meldung

Ensemble des Konzert Theaters Bern kritisiert Führungsentscheidungen

"Das Vertrauensverhältnis ist nachhaltig zerrüttet"

2. März 2016. Nach der Pressekonferenz, in der der Vorsitzende des Stiftungsrats des Konzert Theaters Bern Benedikt Weibel sich gestern hinter die umstrittene Freistellung der Schauspieldirektorin Stephanie Gräve auf Veranlassung von Intendant Stephan Märki gestellt hat, berichtet die Berner Zeitung Der Bund von kritischen Reaktionen aus dem Ensemble des Theaters.

In einem Brief an die Führungsetage habe das Ensemble am 23. Februar "um Auskunft gebeten und zudem unser Bedauern über die Art der Freistellung ausgedrückt". Am Montag (den 29. Februar) habe es eine Aussprache mit dem Stiftungsrat und Intendant Stephan Märki gegeben. Während Weibel sich danach "froh über das offene Gespräch" gezeigt und nach der Pressekonferenz betont habe: "Wir wollen mit diesem Ensemble in die Zukunft gehen" zitiert Der Bund ungenannte Theatermitarbeiter*innen folgendermaßen: "Das Vertrauensverhältnis ist nachhaltig zerrüttet, unter einer solchen Führung zu arbeiten, macht keine Freude." "Einige Kollegen" dächten über Kündigung nach.

Bereits in ihrem Schreiben hätten die Theatermitarbeiter*innen kritisiert, dass ihre Frage nach den Gründen der Freistellung Gräves "ungenügend" beantwortet worden wären und dass sie nicht befragt worden wären, wie sie die Zusammenarbeit mit Stephanie Gräve erlebt hätten, so Der Bund. Dieser zitiert außerdem aus einem Gespräch mit einem Ensemblemitglied, "dass zu wenig unternommen worden sei, um den Streit zwischen Märki und Gräve zu schlichten: 'Die Mediationsbemühungen waren nicht besonders gross – der Stiftungsrat hat sich ja nicht mal mit beiden Parteien an einen Tisch gesetzt.'" – ein KTB-Mitarbeiter schließlich habe noch moniert, "dass sie als Letzte informiert worden seien, obwohl sie vom Entscheid der Freistellung am meisten betroffen seien".

(Der Bund / sd)

 

Mehr zur Causa Bern? Hören Sie hier den Podcast von Nikolaus Merck und Georg Kasch.

mehr meldungen

Kommentare  
Ensemble kritisiert Berner Führungsentscheidungen: endlich
Wieder einmal mehr ein Beispiel für das Führungsverhalten von Intendanten und Direktoren, die weder Widersprüche noch Aussprachen gewohnt sind und diese nur ungern dulden wollen. Keine Ahnung wie Stephan Märki zuvor gearbeitet hat, aber hier weht sicher ein anderer Wind.
Es ist wichtig, dass sich das Ensemble unabhängig von Befindlichkeiten deutlich und sichtbar positioniert, denn betroffen ist nicht Stephan Märki, der in seinem Büro seiner Direktionstätigkeit nachgeht, sondern es sind die Schauspieler und die engen künstlerischen Mitarbeiter der Schauspieldirektion, deren Arbeitsflächen zu einem großen Teil weggebrochen sind. Und es ist gut, dass das Ensemble sich endlich zu Wort gemeldet hat, denn man hätte sonst vermuten können, dass das Ensemble all diese aufgekochten Befindlichkeiten toleriere, die letztlich doch in die Arbeitsprozesse eingreifen.
Wäre es nicht möglich gewesen das Verhältnis von Märki und Gräve zu heilen. Wie stark müssen zwei Kämpfende sich ineinander verbissen haben, um eine Aussöhnung in der Sache nicht zulassen zu können, im Sinne des Theaters, der Schauspieler, der Zuschauer? Und worin genau haben sich die beiden verbissen? Gab es etwas für Herrn Märki Heiliges, das anzutasten Frau Gräve sich gewagt hat?
Sind die Egoismen und Befindlichkeiten größer, wichtiger als das Wohl des Theaters, das einem Leiter anvertraut wurde, in der Hoffnung, mit ihm Person zu bestallen, die in der Lage ist, nicht über das erste Stöckchen zu springen, das ihm hingehalten wird.
Wie geht es nun weiter mit Herrn Märki als Schauspieldirektor? Wie kann er noch einem Ensemble gegenüber treten, dass ihm mit diesem Brief auch einen Teil ihres Vertrauens entzogen hat?
Alles erinnert ein wenig an ein Kartenhaus, aus dem von einem mäßig begabten Trickspieler Stück für Stück Karten gezogen werden....
Ensemble kritisiert Berner Entscheidungen: Beratung nicht hier
Zu spät? Erst einmal bin ich froh, dass es doch eine Art Konversation gibt, und es lässt mich hoffen, dass die beiden Kampfhähne vielleicht wieder aufeinander zugehen. (...)

