Presseschau vom 22. Oktober 2015 – Kritiker Martin Eich geißelt im "Freitag" das zeitgenössische Theater
Die Leer-Meister des Theaters
Die Leer-Meister des Theaters
22. Oktober 2015. Seinen Ausblick auf die kommende Spielzeit nutzt Martin Eich im Freitag (online 21.10.2015) für einen Rundumschlag gegen das zeitgenössische Theater. Zunächst gibt es ein paar Volten gegen die "Untoten des deutschen Theaters", namentlich "Frank Castorf (64, gefühlt älter) und Claus Peymann (78)" sowie "Günther Beelitz (76)".
Dann dringt der Autor zu seinem eigentlichen Problem vor. Die Theater büßten seit 1991 Publikum ein, was nicht an der Medienkonkurrenz mit dem Internet oder der Kulturpolitik der Theaterträger liege, sondern am herrschenden Regiestil. "Verjuxt, verflacht, verspottet – die V-Waffen der mittleren, bestimmenden Regiegeneration erlegen auch den größten Gedanken und in weiterer Folge eine Kunstform, die anders als Film und Fernsehen alle Erkenntnisse der Aufmerksamkeitsforschung ignoriert und glaubt, der Zielgruppe zerfaserte Rätselabende vorsetzen zu können."
Mit den Rezensenten im Bunde
Gefördert werde diese Kunstform von "Rezensenten, die auch sonst mit der Branche verbandelt sind, gemeinsam mit anderen, die sich auf Premierenfeiern oder in Theaterkantinen sozialisiert haben". Eich nennt diese Kritiker, die für eine "Entfremdung zwischen Kulturjournalismus und Lesern" (gleich der zwischen Theatern und Besuchern) stehe, "journalist’s theatre-maker". Favorisiert würden von ihnen Regisseure wie Sebastian Hartmann, "die Säle leer spielen, aber zu Heilsbringern ausgerufen werden".
Als vom Feuilleton wenig gewertschätzte, beim Publikum aber erfolgreiche Positivbeispiele nennt der Artikel Andrea Breth und Thomas Ostermeier. Im Fazit ruft Eich aus: "Die Realität, das ist die Kernbotschaft an die Verächter des fiktionalen und nichtfiktionalen Realismus, besiegt irgendwann jede Illusion, jedes Konstrukt. Auf der Strecke bleiben kurzfristig die Glaubwürdigkeit des Feuilletons und langfristig die Zukunft der Bühnen, weil diese Medienzwitter – die nicht mehr Sprachrohr des Zuschauers sind und nicht mehr sein wollen – sie eines notwendigen Korrektivs berauben."
(chr)
Eine ähnliche Bestandsaufnahme legte im September 2014 Christian Baron für den "Freitag" vor.
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