Presseschau vom 8. April 2016 – Ein Update von news.at zur Finanzaffäre des Wiener Burgtheaters nach Erscheinen des Rechnungshofsberichts

Jetzt ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft

Jetzt ermittelt die Korruptionsstaatsanwaltschaft

8. April 2016. Vor mehr als zwei Wochen erblickte der geheime Rohbericht des Rechnungshofs zu den Ungereimtheiten im Burgtheater das Licht der Öffentlichkeit. Anlass für das Nachrichtenportal news.at, auf der Basis der Untersuchungsergebnisse noch einmal die Finger in einige Wunden zu legen. Hauptfrage: "Wie, aber auch wann, konnte die Finanzchefin einer so bedeutenden Bühne ein System etablieren, das offensichtlich seit mehr als zehn Jahren bestand und nun von der Korruptionsstaatsanwaltschaft durchleuchtet werden muss?"

News.at liegt eigenem Bekunden zufolge die Selbstanzeige des Burgtheaters bei der Finanz vor, "die neben Hauptfigur Stantejsky auch alle ehemaligen kaufmännischen und künstlerischen Geschäftsführer der letzten Dekade umfasst". Aus dieser Unterlage geht laut news.at hervor, "dass das Burgtheater selbst davon ausging, dass bereits 'vor dem Jahr 2004 Zahlungen' an Mitarbeiter geleistet wurden, für die keine Steuern und Abgaben entrichtet wurden. Detailliert dokumentiert ist systematische Steuerhinterziehung ab dem Jahr 2004."

Umstände einer Beförderung

Auch zum Steuergebaren von Ex-Burgtheaterdirektor Klaus Bachler und der jetzigen Direktorin Karin Bergmann gebe es offene Fragen, so News.at. Doch könne das Finanzdebakel am Burgtheater nicht nur wegen der vorherrschenden Handgeldpraxis programmiert gewesen sein. Für News.at entsteht dieser Eindruck auch bei der näheren Betrachtung der Umstände, die zur Bestellung der Prokuristin Silvia Stantejsky zur Finanzdirektorin des Burgtheaters führten. So habe der künstlerische Direktor der Burg Klaus Bachler schon am 11. März 2008, und obwohl bereits in München designiert, einen Brief an die damalige Ministerin Schmied geschrieben, in dem er sich massiv für eine Beförderung von Stantejsky einsetzte.

Auf DiePresse.com, der Online-Seite der Wiener Zeitung Die Presse, schrieb judith Hecht zu dieser Angelegenheit am 15. März 2016: Für den Rechnungshof sei "bis heute nicht verständlich", wie es überhaupt zu der Berufung Stantejsky als Nachfolgerin von Thomas Drozda in der Kaufmännischen Geschäftsführung kommen konnte. "Bei dem Auswahlprozess war sie nämlich von dem involvierten Personalberatungsunternehmen nur als Dritte gereiht worden. Zwei externe Bewerber wären nach Auffassung der Experten deutlich besser für den Job geeignet gewesen. Doch die von Springer eingesetzte Kommission, der Drozda und Holding-Prokurist Othmar Stoss angehörten, entschied sich dennoch für Stantejsky."

Zweifelhaftes Vergabewesen

News-Recherchen deuten darauf hin, dass das Vergabewesen des Burgtheaters ebenfalls untersuchenswert sein könnte: "Im Zentrum steht ein mittlerweile 76-jähriger Lieferant, der über Jahrzehnte textile Revisionsarbeiten für das Burgtheater und andere Bühnen durchführte. Vorliegende Rechnungen nähren den Verdacht, dass darin verzeichnete Leistungen gar nicht oder zumindest nicht in vollem Ausmaß erbracht wurden. Und: Das Geld floss auch nicht jenen Firmen zu, auf deren Briefpapier die Rechnungen geschrieben waren. Der eigentliche Aussteller war der ältere Herr, ein persönlicher Freund maßgeblicher Theatergranden; die Verleihung des Titels Kommerzialrat an den hervorragend vernetzten Burglieferanten hatte einst sogar in den Räumlichkeiten der Bundestheater-Holding stattgefunden."

(News.at. / sle)

Was bisher geschah, ist der nachtkritik.de-Burgtheater-Skandalchronik zu entnehmen. Die Hintergründe, der aktuelle Stand und die möglichen kulturpolitischen Auswirkungen sind außerdem im nachtkritik.de-Podcast zum Burgtheater-Skandal zusammengefasst:

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