Was vom Drama übrig bleibt

von Ralph Gambihler

Weimar, 20. März 2008. Vom Goethe- und Schillerdenkmal vor der Tür bis zur großen Bühne im Nationaltheater sind es gefühlte hundert Meter. Das ist eine bequeme Distanz. Man kann vor der Vorstellung draußen am Denkmal warten, noch ein wenig frische Luft schnappen und die Passanten beobachten, bevor es losgeht. Wenn es drinnen zum dritten Mal schellt, kommt man immer noch rechtzeitig in den Saal. Das ist natürlich ohne Belang, aber irgendwie doch interessant, wenn man bedenkt, dass es der Weg ist zwischen einer alten Weihestätte der Weimarer Klassik und einer neuen Inszenierung, in der es viereinhalb Stunden darum geht, "Faust II" als Textleiche vorzuführen.

Die Bühne von Patrick Koch zeigt vor allem Leere. Außer einer Projektionsfläche für Videoeinspielungen, ein paar alten Stühlen der Marke Rumpelkammer und den kahlen Ziegelwänden des Bühnenhauses ist kaum etwas zu sehen. Die Trugbilder der Schauspielkunst haben hier nichts verloren. Theater wird von vornherein als solches entlarvt. Eine Darstellerin, die sich gerade ostentativ Geschmeide um den Hals gehängt hat, steht vorne an einem Mikrofon und sagt eine Stelle aus der kaiserlichen Pfalz auf. Sie artikuliert langsam und sorgfältig und lässt die Verse ein wenig funkeln, während hinter ihr der besoffene Rest einer Party allmählich zur Ruhe kommt. Die Szene plätschert seltsam dahin und verrinnt irgendwann in der nächsten.

Textknochen, Textknorpel, Textadern

Natürlich: Repertoiregemütlichkeiten und Klassikerpflege nach dem Geschmack des Fremdenverkehrsdirektors konnte niemand erwarten von einem jungen Regisseur, der es mit seinem Entkleidungs-Theater schon zu einem Ruf gebracht hat. Laurent Chétouane hat oft genug gezeigt, dass er so ziemlich alle gängigen Erwartungen unterläuft, die man von einem Schauspielabend haben kann. Er arb eitet ohne Kontext, kappt Bezüge, verweigert Psychologie und Exegese. Was dabei im Fall von Goethe herauskommt, war zuletzt in den Berliner Sophiensaelen zu erleben. Dort brachte Chétouane mit drei (sprechenden) Tänzern eine Studie zum zweiten Akt aus "Faust II" auf die Bühne, gesehen durch das "Medium" Antonin Artaud.

Bei der Weimarer Vollversion sind die drei Tänzer wieder dabei. Außerdem bevölkern fünf Schauspieler die Bühne. Es geht also durchaus familiär zu bei dieser eigenwilligen Goethe-Obduktion. Chétouane entwickelt dabei eine Ästhetik der nackten Texttatsachen, die sich darin gefällt, am liebsten bei Null anzufangen, ganz ohne humanistischen Bedeutungsballast und sonstige Sinnfälligkeiten. Es gibt nur Textknochen, Textknorpel, Textadern, Textgewebe, keine Figuren, keine Rollen, keine Konflikte. Die Szenen werden, von einzelnen dramatischen Ausbrüchen abgesehen, darauf getrimmt, möglichst wenig theatrale Wirkung zu entfalten.

Mit Goethe gegen Goethe

Das Muster ist fast immer das gleiche: Einer rezitiert sich im Schönsprech durch die Verse, während der Rest auf dem Boden oder dem Gestühl herumlümmelt und zuhört. Stellenweise scheinen Theatertext und Tänzerkörper in einen geheimen Dialog zu treten. Arme und Beine verselbstständigen sich dann wie bei Gliederpuppen, die eine unsichtbare Macht an Fäden zappeln lässt. Man verrenkt sich gymnastisch und stampft in den Boden. Es ist eine Manie des Disparaten, die den Abend durchzieht.

