Presseschau vom 23. Juni 2016 – Die Süddeutsche Zeitung über Krisen-Signale am Schauspiel Stuttgart
Katerstimmung
Katerstimmung
23. Juni 2016. Katerstimmung am Schauspiel Stuttgart: Armin Petras produziere zwar unter Hochdruck, verliere aber dennoch mehr und mehr Zuschauer, resümiert Adrienne Braun kritisch in der Süddeutschen Zeitung.
"Keine Frage, Armin Petras ist bienenfleißig." Als er 2013 das Schauspiel Stuttgart übernahm, setzte er zu einem wahren Höhenflug an, eine Premiere jagte die andere. "Auch in dieser Spielzeit keine Atempause. Bloß: Die Begeisterung ist verflogen. Das Schauspiel Stuttgart ist in einen Zustand geraten, der schmerzlicher ist, als Skandale oder Verrisse es sein könnten. Desinteresse hat sich breitgemacht", so Adrienne Braun in der Süddeutschen Zeitung (23.6.2016).
Es sei längst ein offenes Geheimnis, dass Petras das Publikum davonlaufe. "In seiner zweiten Spielzeit verlor das Schauspiel 20 000 Zuschauer." Dabei macht Petras auf den ersten Blick vieles richtig. "Am Konzept allein liegt es also nicht, zumal auch interessante Formate erprobt werden." Nach der anfänglichen Euphorie scheinen die Stutgartter aber das Vertrauen in Petras verloren zu haben, "der zwar stetig wirbelt, aber nie wirklich präsent und greifbar ist. Selten tritt er in Erscheinung, fast nie äußert er sich öffentlich. Weder vermittelt er, Teil der Stadt zu sein, noch mit ihr und den Bewohnern in einen Dialog treten zu wollen."
Auch den Dialog im eigenen Haus scheine er nicht zu suchen. "Anders lässt sich nicht erklären, dass in diesen drei Jahren mehrfach Produktionen herauskamen, die so katastrophal missrieten, dass man sich fragen musste, wie es zu solchen Ausreißern kommen kann." "Ein Intendant ist verantwortlich und muss manchmal reagieren – auch zum Schutz der künstlerischen Teams. Petras aber hat mehrfach versäumt, diese Verantwortung ernst zu nehmen und Schaden zu begrenzen." Fazit: "So bröckelt der Rückhalt auch in den eigenen Reihen und gerät Petras nicht trotz, sondern wegen seines Aktivismus immer mehr ins Schlingern."
(sueddeutsche.de / sik)
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"Seitenwechsel"! Warum nicht für t.b.c.-Dercon und Bienenfleiß-Petras? In Stuttgart sind auch genug solvente Großfinanciers am Start. Und man kommt rasch nach Paris, Zürich, Strasbourg, München, Baden-Baden, Ludwigsburg und andere europäische Metropolen (Stichwort: internationale Koproduktionen).
Im Ernst: "Selten tritt er in Erscheinung, fast nie äußert er sich öffentlich. Weder vermittelt er, Teil der Stadt zu sein, noch mit ihr und den Bewohnern in einen Dialog treten zu wollen." [SZ] Also da fragt man sich doch, ob der Dialog zwangsläufig ein physischer sein muss? Mir jedenfalls ist ein anregender Spielplan und einige Knaller inklusive der unvermeidlichen Reinfälle höchst lieber als ein Hansdampf ohne Kunst und Haltung.
Eine schlechte Inszenierung macht noch kein schlechtes Theater.
Eine gute kein gutes.
http://m.lvz.de/Kultur/News/Stadtrat-entscheidet-Enrico-Luebbe-bleibt-bis-2023-Schauspiel-Intendant-in-Leipzig