Erster Theaterpreis der Kulturstaatsministerin vergeben
12 gewinnen
21. Dezember 2015. Der erste "Theaterpreis des Bundes" geht einer Pressemitteilung der Kulturstaatsministerin Monika Grütters zufolge an diese zwölf Theater:
Das letzte Kleinod, Schiffdorf, 75.000 €
Theater Oberhausen, 80.000 €
Fundus Theater, Hamburg, 80.000 €
Stadttheater Bremerhaven, 80.000 €
Städtische Bühnen Osnabrück, 80.000 €
Theater der Jungen Welt, Leipzig, 80.000 €
FFT Düsseldorf, 80.000 €
Figurentheaterzentrum Westflügel Leipzig, 50.000 €
Theater der Altmark/ Landestheater Sachsen-Anhalt Nord, 80.000 €
Anhaltisches Theater Dessau, 80.000 €
Heimathafen Neukölln, Berlin, 55.000 €
Maxim Gorki Theater, Berlin, 80.000 €
Kulturstaatsministerin Grütters rief den Preis in diesem Jahr ins Leben – er soll zur Unterstützung kleiner und mittlerer Theater beitragen. "Die Auswahl der Preisträger spiegelt die einzigartige künstlerische Vielfalt der Theaterlandschaft in Deutschland", wird Grütters in der Pressemitteilung zitiert. Es wurden insgesamt 900.000 Euro vergeben, Unterschiede in der Höhe der einzelnen Preisgelder ergeben sich der Pressemitteilung zufolge "aus dem in der Auslobung festgehaltenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, nachdem sich die Preisgelder an der (übrigen) öffentlichen Förderung der ausgezeichneten Theater orientieren sollen".
Die Begründungen für die Preisvergabe an die einzelnen Theater finden Sie hier auf der Website des Internationalen Theaterinstituts.
Die Theater waren dazu aufgefordert, sich selbst zu bewerben; Bewertungs-Grundlage war ihr Programm in der Spielzeit 2014/15. Der Jury gehörten die freie Kulturjournalistin Barbara Behrendt, Fonds Darstellende Künste-Geschäftsführer Holger Bergmann, der Chefredakteur von "Die deutschen Bühne" Detlef Brandenburg, die Intendantin des Theaters Freiburg Barbara Mundel sowie nachtkritik.de-Chefredakteurin Anne Peter an.
Die Preise werden Ende Januar 2016 verliehen.
(Kulturstaatsministerin / sd)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 17. April 2024 Autor und Regisseur René Pollesch in Berlin beigesetzt
- 17. April 2024 London: Die Sieger der Olivier Awards 2024
- 17. April 2024 Dresden: Mäzen Bernhard von Loeffelholz verstorben
- 15. April 2024 Würzburg: Intendant Markus Trabusch geht
- 15. April 2024 Französischer Kulturorden für Elfriede Jelinek
- 13. April 2024 Braunschweig: LOT-Theater stellt Betrieb ein
- 13. April 2024 Theater Hagen: Neuer Intendant ernannt
- 12. April 2024 Landesbühnentage 2024 erstmals dezentral
neueste kommentare >
-
Zentralfriedhof, Wien Hach!
-
Auswahl Radikal Jung "Fugue Four Response" aus Wien
-
Doktormutter Faust, Essen Erstaunlich gute Überschreibung
-
Medienschau Giesche Marginalisierte Positionen
-
Leser*innenkritik Ellbogen, Maxim Gorki Theater Berlin
-
Orden für Jelinek Ode an El Friede
-
Wasserschäden durch Brandschutz Rechnung
-
Medienschau Dt-Defizit Mitarbeiterrücken
-
ja nichts ist ok, Berlin Danke, Fabian!
-
Medienschau Hallervorden Stereotyp und einseitig
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
(Wir haben jetzt auch auf die Begründungen der Jury verlinkt, die finden sich auf der Seite des ITI, link in unserer Meldung.