Die Mittel der Verfremdung und Irritation werden kultiviert, als handele es sich um olympische Disziplinen. Man wäre ja gerne bereit, einmal auf das ewige Menschheitsdrama und die ewige Charaktertragödie zu verzichten, auf den Dränger und den Zweifler, auf Tatgenuß und Teufelei, wenn nicht nach zehn Minuten klar wäre, wie der Hase läuft: Es geht mit Goethe gegen Goethe. Der Mann muss wirklich mausetot sein.

In Sachen Publikumsvergrämung ist der Abend allerdings ein Erfolg. Erst lichtet sich das Parkett, dann macht sich Gemurmel breit. Als die Szenerie kurz vor der Pause vollends im aufgeblasenen Nichts zu erstarren droht und jemand von hinten "Goethe hilf!" ruft, fällt der Saal in Gelächter und dann in eisige "Buhs". Nach der Pause dreht die Inszenierung ins Absurdkomische und gönnt sich einen Anstrich aus Ironie und Klamauk. Euphorion lässt den Gymnastikball hüpfen, dass der Bühnenboden zittert. Man juxt sich im Landgewinnungsdrama der Verbrennung von Philomen und Baucis entgegen und verspritzt lustige Lektionen in Sachen hohles Pathos. Bei der Grablegung Faustens wird dann alle Luft abgelassen. Die Regieanweisungen werden zur letzten Zuflucht der Regie. Das war schon fast ein Kniefall.


Faust. Der Tragödie zweiter Teil
von Johann Wolfgang von Goethe
Regie: Laurent Chétouane, Bühne: Patrick Koch, Kostüme: Sanna Dembowski, Musik: Leo Schmidthals, Video: Bahadir Hamdemir, Saskia Walker. Mit: Sarah Bauerett, Eve Kolb, Elke Wieditz, Thomas Braungardt, Friedemann Eckert, Sigal Zouk (Tänzer), Jan Burkhardt (Tänzer), Frank Willens (Tänzer)

www.nationaltheater-weimar.de


Mehr zu Laurent Chétouane: In Köln sperrte er zuletzt in Empedokles // Fatzer Hölderlin und Brecht zusammen. In den Berliner Sophiensaelen zeigte er die – im Text erwähnte – tänzerische Vorstufe zum zweiten Akt aus "Faust II": Das Tanzstück #2.

Mehr "Faust" in Weimar: Hier die Kritik zu Tilmann Köhlers Inszenierung des ersten Teils.

 

Kritikenrundschau

Stefan Keim bespricht in der Frankfurter Rundschau (22.3.2008) beide Teile des neuen Weimarer "Faust". Wirke Tilmann Köhlers Inszenierung des ersten Teils "unfertig", wie ein "Rumspielen mit Goethe", so sei Laurent Chétouanes "Faust II" "mehr ein Essay als eine klassische Regiearbeit": "Die Texte sind weitgehend frei verteilt, das Stück erscheint als das riesige Gedicht, das es ist. Das Publikum nimmt die Rolle von Faust und Mephisto ein und wandert durch eine absurde, faszinierende Welt voller Kriege, Mythen und wissenschaftlicher Hybris." Im zweiten Akt erkundeten Tänzer "mit ihren Mitteln den Menschenstoff von Grund auf, wie es die Schauspieler mit ihrer ungewöhnlichen Sprechtechnik tun. Laurent Chétouane hat Goethe genau gelesen und in Körpersprache umgesetzt." Chétouane habe eine ganz eigene Theaterform entwickelt, die von den Zuschauern Offenheit, Konzentration und ein bisschen Leidensfähigkeit erfordert. Wer dazu bereit ist, erlebt einen großartigen Abend."

