Mein Leben, meine Hülle, mein Schneckenhaus
6. Juli 2017. Im "Bilanzgespräch" mit Peter Kümmel von der Zeit (6.7.2017) erklärt Claus Peymann anlässlich seines Abschieds vom Berliner Ensemble noch einmal sein Verständnis von Theater als "Ort der staatlich subventionierten Opposition" und der "Erziehung des Menschengeschlechtes durch die Kunst". Als selbsternannter "Kontrolleur der Mächtigen" habe er sich in Berlin den Kopf eingerannt, so Peymann: "Meine Weigerung, mich ins Hölderlinsche Türmchen zurückzuziehen – das ist es vermutlich, was mich heute endgültig zum Monstrum macht."
Als "Kitschier" und "Weltverbesserer" sei er in Berlin nicht mehr angesagt gewesen, in einer Stadt, die "auf eine schreckliche Weise mörderisch" sei und Theaterschaffende wie Max Reinhardt, Andrea Breth, Luc Bondy oder Peter Stein "vertrieben" habe. Aber das Publikum liebe ihn: "Spazieren Sie mal mit mir durch Stuttgart, durchs dunkle Bochum, durchs imperiale Wien – oder laufen mit mir morgens im Wald von Köpenick – selbst die Wildschweine wollen ein Autogramm!"
Seine letzten Tage am BE habe er "mit Wehmut. Mit Dankbarkeit. Auch mit Zorn" erlebt. "Dieses Ende am BE ist für mich auch ein Theatertod", erklärt Claus Peymann: "Denn das Theater ist ja mein Leben, meine Hülle, mein Schneckenhaus."
Abgesagt hatte für das Gespräch der ebenfalls abberufene Volksbühnen-Intendant Frank Castorf, "mein geschätzter Rivale", wie ihn Claus Peymann nennt. Castorf und sich sieht er als Vertreter der gleichen "Gewichtsklasse": "Er ist der König der Feuilletons, ich bin der König der Herzen."
Als ehemaliger Direktor "an der einzig originären DDR-Theatergründung, dem Berliner Ensemble", würdigt Peymann im Interview den Beitrag ostdeutscher Theatermacher*innen zur Theatergeschichte: "Manchmal denke ich, das Einzige, wo die DDR wirklich gesiegt hat, war, ganz ohne Doping, das Theater: Castorf, Schleef, Müller, Haußmann, Petras und viele andere prägen die Szene."
(eph)
Mehr zum Abschied von Claus Peymann hier im nachtkritik-Blog.
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