich nicht öffentlich kommunizieren wollen?
Und warum ich gern wüsste warum Amina Gusner nich mehr inszeniert?
Nun eben weil ich Stella und Minnetronics toll fand.
Und weil das nun schon der zweite Abgang im Führungeteam nach Tobias Rausch ist.Ich möchte gar nichts skandalisieren ,ich möchte nur ein wenig Information warum aus einer so kleinen Mannschaft an Führungsfiguren gleich zwei sich verabschieden.
Sie meinen also Latchinian selbst sei vielfältig genug, neben zwei jungen Regisseurinnen? Zu schön um wahr zu sein. Frau Gusner wäre vielleicht sogar geblieben, aber sie hat Kritik an Latchinians Ensemble-Politik geäussert.
Interessant, dass Sie auschließlich Titel des Schauspiels aufzählen. Tanz u. Oper kommen in einem Nebensatz kurz zur allgemein lobpreisenden Erwähnung. Das ist bezeichnend für die gesamte nach den Interessen des Intendanten geformte Programmpolitik. Bei Musiktheater ist er rat-und hilflos, nicht zuletzt weil er fast jede Beratung als Beleidigung sieht. Ganz besonders in der von Ihnen erwähnten Inszenierung (?) von Titanic. Ein absolut uninspiriertes Herumgestehe ohne Handlung und mit überdeutlichen Mitteln wie Totenkopfmasken etc.