Frank Quilitzsch von der Thüringischen Landeszeitung (22.3.2008) findet in Chétouanes "Faust II" "viele Rätsel", "verhaltenen Humor und handfeste Zumutungen." Chétouane ziehe "Faust II" "gnadenlos als viereinhalbstündiges Vexierspiel auf" und tilge "alle historischen und Bezüge zur Goethezeit. Schwelgt in der Poesie und Melodie des Textes. Verschmilzt Szenen, Figuren und Dialoge miteinander. Sein Faust ist ein Konglomerat von Körpern und Stimmen." Der Grenzgänger Chétouane habe erkannt, "dass der Held im zweiten Teil der Tragödie hinter dem Stoff verschwindet und behandelt ihn dementsprechend nicht als Figur, sondern als Schicksal." Das Resultat sei "ein Prozess, ein melancholisches Kreisen, Schweifen und Erkunden. Das hat Rhythmus und macht Sinn, auch wenn sich jener nicht immer auf den ersten Blick erschließt." Manches nerve und spanne auf die Folter. "Man fühlt sich angezogen und verschaukelt, schwankt zwischen Sympathie und Verdruss."

Für Henryk Goldberg steht es in der Thürginer Allgemeinen (22.3.2008) außer Zweifel: "Mit dieser Aufführung ist das Faust-Projekt des Deutschen Nationaltheaters gescheitert." So apodiktisch das Urteil, so einschränkungsfreudig gibt sich die Argumentation: Chétouane sei "ein großes Talent, er verfügt, wenn ihn seine Mittel nicht davonlaufen, über eine kreative Kraft. Und wäre dieser Abend nach dem 1. Akt am Ende, wollten wir ihn rühmen über alle Maßen." Da im "Faust II" die Protagonisten "eher Randerscheinungen" seien und Goethe dort die Verfasstheit der "großen Welt" reflektiere, "mag man es begreiflich finden, dass Laurent Chétouane auf die individuellen Figuren Faust und Mephisto verzichtet". Chétouane habe "die Fähigkeit zur Form und dieser Abend hat, nach dem glänzenden ersten Akt, Momente. Momente, in denen einem der staubbedeckte Text neu und fremd vorkommt, indessen, ohne zu bedeuten, ohne zu erzählen." Chétouane interessiere "sich kaum für Inhalte, er sucht Strukturen und Zeichen, die nur eine bedingte Rückkopplung ermöglichen." Und so scheitere der Abend "nicht daran, dass er nicht unser lieber 'Faust' ist, er scheitert an der Introvertiertheit seines Regisseurs. Nichts als Form, auf der Suche nach sich selbst, viereinhalb Stunden."

Kerstin Decker
schreibt sich in einer Spalte im Berliner Tagesspiegel (23.3.2008) ihren ganzen Ärger vom Halse über "die dilettantischen Goethe-Aufsager da vorn, denen man in jedem Augenblick anmerkt, wie fremd, ja peinlich ihnen ist, was sie hier spielen müssen", aber - was spielen?  "spielen" sei hier "eine irreführende Vokabel, Regie auch." Laurent Chétouanes Faust II in Weimar war für Frau Decker "ein Desaster, wie es der Theatergänger höchstens einmal im Leben erlebt", war "fünf Stunden offener Feindschaft zwischen Publikum und Bühne". Der Regisseur wollte "die Textmaschine", man ahnt es, schreibt Frau Decker. Herausgekommen seien "hilflose Ornamente, austauschbare Gesten, Maschin’ kaputt … Universelle Abwesenheit. Alle sind gegangen. Geist und Sinn zuerst, wohl auch der des Intendanten, der das aufführen lässt."

 

Kommentare  
Faust II in Weimar: merkwürdige Betroffenheit
Auch diese Inszenierung bewegt mich in die gleiche Richtung wie der Köhlersche Faust I.