Zur speziellen Frage lautet die Antwort:
"Maxim Gorki Theater
„Auch in der Spielzeit nach dem viel beachteten Intendanzstart von Shermin Langhoff und Jens Hillje bleibt das Maxim Gorki Theater wegweisend dafür, dass es die Diversität der Stadt Berlin in der Stoffwahl sowie in der Zusammensetzung seines mehrheitlich postmigrantischen Ensembles mit vielfältigem Erfahrungshintergrund spiegelt – und dabei zeigt, wie zukünftiges Stadttheater im Einwanderungsland Deutschland aussehen könnte. Mit Stückentwicklungen und Inszenierungen, die entweder neue Texte fürs Theater entdecken oder aber den Kanon mit entschiedenen Interpretationen neu lesbar machen, hat dieses Theater ein junges und heterogenes Publikum gewonnen und gebunden. Das Gorki unternimmt dabei auch immer wieder unbequeme Setzungen wie die offensive Thematisierung des Völkermords an den Armeniern (und die Rolle Deutschlands dabei) in den Themenwochen „Es schneit im April“ oder die Zusammenarbeit mit dem Zentrum für politische Schönheit („Erster Europäischer Mauerfall“).“ – Jurybegründung "
mit einem schönen Gruß
die redaktion / jnm )
Die Theater produzieren immer mehr mit immer kleinerem künstlerischen Personal, das immer weniger verdient. Das ist ein Fakt. Und sie produzieren in erster Linie unter dem Druck der Kasse. Frau Grütters hat es am 20.4.15 im Interview mit der BERLINER ZEITUNG selbst so beschrieben: “Eines ist klar: Auf Kosten der Kreativen kann man unsere Stadttheater nicht erhalten. Da muss die Politik vor Ort auch den Entwicklungen im Tarifgefüge folgen und die Theater so ausstatten, dass sie ihren Auftrag erfüllen können. Und man kann ja auch neue Strukturen finden. Bislang bleiben jenseits der Fixkosten oft nur noch 20 Prozent für die eigentliche künstlerische Produktion übrig. Das können die Künstler nicht ausgleichen, ohne in unzumutbaren Arbeitsbedingungen zu landen.” 20 Prozent haben allerdings die wenigsten der kleineren und mittleren Häuser noch für die Kunst zur Verfügung, und unzumutbare Arbeitsbedingungen sind dort längst der Alltag.
In der jüngsten Veröffentlichung des Kulturrats zum Thema “Kunst und Kommerz” betont die Staatsministerin: “Die Künstler und Kreativen helfen uns mit ihrem Mut zum Experimentieren auch dabei herauszufinden, wie wir in Zukunft leben wollen. Dafür brauchen sie Freiraum: die Freiheit, sich dem Diktat des Marktes, des Zeitgeists und des Massengeschmacks, also den Kriterien des kommerziellen Erfolgs, widersetzen zu dürfen.” Muss den Theaterschaffenden den Mut mit einem Preis zurückgeben? Dieser Mut ist doch der eigentliche kreative Impuls. Die Verhältnisse müssen sich ändern. Grundlegend. Im Koalitionsvertrag hat sich unsere Regierung darauf verständigt, für eine bessere soziale Absicherung von Kreativen und Künstler*innen sorgen zu wollen. Wozu dann jetzt dieser Preis? Wir brauchen als Kreative keine “Ermutigung”, die uns dazu befähigen soll, in diesem System mutig weiter zu machen. Denn es macht die Künstlerinnen und Künstler systematisch zum Opfer der Verhältnisse.
Wie Frau Grütters selbst vorschlägt: es müssen neue Strukturen her. Ist es da sinnvoll, die alten Strukturen noch mit einem Preisgeldbudget von gesamt einer Million Euro zu belohnen und damit zu befestigen? Die finanziellen Mittel, die der Bund für die Kultur in Ländern und Kommunen ausgibt, sind ohnehin verschwindend gering. Der Preis soll daher ja auch ganz offensichtlich einen symbolischen Charakter haben. Dann hätte man diese Million sinnvoller investieren können. Zum dringend notwendigen Wandel des Systems leistet das Geld so gar keinen Beitrag. Im Gegenteil.
