Drohende Blamage

Weimar, 23. April 2016. Das Kunstfest Weimar steht vor dem Aus. So teilt das Kunstfest, das 1990 gegründet wurde und seit 2014 als eigenständige Abteilung des Deutschen Nationaltheaters Weimar unter der künstlerischen Leitung von Christian Holtzhauer geführt wird, in einer Presseaussendung mit.

Weimar Innenstadt chr uAbriss geplant? Ansicht aus Weimars Innenstadt
© chr
Der Weimarer Stadtrat beabsichtige am kommenden Mittwoch, 27. April 2016, die städtischen Zuschüsse von jährlich 250.000 Euro ab 2019 zu streichen. Da die Landeszuschüsse Thüringens in Höhe von 650.000 Euro an diese kommunalen Mittel gekoppelt sind, hätte der Wegfall des städtischen Zuschusses den Wegfall der Förderung durch den Freistaat zur Folge.

Das Kunstfest Weimar hat sich über die Grenzen der Stadt eine Aufmerksamkeit erspielt und ist ein regelmäßiger Kooperationspartner im internationalen Kulturbetrieb. nachtkritik.de besprach beim Kunstfest zuletzt die Uraufführung von Adolf Hitler: Mein Kampf, Band 1 & 2 von Rimini Protokoll und die Uraufführung des Musiktheaterwerks Der Triumph des Todes von Frederic Rzewski nach Peter Weiss' "Die Ermittlung".

"Die Einstellung des Kunstfests gerade im Jahr 2019 wäre für Weimar und für ganz Thüringen nicht nur ein großer Verlust, sondern eine regelrechte Blamage – jährt sich dann doch die Verabschiedung der Weimarer Verfassung sowie die Gründung des Bauhauses in Weimar zum 100. Mal", so Christian Holtzhauer in der Pressemitteilung. "Weimar wird dann erneut im Fokus einer weltweiten geschichts- und kulturinteressierten Öffentlichkeit stehen. Als international ausgerichtetes und genreübergreifend arbeitendes Festival wäre das Kunstfest Weimar wie kaum eine andere Kulturinstitution in der Lage, mit künstlerischen Arbeiten die Bedeutung dieser historischen Ereignisse für unsere Zeit zu untersuchen."

Update 24. April 2016. Mittlerweile hat sich auch Hasko Weber geäußert, Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters und in dieser Funktion auch Geschäftsführer des Kunstfests: "Das Kunstfest Weimar ist das wichtigste künstlerische Festival des Freistaats Thüringen und hat sich auch auf Bundesebene eine feste Position erarbeitet. (...) Kooperationen und genreübergreifende Experimente zeichneten das Festival vor allem in der jüngeren Vergangenheit konzeptionell aus. Die Erfahrungen und Erfolge, wohlgemerkt auch im Hinblick auf den Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel, die zudem maßgeblich durch zusätzliche Mittel ergänzt werden konnten, sind beachtlich. (...) Als Geschäftsführer des Kunstfestes Weimar möchte ich daher alle an der Vorbereitung der Haushaltsentscheidung beteiligten Stadträte und den Oberbürgermeister der Stadt Weimar, Herrn Wolf, bitten, ihre Pläne zu überdenken. Trotz komplizierter Haushaltslage und vieler offenen Fragen, sollte die Förderung und zukunftsfähige Entwicklung aller prägenden und richtungsweisenden Elemente der vielschichtigen Weimarer Kultur zentrales Ziel bleiben.  In vielen anderen Bereichen wurden und werden in Thüringen heftige Diskussionen um die Bedeutung bestehender Kultureinrichtungen geführt. Es herrscht allgemeiner Konsens, dass es in allen Fällen nur um den Erhalt im progressiven Sinne gehen kann. Eine Stadtratsentscheidung ohne Debatte wäre auch vor diesem Hintergrund fatal unzeitgemäß und riskant."


(Kunstfest Weimar / chr)

 

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