Eine merkwürdige Betroffenheit erzeugt auch dieser "Faust". Dringt diese Inszenierung vielleicht in die Ohnmacht unserer Zeit mit ihrer Verlogenheit, in der uns gut getarnte Machthaber Demokratie vorgaukeln, diese Welt in Wirklichkeit aber näher an den Rand der Hölle führen? Schnöder Mammon bestimmt mehr denn je diese Welt seit die Hoffnung auf ein "menschlicheres System" zu den Akten gelegt wurde. Ist es das was wir nicht wahrhaben wollen?
Chétouane: kongenialer Theaterabend
Einspruch. Chétouanes Inszenierung ist ein kongenialer Theaterabend. Hier wird die Aufführung zu einem riesigen Gedicht. Und das ist es ja auch. Man muss dem Theater auf Knien für diesen Regisseur danken. Er ist der einzige Denker seiner Generation. Weimar ist das Theater des Jahres mit seinen FAUST-Arbeiten. Viele im Publikum wollen das nicht verstehen, es sind die ewig Gestrigen. Wer sich aber einlässt, erlebt eine absurde, faszinierende Welt voller Kriege, Mythen und wissenschaftlicher Hybris. Laurent Chétouane ist ein Theatererneuerer, ein Regie-Gott. Viele Zuschauer dagegen ein unterentwickelte, unkonzentrierte Blö- und Buhhorde.
Faust II in Weimar: Überwältigende Gesamtwirkung
Durch Zufall landete ich in dieser Premiere, aus Versehen und unvorbereitet.
Einen Faust II würde ich mir nie anschauen, ohne mich zuvor eingehend mit der Materie beschäftigt zu haben, nun tat ich es doch, weil das, was ich eigentlich sehen wollte, zugunsten der Premiere verschoben wurde.
Was blieb, war, das Stück nicht verstehen zu wollen, es wirken lassen stattdessen. Man muss sich Lösen vom Gedanken, eine Geschichte erzählt zu bekommen. Alles was es gibt sind Fragmente, Bruchstücke, die dennoch eine Gesamtwirkung haben, eine überwältigende Gesamtwirkung. Ich glaube nicht, dass ich den Faust II begriff, gestern Abend. Was ich weiß ist jedoch, was das Stück mit mir angestellt hat - und das war: viel.
Jeder einzelne Akt ganz unterschiedlich inszeniert, nur die Stühle blieben.
Die tanzenden, krankenden, christusartigen Homunkuli im zweiten waren wohl, was mich am meisten fesselte. Eine Suche nach Identität und einer Daseinsberechtigung. Und dann, nach einem Zwischenruf aus dem Publikum, ein Satz, den ich an diesem Abend direkt auf dieses bezog: "Heute wollen wir ergründen, ob ihr mehr als Fische seid."
Für den Großteil der Zuschauer gilt wohl leider: Nein, sind wir nicht.
Und doch hätte es sich gelohnt. Gelohnt, die Urteilsbildung ans Ende der Vorstellung zu verschieben, gelohnt, zunächst ersteinmal nur zuzuschauen, anstatt eine der eindrücklichsten Szenen des Abends durch einen Zwischenruf ("Ein Theaterstück hat Text!") zu unterbrechen, anstatt aufgebracht und theatralisch den Saal zu verlassen.

Dieser Abend bot bedrückende und beklemmende, berührende und faszinierende Bilder. Doch nur jenen, die bereit waren, hinzusehen.

Eine Anmerkung noch: Einen solchen II. Rang hat kein Theaterstück verdient, wirklich nicht.
Faust II in Weimar: Genial
Chétouanes Faust II ist GENIAL. Goethe hat einen partner gefunden. "Das Unbeschreibliche, hier ist es getan".
Chétouanes Faust II: Beschränkt oder grottig
Interessant wirkt eine Kritik immer dann, wenn der Kritiker so angepisst von der Inszenierung ist, dass ich mich frage, ob denn sein Geist etwas neues nicht zulassen will.