Liebe(r) Jona Becher -
wenn Sie den Parteien Beratungsangebote unterbreiten möchten, dann können Sie diese gerne an die Redaktion mailen und wir leiten diese weiter. Hier hat das allerdings nichts zu suchen,
die nachtkritik-Redaktion
Ensemble kritisiert Berner Führungsentscheidungen: verlorene Illusionen
Folgender Leserbrief wurde eingereicht

Eine kleine Anfrage zum Theater im Theater-Viele Fragen bleiben offen.

Herr Weibel und der Gemeinderat der Stadt Bern nehmen Stellung zur Freistellung von der neuen Schauspieldirektorin.

Herr Weibel sagt es sei ALLES getan worden um die Freistellung zu verhindern. Hätte eine Mediation stattgefunden, hätte als Antwort ein einfaches JA genügt. Auch scheinen zum Zeitpunkt der Freistellung nicht ausreichend Fakten vorhanden gewesen zu sein, um die Freistellung zu rechtfertigen. Auch da hätte ein einfaches JA als Antwort genügt, sofern der Stadtpräsident eine solche am 1.2.2016 erhalten hätte.

Zu guter Letzt fragt man sich, wessen Persönlichkeitsrechte geschützt werden, wenn Herr Weibel, Herr Märki und der Gemeinderat von Bern dies immer wieder betonen: die der Mitglieder des Stiftungsrats (der die Konsequenzen der Freistellung falsch eingeschätzt hat), Herrn Märki, der bei der Besetzung des Schauspieldirektors einen fatalen Fehler gemacht hat und so an seiner Fähigkeit zur Besetzung von Schlüsselpositionen zweifeln lässt (Herr Märki selber hat Frau Gräve vorgeschlagen). Im Einstellungsverfahren hätten die Teamfähigkeit und Kompatibilität geklärt werden können und müssen. Insbesondere, da es keine Probezeit bei der Anstellung mit 4-Jahres Vertrag gibt, oder Frau Gräve, deren Kompetenz nicht angezweifelt wird und die weit über den deutschsprachigen Raum einen guten Ruf geniesst?

Richtig mutig wäre es sich die Hände zu reichen. Professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen und einen Neuanfang zu machen. Dabei könnten alle gewinnen. Menschlich und Beruflich. Unter dem jetzigen Stern werden am Schluss alle an Reputation verloren haben.
(...)

Eines weiss ich jetzt Macht und Ohnmacht sind im Theater nur gespielt. Gesellschaftskritik, mutiges Handeln, die Forderung nach Dialog und Auseinandersetzung wird nur auf der Bühne gezeigt. Hinter der Bühnen laufen die gesellschaftlichen Mechanismen von Macht und Ohnmacht ungebremst weiter.
Im Theater ist alles Illusion.
Ensemble kritisiert Berner Führungsentscheidungen: Theater ist keine Kirche
Das Theater ist keine Kirche, lieber Ben. Dort werden Illusionen abgebildet, um die Illusionen außerhalb des Theaters zu entlarven. Und über das Wohl des Theaters wird ganz sicher nicht in Bern entschieden. Das müssten sie sich erst erspielen. Und selbstverständlich garantieren Intendanten auch eine Kontinuität der Macht. Sonst säßen ja die Dichter und Schauspieler in der Intendanz. Wo leben sie eigentlich? Ach ja, in Bern. Oder etwa nicht.

Und Märki sei nicht betroffen? Was soll das? Sie ziehen ihn doch gerade durch den Kakao! Was wäre ihm denn so heilig, das er andere über ein Stöckchen springen ließe? Das würde mich wirklich interessieren? Interviewen sie doch mal Frau Gräve hierzu! Sie wird ihnen sicherlich Rede und Antwort geben!

Und ach ja: Das Leben ist ein Kartenhaus. Blablabla!
Ensemble kritisiert Berner Führungsentscheidungen: Heilig Ding
Vielleicht ist es keine Kirche, lieber Martin Baucks, aber Illusionen möchte ich hier weder sehen noch darstellen.
Verstehen Sie, genau dieses Theater ist passé, hatten wir hier mit Gräve gehofft. Wir wollen doch seit Brecht und Müller, seit Artaud und Beckett etwas ganz anderes....
Ich wünschte, wir würden in Bern mehr von diesen Illusionsverweigerern spielen ...
Und warum keine Dichter als Intendant? Und keine Schauspieler?
(Märki ist im übrigen ein Schauspieler, der seine Herkunft vergessen hat.)

Und sehen Sie, wenn Sie in Bern säßen, würden Sie wissen, was ihm heilig ist, und weshalb er andere über sein Stöckchen springen lässt.
Und jeder darf sein Heimlich Heilig Ding haben, das uns ganz Unheimlich ist..... das kennen Sie doch, oder?

Und Frau Gräve werde ich interviewen, versprochen...
Ensemble kritisiert Berner Führungsentscheidungen: Illusionstheater
Ben, ich meinte damit nicht zwingend Illusionstheater, sondern die 'Illusion ' eines Diskurses oder einer Dekonstruktion, denn die werden ebenso hergestellt, wie das ehemalige Illusionstheater auch. Aber wie dem auch immer sei: Führen Sie dieses Interview, damit endlich Licht in die Sache kommt und dann sieht man weiter!
Kommentar schreiben