Ein Innovationspreis für neue Modelle und Initiativen, die sich um einen Wandel des Systems bemühen, wäre ein richtiges und wichtiges politisches Signal gewesen. Der Preis ist eine verpasste Chance und ein falsches Signal.
Ich hab drei Einwände:
1. Die Politik darf Kunst nicht bewerten. Und selbst wenn man eine nicht-staatliche Jury dazwischen schaltet, ist es letztlich eine staatliche Auszeichnung, eine politische Auszeichnung, ein kleiner Schritt zum Raub der Freiheit der Kunst durch den Bund, der sich hier einmischt. Wer sich durchliest, wie programmatisch Frau Grütters in der Ankündigung des Preises formuliert hat, sollte sich stets vor Augen führen, dass statt Frau Grütters dort auch mal ein AfD-Politiker sitzen kann. Und dann möchte ich mal hören, ob das Verständnis für staatliche Theaterpreise noch dasselbe ist.
2. Sobald eine Jury tagt, kommt es zu Ungerechtigkeiten. Das sollte bei staatlicher Kulturförderung (und darum geht es ja hier) eigentlich nicht sein. Das zeigt auch das Ergebnis dieser Jury. Wie viele mögen sich ärgern! Und dann sind wieder die ganz vorne mit dabei, die ohnehin immer im Mittelpunkt stehen... von dem selbstgesteckten Ziel, Theater jenseits der Metropolen zu fördern, ist nicht viel übrig geblieben.
3. 100.000 Euro (!) der Fördersumme versickern in Verleihung und Verwaltung dieses Preises. Das wird sicher eine rauschende Party... wer immer sich das Geld dafür am Ende des Tages einsteckt. In erster Linie profitieren hier Frau Grütters und ihre Leute. Viel Spaß!
Es ist eine sehr gute Intitiative, und wer, außer einer Jury, sollte dies denn gerechter kuratieren können?
Was mir hier fehlt, in der PM von nachtkritik, ist eine kritische Einordnung, eine Bewertung dessen, was damit angestoßen wird und eine Einordnung.
Beim theaterpreis selbst fehlt mir soetwas wie ein Zukunftspreis für Initiativen. Aber vielleicht kommt das ja noch.
Sicher, Geld ist immer gut.
@Plauderer:
Das Kernproblem ist das, was man "staatliches Kunstrichtertum" nennt: Hier lobt eine Ministerin einen eindeutig politischen Preis aus und 187 Theater hecheln danach, der Ministerin zu gefallen. Das finde ich problematisch. Das funktioniert bei der Grundfinanzierung anders. Und das ist auch ganz anders, wenn ein Verein oder ein Privater einen Preis verleiht. Was, wenn die Ministerin mal nicht mehr eine gutmeinende CDU-Frau ist, sondern ein AfD-Mann? Wird dann auch hier gelobhudelt, wie toll das ist, wenn Theater einen Preis kriegen?
Und was die Metropolen angeht: Von 12 Theatern sind gerade einmal 5-6 nicht in Metropolen gelegen.
Grundsätzlich zum Preis: gähn, Wichtigtuer-Beschäftigungstherapie. Heizkostenerstattung (find ich gut, #1!). Grütters und die Jury haben mit ihrer Auswahl bewiesen, dass sie keine Ideen haben, keinen Mut haben und volle Pulle zum Establishment gehören, was dieses System seit Jahrzehnten Stück für Stück zerstört. Weiter so. :-)
P.S. Trotzdem aufrichtigen Glückwunsch an alle prämierten Theater! (Geld fehlt ja heutzutage immer!)
Galli: sie haben Recht. Wieder einmal werden die Metropolen bevorzugt. Aber vielleicht werden die Theater jenseits dieser in der nächsten Runde stärker berücksichtigt.
Ich würde mir wünschen, es würden stärker Initiativen berücksichtigt werden. Mir fehlt das Zukunftsmoment.