Oder ob er einfach nur grottigen Scheiß gesehen hat und also Recht in seinem Veriss.
Chétouanes Faust II: Jesuitische Pseudostrenge
Schreibt Chetouane selbst diese Kommentare zu seinem öden Bildungsbürger Theater ? Scheint so, ich sah nämlich nur ein textlich völlig ungedachtes Hörspiel, daß Mangel an Phantasie und Lebensbeschreibung durch jesuitische Pseudostrenge zu vertuschen versucht. Ein totaler Jammer, reaktionär und bedeutungshuberisch.
Chétouanes Faust II: Finsternis wäre noch schöner gewesen
Der Abend war klasse, schöner wäre es gewesen, wenn das Ganze in totaler Finsternis gespielt hätte und man nur dem Goethetext gelauscht hätte, noch schöner wäre es, wenn zu Beginn der Goethetext verteilt wird und dann 4 Stunden gemeinsames, stilles Lesen ohne Bilder und Töne stattfinden könnte. In gemeinsamer Andacht sich die Bühne vollträumen.
Chétouanes Faust II: kulturhistorische Peinlichkeit
So wird Goethe in das 21. Jahrhundert transferiert. Ich habe noch nicht einmal das 30. Lebensjahr erreicht und wünsche mich anhand solcher kulturhistorischer Peinlichkeit zurück ins 20. Jahrhundert. Meinen Mangel für Phantasie und Deutungsgefühl bitte ich anhand von sehr ausschlaggebenden Einflussfaktoren, wie Namensgebung des Theaters, Historie der Stadt, Historie des Schriftstellers in der Stadt, Kultur, Bildung, Literatur und Wertgefühl zu entschuldigen.
Chétouanes Faust II: für Liebhaber der Finsternis
Liebe Susi Windhacker, Ihnen kann geholfen werden:
-Faust. Der Tragödie Erster und Zweiter Teil. 5 CDs. . Produktion des WDR. Teil 1: März 1952. Teil 2: August 1949 von Johann W. von Goethe, Horst Caspar, Erich Ponto, und Antje Weisgerber (Audio CD - Juli 1999) - Audiobook
Chétouanes Faust II: Dank an Osterhasen
Lieber Osterhase, danke. Habe mir das gleich mal reingezogen und muss sagen, ist besser als die Faust-Aufführung in Weimar. Gehe also nie wieder in dieses Theater in Weimar. Ist einfach zu altmodisch und doof.
Chétouanes Faust II: Publikumsveräppelung
Das Schlimmste: Es war langweilig. Text aufsagen, Text weglassen, einmal spricht Hinz, einmal spricht Kunz, einmal verrenkt sich Lieschen, einmal kriecht Müller über den Boden, Kostüme möglichst hässlich, Bühnenbild möglichst gar nicht, Videoprojektionen wie bei unterklassigen Schulaufführungen, schnarch. Dabei, die Schauspieler hätten's drauf, in den wenigen Szenen, in denen man ihnen zu gestalten gestattete, waren sie wirklich gut. Aber gestalten ist pfui, Persönlichkeiten sind pfui, Klassik ist pfui, Goethe wahrscheinlich auch, aber damit Leute ins Theater kommen, muss man Goethe draufschreiben. Ehrlich wäre anzukündigen: Wir stellen M. Chétouanes Gedanken zu Faust auf die Bühne. Dann kann man überlegen, ob man das sehen will. Aber Goethe aufs Plakat zu schreiben und dann den "Rausch" (Eigenaussage) eines Pseudoregisseurs zu präsentieren, das ist Publikumsver... äppelung.
