Schauspielerin Christine Oesterlein verstorben
So voller Kraft
Berlin, 3. Mai 2017. Die Schauspielerin Christine Oesterlein ist tot. Sie verstarb am 26. April 2017 93-jährig in Berlin. Sie war eine der prägenden Darstellerinnen an der Berliner Schaubühne in der Ära Peter Stein.
1924 in Nürnberg geboren, wurde Christine Oesterlein bei Herbert Kroll zur Schauspielerin ausgebildet und begann ihre Karriere im süddeutschen Raum mit Engagements am Theater der Jugend in Nürnberg und an den Münchner Kammerspielen, wo sie unter anderen mit Otto Schenk arbeitete.
1968 ging sie nach Berlin, zuerst an die Freie Volksbühne zu Hansjörg Utzerath. Im selben Jahr begann sie an der Schaubühne zu gastieren, deren Ensemble sie dann von 1972 bis 1991 angehörte. Sie spielte dort in zahlreichen epochemachenden Aufführungen, etwa in Inszenierungen Peter Steins wie "Fegefeuer in Ingolstadt" (1972), "Orestie" (1980) oder den Botho Strauß-Aufführungen "Die Hypocheonder" (1973) und Trilogie des Wiedersehens" (1978). Mit Luc Bondy arbeitete sie unter anderem in "Die Wupper" (1975), mit Klaus-Michael Grüber bei "Winterreise im Olympiastadion" (1977) oder "An der großen Straße" (1984). Gemeinsam mit Gerd Wameling gestaltete sie 1981 einen Abend mit Texten von Ingeborg Bachmann, einer Autorin, der sich Christine Oesterlein zeitlebens außerordentlich nahe fühlte. Robert Wilson sagte anlässlich seiner Zusammenarbeit mit ihr in den beiden Teilen von "Death Destruction & Detroit" (1979 und 1987): "Bei einer Schauspielerin wie Christine Oesterlein sind die Augen derart ausdrucksstark, auch wenn sie sich fast nicht bewegt. Manchmal, wenn sie bloß so dasitzt, ist es so voller Kraft. Nur wenige Menschen können sowas auf der Bühne."
Nach ihrem Abschied von der Schaubühne war Christine Oesterlein nur noch sporadisch auf der Bühne zu erleben, etwa 2004 an der Berliner Staatsoper in Toru Takemitsus "My Way of Life" in der Regie von Peter Mussbach. Als Filmschauspielerin hatte sie bereits in den 1970er Jahren mit Rainer Werner Fassbinder in "Acht Stunden sind kein Tag" gearbeitet, 1996 übernahm sie dann die Hauptrolle in Peter Timms Film "Die Putzfraueninsel". Zuletzt war sie noch in Hörspielen zu erleben, etwa 2015 in der Produktion "Die Wendeltreppe" des rbb.
Die Trauerfeier findet am 19. Mai 2017 um 10 Uhr in Berlin auf dem Waldfriedhof Heerstraße (Eingang Trakehner Allee) statt.
(wb)
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 17. April 2024 Autor und Regisseur René Pollesch in Berlin beigesetzt
- 17. April 2024 London: Die Sieger der Olivier Awards 2024
- 17. April 2024 Dresden: Mäzen Bernhard von Loeffelholz verstorben
- 15. April 2024 Würzburg: Intendant Markus Trabusch geht
- 15. April 2024 Französischer Kulturorden für Elfriede Jelinek
- 13. April 2024 Braunschweig: LOT-Theater stellt Betrieb ein
- 13. April 2024 Theater Hagen: Neuer Intendant ernannt
- 12. April 2024 Landesbühnentage 2024 erstmals dezentral
nachtkritikcharts
dertheaterpodcast
nachtkritikvorschau
neueste kommentare >