Chétouanes Faust II: Regie verhindert Rezeption
Sollte in Chetouanes Faust II. wirklich eine neue Theateraesthetik verwirklicht sein, so verschwand sie im Bruch zwischen dem 1.und 2.Akt. Dabei bleibt die Frage, ob diese neue Theaterkunst sich im 1.Akt zeigte, der durchaus noch mit verstaendlichen, teils kreativ variierten Vorstellungen inszeniert wurde. Oder ob sie erst im zweiten Akt zur Geltung kam, als der verheckselte und marginalisierte Text von inkohae-renter, sportiver Koerpersprache teils begleitet, teils gaenzlich ersetzt wurde. Eingeweihten mag es bedeutungsvoll erscheinen, wenn Figuren minutenlang reg- und wortlos auf der Buehne herumliegen oder krampfhaft an einem ein Stretchhemd gezerrt wird, wobei fetzige Textreste im Akzent untergehen. Einen Sinn und Erlebniszusammenhang kann selbst der gutwillig interessierte Zuschauer nicht ausmachen. Die im 1.Akt geweckten Erwartungen werden enttaeuscht, und die sie destruierenden neuen Kategorien lassen sich nicht erschliessen. Damit verhindert die Regie die Rezeption. Auch wer zwei Stunden ausharrte, ergreift jetzt die Flucht, um sich stattdessen mit einer der unvergleichlichen CDs von Peter Stein (Hoer Verlag) erneut von dem Glanz, der Aktualitaet und der Bedeutung des Faust II. zu ueberzeugen.
Schmerzlich bleibt, dass durch eine derartige Auffuehrung junge Leute zu der Meinung gelangen, Faust II. sei nur noch ein mit Klamauk und Faxen aufzubereitender Wortsalat. Sie sind damit um das Erlebnis eines Kunstwerks aermer geblieben, dessen Bilderreichtum und sprachliche Schoenheit, dessen gedankliche Weite, Witz und Ironie sie ein Leben lang haette erfreuen und beschaeftigen koennen. Ist sich der Regisseur dieser Verantwrotung bewusst?
Chétouanes Faust II: Regisseur ein Blender
Der Regisseur ist ein Blender. Choreografie von Meg Stuart geklaut, ein Möchtegernwilson ohne Bilder, ohne Ideen und wenn dann aus der Mottenkiste der Theatergeschichte geklaut, Text von Schauspielern nicht gedacht, dafür aber auch kein Gefühl für das Versmaß, Sprache unmusikalisch und unrhythmisch, ein esoterisches Weltbild, alles langatmig und langweilig, ödestes Off Theater der 80er jahre, nur die Interviews dieses Hochstaplers lesen sich sehr spannend. Es lebe die Selbstvermarktung.
Chétouanes Faust II: Sensationelle Aufführung
War völlig unvorbereitet am 27.03. in der Vorstellung. Kannte die Handlung des Faust II nur aus Wikipedia. Und habe mir dann um halb eins gewünscht, dass sie nochmal von vorn anfangen.

Sensationelle Inszenierung!!!!!!

Dass es nun der Faust II war, der zur Aufführung kam, ist angesichts der genialen Regie und den eindrucksvoll agierenden Schauspielern und Tänzern und insbesondere der Tänzerin als Zugabe zu betrachten. Der Handlung konnte ich in keinem Moment folgen - das fiel aber in keiner weise ins Gewicht. Es war unglaublich spannend fesselnd und ästhetisch. Und man kann sich , wenn einem der 2. Akt zu lang ist - was er nicht ist - ja kurz in Sigal Zouk verlieben. Das ist doch auch schon mal was, sich in eine Darstellerin zu verlieben, oder?

Ihr Fische, Ihr, die Ihr massenhaft geflohen seid!!!,

Ich schließe mich im Übrigen dem kommentar von Judith Ciceroni (s.o)voll und ganz an.
Faust II in Weimar: Inszenierung des Jahres
faust2 in weimar ist die inszenierung des jahres. nachdem man das gesehen und verstanden hat, MUSS man übers theater anders denken. neu sehen. ich bin restlos beglückt und allen dankbar, die diesen regisseur weiter unterstützen werden. danke im voraus. am 30.04. läuft die nächste vorstellung in weimar. geht alle hin.
Chétouanes Faust II: heute zum letzten Mal, tragisch!
Mit der Unterstützung ist es ersteinmal aus - in die Knie gegangen wurde es heute zum letzen Mal gespielt.
Dieses Stück hat viel bewegt, mehr auch als Faust I. Es ist schade drum, tragisch.
Chétouanes Faust II: Wenn es niemand sehen möchte
na ja, wenn es niemand sehen möchte muss man es ja auch nicht spielen. und ob es die Schauspieler so gerne spielen, würde mich auch mal interessieren. Und anders denken muss man über das Theater nach dieser Aufführung tatsächlich. Aber das ist nicht so gut fürs Theater. Auf einer performativen Kleinkunstbühne einer imaginären Grossstadt mit einem Zuschauerraum für 10, ok, sagen wir 50 Zuschauern ist das ganze dann wohl doch besser aufgehoben.
Chétouanes Faust II: zu schnell abgesetzt
Warum diese grandiose Inszenierung so schnell abgesetzt wird, zeigt die Feigheit einer Theaterleitung, die nicht einer neuen Ästhetik traut, sondern den Muff der alten Tage konserviert, trotz Bedeutungsgehuber aus der Giessner Schule. Vielen Dank Frau Fähnchen im Winnacker
Cétouanes Faust II: im Verkannte-Künstler-Himmel
Na ja, sie zeigt vielleicht aber auch die Intellligenz des Publikums, dass diese "Inszenierung" nicht sehen möchte und deswegen früh geht, anderen abrät. Darauf muss eine Theaterleitung dann ja wohl reagieren. Die Motivation eines Schauspielensembles steigt ja nicht gerade, wenn man immer vor leerem Haus spielt. Abgesetzt klingt gleich auch wieder so aufgeregt, fast schon nach Zensur, was diese Veranstaltung schon wieder in diesen verkannter Künstler Himmel hebt.Denn gibt es ja auch auf den Hinterhofbühne unserer imaginären Großstadt. Wenn es in einem Theater mit 50 Zuschauern läuft muss es auch nicht abgesetzt werden. Ein grosses, subventioniertes Theater funktioniert nun mal anders.
Chétouanes Faust II: todlangweiliges Theater fürs Feuilleton
kann die claque endlich aufhören ? die inszenierung war schlecht, bedeutungshuberisch, unnispiriert, angeberisch und vor allem hat es die menschen nicht erreicht. chetouane mag theater fürs feuilleton und proseminar machen und an der presseschraube drehen, sein theater ist aber vor allem eins: todlangweilig
Chétouanes Faust II: Und die, die erreicht wurden?
und wer sind "die menschen", die nicht erreicht wurden? und was ist mit den menschen, die (auch hier haben sich ja ein paar geäußert) doch erreicht wurden? oder sind das keine menschen? fragen über fragen...
Chétouane ist Schleef für Arme
immerhin an mir dreht er ganz gut :-)) man beachte: alle feierartikel in der TDZ von seinem jünger s.kirsch.
das ist schleef für arme.
Chétouanes Faust II: Hier spielen Egos sich selbst
dieses stück spiegelt uns und führt dann nicht weiter, alice im wunderland-eingeschlossen und ausgesperrt.
hier spielen egos sich selbst, in dem glauben mir mein ego vorhalten zu können- das spektakel der egozentrik die sich in umkehrungsästhetik doch wieder der gängigen subästhetik zuwendet und so tut, als ob sie an wahrem blick in die tiefe interessiert sei. übrig bleibt etwas das anfangs sehr tief schimmerte und dann doch eine pfütze war- schade eigentlich, denn mit mehr interesse am abgründigen der egos, auch der egos auf der bühne, hätte das stück wirklich interessant werden können. nur mut ihr fische, geht tauchen!
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